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Abram, Simon
7. Juli 1920
Verfassungsentwurf (Druck )
AVA, Nachlasssammlung, E1717 (Nachlass Fink) Karton 3, Mappe 2
Das Original befindet sich im Eigentum des Österreichischen Staatsarchivs unter der ÖStA-Signatur „AVA, Nachlasssammlung, E1717 (Nachlass Fink) Karton 3, Mappe 2“. Die Verwendung des Digitalisats durch Dritte bedarf einer schriftlichen Bewilligung des ÖStA entsprechend der geltenden Benutzungsordnung.
Die Gefertigten stellen den Antrag: „Die Nationalversammlung wolle den beigeschlossenen Entwurf einer Bundesverfassung zum Beschluß erheben.“ Dieser Antrag wolle ohne erste Lesung dem Verfassungsausschusse zugewiesen werden. Wien, 7. Juli 1920. Abram. Tuller. Julie Rauscha. Hohenberg. Gröger. Hartmann. Adler. Th. Meißner. Hafner. Anton Idl. A. Bauer. Geßl Jos. Hermann Hermann. Leop. Vogl. Forstner. Hueber. Muchitsch. Witzany. Danneberg. M. Herman. Weiser. F. Skaret. Dannereder. Mühlberger. Anton Weber. Schlager. Polke. Domes. Josef Witternigg. Regner. Ebner. J. Wiedenhofer. Eldersch. Hubmann. Hölzl. Zelenka Franz. W. Scheibein. Zwanzger. Schiegl. Allina. Anna Boschek. Schönfeld. O. Bauer. allein / Pick. Schlesinger. Gabriel. Leuthner. Stika. Emmy Freundlich. H. Ullrich. Lenz. M. Tusch. Austerlitz Fohringer.
(1) Österreich ist eine demokratische Republik.
(2) Alle öffentliche Gewalt geht vom Volke aus.
(1) Die Republik Österreich ist ein freier Bundesstaat und wird gebildet von den Ländern: Kärnten, Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark, Tirol, Vorarlberg und Wien.
(2) Das Burgenland wird als Land dem Bund angegliedert, sobald seine Bevölkerung durch freie Volksabstimmung darüber entschieden hat.
(1) Das Bundesgebiet umfaßt die Gebiete der im Artikel 2 bezeichneten Länder. Es steht unter dem Schutze des Bundes.
(2) Abgesehen von Gebietsveränderungen, die unmittelbar durch Staatsvertrag herbeigeführt werden Artikel 20 der Bundesverfassung), kann eine Änderung des Bundesgebietes ebenso wie die Änderung einer Landesgrenze innerhalb des Bundesgebietes nur durch Bundesgesetz erfolgen.
(1) Wenn Gemeinden, deren Einwohner die Mehrheit in einem zusammenhängenden Landesgebiete bilden, es verlangen, hat in diesem Gebiete380 4eine Volksabstimmung darüber stattzufinden, ob dieses Gebiet einem anderen au[n]grenzenden Lande angegliedert werden oder ein neues Land bilden soll.
(2) Entscheidet die Volksabstimmung mit absoluter Mehrheit der gültig abgegebenen Stimmen für die Angliederung an das andere Land, dann erfolgt die Gebietsänderung durch einfaches Gesetz dieses Landes.
(3) Entscheidet die Volksabstimmung für die Bildung eines neuen Landes, dann ist, wenn das Gebiet wenigstens 140.000 Einwohner zählt durch den Präsidenten des Bundestages nach dem Bundestagswahlrecht ein verfassunggebender Landtag zur Konstituierung des neuen Landes einzuberufen. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
(4) Über Streitigkeiten, die aus der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung zwischen den Ländern in den im Absatz 1 bis 3 erwähnten Fällen entstehen, entscheidet der Verfassungsgerichtshof.
(1) Das Bundesgebiet bildet ein einheitliches Währungs-, Wirtschafts- und Zollgebiet.
(2) Innerhalb der Grenzen des Bundes dürfen keinerlei Zwischenzollinien oder sonstige Verkehrsbeschränkungen errichtet werden.
(1) Jeder Landesbürger ist Angehöriger des Bundes.
(2) Jeder Bundesangehörige hat in jedem Lande des Bundes die gleichen Rechte und Pflichten wie die Bürger des Landes selbst.
Die deutsche Sprache ist, unbeschadet der den sprachlichen Minderheiten gesetzlich eingeräumten Rechte, die Staatssprache der Republik.
Alle Behörden und Ämter im Bundesgebiete sind im Rahmen ihres Wirkungskreises zur wechselseitigen Hilfeleistung verpflichtet.
Der Gesetzgebung und Vollziehung des Bundes sind übertragen:
Der Gesetzgebung des Bundes ist übertragen:
Hinsichtlich der im vorangehenden Artikel aufgezählten Angelegenheiten steht dem Bunde auch das Verordnungsrecht zu.
(1) Lediglich die Regelung der Grundsätze obliegt der Bundesgesetzgebung für:
(2) Die Entscheidung oberster Instanz in Angelegenheiten der Bodenreform wird einer vom Bunde eingesetzten, aus Richtern, Verwaltungsbeamten und Sachverständigen bestehenden Kommission übertragen.
(1) Wenn eine Angelegenheit nicht ausdrücklich durch die Bundesverfassung der Gesetzgebung oder auch der Vollziehung des Bundes übertragen ist, fällt sie in den Wirkungsbereich der Länder. Soferne[-] jedoch in solchen Angelegenheiten ein Akt der 382 8 vollziehenden Gewalt für mehrere Länder Rechtswirksamkeit äußern soll, geht die Zuständigkeit für diesen Vollzugsakt auf den Bund über.
(2) Insoweit der Bundesgesetzgebung bloß die Regelung der Grundzüge vorbehalten ist, obliegt die nähere Durchführung der Landesgesetzgebung innerhalb des bundesgesetzlich festgelegten Rahmens. Das Bundesgesetz kann hiefür eine Frist bestimmen, die nicht geringer als drei Monate sein darf. Wird diese Frist nicht eingehalten, geht die Zuständigkeit zur Erlassung des Durchführungsgesetzes auf Bund über.
(3) Die Länder sind im Bereiche ihres Gesetzgebungsrechtes befugt, die zur Regelung des Gegenstandes erforderlichen Bestimmungen auch auf dem Gebiete des Straf- und Zivilrechtes zu treffen.
(1) Durch die Bestimmungen der Artikel 9 bis 12 über die Zuständigkeit in Gesetzgebung und Vollziehung wird die Stellung des Bundes als Träger von Privatrechten in keiner Weise berührt.
(2) Ebenso bleibt es dem Bunde auch unbenommen, zur Förderung des wirtschaftlichen und kulturellen Lebens auf allen Gebieten Unternehmungen und Einrichtungen zu schaffen und zu erhalten, Veranstaltungen zu treffen und finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen.
(3) Der Bund kann in allen diesen Rechtsbeziehungen durch die Landesgesetzgebung niemals ungünstiger gestellt werden als das betreffende Land selbst.
Die Organisation der Gütererzeugung und der Güterverteilung ist Aufgabe des Bundes. Durch planmäßigen Aufbau dieser Organisation ist die politische Demokratie zur wirtschaftlichen Demokatie auszubauen.
Der Bund hat das Recht, zu diesem Zwecke einzelne Wirtschaftsbetriebe und ganze Zweige der Volkswirtschaft in das Gemeineigentum zu überführen und ihre Verwaltung unter der Mitwirkung der Arbeiter und Angestellten, die in diesen Wirtschaftsbetrieben und Wirtschaftszweigen tätig sind, sowie der Verbraucher, die die Erzeugnisse oder der Dienste dieser Wirtschaftszweige benötigen, organisieren. Der Bund kann dieses Recht auch den Ländern oder den Gemeinden übertragen oder es unter der Mitwirkung der Länder oder Gemeinden ausüben.
Zu demselben Zwecke hat der Bund das Recht, Zweige der Volkswirtschaft, die nicht in das Gemeineigentum überführt sind, unter die Oberverwaltung und Aufsicht wirtschaftlicher Selbst¬ 9 verwaltungskörper zu stellen. Die Mitwirkung der Arbeiter und Angestellten an der wirtschaftlichen Selbstverwaltung ist gewährleistet; den Arbeitern und Angestellten kann in den Vertretungskörpern die die wirtschaftliche Selbstverwaltung besorgen, in keinem Falle ein geringer Einfluß zugestanden werden, als den Unternehmern. Desgleichen sind die Verbraucher zur wirtschaftlichen Selbstverwaltung heranzuziehen.
Die Mitwirkung der Betriebsräte, der Gewerkschaften und Berufsvereine der Arbeiter und Angestellten und der Kammern für Arbeiter und Angestellte, sowie der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften der Landwirte sowie der Arbeiter und Angestellten an der wirtschaftlichen Selbstverwaltung ist gewährleistet.
Bundesrecht bricht Landerrecht.
Die allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechtes gelten als bindende Bestandteile des Bundesrechtes.
Der vom ganzen Bundesvolk gewählte Bundestag ist das höchste Organ des Bundes
Der Sitz des Bundestages ist die Bundeshauptstadt Wien.
(1) Dem Bundestag obliegt die Gesetzgebung des Bundes.
(2) Der Bundestag hat das Recht, Krieg zu erklären.
(3) Der Abschluß von Staatsverträgen ist ausschließlich Sache des Bundes. Alle politischen Staatsverträge, andere nur, soferne sie gesetzesändernden Inhalt haben, bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Genehmigung durch den Bundestag.
(4) Wenn zur Durchführung von Staatsverträgen gesetzliche Maßnahmen im Wirkungskreise der Länder erforderlich sind, so haben die Länder die betreffenden 383 10 Gesetze zu erlassen; kommt ein Land dieser Verpflichtung nicht rechtzeitig nach, so geht die Zuständigkeit der Erlassung des Gesetzes auf den Bund über.
(5) In Durchführung von Staatsverträgen hat der Bund das Überwachungsrecht auch in solchen Angelegenheiten, die zum selbständigen Wirkungskreis der Länder gehören. Hiebei stehen dem Bunde die gleichen Rechte gegenüber den Ländern zu, wie bei den Angelegenheiten des übertragenen Wirkungskreises.
Dem Bundestag obliegt die jährliche Bewilligung des Bundesbudgets, die Aufnahme und Konvertierung von Bundesanleihen, die Erteilung der Entlastung an die Bundesregierung auf Grund des geprüften und bewilligten Bundesrechnungsabschlusses und die Verfügung über das Bundesvermögen.
(1) Der Bundestag wird vom Bundesvolke auf Grund des gleichen, direkten, geheimen und persönlichen Wahlrechtes der über 20 Jahre alten Männer und Frauen nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt.
(2) Der Wahltag muß ein Sonntag oder anderer öffentlicher Ruhetag sein.
(3) Wählbar ist jeder Wahlberechtigte, der das 24. Lebensjahr überschritten hat.
(4) Die Ausschließung vom Wahlrecht und der Wählbarkeit kann nur die Folge einer gerichtlichen Verurteilung oder Verfügung sein.
(5) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.
(1) Die Gesetzgebungsperiode des Bundestages beträgt zwei Jahre, vom Tage seiner Einberufung an gerechnet.
(2) Der Bundestag ist von seinem Präsidenten alljährlich, und zwar im Oktober, zu einer Sitzungsperiode einzuberufen.
(3) Eine Sitzungsperiode darf nicht länger als ein Jahr betragen. Sie wird vom Präsidenten auf Borschlag der Bundesregierung geschlossen.
(1) Während der Sitzungsperiode kann der Bundestag nur durch einen Beschluß des Hauses vertagt werden.
11 (2) Die Vertagung ist vor Ablauf der Vertagungszeit aufzuheben, wenn wenigstens ein Viertel der Mitglieder des Bundestages einen schriftlichen Antrag beim Präsidenten gestellt hat. Dieser hat die Bundesregierung von dem erfolgten Antrag zu verständigen und den Bundestag wieder einzuberufen.
(1) Der Bundestag wählt aus seiner Mitte auf die Dauer der Sitzungsperiode einen Präsidenten sowie einen zweiten und dritten Präsidenten.
(2) Auch nachdem der Bundestag seine Tätigkeit beendet hat, bleiben die Präsidenten und seine Stellvertreter so lange im Amte, bis der neugewählte Bundestag das Präsidium gewählt hat.
(3) Die Geschäftsführung des Bundestages erfolgt auf Grund eines besonderen Gesetzes.
(1) Die Sitzungen des Bundestages sind öffentlich.
(2) Dem Hause steht das Recht zu, ausnahmsweise die Öffentlichkeit auszuschließen, wenn es vom Vorsitzenden oder einem Fünftel der anwesenden Mitglieder verlangt und vom Hause nach Entfernung der Zuhörer beschlossen wird.
Wahrheitsgetreue Berichte über die Verhandlungen in den öffentlichen Sitzungen des Bundestages und über die seiner Ausschüsse, insofern die letzteren nicht die Geheimhaltung der Verhandlung beschlossen haben, bleiben von jeder Verantwortung frei.
(1) Im Bundesrat sind die Länder im Verhältnis zu ihrer Einwohnerzahl vertreten. Auf die Einwohnerzahl des kleinsten Landes entfällt je ein Vertreter.
(2)Die Wahl in den Bundesrat erfolgt nach dem Grundsatz der Verhältniswahl. Jeder Landtag wählt seine Vertreter aus seiner Mitte.
(3) Bei der Ausübung ihres Mandates sind die Mitglieder des Bundesrates an keinen Auftrag gebunden.
(4) Die Zahl der Mitglieder wird durch den Bundesrat nach jeder allgemeinen Volkszählung festgesetzt.
(5) Für jedes Mitglied des Bundesrates ist zugleich ein Ersatzmann zu wählen. 384 12
(1) Der Vorsitz im Bundesrate fällt in jeder Sitzungsperiode abwechselnd auf ein anderes Land nach alphabetischer Reihenfolge.
(2) Als Vorsitzender des Bundesrates fungiert der bei der Wahl aus dem Landtage an erster Stelle entsendete Vertreter des jeweils zum Vorsitz berufenen Landes. Als Stellvertreter des Vorsitzenden fungiert der an erster Stelle entsendete Vertreter desjenigen Landes, dem in der nächstfolgenden Sitzungsperiode der Vorsitz zufällt.
(3) Der Bundesrat wird durch seinen Vorsitzenden vertreten. Alle Ausfertigungen des Bundesrates müssen die Unterschrift des Vorsitzenden tragen.
(4) Der Bundesrat gibt sich seine Geschäftsordnung durch Beschluß.
(1) Der Bundesrat wird von seinem Vorsitzenden alljährlich an den Sitz des Bundestages einberufen.
(2) Er faßt seine Beschlüsse mit einfacher Stimmenmehrheit der Anwesenden.
(3) Die Sitzungen des Bundesrates sind nicht öffentlich.
(1) Die Mitglieder des Bundesrates bleiben bis zum Beginne der neuen Sitzungsperiode des Bundestages, darüber hinaus aber nur so lange in Funktion, bis alle Landtage ihre Vertreter für die neue Sitzungsperiode des Bundestages gewählt haben.
(2) Nach Auflösung eines Landtages oder nach Ablauf seiner Gesetzgebungsperiode bleiben die von ihm entsendeten Mitglieder des Bundesrates lange in Funktion, bis der neue Landtag die Wahl in den Bundesrat vorgenommen hat.
(1) Gesetzesvorschläge gelangen an den Bundestag entweder als Anträge seiner Mitglieder oder als Vorlagen der Bundesregierung. Auch der Bundesrat kann im Wege der Bundesregierung Gesetzesanträge im Bundestag stellen.
(2) Jeder von 200.000 Stimmberechtigten gestellte Antrag ist von der Bundesregierung dem Bundestag zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung vorzulegen.
(1) Zu einem Beschluß des Bundestages ist die Anwesenheit von mindestens ein Viertel der Mitglieder und die absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich.
(2) Eine Abänderung der Bundesverfassung kann jedoch nur bei Anwesenheit der Hälfte aller Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln aller abgegebenen Stimmen beschlossen werden.
Jede Gesamtänderung der Bundesverfassung, eine teilweise Änderung aber nur, wenn dies von einem Drittel der Mitglieder des Bundestages oder des Bundesrates verlangt wird, ist nach erfolgter Beschlußfassung durch den Bundestag, jedoch vor der Beurkundung durch den Präsidenten des Bundestages einer Abstimmung des gesamten Bundesvolkes zu unterziehen.
Das Bundesvolk hat die vom Bundestag beschlossene Verfassungsänderung angenommen, wenn die Mehrheit der abgegebenen Stimmen sich für die Verfassungsänderung ausgesprochen hat.
Das Ergebnis der Volksabstimmung ist amtlich zu verlautbaren.
(1) Das Verfahren für die Volksabstimmung sowie für die im Artikel 32, Absatz 2, vorgesehene Volksinitiative wird durch Bundesgesetz geregelt.
(2) Stimmberechtigt ist jeder zum Bundestag wahlberechtigte Bundesangehörige.
(3) Der Präsident des Bundestages ordnet die Volksabstimmung an.
(1) Jeder Gesetzesbeschluß des Bundestages ist durch dessen Präsidenten im Wege des Bundeskanzlers dem Bundesrate unverzüglich zu übermitteln.
(2) Gegen Gesetzesbeschlüsse des Bundestages kann der Bundesrat Einspruch erheben.
(3) Der Einspruch muß bei der Bundesregierung innerhalb zweier Wochen nach Einlangen des Gesetzesbeschlusses eingebracht und spätestens in zwei weiteren Wochen mit Gründen versehen werden.
(4) Im Falle des Einspruches ist der Gesetzesbeschluß dem Bundestage zur nochmaligen Beschlu385 14fassung unverzüglich vorzulegen. Wiederholt der Bundestag seinen ursprünglichen Beschluß, so ist dieser zu beurkunden und kundzumachen.
(1) Das verfassungsmäßige Zustandekommen der Bundesgesetze sowie der im Artikel 20, Absatz 2 und 3, und Artikel 21 erwähnten Beschlüsse des Bundestages wird durch die Unterschrift des Präsidenten des Bundestages beurkundet.
(2) Die Beurkundung ist vom Bundeskanzler und von den zuständigen Staatssekretären gegenzuzeichnen.
(1) Die Kundmachung der Bundesgesetze sowie der im Artikel 20, Absatz 2 und 3, und Artikel 21 erwähnten Beschlüsse des Bundestages erfolgt mit Berufung auf den Beschluß des Bundestages, im Falle einer Volksabstimmung aber mit Berufung auf deren Ergebnis, die Kundmachung von Staatsverträgen, die der Genehmigung des Bundestages bedürfen, mit Berufung auf diese Genehmigung im Bundesgesetzblatt durch den Bundeskanzler.
(2) Die Bundesgesetze sowie die im Artikel 20 Absatz 2, und Artikel 21 erwähnten Beschlüsse des Bundestages, ebenso Staatsverträge, die vom Bundestage genehmigt und vom Präsidenten des Bundestages ratifiziert sind (Artikel 49), erlangen erst nach der Kundmachung im Bundesgesetzblatt verbindende Kraft.
(1) Die verbindende Kraft der im Bundesgesetzblatt kundgemachten Bundesgesetze beginnt, wenn darin selbst nicht ausdrücklich eine andere Bestimmung getroffen wird, nach Ablauf des Tages, an dem das Stück des Bundesgesetzblattes, das die Kundmachung enthält, herauszugeben und versendet wird und erstreckt sich, wenn nicht anders ausdrücklich bestimmt ist, auf das ganze Bundesgebiet.
(2) Über das Bundesgesetzblatt ergeht ein besonderes Bundesgesetz.
(1) Die Mitglieder des Bundestages können wegen der in Ausübung ihres Berufes geschehenen Abstimmungen niemals, wegen der in diesem Berufe gemachten Äußerungen nur vom Bundestage verantwortlich gemacht werden.
15 (2) Kein Mitglied des Bundestages darf während der Dauer der Sitzungsperiode wegen einer strafbaren Handlung — den Fall der Ergreifung auf frischer Tat ausgenommen — ohne Zustimmung des Bundestages verhaftet oder behördlich verfolgt werden.
(3) Selbst in dem Falle der Ergreifung auf frischer Tat hat die Behörde dem Präsidenten des Bundestages sogleich die geschehene Verhaftung bekanntzugeben.
(4) Wenn es der Bundestag verlangt, muß der Verhaft aufgehoben oder die Verfolgung für die ganze Sitzungsperiode ausgeschoben werden.
(5) Die Immunität der Organe des Bundestages, deren Funktionen über die Sitzungs- oder Gesetzgebungsperiode hinausgeht, bleibt auf die Dauer dieser Funktionen gewahrt.
Die Mitglieder des Bundesrates genießen die ihnen als Mitglieder eines Landtages gewährte Immunität auch für ihre Funktion im Bundesrate während der ganzen Dauer dieser Funktion.
(1) Niemand kann gleichzeitig dem Bundestag und dem Bundesrat angehören. Gehört ein in den Bundesrat entsendetes Mitglied eines Landtages auch dem Bundestage an, so ruht seine Mitgliedschaft zum Bundestage bis zu seinem Ausscheiden aus dem Bundesrate.
(2) Die dem Bundestage oder dem Bundesrate angehörenden öffentlichen Angestellten und Funktionäre bedürfen zur Ausübung ihres Mandates keines Urlaubes.
Die Mitglieder der Bundesregierung sowie die von ihnen entsendeten Vertreter sind berechtigt, an allen Beratungen des Bundestages und des Bundesrates sowie deren Ausschüssen teilzunehmen, jedoch mit Ausnahme des im Artikel 57 vorgesehenen besonderen Ausschusses, an dessen Beratungen sie nur auf besondere Einladung teilnehmen dürfen. Sie müssen auf ihr Verlangen jedesmal gehört werden. Der Bundestag sowie der Bundesrat kann die Anwesenheit der Mitglieder der Bundesregierung verlangen.386 16
Der Bundestag ist befugt, die Geschäftsführung der Bundesregierung zu überprüfen, deren Mitglieder über alle Gegenstände der Vollziehung zu befragen und alle einschlägigen Auskünfte zu verlangen, sowie seinen Wünschen über die Ausübung der Regierungs- und Vollzugsgewalt in Entschließungen Ausdruck zu geben.
(1) Der Bundestag kann durch Beschluß Untersuchungsausschüsse einsetzen.
(2) Die Gerichte und alle anderen Behörden sind verpflichtet, dem Ersuchen dieser Ausschüsse um Beweiserhebungen Folge zu leisten; alle öffentlichen Amter haben auf Verlangen ihre Akten vorzulegen. Die Vorschriften der Strafprozeßordnung finden auf die Erhebungen der Untersuchungsausschüsse sinngemäße Anwendung.
(3) Das Verfahren der Untersuchungsausschüsse wird durch das Geschäftsordungsgesetz geregelt.
Dem Präsidenten des Bundestages ist die Ausübung der in den folgenden Artikeln angeführten Funktionen der Regierungs- und Vollzugsgewalt übertragen.
Der Präsident des Bundestages vertritt die Republik nach außen, empfängt und beglaubigt die Gesandten, genehmigt die Bestellung der fremden Konsuln, bestellt die konsularischen Vertreter der Republik und ratifiziert die Staatsverträge.
(1) Dem Präsidenten des Bundestages obliegt außer den ihm nach anderen Bestimmungen dieser Verfassung übertragenen Befugnissen ferner:
(2) Inwieweit dem Präsidenten des Bundestages außerdem noch Befugnisse hinsichtlich Gewährung von Ehrenrechten, außerordentlichen Zuwendungen, Zulagen und Versorgungsgenüssen, Ernennungs- und Bestätigungsrechten und sonstige Befugnisse in Personalangelegenheiten zustehen, bestimmen besondere Gesetze und Vorschriften.
(3) Alle in diesem Artikel aufgezählten Akte des Präsidenten des Bundestages erfolgen auf Vorschlag der Bundesregierung oder des von dieser hiezu ermächtigten zuständigen Staatssekretärs. Inwieweit die Bundesregierung oder der zuständige Staatssekretär hiebei selbst an Vorschläge anderer Stellen gebunden ist, bestimmt das Gesetz.
Der Präsident des Bundestages kann das ihm zustehende Recht der Ernennung von Bundesangestellten bestimmter Kategorien oder Rangklassen den ressortmäßig zuständigen Mitgliedern der Bundesregierung übertragen.
Alle Akte des Präsidenten des Bundestages bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung des Bundeskanzlers oder der ressortmäßig zuständigen Staatssekretäre.
(1) Die dem Präsidenten des Bundestages übertragenen Funktionen der Regierungs- und Vollzugsgewalt gehen im Falle seiner Verhinderung auf den zweiten und, wenn bei diesem der gleiche Fall eintritt, auf den dritten Präsidenten über.
(2) Ebenso gehen die Funktionen der Regierungs- und Vollzugsgewalt im Falle dauernder Erledigung jedoch nur bis zur der Stelle des Präsidenten Neuwahl — auf den zweiten und bei dessen Verhinderung auf den dritten Präsidenten über. 387
Der Präsident des Bundestages sowie seine Stellvertreter sind für die Ausübung der Regierungs- und Vollzugsgewalt dem Bundestage gemäß Artikel 158 der Bundesverfassung verantwortlich.
(1) Mit der Ausübung der Regierungs- und Vollzugsgewalt des Bundes sind, soweit diese nicht dem Präsidenten des Bundestages übertragen ist, der Bundeskanzler, der Vizekanzler und die Staatssekretäre betraut. Sie bilden in ihrer Gesamtheit die Bundesregierung unter dem Vorsitze des Bundeskanzlers.
(2) Der Vizekanzler ist zur Vertretung des Bundeskanzlers in dessen gesamten Wirkungskreis berufen.
(1) Die Regierungs- und Vollzugsgewalt des Bundes darf nur auf Grund der Bundesverfassung und der Bundesgesetze ausgeübt werden.
(2) Jede Behörde kann im Rahmen der Gesetze innerhalb ihres Wirkungskreises Verordnungen erlassen.
(1) Die Bundesregierung wird vom Bundestag über den Gesamtvorschlag eines besonderen Ausschusses, dessen Zusammensetzung, Wirkungskreis und Verfahren im Geschäftsordnungsgesetze geregelt ist, in namentlicher Abstimmung gewählt. Dieser Ausschuß[ss] ist ständig. In die Bundesregierung kann nur gewählt werden, wer zum Bundestage wählbar ist. Die Mitglieder der Bundesregierung müssen nicht dem Bundestage angehören.
(2) Die Bestallungsurkunden des Bundeskanzlers, des Vizekanzlers und der Staatssekretäre werden vom Präsidenten des Bundestages mit dem Datum des Tages der Angelobung ausgefertigt und vom neubestelten Bundeskanzler gegengezeichnet.
(3) Die Mitglieder der Bundesregierung werden von dem Präsidenten des Bundestages angelobt.
Bis die neue Bundesregierung gebildet ist, hat der Präsident des Bundestages entweder die scheidende Regierung unter dem Vorsitze des bisherigen Bundeskanzlers, des Vizekanzlers oder eines Staatssekretärs oder leitende Beamte der Bundes 19 ämter unter dem Vorsitze eines dieser Beamten mit der einstweiligen Leitung der Verwaltung zu betrauen. Artikel 57, Absatz 2 und 3, ist in diesem Falle sinngemäß anzuwenden.
(1) Versagt der Bundestag der Bundesregierung oder einzelnen ihrer Mitglieder durch ausdrückliche Entschließung das Vertrauen, so ist eine neue Bundesregierung zu bestellen oder der betreffende Staatssekretär seines Amtes zu entheben.
(2) Zu einem Beschlusse des Bundestages, mit dem das Vertrauen versagt wird, ist die Anwesenheit der Hälfte der Mitglieder des Bundestages erforderlich. Doch ist, wenn es ein Fünftel der anwesenden Mitglieder verlangt, die Abstimmung auf den zweitnächsten Werktag zu vertagen. Eine neuerliche Vertagung der Abstimmung kann nur auf Beschluß des Bundestages erfolgen.
(3) Die gesamte Bundesregierung und ihre einzelnen Mitglieder werden in den gesetzlich bestimmten Fällen oder auf ihren Wunsch vom Präsidenten des Bundestages ihres Amtes enthoben.
Die Mitglieder der Bundesregierung sind nach Maßgabe des Artikels 158 der Bundesverfassung dem Bundestage verantwortlich.
(1) Zur Besorgung der Geschäfte der Bundesverwaltung sind das Bundeskanzleramt und die Bundesämter berufen.
(2) Die Zahl der Bundesämter und deren Wirkungskreis wird durch Bundesgesetz bestimmt.
(1) Das Bundeskanzleramt wird vom Bundeskanzler geleitet; jedes Bundesamt steht unter der Leitung eines Staatssekretärs.
(2) Der Bundeskanzler und die Staatssekretäre können ausnahmsweise auch mit der Führung eines zweiten Bundesamtes betraut werden. Ebenso kann dem Vizekanzler die Leitung eines Bundesamtes übertragen werden.
In besonderen Fällen kann die Bestellung von Staatssekretären auch ohne gleichzeitige Betrauung mit der Führung eines Bundesamtes erfolgen. 388
In jedem Bundesamte kann der verantwortliche Leiter zur Wahrung der Einheit und Stetigkeit des Geschäftsganges einen Beamten bestimmen, der den Amtstitel eines Bundesamtsdirektors führt.
Das Bundesheer ist ein Berufsheer; es wird auf dem Wege freiwilliger Verpflichtung aufgestellt und ergänzt. Das Nähere regelt das Wehrgesetz.
(1) Das Bundesheer ist, soweit die gesetzmäßige bürgerliche Gewalt seine Mitwirkung in Anspruch nimmt, zum Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen der Republik sowie zur Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit im Innern überhaupt und zur Hilfeleistung bei Elementarereignissen und Unglücksfällen außergewöhnlichen Umfanges bestimmt.
(2) Ferner obliegt dem Bundesheer der Schutz der Grenzen der Republik.
(1) Über das Heer verfügt der Bundestag. Insoweit diesem nicht durch das Wehrgesetz die unmittelbare Verfügung vorbehalten ist, wird damit die Bundesregierung oder innerhalb der von ihr erteilten Ermächtigung der zuständige Staatssekretär betraut.
(2) Inwieweit auch die Behörden der Länder und Gemeinden die Mitwirkung des Bundesheeres zu dem im Artikel 66, Absatz 1, erwähnten Zwecken unmittelbar in Anspruch nehmen können, bestimmt das Wehrgesetz.
Den Angehörigen des Bundesheeres ist die ungeschmälerte Ausübung ihrer politischen Rechte gewährleistet.
(1) Alle Gerichtsbarkeit geht vom Bunde aus.
(2) Die Urteile und Erkenntnisse werden im Namen der Republik Österreich verkündet und ausgefertigt.
(1) Die Verfassung und Zuständigkeit der Gerichte wird durch Bundesgesetz festgestellt.
(2) Niemand darf seinem ordentlichen Richter entzogen werden.
(3) Das Verfahren wegen Delikte gegen das Völkerrecht ist durch Bundesgesetz dem Verfassungsgerichtshof zu übertragen.
Die Militärgerichtsbarkeit ist aufzuheben. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
Die Todesstrafe ist abgeschafft.
(1) Die Richter sind in Ausübung ihres richterlichen Amtes unabhängig.
(2) In Ausübung seines richterlichen Amtes findet sich ein Richter bei Besorgung aller ihm nach dem Gesetze und der Geschäftsverteilung zustehenden gerichtlichen Geschäfte, mit Ausschluß der Justizverwaltungssachen, die nicht nach Vorschrift des Gesetzes durch Senate oder Kommissionen zu erledigen sind.
(1) Im Gerichtsverfassungsgesetze wird eine Altersgrenze bestimmt, bei deren Erreichung die Richter in den dauernden Ruhestand zu versetzen sind.
(2) Im übrigen dürfen Richter nur in den vom Gesetze vorgeschriebenen Fällen und Formen und auf Grund eines förmlichen richterlichen Erkenntnisses ihres Amtes entsetzt oder wider ihren Willen an eine andere Stelle oder in den Ruhestand versetzt werden. Diese Bestimmungen finden jedoch auf Übersetzungen und Versetzugen in den Ruhestand keine Anwendung, die durch Veränderungen in der Verfassung der Gerichte nötig werden. In einem solchen Falle wird durch Gesetz festgestellt, innerhall welchen Zeitraumes Richter ohne die sonst vorgeschriebenen Förmlichkeiten übersetzt und in den Ruhestand versetzt werden können.
(3) Die zeitweise Enthebung der Richter vom Amte darf nur durch Verfügung des Gerichtsvorstandes oder der höheren Gerichtsbehörde unter gleichzeitiger Verweisung der Sache an das zuständige Gericht stattfinden. 390
(1) Die Prüfung der Gültigkeit gehörig kundgemachter Gesetze steht den Gerichten nicht zu.
(2) Hat aber ein Gericht gegen die Anwendung eines Landesgesetzes aus dem Grunde der Verfassungswidrigkeit oder einer Verordnung aus dem Grunde der Gesetzwidrigkeit Bedenken, so hat es das Verfahren zu unterbrechen und den Antrag aus Kassation dieses Gesetzes oder dieser Verordnung beim Verfassungsgerichtshof zu stellen.
(1) Die Verhandlungen in Zivil- und Strafrechtssachen vor dem erkennenden Gerichte sind mündlich und öffentlich. Ausnahmen bestimmt das Gesetz.
(2) Im Strafverfahren gilt der Anklageprozeß.
(1) Das Volk hat an der Rechtsprechung mitzuwirken.
(2) Bei den mit schweren Strafen bedrohten Verbrechen, die das Gesetz zu bezeichnen hat sowie bei allen politischen Verbrechen und Vergehen entscheiden Geschworene über die Schuld des Angeklagten.
(3) Im übrigen ist im Strafverfahren die Schöffengerichtsbarkeit einzuführen.
(1) Als oberste Instanz in Zivil- und Strafrechtssachen besteht der Oberste Gerichtshof in Wien.
(2) Die Hälfte seiner Mitglieder ist aus dem Kreise Rechtskundiger vom Bundestage dem Präsidenten vorzuschlagen.
Amnestien wegen gerichtlich strafbarer Handlungen werden durch Bundesgesetz erteilt.
(1) Die Justiz wird von der Verwaltung in allen Instanzen getrennt.
(2) In allen Fällen, wo eine Verwaltungsbehörde über Privatrechtsansprüche zu entscheiden hat, steht es dem durch diese Entscheidung Benachteiligten frei, wenn nicht im Gesetze etwas anderes bestimmt ist, Abhilfe gegen die andere Partei im Rechtswege zu suchen.
(1) Die gesetzgebende Gewalt der Länder wird durch die Landtage ausgeübt, deren Mitglieder auf Grund des gleichen, geheimen, direkten und persönlichen Verhältniswahlrechtes aller nach den Landtagswahlordnungen wahlberechtigten Bundesangehörigen ohne Unterschied des Geschlechtes gewählt werden.
(2) Die Landtagswahlordnungen sowie die Wahlordnungen zu allen allgemeinen Vertretungskörpern im Lande dürfen die Bedingungen des aktiven und passiven Wahlrechtes nicht enger ziehen, als dies in der Wahlordnung zum Bundestag der Fall ist.
(1) Die Mitglieder des Landtages genießen die gleiche Immunität wie die Mitglieder des Bundestages, wobei die Bestimmungen des Artikels 42 der Bundesverfassung analoge Anwendung finden.
(2) Die Bestimmungen des Artikels 27 gelten auch für die öffentlichen Sitzungen der Landtage und ihrer Ausschüsse.
(1) Zu einem Landesgesetz ist erforderlich der Beschluß des Landtages, die Beurkundung durch dessen Präsidenten, die Gegenzeichnung durch den Landeshauptmann und die Kundmachung durch die Landesregierung im Landesgesetzblatte.
(2) Insoweit ein Landesgesetz bei der Vollziehung die Mitwirkung von Bundesbehörden vorsieht, muß[ss]zu dieser Mitwirkung die Zustimmung der Bundesregierung eingeholt werden. Vor Erteilung dieser Zustimmung kann ein solches Landesgesetz nicht kundgemacht werden.
(1) Alle Gesetzesbeschlüsse der Landtage sind unmittelbar nach erfolgter Beschlußfassung des Landtages und vor ihrer Kundmachung vom Landeshauptmann der Bundesregierung bekanntzugeben.
(2) Wegen Gefährdung von Bundesinteressen kann die Bundesregierung binnen sechs Wochen vom Tage der erfolgten Bekanntmachung an gegen einen Gesetzesbeschluß des Landtages Einspruch erheben.
(3) Wiederholt der Landtag seinen Gesetzesbeschluß, so ist dieser kundzumachen. Hat jedoch der Einspruch der Bundesregierung die Zustimmung des Bundesrates erhalten, so kann ein solcher Gesetzes-391 24 beschluß[ss] nur kundgemacht werden, wenn er bei Anwesenheit der Hälfte aller Mitglieder des Landtages mit einer Mehrheit von zwei Dritteln aller abgegebenen Stimmen wiederholt wird.
(1) Die durch Landesgesetz zu erlassende Landesverfassung kann - insoweit dadurch die Bundesverfassung nicht berührt wird - durch Landesgesetz abgeändert werden.
(2) Ein Landesverfassungsgesetz kann nur bei Anwesenheit der Hälfte aller Mitglieder des Landtages mit einer Mehrheit von zwei Dritteln aller abgegebenen Stimmen beschlossen werden.
(1) Die Kundmachung der Landesgesetze erfolgt mit Berufung auf den Beschluß des Landtages durch die Landesregierung im Landesgesetzblatte.
(2) Landesgesetze treten, wenn darin selbst nicht ausdrücklich eine andere Bestimmung getroffen wird, nach Ablauf des Tages der erfolgten Verlautbarung in Wirksamkeit.
(1) Jeder Landtag kann auf Antrag der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates vom Präsidenten des Bundestages aufgelöst werden.
(2) In diesem Falle hat der Landeshauptmann binnen sechs Wochen Neuwahlen auszuschreiben und binnen vier Wochen nach durchgeführter Wahl den neugewählten Landtag einzuberufen.
(1) Die vollziehende Gewalt jedes Landes wird durch eine vom Landtag zu wählende Landesregierung ausgeübt.
(2) Die Landesregierung besteht aus dem Landeshauptmann, seinem Stellvertreter und einer Anzahl weiterer Mitglieder.
(3) Die Mitglieder der Landesregierung müssen nicht dem Landtage angehören. Jedoch kann in die Landesregierung nur gewählt werden, wer zum Landtage wählbar ist.
(4) Der Landeshauptmann und sein Stellvertreter werden durch den Präsidenten des Bundestages auf die Bundesverfassung angelobt.
(1) Die vollziehende Gewalt des Bundes wird im Bereiche der Länder von den Landesregierungen und den ihnen unterstellten Landesbehörden im 25 übertragenen Wirkungskreise ausgeübt, soweit nicht für einzelne Bundesangelegenheiten eigene Bundesbehörden durch Bundesgesetz berufen sind.
(2) In diesem Belange ist die Landesregierung samt den ihr unterstellten Behörden an die Verordnungen und sonstigen Anordnugen der Bundesregierung sowie der einzelnen Bundesämter gebunden.
(3) In den von den Landesbehörden als Bundesorganen zu führenden Angelegenheiten geht der administrative Instanzenzug wenn nicht durch Bundesgesetz ausdrücklich anders bestimmt ist bis zu den zuständigen Bundesämtern.
(1) Der Landeshauptmann oder sein Stellvertreter vertritt das Land. Er trägt in den Angelegenheiten des der Landesregierung übertragenen Wirkungskreises der Bundesgewalt die Verantwortung gegenüber der Bundesregierung gemäß Artikel 158 der Bundesverfassung. Bei Geltendmachung dieser Verantwortung steht die Immunität nicht im Wege.
(2) Dem Landtage sind die Mitglieder der Landesregierung gemäß Artikel 158 der Bundesverfassung verantwortlich.
Zur Leitung des gesamten inneren Dienstbetriebes der Landesregierung wird ein Landesamtsdirektor bestellt; er ist der unmittelbare Vorgesetzte aller Landesangestellten und hat für einen einheitlichen und geregelten Geschäftsgang in sämtlichen Zweigen der Landesverwaltung zu sorgen.
(1) In dem der Landesregierung vom Bunde übertragenen Wirkungskreis ist der Landesamtsdirektor das unmittelbare Hilfsorgan des Landeshauptmannes und des Landeshauptmannstellvertreters.
(2) Bis zur Angelobung des Landeshauptmannes oder seines Stellvertreters hat der Landesamtsdirektor die Geschäfte des Bundes unter seiner persönlichen Verantwortung zu führen; für diese persönliche Verantwortung gelten dieselben Bestimmungen wie für jene des Landeshauptmannes. Dasselbe gilt für den Fall der Verhinderung des Landeshauptmannes und seines Stellvertreters.
(3) Zur Vertretung des Landesamtsdirektors ist geweils der rangälteste politische Beamte der Landesregierung berufen, auf den in diesem Falle auch die Bestimmungen des Absatzes 2 Anwendung finden. 392
Vereinbarungen der Länder untereinander können nur über Angelegenheiten ihres selbständigen Wirkungskreises und nur durch Vermittlung der Bundesregierung getroffen werden.
(1) Die Gliederung der Länder in sich selbst verwaltende Kreis- und Ortsgemeinden ist durch die Bundesverfassung gewährleistet.
(2) Der Landesregierung sind die Kreisgemeinden (Bezirke) und diesen die Ortsgemeinden untergeordnet.
(1) Die Einteilung in Kreise erfolgt durch Bundesgesetz.
(2) In Ländern, die zu klein sind, um zwei Kreise zu bilden, fungiert die Landesregierung gleich als Kreisregierung. Die Bestimmung Artikels 100 über die Bildung von Bezirken findet in diesem Fall sinngemäße Anwendung.
Die Kreisgemeinde besorgt für den örtlichen Bereich des Kreises die Landesverwaltung, die Bundesverwaltung aber nur insoweit, als nicht eigene Bundesbehörden errichtet sind.
Die Organe der Kreisgemeinde sind: die auf Grund des gleichen Wahlrechts wie der Landtag gewählte Kreisvertretung (Kreistag) und der von der Kreisvertretung gewählte Kreishauptmann.
(1) Der Kreishauptmann hat die Beschlüsse des Kreistages auszuführen.
(2) Durch Beschluß des Kreistages können dem Kreishauptmann bestimmte Angelegenheiten zur selbständigen Entscheidung und Verfügung übertragen werden.
Der Kreishauptmann ist in Landesangelegenheiten der Landesregierung, in Bundesangelegenheiten der Bundesregierung verantwortlich. Gegen 27 gesetzwidrige Beschlüsse des Kreistages steht dem Kreishauptmann ein Einspruchsrecht zu. Über den Einspruch entscheidet in Landesangelegenheiten Landesregierung, in Bundesangelegenheiten Bundesregierung.
(1) Zur Durchführung der Kreisverwaltung die Kreise in Bezirke zu gliedern. Die Leitung der Verwaltung im Bezirk obliegt dem Bezirkshauptmann als dem (örtlich exponierten) Stellvertreter des Kreishauptmannes. Zwischen Bezirk und Kreisgemeinde ist ein Instanzenzug grundsätzlich ausgeschlossen.
(2) Der Bezirkshauptmann wird vom Kreishauptmann mit Zustimmung des Kreistages bestellt. Ihm steht eine gewählte Bezirksvertretung (Bezirkstag) zur Seite.
(3) Das Verhältnis des Bezirkshauptmannes zum Kreishauptmann und zur Bezirksvertretung wird durch Landesgesetz geregelt.
Jede Liegenschaft muß zum Verbande einer Ortsgemeinde gehören. Die Bildung von Ortsgemeinden erfolgt durch Landesgesetz.
(1) Die Organe der Ortsgemeinde sind: die nach dem gleichen Wahlrecht wie der Landtag gewählte Gemeindevertretung und der von der Gemeindevertretung gewählte Gemeindevorsteher.
(2) Die Stellung des Gemeindevorstehers zur Gemeindevertretung und zur Kreis-, beziehungsweise Landes- und Bundesregierung ist in analoger Weise zu regeln wie die Stellung des Kreishauptmannes.
Städten mit mehr als 15.000 Einwohnern ist die Stellung von Kreisgemeinden einzuräumen.
Zum Mindestwirkungskreis der Ortsgemeinde gehören:
Kreis- und Ortsgemeinden haben das Recht, Vermögen aller Art zu besitzen, wirtschaftliche Unternehmungen zu betreiben, ihren Haushalt selbständig zu führen und dazu innerhalb der Landes- und Bundesgesetze Abgaben auszuschreiben.
(1) Bis zur Ausführung der in den Artikeln 94 bis 100 aufgestellten Grundzüge der Verwaltungsorganisation in den Ländern ist für den Bereich der jetzigen Bezirkshauptmannschaft auf Grund des gleichen Wahlrechtes wie zum Landtag eine Bezirksvertretung zu wählen; diese Wählt einen Bezirkshauptmann.
(2) Ein binnen drei Monaten nach Inkrafttreten dieser Verfassung zu erlassendes Landesgesetz regelt die Aufteilung des Wirkungskreises des bisherigen Bezirkehauptmannes auf die Bezirksvertretung und den von ihr gewählten Bezirkshauptmann sowie das Zusammenwirken beider Organe.
Zur Überprüfung der Gebarung in der gesamten Staatswirtschaft des Bundes und der Länder, ferner der Gebarung der von den Organen des Bundes oder der Länder verwalteten Stiftungen, Fonds und Anstalten ist der Rechnungshof berufen. Er kann auch die Gebarung von Unternehmungen überprüfen, an denen der Bund oder die Länder finanziell beteiligt sind.
(1) Der Rechnungshof untersteht unmittelbar dem Bundestag und dem Bundesrat.
(2) Der Rechnungshof besteht aus einem Präsidenten und den erforderlichen Beamten und Hilfskräften.
(3) Der Präsident des Rechnungshofes wird vom Bundestag gewählt. Die Wahl bedarf der Genehmigung des Bundesrates.
(4) Der Präsident des Rechnungshofes darf keiner politischen Körperschaft angehören und in den letzten 29 fünf Jahren weder Mitglied der Bundesregierung noch einer Landesregierung gewesen sein.
(1) Der Präsident des Rechnungshofes ist in bezug auf Verantwortlichkeit den Mitgliedern der Bundesregierung gleichgestellt.
(2) Der Präsident des Rechnungshofes kann durch übereinstimmenden Beschluß des Bundestages und des Bundesrates abberufen werden.
(1) Der Präsident des Rechnungshofes wird von dem im Range nächsten Beamten vertreten.
(2) Im Falle der Stellvertretung des Präsidenten gelten für den Stellvertreter die Bestimmungen des Artikels 108.
(1) Die Beamten des Rechnungshofes ernennt auf Vorschlag und unter Gegenzeichnung des Präsidenten des Rechnungshofes der Präsident des Bundestages. Das Gleiche gilt für die Verleihung von Amtstiteln. Doch kann der Präsident des Bundestages den Präsidenten des Rechnungshofes ermächtigen, Beamte bestimmter Rangsklassen zu ernennen.
(2) Die Hilfskräfte ernennt der Präsident des Rechnungshofes.
Kein Mitglied des Bundesrechnungshofes darf an der Leitung und Verwaltung von Unternehmungen, die dem Bunde oder den Ländern Rechnung zu legen haben oder zum Bunde oder einem Lande in einem Subventions- oder Vertragsverhältnisse stehen, beteiligt sein. Ausgenommen sind Unternehmungen, die ausschließlich die Förderung humaner Bestrebungen oder der wirtschaftlichen Verhältnisse von öffentlichen Angestellten oder deren Angehörigen zum Zwecke haben.
Alle Urkunden über Staatsschulden (Finanz- und Verwaltungsschulden), insoweit sie eine Verpflichtung des Bundes beinhalten, sind vom Präsidenten des Rechnungshofes gegenzuzeichnen; durch diese Gegenzeichnung wird lediglich die Gesetzmäßigkeit und rechnungsmäßige Richtigkeit der Gebarung bekräftigt.
Lassen sich Meinungsverschiedenheiten zwischen den Bundesämtern und dem Rechnungshofe nicht 394 30 im Einvernehmen austragen, so entscheidet der Präsident des Bundestages; Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Rechnungshofe und den Landesregierungen, die sich im Einvernehmen nicht austragen lassen, entscheidet der Bundesrat.
(1) Der Rechnungshof verfaßt den Bundesrechnungsabschluß und gesondert von diesem die Landesrechnungsabschlüsse und legt den ersteren dem Bundestag, die letzteren dem Bundesrate vor.
(2) Der Bundesrat übermittelt die Landesrechnungsabschlüsse den zuständigen Landtagen zur verfassungsmäßigen Behandlung.
Die näheren Bestimmungen über die Tätigkeit des Rechnungshofes erfolgen durch Bundesgesetz.
Vor dem Gesetze sind alle Staatsbürger gleich. Vorrechte der Nationalität, der Konfession, des Geschlechtes, Standes oder der Klasse sind für immer ausgeschlossen.
(1) Der Adel, seine äußeren Ehrenvorzüge, sowie bloß zur Auszeichnung verliehene, mit einer amtlichen Stellung, dem Berufe oder einer wissenschaftlichen oder künstlerischen Befähigung nicht im Zusammenhange stehende Titel und Würden und die damit verbundenen Ehrenvorzüge, sowie die weltlichen Ritter- und Damenorden sind aufgehoben und dürfen nicht wieder eingeführt werden.
(2) Kein Bundesangehöriger darf von einer ausländischen Regierung Titel oder Orden annehmen.
Die öffentlichen Ämter und Funktionen sind für alle Staatsbürger ohne Unterschied nach Maßgabe der Gesetze gleich zugänglich
Die Freizügigkeit der Personen und Güter innerhalb des Bundesgebietes ist jedermann gewährleistet. Einschränkungen können nur durch Bundesgesetz bestimmt werden.
(1) Die Auswanderungsfreiheit darf unbeschadet der Verhinderung der Steuerflucht durch Gesetze nicht eingeschränkt werden.
(2) Der Verlust der Staatsbürgerschaft infolge Auswanderung wird durch Bundesgesetz geregelt.
(1) Jeder Bundesangehörige kann in jedem Orte des Bundesgebietes seinen Aufenthalt und Wohnsitz nehmen. Einschränkungen werden durch Bundesgesetz bestimmt.
(2) Jeder Bundesangehörige kann gemäß den bestehenden Gesetzen Grundbesitz erwerben und nach Belieben beruflich betätigen. Die Freiheit der Berufswahl ist nur durch das Familienrecht beschränkt.
(1) Die Freiheit der Person ist gewährleistet. Die zum Schutze von Staat und Gesellschaft erforderlichen Schranken können nur durch Bundesgesetz errichtet werden.
(2) Personen, denen die Freiheit entzogen wird, sind spätestens am darauffolgenden Tage in Kenntnis zu setzen, von welcher Behörde und aus welchen Gründen die Entziehung der Freiheit angeordnet worden ist; es muß ihnen unverzüglich Gelegenheit gegeben werden, Einwendungen gegen die Freiheitsenziehung vorzubringen.
(1) Das Asylrecht für Delikte, die aus politischen Motiven begangen oder im Zusammenhang mit solchen Delikten verübt wurden, wird gewährleistet.
(2) Das Recht der Auslieferung von Verbrechern wird durch Bundesgesetz geregelt.
Das Hausrecht ist gewährleistet. Wenn eine Hausdurchsuchung zulässig ist, wird durch Bundesgesetz bestimmt.
Das Brief-, Post-, Telegraphen- und Fernsprechgeheimnis ist gewährleistet. Ausnahmen in den Fällen strafgerichtlicher Untersuchung und unter außerordentlichen Verhältnissen können nur durch Bundesgesetz bestimmt werden.395
(1) Die Freiheit der Meinungsäußerung ist nur durch das Strafgesetz beschränkt.
(2) Die Preßfreiheit ist gewährleistet. Die Beschlagnahme von Druckwerken darf nur aus den vom Strafgesetz, von der Strafprozeßordnung und vom Preßgesetz vorgesehenen Gründen stattfinden. Sie ist ohne gleichzeitige Verfolgung des Täters ausgeschlossen. Ein Postverbot darf überhaupt nicht erlassen werden.
(3) Jede Zensur ist aufgehoben; doch sind zur Bekämpfung der Schund- und Schmutzliteratur sowie zum Schutz der Jugend bei öffentlichen Schaustellungen und Darbietungen gesetzliche Maßnahmen zulässig.
(1) Die Ehe ist ein bürgerlicher Vertrag.
(2) Sie kann nur vor den staatlichen Behörden geschlossen werden. Doch bleibt es dabei jedermann unbenommen, auch die Vorschriften seiner Religion zu erfüllen.
(1) Der Eheschließung kann aus Gründen des religiösen Bekenntnisses oder eines religiösen Gelübdes kein rechtliches Hindernis gesetzt werden.
(2) Die Möglichkeit einer Trennung der Ehe im Falle des Einverständnisses beider Ehegatten ist zu gewährleisten. In welchen Fällen die Ehe auch ohne die Zustimmung eines der beiden Ehegatten zu trennen ist, bestimmt das Gesetz. Doch ist in beiden Fällen auf die Versorgung der Kinder aus der getrennten Ehe durch ihre Eltern gesetzlich Bedacht zu nehmen.
Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche, seelische und gesellschaftliche Entwicklung zu schaffen wie den ehelichen.
(1) Alle Bundesangehörigen haben das nur durch das Strafgesetz eingeschränkte Recht, Vereine zu bilden. Dieses Recht darf durch Ausführungsgesetze nicht gemindert werden. Eine Sonderbehandlung der politischen Vereine ist ausgeschlossen.
(2) Für Vereinigungen, die religiöse Zwecke verfolgen, gelten dieselben Bestimmungen.
(3)Über die Rechtsfähigkeit von Vereinen bestimmen die Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.
(1) Alle Staatsbürger haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder besondere Erlaubnis unbewaffnet zu versammeln. Dieses Recht darf durch Ausführungsgesetze nicht gemindert werden.
(2) Versammlungen unter freiem Himmel können durch Bundesgesetz anmeldepflichtig gemacht und bei unmittelbarer Gefährdung der Teilnehmer oder anderer Personen verboten werden.
(1) Die volle Glaubens- und Gewissensfreiheit, insbesondere die private und öffentliche Religionsübung wird jedermann gewährleistet.
(2) Einschränkungen sind nur durch das Strafgesetz zulässig.
(1) Der Genuß der bürgerlichen und politischen Rechte sowie die Zulassung zu den öffentlichen Ämtern ist von dem Religionsbekenntnis unabhängig; doch darf den staatsbürgerlichen Pflichten durch das Religionsbekenntnis kein Abbruch geschehen.
(2) Niemand ist verpflichtet, seine religiöse Überzeugung zu offenbaren. Die Behörden haben nur soweit das Recht, nach der Zugehörigkeit zu einer Religionsgesellschaft zu fragen, als davon Rechte und Pflichten abhängen oder eine gesetzlich angeordnete statistische Erhebung dies erfordert.
(3) In diesem Sinne ist durch Bundesgesetz die Führung der Standesregister zu regeln.
(4) Niemand darf zu einer kirchlichen Handlung zur Teilnahme an einer kirchlichen Feierlichkeit oder an religiösen Übungen gezwungen werden. Zu gerichtlichen oder sonstigen behördlichen Zwecken darf keine religiöse Eidesformel benutzt werden.
(1) Staat und Kirche werden getrennt.
(2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Bundesgebietes unterliegt keinen Beschränkungen.
(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der gesetzlichen Schranken. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinden.
(4) Die Rechtsfähigkeit der Religionsgesellschaften richtet sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes über die Rechtsfähigkeit der Vereine. 396
Alle bisher auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhenden Staatsleistungen an die Relegionsgesellschaften werden aufgehoben.
Den Angehörigen des öffentlichen Dienstes sowie der Wehrmacht ist die nötige freie Zeit zur Befriedigung ihrer religiösen Bedürfnisse zu gewähren.
Soweit das Bedürfnis nach Gottesdienst und Seelsorge in öffentlichen Anstalten besteht, sind die Religionsgesellschaften zur Vornahme religiöser Handlungen zuzulassen, wobei jeder Zwang fernzuhalten ist.
(1) Die Kunst, die Wissenschaft und ihre Lehre sind frei. Der Staat gewährt ihnen Schutz und nimmt an ihrer Pflege teil.
(2) Die Denkmäler der Kunst, der Geschichte und der Natur genießen den Schutz und die Pflege des Staates.
Es besteht allgemeine Schulpflicht. Ihrer Erfüllung dient grundsätzlich die Volksschule mit mindestens acht Schuljahren und die anschließende Fortbildungsschule bis zum vollendeten 18. Lebensjahre. Der Unterricht und die Lernmittel sind unentgeltlich.
(1) In allen Schulen ist sittliche Bildung, staatsbürgerliche Gesinnung und berufliche Tüchtigkeit zu erstreben.
(2) Beim Unterricht in öffentlichen Schulen ist Bedacht zu nehmen, daß die Empfindungen Andersdenkender nicht verletzt werden.
Für den Zugang Minderbemittelter zu den mittleren und höheren Schulen sind durch Bund, Länder und Gemeinden öffentliche Mittel bereit zustellen, insbesondere Erziehungsbeihilfen für Eltern von Kindern, die zur Ausbildung auf mittleren und höheren Schulen für geeignet erachtet werden, bis zur Beendigung der Ausbildung.
(1) Von Staats wegen wird weder Religionsunterricht erteilt, noch für die Ausbildung von Seelsorgern irgendeiner Religion gesorgt. Doch ist an den öffentlichen Volksschulen den Kindern Gelegenheit zu geben, an dem von den Religionsgesellschaften veranstalteten Religionsunterrichte teilzunehmen.
(2) Die Teilnahme der Schüler an diesem Religionsunterrichte sowie an kirchlichen Feiern und Handlungen bleibt der Willenserklärung desjenigen überlassen, der über die religiöse Erziehung des Kindes zu bestimmen hat.
Private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen bedürfen der Genehmigung des Bundes und unterstehen den Bundesgesetzen.
(1) Alle Bundesangehörigen haben ein gleiches Recht auf Wahrung ihrer Nationalität und Sprache.
(2) Keinem Bundesangehörigen werden im Gebrauche irgendeiner Sprache im Privat- oder Geschäftsverkehr sowie bei Betätigung der religiösen Überzeugung in der Presse oder in sonstigen Veröffentlichungen oder in allgemein zugänglichen Versammlungen Beschränkungen auferlegt.
(3) Durch Gesetz wird vorgesorgt, daß den nicht deutschsprechenden Bundesangehörigen angemessene Erleichterungen zum Gebrauch ihrer Sprache in Wort und Schrift bei den Gerichten geboten werden.
Bundesangehörige, die nach Nationalität, Sprache oder Religion einer Minderheit angehören, haben das gleiche Recht wie die der Mehrheit Angehörenden, in den auf ihre eigenen Kosten errichteten Wohltätigkeits-, Religions-, Unterrichts-, Erziehungs- und sonstigen Anstalten ihre eigene Sprache nach Belieben zu gebrauchen und ihre Religion frei auszuüben.
Wo eine verhältnismäßig beträchtliche Anzahl von Bundesangehörigen wohnt, die einer Minderheit nach Nationalität oder Sprache angehört, sind von allen Beiträgen, die etwa für Erziehungs- oder Wohltätigkeitszwecke aus öffentlichen Mitteln zugewendet werden, diese Minderheiten angemessen zu beteilen. 397
(1) Das Eigentum ist von der staatlichen Rechtsordnung verliehen und kann durch sie entzogen werden.
(2) Die Zwecke, zu denen enteignet werden kann, werden in besonderen Gesetzen, das Enteignungsverfahren wird durch Bundesgesetz geregelt.
(3) In welchen Fällen auf Verfall oder Einziehung von Gegenständen als Folge einer rechtswidrigen Handlung zu erkennen ist, bestimmt das Gesetz.
Alle Fideikommisse sind aufgehoben.
(1) Wer durch schuldhaft rechtswidrige Ausübung der öffentlichen Gewalt Schaden erleidet, hat Anspruch auf Entschädigung gegen den Bund oder das Land, durch dessen Organ der Schaden zugefügt wurde.
(2) Die nähere Regelung erfolgt durch Bundesgesetz. Dieses stellt auch fest, unter welcher Voraussetzung ein Rückgriffsrecht gegen das schuldtragende Organ zulässig ist.
(1) Die Arbeitskraft steht unter dem besonderen Schutz des Bundes.
(2) Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe gesetzlich geschützt.
(3) Die in den geltenden Gesetzen zugunsten der Arbeiter geschaffenen Rechtseinrichtungen, insbesondere die Betriebsräte und alle schon bestehenden gesetzlichen Maßnahmen des Arbeiterschutzes werden verfassungsmäßig gewährleistet. Sie können zuungunsten der Arbeiter nicht abgeändert werden und sind weiter auszubauen sowie auf die land- und forstwirtschaftlichen Arbeiter mit Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse auszudehnen.
(4) Der Bund schafft ein einheitliches Arbeitsrecht.
Das Koalitionsrecht der Arbeiter und Angestellten ist gewährleistet. Alle Abreden und Maßnahmen, welche dieses Recht einzuschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig.
Zur Erhaltung der Gesundheit und Arbeitsfähigkeit, zum Schutze der Mutterschaft und zur 37 Vorsorge gegen die wirtschaftlichen Folgen von Alter, Schwäche und Wechselfällen des Lebens schafft der Bund ein umfassendes Versicherungswesen, wobei die Verwaltung unbeschadet des Aufsichtsrechtes des Staates ausschließlich von den Versicherten selbst zu besorgen ist.
Wer in einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis als Angestellter oder Arbeiter steht, hat das Recht auf die zur Wahrnehmung staatsbürgerlicher Rechte und, soweit dadurch der Betrieb nicht erheblich geschädigt wird, zur Ausübung ihm übertragener öffentlicher Ehrenämter nötige freie Zeit. Wie weit ihm der Anspruch auf Vergütung erhalten bleibt, bestimmt das Gesetz.
Jedem Bundesangehörigen soll die Möglichkeit gegeben werden, durch wirtschaftliche Arbeit seinen Unterhalt zu erwerben. Soweit ihm angemessene Arbeitsgelegenheit nicht nachgewiesen werden kann, wird für seinen notwendigen Unterhalt gesorgt. Das Nähere wird durch Gesetz bestimmt.
Wegen Rechtsverletzung durch die Entscheidung oder Verfügung einer Verwaltungsbehörde Bundes oder eines Landes entscheidet nach Schöpfung des administrativen Instanzenzuges der Verwaltungsgerichtshof.
(1) Der Verwaltungsgerichtshof hat in der Regel nur über Beschwerde der Parteien zu erkennen.
(2) Doch kann, wenn die Entscheidung oder Verfügung einer Landesbehörde die Interessen des Bundes verletzt, auch die Bundesregierung, wenn die Entscheidung oder Verfügung einer Bundesbehörde die Interessen eines Landes verletzt, die zuständige Landesregierung den Verwaltungsgerichtshof anrufen. 398
Von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes sind ausgeschlossen die Angelegenheiten:
Zum Schutze der Interessen des Bundes kann die Bundesregierung gegen Entscheidungen und Verfügungen von Landesbehörden auch dann den Verwaltungsgerichtshof anrufen, wenn die Entscheidung oder Verfügung nach freiem Ermessen zu treffen war.
In allen Fällen, in denen der Verwaltungsgerichtshof von den Parteien angerufen werden kann, hat der administrative Instanzenzug in Angelegenheiten des selbständigen Wirkungskreises der Länder noch vor der Entscheidung der Landesregierung, in den übrigen Angelegenheiten noch vor der Entscheidung der Bundesregierung zu enden, sofern nicht in den ersteren Fällen die Landesregierung, in den letzteren die Bundesregierung in erster Instanz zu entscheiden hat.
(1) Das stattgebende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes bewirkt die Aufhebung der rechtswidrigen Entscheidung oder Verfügung.
(2) Die Verwaltungsbehörde ist bei der neu zu treffenden Entscheidung oder Verfügung an die Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes gebunden.
(3) Der Verwaltungsgerichtshof kann in der Sache selbst entscheiden.
(1) Der Verwaltungsgerichtshof hat seinen Sitz in der Bundeshauptstadt Wien.
(2) Er besteht aus einem Präsidenten, einem Vizepräsidenten und der erforderlichen Anzahl von Senatspräsidenten und Räten.
39 (3) Wenigstens die Hälfte der Mitglieder muss die Eignung zum Richteramte haben.
Der Präsident, der Vizepräsident und die Mitglieder des Verwaltungsgerichtshofes werden aus Vorschlag der Bundesregierung vom Präsidenten des Bundestages ernannt.
Die näheren Bestimmungen über die Verwaltungsgerichtsbarkeit erfolgen durch Bundesgesetz.
Der Verfassungsgerichtshof in Wien entscheidet alle Rechtsstreitigkeiten zwischen den Ländern sowie zwischen einem Lande und dem Bunde.
Er entscheidet ferner Kompetenzkonflikte zwischen Gerichten und Verwaltungsbehörden des Bundes oder der Länder zwischen dem Verwaltungsgerichtshof und den ordentlichen Gerichten; zwischen Landesregierungen untereinander sowie zwischen einer Landesregierung und der Bundesregierung.
(1) Der Verfassungsgerichtshof entscheidet über Gesetzwidrigkeit von Verordnungen einer Bundes- oder Landesbehörde auf Antrag eines Gerichtes; über Gesetzwidrigkeit von Verordnungen einer Landesbehörde auch auf Antrag der Bundesregierung; über Gesetzwidrigkeit von Verordnungen der Bundesbehörden auch auf Antrag einer Landesregierung.
(2) Das stattgebende Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes bewirkt die Aufhebung der gesetzwidrigen Verordnungen und verpflichtet die erlassende Behörde zur unverzüglichen Kundmachung der erfolgten Aufhebung.
(1) Der Verfassungsgerichtshof entscheidet über Verfassungswidrigkeit von Landesgesetzen — außer dem im Artikel 75 erwähnten Fall — auf Antrag der Bundesregierung, über Verfassungswidrigkeit von Bundesgesetzen auf Antrag einer Landesregierung. 399
40 (2) Der Antrag der Bundesregierung sowie derjenige der Landesregierung kann jederzeit gestellt werden; er ist sofort der zuständigen Landesregierung oder der Bundesregierung bekanntzugeben.
(3) Das stattgebende Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes bewirkt die Aufhebung des Gesetzes und verpflichtet die zuständige Landesregierung oder die Bundesregierung zur Verlautbarung der erfolgten Aufhebung im Landesgesetzblatte oder im Bundesgesetzblatte.
(4) Der Verfassungsgerichtshof ist bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen an keinerlei Schranken gebunden.
Der Verfassungsgerichtshof entscheidet über Anfechtungen von Wahlen zum Bundestag, zu den Landtagen und allen anderen allgemeinen Vertretungskörpern und über den Antrag einer dieser Vertretungskörper auf Erklärung des Mandatsverlustes eines seiner Mitglieder.
(1) Der Verfassungsgerichtshof entscheidet über die Verantwortlichkeit:
(2) Das verurteilende Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes hat auf Verlust des Amtes, unter 41 besonders erschwerenden Umständen auch auf Verlust der politischen Rechte zu lauten.
(1) Der Verfassungsgerichtshof entscheidet über Beschwerden wegen Verletzung eines der in den Artikeln 105 bis 143 gewährleisteten Rechte durch eine Behörde nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges.
(2) Das stattgebende Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes bewirkt die Aufhebung der verfassungswidrigen Entscheidung oder Verfügung. Die Behörden sind bei der neu zu treffenden Entscheidung oder Verfügung an die Rechtsanschauung des Verfassungsgerichtshofes gebunden.
(1) Der Verfassungsgerichtshof in Wien besteht aus einem Präsidenten, einem Vizeprädenten, vierzehn Mitgliedern und acht Ersatzmitgliedern.
(2) Der Präsident, der Vizepräsident, sieben Mitglieder und vier Ersatzmitglieder werden vom Bundestag, sieben Mitglieder und vier Ersatzmitglieder vom Bundesrat auf Lebensdauer gewählt.
(1) Der Präsident des Verfassungsgerichtshofes steht im Range des Bundeskanzlers, der Vizepräsident im Range eines Staatssekretärs.
(2) Das Amt der Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes ist, soweit nicht Mitglieder als ständige Referenten fungieren, ein Ehrenamt. Die ständigen Referenten werden in einer Plenarversammlung des Gerichtshofes aus der Mitte seiner Mitglieder gewählt.
Die nähere Organisation und das Verfahren des Verfassungsgerichtshofes wird durch Bundesgesetz geregelt.
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