Kelsen, Hans
Zwischen Mai und November 1919
Verfassungsentwurf (Typoskript )
AdR, Büro Seitz, Karton 7
Das Original befindet sich im Eigentum des Österreichischen Staatsarchivs unter der ÖStA-Signatur „AdR, Büro Seitz, Karton 7“. Die Verwendung des Digitalisats durch Dritte bedarf einer schriftlichen Bewilligung des ÖStA entsprechend der geltenden Benutzungsordnung.
Die Republik Oesterreich ist ein freier Bund der souveränen Länder; Niederösterreich, Oberösterreich, Steiermark etc.
Das Bundesgebiet umfasst die Gebiete der souveränen Länder u. zw. in folgendem Umfange:
Niederösterreich: . . . .
Oberösterreich: . . .
etc.
Eine Aenderung des Bundesgebietes, die zugleich Aenderung eines Landesgebietes ist, ebenso eine Aenderung der Landesgrenze innerhalb des Bundesgebietes, kann nur durch übereinstimmende Verfassungsgesetze des Bundes und desjenigen Landes erfolgen, dessen Gebiet eine Veränderung erfährt.
Jeder Landesbürger ist Bürger des Bundes.
Die Landesbürgerschaft ist an die Heimatberechtigung in der Gemeinde eines souveränen Landes gebunden.
Der Erwerb und Verlust der Bundesbürgerschaft wird durch ein Bundesgesetz geregelt.
Die souveränen Länder Niederrösterreich etc. übertragen dem Bunde ihre Staatsgewalt in den folgenden Angelegenheiten: - 2 -
Der Gesetzgebung des Bundes ist übertragen:
Soferne eine Angelegenheit nicht ausdrücklich durch die Bundesverfassung der Gesetzgebung oder auch der Vollziehung des Bundes übertragen ist, verbleibt sie im Geltungsbereiche der souveränen Länder.
Die vom ganzen Bundesvolke Deutschösterreichs gewählte Bundesversammlung bildet zusammen mit dem von den Landesversammlungen gewählten Bundesrate das höchste Organ des Bundes.
Der Sitz der Bundesversammlung sowie des Bundesrates ist die Bundeshauptstadt Wien.
Der Bundesversammlung obliegt im Zusammenwirken mit dem Bundesrate die Gesetzgebung des Bundes.
Die Bundesversammlung allein hat das Recht Krieg zu erklären und Friedensverträge zu genehmigen. Ein solcher Beschluss bedarf auch der Genehmigung des Bundesrates.
Staatsverträge bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Genehmigung durch die Bundesversammlung und den Bundesrat.
Nur Verwaltungsverträge geringerer Be- 4 -deutung /Regierungsübereinkommen/ hat lediglich die Bundesregierung zu genehmigen.
Der Bundesversammlung obliegt die jährliche Bewilligung des Bundesbudgets, die Aufnahme und Konvertierung von Bundesanleihen und die Erteilung des Absolutoriums an die Bundesregierung auf Grund des geprüften und gebilligten Bundesrechnungsabschlusses / Art. XCIX/.
Diese Beschlüsse bedürfen der Genehmigung des Bundesrates.
Zur Bundesversammlung werden in dem gesamten Bundesgebiet . . . Abgeordnete auf Grund des gleichen, direkten persönlichen und geheimen Wahlrechtes aller Bundesbürger ohne Unterschied des Geschlechtes, die am 1. Jänner d.J., in welchem die Wahl statt findet das 20. Lebensjahr überschritten haben, nach dem System der Verhältniswahl gewählt.
Wählbar ist ohne Unterschied des Geschlechtes jeder wahlberechtigte Bundesbürger, der vor dem 1. Jänner des Jahres, in welchem die Wahl zur Bundesversammlung stattfindet, das 29. Lebensjahr überschritten hat.
Vom Wahlrecht und der Wählbarkeit sind ausgeschlossen . . . . . .
Die Wahlordnung für die Wahl zur Bundesversammlung wird in einem besonderen Gesetze erlassen. Sie bildet einen Bestandteil der Bundesverfassung.
Die Legislaturperiode der Bundesversammlung beträgt . . . Jahre vom Tage ihrer ersten Einberufung an gerechnet.
Die Bundesversammlung ist alljährlich vom Bundespräsidenten u.zw. im . . . einzuberufen.
Eine Sitzungsperiode der Bundesversammlung darf nicht länger als ein Jahr betragen.
Während der Sitzungsperiode kann die Bundesversammlung durch einen Beschluss des Hauses oder über Vorschlag der Bundesregierung durch den Bundespräsidenten vertagt werden.
Die Vertagung ist aufzuheben, wenn wenigstens 50 Mitglieder der Bundesversammlung einen schriftlichen Antrag beim Präsidenten der Bundesversammlung gestellt haben. Der Präsident der Bundesversammlung hat von dem erfolgten Antrag den Bundespräsidenten im Wege der Bundesregierung zu verständigen.
Ueber Antrag der Bundesregierung kann der Bundespräsident die Bundesversammlung auflösen.
In diesem Falle hat der Bundespräsident binnen . . . . Wochen nach erfolgter Auflösung Neuwahlen auszuschreiben und die neugewählte Bundesversammlung binnen weiteren . . . Wochen einzuberufen.
Die Bundesversammlung wählt aus ihrer - 6 -Mitte auf die Dauer der Sitzungsperiode einen Präsidenten sowie einen zweiten und dritten Präsidenten.
Die Geschäftsführung der Bundesversammlung erfolgt auf Grund eines besonderen Gesetzes, das einen Bestandteil der Bundesverfassung bildet und einer im Rahmen dieses Gesetzes von der Bundesversammlung zu beschliessenden autonomen Geschäftsordnung.
Gesetzesvorschläge gelangen an die Bundesversammlung entweder als Anträge ihrer Mitglieder oder als Vorlagen der Bundesregierung. Auch der Bundesrat kann im Wege der Bundesregierung Gesetzesanträge in der Bundesversammlung stellen.
Die Gesetzesbeschlüsse der Bundesversammlung erlangen Gesetzeskraft dadurch, dass sie vom Bundesrat genehmigt, vom Bundespräsidenten und über dessen Auftrag vom Bundeskanzler im Bundesgesetzblatte kundgemacht werden.
Zu einem Beschluss der Bundesversammlung ist die Anwesenheit von mindestens . . . . . Mitgliedern und die absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich.
Eine Abänderung der Bundesverfassung kann jedoch nur bei Anwesenheit von mindestens zwei Drittel aller Mitglieder und mit einer Mehrheit von drei Viertel aller abgegebenen Stimmen beschlossen werden.
Jede Gesamtänderung der Bundesverfassung eine teilweise Aenderung aber nur, wenn sie von . . . . Mitgliedern der Bundesversammlung oder . . . Mitgliedern des Bundesrates verlangt wird, ist nachdem sie von der Bundesversammlung beschlossen und vom Bundesrate genehmigt ist - vor der Beurkundung durch den Bundespräsidenten einer Abstimmung des gesamten Bundesvolkes zu unterziehen.
Einer solchen Volksabstimmung ist ferner jedes Bundesgesetz unterworfen hinsichtlich dessen dies von wenigstens 400.000 Stimmeberechtigten oder von der Mehrheit der Stimmberechtigten dreier Länder innerhalb 6 Wochen nach erfolgter Kundmachung des Gesetzes gefordert wird.
Stimmberechtigt ist jeder zur Nationalversammlung wahlberechtigter Bundesbürger. Das Bundesvolk hat die von der Nationalversammlung beschlossene und vom Bundesrat genehmigte Verfassungsänderung angenommen und es hat das bereits kundgemachte Bundesgesetz abgelehnt, wenn die absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen sich für die Verfassungsänderung oder gegen das Bundesgesetz ausgesprochen hat.
Das Ergebnis der Volksabstimmung ist im Bundesgesetzblatt zu verlautbaren. Im Fal- 8 - le ein Bundesgesetz durch Volksabstimmung abgelehnt wurde, ist seine Ausserkraftsetzung kundzumachen.
Ist eine Gesamtänderung der Bundesverfassung durch Volksabstimmung abgelehnt worden, hat der Bundespräsident die Bundesversammlung aufzulösen und gemäss Art. XV der Bundesverfassung auszuschreiben.
Das Verfahren für die Volksabstimmung sowie für die in Art. XX vorgesehene Initiative ist in dem Gesetz über die Wahlordnung für die Wahl zur Bundesversammlung geregelt.
Die Sitzungen der Bundesversammlung sind öffentlich.
Dem Hause steht das Recht zu, ausnahmsweise die Oeffentlichkeit auszuschliessen, wenn es vom Präsidenten oder wenigstens . . . Mitgliedern verlangt und vom Hause nach Entfernung der Zuhörer beschlossen wird.
In den Bundesrat entsendet jede Landesversammlung aus ihrer Mitte nach dem Verhältniswahlrecht . . . . Mitglieder und für je . . . . Einwohner ihres Gebietes je ein weiteres Mitglied auf die Dauer einer Session der Bundesversammlung.
Der Vorsitz im Bundesrat fällt in jeder Session nach alphabetischer Reihenfolge auf ein anderes Land.
- 9 -Als Vorsitzender des Bundesrates und als Stellvertreter desselben fungieren die bei der Wahl aus der Landesversammlung hiezu an erster und zweiter Stelle ermächtigten Vertreter des jeweils zum Vorsitz berufenen Landes.
Der Bundesrat wird durch seinen Vorsitzenden nach aussen vertreten. Alle Ausfertigungen des Bundesrates müssen die Unterschrift seines Vorsitzenden tragen.
Der Bundesrat gibt sich seine Geschäftsordnung durch einfachen Beschluss.
Der Bundesrat wird vom Bundespräsidenten alljährlich nach Wien einberufen.
Er fasst seine Beschlüsse mit einfacher Stimmenmehrheit der Anwesenden.
Die Sitzungen des Bundesrates sind nicht öffentlich.
Die Mitglieder des Bundesrates bleiben bis zum Beginn der neuen Session der Bundesversammlung, darüber hinaus aber nur solange in Funktion, bis die Landesversammlungen ihre Vertreter für die neue Session der Bundesversammlung gewählt haben.
Wird eine Landesversammlung aufgelöst, bleiben die von ihr delegierten Mitglieder des Bundesrates solange in Funktion bis die neue Landesversammlung die Wahl in den Bundesrat vorgenommen hat.
Jeder Gesetzesbeschluss sowie jeder andere Beschluss der Bundesversammlung der - 10 - einer Genehmigung durch den Bundesrat bedarf, ist unverzüglich durch den Präsidenten der Bundesversammlung dem Bundeskanzler zu übermitteln, der ihn sofort dem Bundesrate zur Genehmigung vorzulegen hat.
Der Bundesrat hat den Beschlüssen der Bundesversammlung bis längstens . . . . Wochen nach Schluss der Session die Genehmigung zu erteilen oder mit Angabe von Gründen zu verweigern.
Der genehmigte Beschluss ist im Wege des Bundeskanzlers dem Bundespräsidenten zur Beurkundung und Kundmachung zu übermitteln.
Die begründete Verweigerung der Genehmigung ist in schriftlicher Ausfertigung der Bundesversammlung bekanntzugeben.
Ein Gesetzesbeschluss der Bundesversammlung, dem der Bundesrat die Genehmigung verweigert hat, kann von der Bundesversammlung in derselben Session unverändert nicht neuerlich gefasst werden.
Hat die Bundesversammlung einen Gesetzesbeschluss, dem der Bundesrat zweimal die Sanktion verweigert hat, ein drittes Mal gefasst oder hat der Bundesrat einem Gesetzesbeschluss der Bundesversammlung in der vorgeschriebenen Zeit die Sanktion weder erteilt noch mit Angabe von Gründen verweigert, so hat der Bundespräsident den Gesetzesbeschluss ohne die Genehmigung des Bundesrates zu beurkunden und seine Kundmachung zu veranlassen.
Hat der Bundesrat einem Gesetzes- 11 -beschluss der Bundesversammlung die Genehmigung verweigert und beharrt die Bundesversammlung auf ihrem Beschluss, so ist dieser Beschluss der Bundesversammlung einer Volksabstimmung zu unterziehen.
Nimmt das Bundesvolk den Beschluss der Bundesversammlung an, so ist dieser ohne Sanktion des Bundesrates zu beurkunden und seine Kundmachung zu veranlassen.
Auf diese Volksabstimmungen finden die Bestimmungen des Art. XXI - XXII Anwendung.
Ohne Genehmigung des Bundesrates ist ein Gesetzesbeschluss der Bundesversammlung auch dann zu beurkunden und kundzumachen, wenn der Bundesrat diesem Gesetzesbeschluss in der vorgeschriebenen Zeit die Genehmigung weder erteilt, noch mit Angabe von Gründen verweigert hat.
Das verfassungsmässige Zustandekommen der Bundesgesetze wird durch die Unterschrift des Bundespräsidenten beurkundet.
Diese Beurkundung ist vom Bundeskanzler und dem ressortmässigen zuständigen Staatssekretär zu gegenzeichnen.
Die Kundmachung der Bundesgesetze erfolgt mit Berufung auf den Beschluss der Bundesversammlung, die Genehmigung des Bundesrates im Falle der Art. XIX und XX der Bundesverfassung auch mit Berufung auf das Ergebnis der Volksabstimmung und im Falle einer Kundmachung gemäss Art. XXXI Abs. 2 - 12 - der Bundesverfassung unter ausdrücklicher Anführung dieser Gesetzesbestimmung im Bundesgesetzblatte über Anordnung des Bundespräsidenten durch den Bundeskanzler.
Die Kundmachung der Bundesgesetze erfolgt mit Berufung auf den Beschluss der Bundesversammlung, die Genehmigung des Bundesrates und im Falle der Art. XIX. XX und XXXI der Bundesverfassung auch mit Berufung auf das Ergebnis der Volksabstimmung, im Bundesgesetzblatt über Anordnung des Bundespräsidenten durch den Bundeskanzler.
Die Mitglieder der Bunde[s]versammlung können wegen der in Ausübung ihres Berufes geschehenen Abstimmungen niemals, wegen der in diesem Berufe gemachten Aeusserungen nur von der Bundesversammlung verantwortlich gemacht werden.
Kein Mitglied der Bundesversammlung darf während der Dauer der Session wegen einer strafbaren Handlung - den Fall der Ergreifung auf frischer Tat ausgenommen - ohne Zustimmung der Bundesversammlung verhaftet oder behördlich verfolgt werden.
Selbst in dem Falle der Ergreifung auf frischer Tat hat die Behörde dem Präsidenten der Bundesversammlung sogleich die geschehene Verhaftung bekanntzugeben.
Wenn es die Bundesversammlung verlangt, muss der Verhaft aufgehoben oder die Verfolgung für die ganze Sitzungsperiode aufgeschoben werden.
Die Mitglieder des Bundesrates geniessen die ihnen als Mitglieder der Landesversammlung gewährte Immunität auch während der ganzen Dauer ihrer Funktion als Bundesmitglieder.
Niemand kann gleichzeitig der Bundesversammlung und dem Bundesrat angehören.
Die der Bundesversammlung oder dem Bundesrat angehörenden öffentlichen Angestellten und Funktionäre bedürfen zur Ausübung ihres Mandates keines Urlaubes.
Die Mitglieder der Bundesregierung sowie die von ihnen entsendeten Vertreter sind berechtigt, an allen Beratungen der Bundesversammlung und des Bundesrates sowie deren Ausschüsse teilzunehmen. Sie müssen auf ihr Verlangen jedesmal gehört werden. Die Bundesversammlung sowie der Bundesrat kann die Anwesenheit der Mitglieder der Bundesregierung verlangen.
Die Bundesversammlung und der Bundesrat sind befugt, die Geschäftsführung der Bundesregierung zu überprüfen, deren Mitglieder über alle Gegenstände der Vollziehung zu befragen und alle einschlägigen Auskünfte zu verlangen, sowie ihren Wünschen über die Ausübung der Regierungs - und Vollzugsgewalt in Entschliessungen Ausdruck zu geben.
Der Bundespräsident und sein Stellvertreter werden unmittelbar durch das Bundesvolk gewählt.
Die Wahl erfolgt zugleich mit der Hauptwahl zur Bundesversammlung und für die Dauer ihrer Funktionsperiode.
Wird die Bundesversammlung vor Ablauf der . . . . jährigen Legislativperiode aufgelöst, hat auch eine Neuwahl des Bundespräsidenten und seines Stellvertreters zu erfolgen.
Eine Neuwahl des Bundespräsidenten und seines Stellvertreters hat auch dann zu erfolgen, wenn die Stelle des Bundespräsidenten durch Tod. Amtsverzicht oder aus anderen gesetzlichen Gründen erledigt wird.
Zum Bundespräsidenten sowie zu seinem Stellvertreter kann nur derjenige deutschösterreichische Bundesbürger gewählt werden, der das aktive Wahlrecht zur Bundesversammlung hat und am 1. Jänner des Jahres in welchem die Wahl stattfindet, das 40. Lebensjahr vollendet hat.
Der Stimmzettel für die Präsidentschaftswahl ist im Falle des Art. XL. Abs. 2 gleichzeitig jedoch gesondert von dem Stimmzettel für die Wahl zur Bundesversammlung abzugeben. - 15 -
Jeder Wähler darf nur einen Kandidaten für die Präsidentschaft bezeichnen.
Als zum Bundespräsidenten gewählt gilt derjenige Kandidat, der die meisten Stimmen erhalten hat.
Derjenige Kandidat, der die nächsthohe Stimmziffer erreicht, gilt als zum Stellvertreter des Bundespräsidenten gewählt.
Der Bundespräsident und sein Stellvertreter dürfen während ihrer Amtstätigkeit keiner politischen Körperschaft angehören und keinen anderen Beruf ausüben.
Das Wahlverfahren für die Präsidentschaftswahl ist in dem Gesetze betreffend die Wahlordnung für die Wahl zur Bundesversammlung zu regeln.
Der Bundespräsident vertritt die Republik Deutschösterreich nach aussen, empfängt und beglaubigt die Gesandten und ratifiziert die Staatsverträge.
Dem Bundespräsident obliegt über Vorschlag der Staatsregierung:
die Einberufung, die Vertagung, die Schliessung der Session und die Auflösung der Bundesversammlung sowie die Einberufung des Bundesrates.
Die Ausschreibung von Neuwahlen zur Bundesversammlung und Bundespräsidentschaft.
Die Ernennung der Bundesbeamten von - 16 -der VI. Rangsklasse aufwärts.
Die Begnadigung rechtskräftig Verurteilter, die Milderung der von den Gerichten ausgesprochenen Strafen, die Nachsicht von Rechtsfolgen und die Tilgung von Verurteilungen, ferner die Abolition von strafgerichtlichen Verfahren.
Der Bundespräsident ernennt über Vorschlag der zuständigen Landesregierung die Landesbeamten von der VI. Rangsklasse aufwärts.
Alle Akte des Bundespräsidenten bedürfen der Gegenzeichnung des Bundeskanzlers und des ressortmässig zuständigen Staatssekretärs; die im Art. XLVIII erwähnte Ernennung von Landesbeamten der Gegenzeichnung des zuständigen Landeshauptmannes.
Wenn der Bundespräsident verhindert oder wenn die Stelle des Bundespräsidenten dauernd erledigt ist, im letzteren Falle bis zur Neuwahl eines Nachfolgers, werden alle Punktionen des Bundespräsidenten von seinem Stellvertreter übernommen.
Wenn sowohl die Stelle des Präsidenten als auch die seines Stellvertreters gleichzeitig erledigt sind, gehen die Funktionen des Präsidenten auf die Bundesregierung über.
Der Bundespräsident bleibt auch nach Ablauf der Legislativperiode und nach Auflösung der Bundesversammlung u.zw. solange im Amte, bis der neue Bundespräsident gezählt ist und sein Amt angetreten hat.
- 17 -Eine wiederholte Wahl zum Bundespräsidenten oder zum Stellvertreter desselben ist zulässig.
Mit der Ausübung der Regierungs- und Vollzugsgewalt des Bundes sind, soweit diese nicht dem Bundespräsidenten übertragen ist, die Bundesregierung u.zw. der Bundeskanzler und die Staatssekretäre betraut.
Sie bilden in ihrer Gesamtheit die Bundesregierung unter dem Vorsitz des Bundeskanzlers.
Die Regierungs- und Vollzugsgewalt des Bundes darf nur auf Grund der Bundesverfassung und der von der Bundesversammlung beschlossenen und vom Bundesrat genehmigten Gesetze ausgeübt werden.
Die Staatsregierung wird von der Bundesversammlung über den Gesamtvorschlag eines besonderen Ausschusses, dessen Zusammensetzung, Wirkungskreis und Verfahren im Geschäftsordnungsgesetze geregelt ist, in namentlicher Abstimmung gewählt.
Die Bestallungsurkunden des Bundeskanzlers und der Staatssekretäre sowie der Unterstaatssekretäre werden vom Bundespräsidenten mit dem Datum des Tages der Angelobung ausgefertigt und vom neu bestellten Bundeskanzler gegengezeichnet.
Bid[s] die neue Bundesregierung gebildet ist, hat der Bundespräsident entweder die scheidende Regierung unter dem Vorsitz des bisherigen Bundeskanzlers oder eines Staatssekretärs mit der - 18 -einstweiligen Fortführung der Geschäfte zu beauftragen, oder leitende Beamte der Staatsämter unter dem Vorsitz eines dieser leitenden Beamten oder eines eigens hiezu bestellten Beamten mit der einstweiligen Leitung der Verwaltung zu betreuen.
Versagt die Bundesversammlung oder der Bundesrat der Bundesregierung oder einzelnen Mitgieder[n] derselben durch ausdrückliche Entschliessung das Vertrauen, so ist eine neue Bundesregierung zu bestellen, bezw. der betreffende Staatssekretär seines Amtes zu entheben.
Zu einem Beschlusse der Bundesversammlung, mit welchem das Vertrauen versagt wird, ist die Anwesenheit der Hälfte der Mitglieder der Bundesversammlung erforderlich. Doch ist, wenn . . . Mitglieder es verlangen, die Abstimmung auf den zweitnächsten Werktag zu vertagen. Eine neuerliche Vertagung der Abstimmung kann nur auf Beschluss der Bundesversammlung erfolgen.
Zu einem Beschlusse des Bundesrates, mit welchem das Vertrauen versagt wird, ist die Anwesenheit mindestens eines Vertreters eines jeden Landes erforderlich.
Die gesamte Bundesregierung und die einzelnen Mitglieder derselben werden in den gesetzlich bestimmten Fällen oder über ihren Wunsch vom Bundespräsidenten ihres Amtes enthoben.
Der Bundespräsident und sein Stellvertreter, die Mitglieder der Bundesregierung und die Unterstaatssekretäre sind nach Massgabe des Art. - 19 -CXXVIII der Bundesverfassung der Bundesversammlung und dem Bundesrate verantwortlich.
Zur Durchführung der Aufgaben der Bundesverwaltung sind die folgenden Bundesämter berufen: . . .
Jedes Bundesamt steht unter der Leitung eines Staatssekretärs.
Zur Vertretung des Bundeskanzlers kann ein Vizekanzler bestellt werden, oder es kann der Bundespräsident einen Staatssekretär über Vorschlag der Bundesregierung mit der Stellvertretung des Bundeskanzlers betrauen.
Ausnahmsweise und vorübergehend kann der Bundeskanzler, der Vizekanzler oder ein Staatssekretär auch mit der Führung eines ihm nicht nach Art. LXVII unterstellten Bundesamtes betraut werden.
Andererseits können in besonderen Fällen auch Staatssekretäre mit einem bloss persönlichen Aufgabenkreis ohne gleichzeitig mit der Führung eines Bundesamtes bestellt werden.
In jedem Bundesamte wird in der Regel dem verantwortlichen Leiter zur Wahrung der Einheit und Stetigkeit des Geschäftsganges ein Beamter zur Seite gestellt, der den Amtstitel eines Bundesamstdirektors führt.
Dem Bundeskanzler und den Staatssekretären können zur Unterstützung in der politischen Geschäftsführung und zur parlamentarischen Vertre- 20 -tung Unterstaatssekretäre beigegeben werden.
Die Unterstaatssekretäre werden in der gleichen Weise berufen wie die Mitglieder der Bundesregierung.
Alle Gerichtsbarkeit geht vom Bunde aus. Die Urteile und Erkenntnisse werden im Namen der Republik Deutschösterreichs ausgefertigt.
Die Verfassung und Zuständigkeit der Gerichte wird durch Bundesgesetz festgestellt.
Ausnahmsgerichte sind nur in dem im Gesetze vorausbestimmten Fällen zulässig. Ob ein solcher Fall vorliegt, wird, abgesehen von den in der Strafprozessordnung geregelten Fällen, durch Beschluss der Bundesregierung festgesetzt. Die Bundesregierung ist verpflichtet, jeden solchen Beschluss ungesäumt der Bundesversammlung und dem Bundesrat vorzulegen und über Beschluss eines der beiden Vertretungskörper sofort ausser Kraft zu setzen.
Der Wirkungskreis der Militärgerichte wird durch Gesetz bestimmt.
Die Gerichtsbarkeit in Polizei- und Gefällsstrafsachen wird durch Gesetz geregelt.
Die Richter werden - soferne nicht anders bestimmt ist - auf Grund von Besetzungsvorschlägen der durch die Gerichtsverfassung dazu be- 21 -stimmten Senate über Antrag der Bundesregierung vom Bundespräsidenten oder über dessen Ermächtigung vom Staatssekretär für Justiz ernannt.
Der durch den Staatssekretär für Justiz an die Bundesregierung zu leitende oder dem Staatssekretär für Justiz vorzulegende Besetzungsvorschlag hat, wenn genügend Bewerber vorhanden sind, mindestens 2 Personen mehr zu umfassen, als Richter zu ernennen sind.
Die Richter werden in die für die übrigen Staatsbeamten bestehenden Rangsklassen nicht eingeteilt, ihre dienstliche Verwendung ist von ihrer Einteilung in Gehaltsklassen unabhängig.
Die Richter sind in Ausübung ihres richterlichen Amtes selbständig und unabhängig.
In Ausübung seines richterlichen Amtes befindet sich ein Richter bei Besorgung aller ihm nach dem Gesetze und der Geschäftsordnung zustehenden richterlichen Geschäfte, einschliesslich jener der Justizverwaltungssachen, die nach Vorschrift des Gesetzes durch Senate oder Kommissionen zu erledigen sind.
Vor Erreichung der im Gerichtsorganisationsgesetz festgesetzten Altersgrenze dürfen Richter nur auf Grund eines förmlichen richterlichen Erkenntnisses ihres Amtes ersetzt werden: ihre zeitweise Enthebung des Gerichtsvorstandes oder höheren Gerichtsbehörde unter gleichzeitiger Verweisung der Sache an das zuständige Gericht, - 22 -die Versetzung an eine andere Stelle oder in den Ruhestand wider Willen nur durch gerichtlichen Beschluss in den durch das Gesetz bestimmten Fällen und Formen stattfinden. Diese Bestimmungen finden jedoch bei Uebersetzung und Versetzungen in den Ruhestand keine Anwendung, die durch Veränderungen in der Verfassung der Gerichte nötig werden. In einem solchen Falle wird durch Gesetz festgestellt, innerhalb welchen Zeitraumes Richter, ohne die sonst vorgeschriebenen Förmlichkeiten übersetzt und in den Ruhestand versetzt werden können.
Die Prüfung der Giltigkeit gehörig kundgemachter Gesetze steht den Gerichten nicht zu.
Hat ein Gericht die Anwendung einer Vollzugsanweisung /Vdg./ als gesetzwidrig abgelehnt, hat es gleichzeitig den Antrag auf Kassation dieser Vollzugsanweisung beim Bundesverfassungsgerichte zu stellen / Art. CXXV/.
Wegen der von einem Richter in Ausübung seines Amtes verursachten Rechtsverletzungen kann dieser Richter sowie der Bund ausser den im gerichtlichen Verfahren vorgezeichneten Rechtsmitteln nicht mit Klage belangt werden. Dieses Klagerecht wird durch ein besonderes Bundesgesetz geregelt.
Der Bund haftet für jedes Verschulden des Richters, dieser nur, wenn ihm Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt.
Die Verhandlungen vor dem erkennenden Richter sind in Zivil- und Strafrechtssachen münd-- 23 -lich und öffentlich. Die Ausnahme bestimmt das Gesetz.
Im Strafverfahren gilt der Anklage prozess.
Bei den mit schweren Strafen bedrohten Verbrechen, die das Gesetz zu bezeichnen hat, sowie bei allen politischen oder durch den Inhalt einer Druckschrift verübten Verbrechen und Vergehen entscheiden Geschworne über die Schuld des Angeklagten.
Als oberste Instanz in Zivil- und Strafrechtssachen besteht das Oberste Bundesgericht in Wien.
Die Erteilung von Amnestien erfolgt durch Bundesgesetz.
Die Rechtspflege wird von der Verwaltung in allen Instanzen getrennt. Die Staatsanwaltschaft gilt als Verwaltungsbehörde.
In allen Fällen, wo eine Verwaltungsbehörde nach den bestehenden oder künftig zu erlassenden Gesetzen über Privatrechtsansprüche zu entscheiden hat, steht es dem durch diese Entscheidung Benachteiligten frei, wenn nicht im Gesetze etwas anderes bestimmt ist, Abhilfe gegen die andere Partei im Rechtswege zu suchen.
Die gesetzgebende Gewalt der souveränen Länder wird durch die Landesversammlungen ausgeübt, deren Mitglieder auf Grund des gleichen, geheimen und direkten Verhältniswahlrechtes aller Bundesbürger ohne Unterschied des Geschlechtes gewählt werden.
Die Landeswahlordnungen dürfen die Bedingungen des aktiven und passiven Wahlrechtes nicht enger ziehen, als dies in der Wahlordnung zur Bundesversammlung der Fall ist.
Die Mitglieder der Landesversammlungen geniessen die gleiche Immunität wie die Mitglieder der Bundesversammlung, wobei die Bestimmungen des Art. XXXIV der Bundesverfassung Anwendung finden.
Zu einem Landesgesetz ist erforderlich der Beschluss der Landesversammlung, die Beurkundung durch deren Präsidenten und die Kundmachung durch die Landesregierung im Landesgesetzblatt.
Die durch Landesgesetz zu erlassende Landesverfassung kann - insoweit dadurch die Bundesverfassung nicht berührt wird - durch Landesgesetz abgeändert werden.
Ein Landesverfassungsgesetz kann nur bei Anwesenheit der zwei Drittel aller Mitglieder der Landesversammlung mit einer Mehrheit von drei Viertel aller abgegebenen Stimmen beschlossen werden.
Die Kundmachung der Landesgesetze erfolgt mit Berufung auf den Beschluss der Landesversammlung durch die Landesregierung im Landesgesetzblatt.
Die Beurkundung des verfassungsmässigen Zustandekommens geschieht durch die von dem Landeshauptmann gegenzuzeichnende Unterschrift des Präsidenten der Landesversammlung.
Landesgesetze treten vier Wochen nach der erfolgten Verlautbarung in Wirksamkeit. Eine Abkürzung dieses Termins bedarf der Zustimmung der Bundesregierung.
Die vollziehende Gewalt jedes souveränen Landes wird durch eine von der Landesversammlung zu wählende Landesregierung ausgeübt.
- 26 -Die Landesregierung besteht aus dem Landeshauptmann, seinem Stellvertreter und . . . . bis . . . . Beisitzern.
Der Landeshauptmann bezw. sein Stellvertreter vertritt das Land nach aussen. Er trägt in den Angelegenheiten des der Landesregierung übertragenen Wirkungskreises der Bundesgewalt die Verantwortung gegenüber der Bundesregierung gemäss Art. CXXVIII der Bundesverfassung.
Der Landesversammlung sind die Mitglieder der Landesregierung gemäss Art. CXXVIII der Bundesverfassung verantwortlich.
Die vollziehende Gewalt des Bundes wird im Bereiche der souveränen Länder von den Landesregierungen und den ihnen unterstellten Landesbehörden im übertragenen Wirkungskreise ausgeübt, soweit nicht für einzelne Bundesangelegenheiten eigene Bundesbehörden durch Bundesgesetz berufen sind.
In diesem Belange ist die Landesregierung samt den ihr unterstellten Behörden an die Bundesgesetze, die Vollzugsanweisungen und sonstigen Anordnungen der Bundesregierung sowie der einzelnen Bundesämter gebunden.
In den von den Landesbehörden als Bundesorgan wahrgenommenen Angelegenheiten geht der administrative Instanzenzug - wenn nicht durch Bundesgesetz ausdrücklich anderes be- 27 -stimmt ist - bis zur Bundesregierung bezw. den ressortmässig zustehenden Bundesämtern.
Aus besonderen Gründen kann über Beschluss der Bundesregierung zur Wahrnehmung der Angelegenheiten des der Landesregierung vom Bunde übertragenen Wirkungskreises vom Bundespräsidenten ein ausserordentlicher Bundeskommissär bestellt werden.
In diesem Falle sind alle Landesorgane innerhalb des übertragenen Wirkungskreises an die Weisungen des Bundeskommissärs unmittelbar gebunden.
Zur Ueberprüfung der Gebarung in der gesamten Staatswirtschaft des Bundes wie der souveränen Länder, einschliesslich der Staatsschulden, ferner der Gebarung der von Organen des Bundes oder der Länder verwalteten Stiftungen, Fonds und Anstalten sowie zur Ueberprüfung von Gebarung jener Institute und Gesellschaften, an welchen der Bund oder die Länder in irgendeiner Form finanziell beteiligt sind, ist der Bundesrechnungshof berufen.
Der Bundesrechnungshof untersteht unmittelbar der Bundesversammlung und dem Bundesrat.
Der Bundesrechnungshof besteht aus einem Präsidenten und den erforderlichen Beam-- 28 -ten und Hilfskräften.
Der Präsident des Bundesrechnungshofes wird von der Bundesversammlung gewählt. Die Wahl bedarf der Genehmigung des Bundesrates.
Der Präsident des Bundesrechnungshofes ist den Staatssekretären - auch in den Bezügen - gleichgestellt.
Er darf keiner politischen Körperschaft angehören, und in den letzten 5 Jahren weder Mitglied der Bundesregierung, noch einer Landesregierung gewesen sein.
Dem Präsidenten des Bundesrechnungshofes obliegt dessen oberste Leitung. Er ist hinsichtlich der Verantwortlichkeit den Mitgliedern der Bundesregierung gleichzustellen. / Art. CXXVIII. der Bundesverfassung/.
Abgesehen von dem in Art. CXXVII der Bundesverfassung geregelten Fall kann der Präsident des Bundesrechnungshofes nur durch Beschluss der Bundesversammlung oder des Bundesrates abberufen werden. Auf diese Beschlüsse finden die Bestimmungen des Art. IV der Bundesverfassung analoge Anwendung.
Der Präsident des Bundesrechnungshofes verkehrt mit der Bundesversammlung, dem Bundesrat und der Bundesregierung mittelbar.
Er ist verpflichtet über Gegenstände - 29 -seines Wirkungskreises der Bundesversammlung und dem Bundesrate persönlich oder durch Beauftragte jederzeit Auskunft zu erteilen.
Er kann den Beratungen der Bundesregierung beigezogen werden, falls Gegenstände verhandelt werden, die den Wirkungskreis des Bundesrechnungshofes betreffend oder über dessen Anregung zur Verhandlung gelangen.
Ueber alle Gegenstände seines Wirkungskreises muss der Präsident auf Verlangen jedesmal gehört werden.
Bei vorübergehender Verhinderung wird der Präsident durch den im Range nächsten Beamten des Bundesrechnungshofes vertreten.
Für den Stellvertreter gelten die Bestimmungen des Art. LXXXVII Abs. 2.
Ist die Stelle des Präsidenten dauernd erledigt, kann der Stellvertreter vom Bundespräsidenten, bis die Wahl des Präsistenten des Bundesrechnungshofes erfolgt ist, mit der Leitung des Bundesrechnungshofes betraut werden. In diesem Falle finden auch auf den Stellvertreter die Bestimmungen des Art. LXXXVIII und LXXXIX Anwendung.
Die Beamten des Bundesrechnungshofes von der VI. Rangsklasse - diese eingeschlossen - aufwärts, ernennt über Vorschlag des Präsidenten der Bundespräsident.
Die übrigen Stellen besetzt der Präsident des Bundesrechnungshofes nach Anhörung des Gremiums.
Kein Mitglied des Bundesrechnungshofes darf an der Leitung und Verwaltung von Unternehmungen, die dem Bunde oder den Ländern Rechnung zu legen haben oder zum Bunde oder einem Lande in einem Subventions- oder Vertragsverhältnisse stehen, beteiligt sein. Ausgenommen sind Unternehmungen, die ausschliesslich die Förderung humaner Bestrebungen oder der wirtschaftlichen Verhältnisse von öffentlichen Beamten oder deren Angehörigen zum Zwecke haben.
Alle Urkunden über Staatsschulden /Finanz - und Verwaltungsschulden/ sind vom Präsidenten des Bundesrechnungshofes gegenzuzeichnen durch diese Gegenzeichnung wird lediglich die Gesetzmässigkeit und rechnungsmässige Richtigkeit der Gebarung bekräftigt.
Bei der Ueberprüfung der seiner Kontrolle unterstellten Gebarung hat der Bundesrechnungshof sein Hauptaugenmerk darauf zu richten, ob die Gebarung den Gesetzen und sonstigen Vorschrifften entspricht, dann ob sie ökonomisch und zweckmässig ist. Keinesfalls darf er sich bloss auf eine ziffernmässige Nachprüfung beschränken.
Der Bundesrechnungshof ist gegenüber den anweisenden Behörden und den diesen unterstehenden Stellen, dann gegenüber den im Art. - 31 -LXXXV bezeichneten Vermögens- und Körperschaften berechtigt, zur Ueberprüfung der Gebarung
Die der Bundesregierung sowie die den Landesregierungen unterstehenden Stellen haben den Anordnungen, die der Bundesrechnungshof bei der ihm zustehenden Ueberprüfung trifft, Folge zu leisten. In Angelegenheiten, die die Bundesämter oder die Landesregierungen - letztere innerhalb ihres selbständigen Wirkungskreises - selbst betreffen, hat der Bundesrechnungshof mit diesen Behörden das Einvernehmen zu pflegen.
Der Bundesrechnungshof hat für ein zweckmässiges und möglichst einfaches Rechnungsverfahren zu sorgen und dabei stets das Einvernehmen mit dem Bundesamte der Finanzen bezw. mit den Landesregierungen zu pfle - 32 -gen. Falls eine Anordnung dieser Art die innere Einrichtung einer Verwaltungsstelle berührt, hat der Bundesrechnungshof auch das Einvernehmen mit dem zuständigen Bundesamte bezw. der zuständigen Landesregierung zu pflegen.
Grundsätliche Aenderungen im Rechnungs- und Kassenwesen dürfen nur im Einvernehmen mit dem Bundesrechungshofe getroffen werden.
Lassen sich Meinungsverschiedenheiten zwischen den Bundesämtern und dem Bundesrechnungshofe nicht im Einvernehmen austragen, so entscheidet der Bundespräsident; Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Bundesrechnungshofe und den Landesregierungen, die sich im Einvernehmen nicht austragen lassen, entscheidet der Bundesrat.
Die anweisenden Behörden haben nach Ablauf jedes Verwaltungsjahres ihre Rechnungsabschlüsse dem Bundesrechnungshofe nach dessen Anordnung vorzulegen.
Der Bundesrechnungshof verfasst den Bundesrechnungsabschluss und gesondert von diesem die Landesrechnungsabschlüsse und legt den ersteren der Bundesversammlung, die letzteren dem Bundesrate vor.
Der Bundesrat übermittelt die Lan- 33 -desrechnungsabschlüsse den zuständigen Landesversammlungen zur verfassungsmässigen Behandlung.
Die näheren Bestimmungen über die innere Einrichtung und den Geschäftsgang des Bundesrechnungshofes regelt die Geschäftsordnung. Sie ist vom Bundesrechnungshofe dem Bundespräsidenten im Wege der Bundesregierung zur Genehmigung vorzulegen.
Vor dem Gesetze sind alle Staatsbürger gleich. Vorrechte der Geburt, der Nationalität und der Konfession sind für immer ausgeschlossen.
Die öffentlichen Aemter und Funktionen sind für alle Staatsbürger gleich zugänglich.
Die persönliche Freizügigkeit innerhalb des Staatsgebietes ist jedermann gewährleistet. Wann und inwiefern die Freizügigkeit beschränkt ist, bestimmt das Gesetz.
Die Auswanderungsfreiheit ist nur aus dem Grunde der Landesverteidigung beschränkbar.
Der Verlust der Staatsbürgerschaft infolge Auswanderung wird durch besondere Gesetze geregelt.
Jedermann kann an jedem Orte des Staatsgebietes seinen Aufenthalt und Wohnsitz nehmen. Ausnahmen bestimmt das Gesetz.
Jeder Staatsbürger kann sich gemäss den bestehenden Gesetzen nach Belieben beruflich betätigen. Die Freiheit der Berufswahl ist nur durch das Familienrecht beschränkt.
Jedermann geniesst die persönliche Freiheit. Die zum Schutze von Staat und Gesellschaft erforderlichen Schranken der persönlichen Freiheit errichtet das Gesetz.
Jedermann geniesst das Hausrecht. Wann eine Hausdurchsuchung zulässig ist, stimmt das Gesetz.
Das Briefgeheimnis ist jedermann gewährleistet. Ausnahmen in den Fällen strafgerichtlicher Untersuchung und im Kriegsfall bestimmt das Gesetz.
Die Freiheit der Meinungsäusserung ist nur durch das Strafgesetz beschränkt.
Die Pressfreiheit ist gewährleistet, die Beschlagnahme von Druckschriften darf nur auf den vom Strafgesetze, von der Strafprozessordnung und vom Pressgesetze vorgesehen Gründen erfolgen. / Sie ist ohne gleichzeitige Verfolgung des Täters ausgeschlossen/. Das Postverbot kann nur gegen ausländische Druckschriften in den durch be- 35 -sonderes Gesetz vorgesehenen Fällen erlassen werden.
Die Vereins- und Versammlungsfreiheit wird durch besondere Gesetze geregelt.
Die volle Glaubens- und Gewissensfreiheit ist jedermann gewährleistet. Der Genuss der bürgerlichen und politischen Rechte ist von dem Religionsbekenntnisse unabhängig; doch darf den staatsbürgerlichen Pflichten durch das Religionsbekenntnis kein Abbruch geschehen. Zu einer kirchlichen Handlung oder zur Teilnahme an einer kirchlichen Feier kann niemand gezwungen werden.
Die Stellung der Religionsgesellschaften im Staate und die Rechte ihrer Angehörigen werden durch besondere Gesetze geregelt.
Alle Staatsbürger haben ein gleiches Recht auf Wahrung ihrer Nationalität und Sprache. / Die zur Durchführung dieser Bestimmung erforderlichen Vorkehrungen trifft ein besonderes Gesetz /.
Das Eigentum ist nur insoweit gewährleistet, als nicht das Gesetz Beschränkungen und Enteignungen vorsieht.
Im Falle einer dringenden Gefahr für den Staat oder seine Bürger können die Grundrechte der persönlichen Freiheit, des Haus- 36 -rechtes, der Vereins - und Versammlungsfreiheit und der Pressfreiheit mittels Vollzugsanweisungen der Staatsregierung den durch besonderes Gesetz vorgesehenen Beschränkungen unterworfen werden. Eine solche Vollzugsanweisung ist der Bundesversammlung und dem Bundesrate binnen 3 Tagen und falls sie nicht versammelt sind, sogleich nach ihrem Wiederzusammentritt vorzulegen, und unverzüglich ausser Kraft zu setzen, falls es die Bundesversammlung oder der Bundesrat beschliesst.
Wegen Rechtsverletzung durch die Entscheidung oder Verfügung einer Verwaltungsbehörde des Bundes oder eines souveränen Landes entscheidet nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges:
In jeder Landeshauptstadt wird ein Landesverwaltungsgericht errichtet. Seine Mitglieder sind nur zur Hälfte aus dem Stande der Landesverwaltungsbeamten über Vorschlag - 37 -der Landesregierung, zur Hälfte aus dem Stande der richterlichen Beamten über Verschlag der Bundesregierung vom Bundespräsidenten zu ernennen.
Aus dem Stande der letzt erwähnten Beamten ernennt der Bundespräsident über Vorschlag der Bundesregierung den Präsidenten, aus dem Stande der ersterwähnten Beamten über Vorschlag der Landesregierung den Vizepräsidenten des Landesverwaltungsgerichtes.
Das Bundesverwaltungsgericht in Wien muss wenigstens zur Hälfte seiner Mitglieder aus richterlichen Beamten bestehen.
Sämtliche Stellen werden über Vorschlag der Bundesregierung vom Bundespräsidenten besetzt.
Das Bundesverwaltungsgericht und die Landesverwaltungsgerichte haben in der Regel nur über Beschwerden der Parteien zu erkennen.
Doch kann, wenn durch eine rechtswidrige Entscheidung oder Verfügung einer Landesbehörde die Interessen der Bundesverwaltung verletzt werden, auch die Bundesregierung vor einem Landesverwaltungsgerichts[e] Beschwerde erheben.
Die Organisation der Landesverwaltungsgerichte und des Bundesverwaltungsgerichtes sowie das Verfahren vor ihnen - 38 -wird durch ein besonderes Bundesgesetz geregelt.
Von der Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte sind ausgeschlossen:
Durch Landesgesetz bezw. durch Bundesgesetz kann angeordnet werden, dass in allen Angelegenheiten, in denen ein Verwaltungsgericht angerufen werden kann, der administative Instanzenzug bei Angelegenheiten des Wirkungskreises der souveränen Länder noch vor der Entscheidung der Landesregierung bei den übrigen Angelegenheiten noch vor der Entscheidung der Bundesregierung bezw. des zuständigen Bundesamtes beendet sei.
Das Bundesverfassungsgericht in Wien entscheidet alle Rechtsstreitigkeiten zwischen den souveränen Ländern, sowie zwi- 39 -schen einem souveränen Lande und dem Bund.
Es entscheidet ferner: Kompetenzkonflikte
Das Bundesverfassungsericht entscheidet über Gesetzwidrigkeit von Vollzugsanweisungen / Verordnungen/ einer Bundes- oder Landesbehörde auf Antrag eines Gerichtes: über Gesetzwidrigkeit von Vollzugsanweisungen / Verordnungen / einer Landesbehörde auch auf Antrag der Bundesregierung; über Gesetzwidrigkeit von Vollzugsanweisungen der Bundesbehörden auch auf Antrag einer Landesregierung.
Das stattgebende Erkenntnis des Bundesverfassungsgerichtes bewirkt die Kassas[]ition der gesetzwidrigen Vollzugsanweisung und verpflichtet die erlassende Behörde zur Kundmachung der erfolgten Aufhebung.
Das Bundesverfassungsgericht entscheidet über Bundesgesetzwidrigkeit von Landesgesetzen auf Antrag der Bundesregierung.
Der Antrag der Bundesregierung muss binnen vier Wochen nach erfolgter Kundmachung des Landesgesetzes der Landesregierung bekanntgegeben und binnen weiteren vier Wochen bei dem Bundesverfassungsgerichte gestellt werden.
- 40 -Das stattgebende Erkenntnis des Bundesverfassungsgerichtes bewirkt die Kassation des bundesgesetzwidrigen Landesgesetzes und verpflichtet die zuständige Landesregierung zur Verlautbarung der erfolgten Aufhebung im Landesgesetzblatte.
Das Bundesverfassungsgericht entscheidet über Anfechtungen von Wahlen zur Bundesversammlung oder Präsidentschaftswahlen und über den Antrag der Bundesversammlung auf Erklärung des Mandatsverklustes eines ihrer Mitglieder.
Das Bundesverfassungsgericht entscheidet über die Verantwortlichkeit:
Das Bundesverfassungsgericht in Wien besteht aus einem Präsidenten, einem Vizepräsidenten, 14 Mitgliedern und 8 Ersatzmitgliedern.
Der Präsident, der Vizepräsident, 7 Mitglieder und 4 Ersatzmänner werden von der Nationalversammlung, 7 Mitglieder und 4 Ersatzmitglieder vom Bundesrate für die Dauer der Legislaturperiode gewählt. Sie können nach Ablauf ihrer Funktionsperiode wieder gewählt werden und bleiben bis zur Kenstituierung des neugewählten Kollegiums im Amte.
Der Präsident des Bundesverfas[s]ungsgerichtes steht im Range des Bundeskanzlers. der Vizepräsident im Range eines Staats sekretärs.
Das Amt der Mitglieder des Bundesver - 42 fassungsgerichtes ist ein Ehrenamt. Nur drei Mitglieder fungieren als selbständige Referenten im Range eines Unterstaatssekretärs. Sie werden in einer Plenarversammlung des Bundesverfassungsgerichtes aus der Mitte seiner Mitglieder gewählt.
Die nähere Organisation des Bundesverfassungsgerichtes sowie das Verfahren vor ihm in den verschiedenen in den Art. CXXIII - CXXVIII angeführten Fällen, wird in gesonderten Bundesgesetzen geregelt.