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Länderkonferenz
Zwischen 24. April 1920 und 8. Juli 1920
Verfassungsentwurf (Druck )
AdR, Büro Seitz, Karton 7
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Kraft des Selbstbestimmungsrechtes des deutschen Volkes und seiner geschichtlich gewordenen Glieder und mit feierlicher Verwahrung gegen jede zeitliche Schranke, die der Ausübung dieses unveräußerlichen Rechtes gesetzt ist, vereinigen sich die selbständigen Länder der Republik Österreich zu einem freien Bundesstaat unter dieser Verfassung:
(1) Österreich ist eine demokratische Republik.
(2) Alle öffentlichen Gewalten werden vom Volke eingesetzt und in seinem Namen ausgeübt.
(1) Das Bundesgebiet umfaßt die Gebiete der selbständigen Länder Burgenland, Kärnten, Niederöstereich, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark, Tirol, Vorarlberg und der Bundeshauptstadt Wien, welche die Stellung eines selbständigen Landes hat.
(2) Das Bundesgebiet bildet ein einheitliches Währungs=, Wirtschafts= und Zollgebiet.
(1) Das gesamte Bundesgebiet steht im Verhältnis nach außen und im Verhaltnis der Länder zueinander unter dem Schutze des Bundes.1
2(2) Eine Änderung des Bundesgebietes, die zu gleich eine Änderung eines Landesgebietes ist, ebenso die Änderung einer Landesgrenze innerhalb des Bundesgebietes kann — abgesehen von Friedensverträgen - nur durch übereinstimmende Verfassungsgesetze des Bundes und jenes Landes erfolgen, dessen Gebiet eine Änderung erfährt.
(1) Jeder Landesbürger ist Angehöriger des Bundes.
(2) Die Landesbürgerschaft ist an die Heimatberechtigung in der Gemeinde eines Landes gebunden.
Jeder Bundesangehörige hat in jedem Lande des Bundes die gleichen Rechte und Pflichten wie die Bürger des Landes selbst.
Die deutsche Sprache ist, unbeschadet der den sprachlichen Minderheiten gesetzlich eingeräumten Rechte, die Staatssprache der Republik.
Die Flagge der Republik besteht aus drei gleichbreiten wagrechten Streifen, von denen der mittlere weiß, der obere und untere rot ist.
(1) Das Staatswappen der Republik stellt einen freischwebenden, einköpfigen, schwarzen, golden gewaffneten und rot bezungten Adler dar, dessen Brust mit einem roten, von einem silbernen Overbalken durchzogenen Schildchen belegt ist. Der Adler trägt auf dem Haupte eine goldene Mauerkrone mit drei sichtbaren Zinnen, im rechten Fange eine goldene Sichel mit einwärts gekehrter Schneide, im linken Fange einen goldenen Hammer.
(2) Das Staatssiegel weist das Staatswappen mit der Umschrift: „Republik Österreich" auf.
Alle Behörden und Ämter im Bundesgebiete sind im Rahmen ihres gesetzmäßigen Wirkungskreises zur wechselseitigen Hilfeleistung verpflichtet.
(1) Die Länder übertragen *
der Gesetzgebung und Vollziehung des Bundes:(1) Der Gesetzgebung des Bundes *******wird übertragen:
(2) Die Durchführungsverordnungen zu den nach dem ersten Absatze ergehenden Gesetzen sind, soweit in diesen Gesetzen nicht anderes bestimmt ist, vom Bunde zu erlassen.
(3) Die allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechtes gelten als Bestandteile des Bundesrechten
(1) Lediglich die Regelung der *** Grundsätze obliegt der Bundesgesetzgebung für:
(2) Die Entscheidung oberster Instanz in Angelegenheiten der Bodenreform (erster Absatz, Punkt 8) wird einer vom Bunde eingesetzten, aus Richtern, Verwaltungsbeamten und Sachverständigen bestehenden Kommission übertragen.
(1) Wenn eine Angelegenheit nicht ausdrücklich durch die Bundesverfassung der Gesetzgebung oder auch der Vollziehung des Bundes übertragen ist, verbleibt sie im Wirkungsbereiche der Länder. Soferne jedoch in solchen Angelegenheiten ein Akt der vollziehenden Gewalt für mehrere Länder Rechtswirksamkeit äußern soll, geht die Zuständigkeit für diesen Vollzugsakt auf den Bund über.
(2) Insoweit der Bundesgesetzgebung bloß die Regelung der Grundzüge vorbehalten ist, obliegt die nähere Durchführung der Landesgesetzgebung innerhalb des bundesgesetzlich festgelegten Rahmens.
(3) Die Länder sind im Bereiche ihres Gesetzgebungsrechtes befugt, die zur Regelung des Gegenstandes erforderlichen Bestimmungen auch auf dem Gebiete des Straf= und Zivilrechtes zu treffen. Insbesondere gilt dies auch für die Angelegenheiten der Landeskultur, wie Höferecht, Anerbenrecht, Jagd Fischerei, landwirtschaftliche Dienstverträge und Zusammenlegung von Grundstücken und Neuordnung der Agrargemeinschaften.
(4) Im Zweifel geht Bundesrecht vor Landesrecht.
(1) Durch die Bestimmungen der Artikel 10 bis 13 über die Zuständigkeit in Gesetzgebung und Vollziehung wird die Stellung des Bundes als Träger von Privatrechten (Eigentümer, Unternehmer, Pächter usw.) in keiner Weise berührt.
7(2) Ebenso bleibt es dem Bunde auch unbenommen, zur Förderung des wirtschaftlichen und kulturellen Lebens auf allen Gebieten Unternehmungen und Einrichtungen zu schaffen und zu erhalten, Veranstaltungen zu treffen und finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen.
(2) Der Bund kann in allen diesen Rechtsbeziehungen durch die Landesgesetzgebung niemals ungünstiger gestellt werden als das betreffende Land selbst.
Die gesetzgebende Gewalt des Bundes übt der vom ganzen Bundesvolk gewählte Bundestag gemeinsam mit dem von den Landtagen gewählten Bundesrate aus.
(1) Der Sitz des Bundestages ist die Bundeshauptstadt Wien.
(2) Für die Dauer außerordentlicher Verhältnisse kann der Bundespräsident auf Antrag der Bundesregierung den Bundestag in einen anderen Ort des Bundesgebietes berufen.
(1) Der Bundestag allein hat das Recht, Krieg zu erklären.
(2) Der Abschluß von Staatsverträgen ist Sache des Bundes. Beziehen sie sich auf Gegenstände, welche der Gesetzgebung vorbehalten sind, bedürfen sie der Genehmigung durch den Bundestag und den Bundesrat.
(3) Wenn zur Durchführung von Staatsverträgen gesetzliche Maßnahmen im Wirkungskreise der Länder erforderlich sind, so haben die Länder die betreffenden Gesetze zu erlassen; kommt ein Land dieser Verpflichtung nicht rechtzeitig nach, so geht die Zuständigkeit zur Erlassung des Gesetzes auf den Bund über.
(4) Ebenso hat der Bund in Durchführung von Verträgen und Übereinkommen mit fremden Staaten das Überwachungsrecht auch in solchen Angelegenheiten, die zum selbständigen Wirkungskreise der Länder gehören. Hiebei stehen dem Bunde die gleichen Rechte gegenüber der Landesverwaltung zu, wie bei den Angelegenheiten des übertragenen Wirkungskreises.
Dem Bundestag allein obliegt die jährliche Bewilligung des Bundesbudgets, die Aufnahme und Konvertierung von Bundesanleihen, die Erteilung der Entlastung an die Bundesregierung auf Grund des geprüften und bewilligten Bundesrechnungsabschlusses (Artikel 106) und die Verfügung über das Bundesvermögen.
(1) Der Bundestag wird vom Bundesvolke auf Grund des gleichen, direkten, geheimen und persönlichen Wahlrechtes der über 20 Jahre alten Männer und Frauen nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt.
(2) Der Wahltag muß ein Sonntag oder ein anderer öffentlicher Ruhetag sein.
(3) Wählbar ist jeder Wahlberechtigte, der das 29. Lebensjahr überschritten hat.
(4) Alle zum Bundestag Wahlberechtigten sind in einer Bürgerliste zu verzeichnen; die Burgerliste bildet die Grundlage für die Wahl zum Bundestag, zu den Landtagen und zu allen anderen allgemeinen politischen Vertretungskörpern.
(5) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.
(1) Die Gesetzgebungsperiode des Bundestages beträgt vier Jahre, vom Tage seiner Einberufung an gerechnet.
(2) Der Bundestag ist vom Bundespräsidenten alljährlich, und zwar im Oktober zu einer Sitzungsperiode einzuberufen.
(3) Eine Sitzungsperiode darf nicht länger als ein Jahr betragen. Sie wird vom Bundespräsidenten auf Vorschlag der Bundesregierung geschlossen.
(1) Während der Sitzungsperiode kann der Bundestag durch einen Beschluß des Hauses oder auf Vorschlag der Bundesregierung durch den Bundespräsidenten vertagt werden.
(2) Die Vertagung ist vor Ablauf der Fertagungszeit aufzuheben, wenn wenigstens ein Viertel der Mitglieder des Bundestages einen schriftlichen Antrag beim Präsidenten des Bundestages gestellt hat. Dieser hat die Bundesregierung von dem erfolgten Antrag zu verständigen.
Auf Antrag der Bundesregierung kann der Bundespräsident den Bundestag, jedoch nur einmal 9aus demselben Anlaß, auflösen. In diesem Falle hat der Bundespräsident binnen sechs Wochen nach erfolgter Auflösung Neuwahlen auszuschreiben und den neugewählten Bundestag binnen vier Wochen nach durchgeführter Wahl einzuberufen.
(1) Der Bundestag wählt aus seiner Mitte auf die Dauer der Sitzungsperiode einen Präsidenten sowie einen ersten und zweiten Stellvertreter des Präsidenten.
(2) Nach Auflösung des Bundestages oder nach Ablauf der Gesetzgebungsperiode bleiben der Präsident und seine Stellvertreter so lange im Amte, bis der neugewählte Bundestag das Präsidium gewählt hat.
(3) Die Geschäftsführung des Bundestages erfolgt auf Grund eines besonderen Gesetzes, das einen Bestandteil der Bundesverfassung bildet, und einer im Rahmen dieses Gesetzes vom Bundestag zu beschließenden antonomen Geschäftsordnung.
(1) Die Sitzungen des Bundestages sind öffentlich.
(2) Dem Hause steht das Recht zu, ausnahmsweise die Öffentlichkeit auszuschließen, wenn es vom Vorsitzenden oder einem Fünftel der anwesenden Mitglieder verlangt und vom Hause nach Entfernung der Zuhörer beschlossen wird.
Wahrheitsgetreue Berichte über die Verhandlungen in den öffentlichen Sitzungen des Bundestages und seiner Ausschüsse bleiben von jeder Verantwortung frei.
(1) Der Bundesrat wird aus Vertretern der Länder gebildet.
(2) Jedes Land ist im Bundesrat grundsätzlich durch drei Mitglieder vertreten. Bei den Ländern mit mindestens 800.000 Einwohnern erhöht sich diese Zahl auf vier Mitglieder und für je weitere 400.000 Einwohner noch um ein weiteres Mitglied. Auf kein Land darf jedoch mehr als ein Fünftel der Gesamtzahl der Mitglieder entfallen.
(3) Für jedes Mitglied wird ein Ersatzmann bestellt.
10 (4) Die Mitglieder des Bundesrates und deren Ersatzmänner werden von den Landtagen aus ihrer Mitte nach dem Grundsatze der Verhältniswahl gewählt.
(5) Bei der Ausübung ihres Mandates sind die Mitglieder des Bundesrates an keinen Auftrag gebunden.
(6) Die Bestimmungen dieses Artikels können nur abgeändert werden, wenn die Änderung von der Mehrheit der Vertreter jedes einzelnen Landes im Bundesrate oder im Falle einer Volksabstimmung von der Mehrheit der Abstimmenden in jedem einzelnen Lande angenommen wird.
(1) Der Vorsitz im Bundesrat fällt in jeder Sitzungsperiode abwechselnd auf ein anderes Land nach alphabetischer Reihenfolge.
(2) Als Vorsitzender des Bundesrates und als dessen Stellvertreter fungieren die bei der Wahl aus dem Landtag an erster und zweiter Stelle entsendeten Vertreter des jeweils zum Vorsitz berufenen Landes.
(3) Der Bundesrat wird durch seinen Vorsitzenden vertreten. Alle Ausfertigungen des Bundesrates müssen die Unterschrift seines Vorsitzenden tragen.
(4) Der Bundesrat gibt sich seine Geschäftsordnung durch Beschluß.
(1) Der Bundesrat wird vom Bundespräsidenten alljährlich an den Sitz des Bundestages einberufen.
(2) Er faßt seine Beschlüsse mit einfacher Stimmenmehrheit der Anwesenden.
(3) Die Sitzungen des Bundesrates sind öffentlich, doch kann die Öffentlichkeit auf Beschluß des Bundesrates aufgehoben werden. Die Bestimmungen des Artikels 24 gelten auch für die öffentlichen Sitzungen des Bundesrates und seiner Ausschüsse.
(1) Die Mitglieder des Bundesrates bleiben bis zum Beginn der neuen Sitzungsperiode des Bundestages, darüber hinaus aber nur so lange in Funktion, bis alle Landtage ihre Vertreter für die neue Sitzungsperiode des Bundestages gewählt haben.
(2) Nach Auflösung eines Landtages oder nach Ablauf seiner Gesetzgebungsperiode bleiben die von ihm delegierten Mitglieder des Bundesrates so lange in Funktion, bis der neue Landtag die Wahl in den Bundesrat vorgenommen hat.
(1) Gesetzesvorschläge gelangen an den Bundestag entweder als Anträge seiner Mitglieder oder als Vorlage der Bundesregierung. Der Bundesrat kann im Wege der Bundesregierung Gesetzesanträge im Bundestag stellen.
(2) Jeder von 300.000 Stimmberechtigten oder der Hälfte der Stimmberechtigten dreier Länder gestellte Antrag ist von der Bundesregierung dem Bundestag zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung vorzulegen.
(1) Zu einem Beschluß des Bundestages ist die Anwesenheit von mindestens einem Viertel der Mitglieder und die absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich.
(2) Eine Abänderung der Bundesverfassung kann jedoch nur bei Anwesenheit von mindestens zwei Dritteln aller Mitglieder und mit einer Mehrheit von drei Vierteln aller abgegebenen Stimmen beschlossen werden.
Jede Gesamtänderung der Bundesverfassung, eine teilweise Änderung aber nur, wenn dies von einem Drittel der Mitglieder des Bundestages oder des Bundesrates verlangt wird, ist nach erfolgter Beschlußfassung durch den Bundestag und Genehmigung durch den Bundesrat, jedoch vor der Beurkundung durch den Bundespräsidenten einer Abstimmung des gesamten Bundesvolkes zu unterziehen.
Einer solchen Volksabstimmung ist ferner jedes Bundesgesetz unterworfen, wenn dies von wenigstens 300.000 Stimmberechtigten oder von der Mehrheit der Stimmberechtigten dreier einzelner Länder innerhalb sechs Wochen nach erfolgter Kundmachung des Gesetzes gefordert wird.
Das Bundesvolk hat die vom Bundestag beschlossene und vom Bundesrat genehmigte Verfassungsänderung angenommen und es hat das bereits kundgemachte Bundesgesetz abgelehnt, wenn die Mehrheit der abgegebenen Stimmen sich für die Verfassungsänderung oder gegen das Bundesgesetz ausgesprochen hat.
Das Ergebnis der Volksabstimmung ist amtlich zu verlautbaren. Im Falle ein Bundesgesetz durch Volksabstimmung abgelehnt wurde, ist überdies seine Außerkraftsetzung im Bundesgesetzblatt kundzumachen.
Ist eine Gesamtänderung der Bundesverfassung durch Volksabstimmung abgelehnt worden, so hat der Bundespräsident den Bundestag aufzulösen und gemäß Artikel 19 der Bundesverfassung Neuwahlen auszuschreiben.
(1) Das Verfahren für die Volksabstimmung sowie für die in den Artikeln 30 und 33 vorgesehene Volksinitiative wird durch Bundesgesetz geregelt.
(2) Stimmberechtigt ist jeder zum Bundestag wahlberechtigte Bundesangehörige.
(3) Der Bundespräsident ordnet die Volksabstimmung an.
(1) Jeder Gesetzesbeschluß des Bundestages ist unverzüglich durch den Präsidenten des Bundestages dem Bundeskanzler zu übermitteln, der ihn sofort dem Bundesrat zur Genehmigung vorzulegen hat.
(2) Der Bundesrat hat den Gesetzesbeschlüssen des Bundestages bis längstens vier Wochen nach Schluß der Sitzungsperiode die Genehmigung zu erteilen oder mit Angabe von Gründen zu verweigern.
(3) Der genehmigte Gesetzesbeschluß ist im Wege des Bundeskanzlers dem Bundespräsidenten zur Beurkundung zu übermitteln.
(4) Die begründete Verweigerung der Genehmigung ist in schriftlicher Ausfertigung im Wege des Bundeskanzlers dem Bundestag bekanntzugeben.
(1) Hat der Bundesrat einem Gesetzesbeschluß des Bundestages die Genehmigung verweigert und wiederholen Bundestag und Bundesrat ihre ursprünglichen Beschlüsse, so hat eine Volksabstimmung darüber zu entscheiden.
(2) Nimmt das Bundesvolk den Gesetzesbeschluß des Bundestages an, so ist dieser ohne Genehmigung des Bundesrates vom Bundespräsidenten zu beurkunden.
13(3) Auf diese Volksabstimmungen finden die Bestimmungen der Artikel 34 und 37 Anwendung.
(4) Ohne Genehmigung des Bundesrates ist ein Gesetzesbeschluß des Bundestages auch dann vom Bundespräsidenten zu beurkunden und kundzumachen, wenn der Bundesrat diesem Gesetzesbeschluß in der vorgeschriebenen Zeit die Genehmigung weder erteilt noch mit Angabe von Gründen verweigert hat.
(1) Das verfassungsmäßige Zustandekommen der Bundesgesetze sowie der im Artikel 17, Absatz und 2, und Artikel 18 erwähnten Beschlüsse des Bundestages und des Bundesrates wird durch die Unterschrift des Bundespräsidenten beurkundet.
(2) Diese Beurkundung ist vom Bundeskanzler und von den zuständigen Bundesministern gegenzuzeichnen.
(1) Die Kundmachung der Bundesgesetze erfolgt mit Berufung auf den Beschluß des Bundestages und die Genehmigung des Bundesrates, im Falle einer Volksabstimmung aber lediglich mit Berufung auf deren Ergebnis, im Falle des Artikels 39, Absatz 4, lediglich mit Berufung auf den Beschluß des Bundestages unter Anführung dieser Gesetzesstelle: die Kundmachung der in Artikel 17, Absatz 1 und Artikel 18 erwähnten Beschlüsse des Bundestages mit ausdrücklicher Berufung auf den Beschluß des Bundestages, die Kundmachung von Staatsverträgen, die der Genehmigung des Bundestages und Bundesrates bedürfen, mit Berufung auf diese Genehmigung im Bundesgesetzblatt durch den Bundeskanzler.
(2) Die Bundesgesetze sowie die im Artikel erwähnten Beschlüsse, ebenso Staatsverträge, vom Bundestag und Bundesrat genehmigt sind (Artikel 17, Absatz 2), erlangen erst nach der Kundmachung im Bundesgesetzblatt verbindende Kraft
(1) Die verbindende Kraft der im Bundesgesetzblatt kundgemachten Bundesgesetze beginnt, wenn darin nicht ausdrücklich eine andere Bestimmung getroffen wird, nach Ablauf des Tages, an dem das Stück des Bundesgesetzblattes, das die Kundmachung enthält, herausgegeben und versendet wird, und erstreckt sich, wenn nicht anderes ausdrücklich bestimmt ist, auf das gesamte Bundesgebiet.
(2) Über das Bundesgesetzblatt ergeht ein besonderes Bundesgesetz.
(1) Die Mitglieder des Bundestages können wegen der in Ausübung dieses Berufes geschehenen Abstimmungen niemals, wegen der in diesem Berufe gemachten Äußerungen nur vom Bundestage verantwortlich gemacht werden.
(2) Kein Mitglied des Bundestages darf während der Dauer der Sitzungsperiode wegen einer strafbaren Handlung — den Fall der Ergreifung auf frischer Tat ausgenommen — ohne Zustimmung des Bundestages verhaftet oder behördlich verfolgt werden.
(3) Selbst in dem Falle der Ergreifung auf frischer Tat hat die Behörde / dem Präsidenten des Bundestages sogleich die geschehene Verhaftung bekanntzugeben.
(4) Wenn es der Bundestag verlangt, muß der Verhaft aufgehoben oder die Verfolgung für die ganze Sitzungsperiode aufgeschoben werden.
(5) Die Immunität der Organe des Bundestages, deren Funktion über die Sitzungs- oder Gesetzgebungsperiode hinausgeht, bleibt für die Dauer dieser Funktion bestehen.
Die Mitglieder des Bundesrates genießen die ihnen als Mitglieder eines Landtages gewährte Immunität auch für ihre Funktion im Bundesrate während der ganzen Dauer dieser Funktion.
(1) Niemand kann gleichzeitig dem Bundestag und dem Bundesrat angehören. Gehört ein in den Bundesrat entsendetes Mitglied eines Landtages auch dem Bundestage an, so ruht seine Mitgliedschaft zum Bundestage bis zu seinem Ausscheiden aus dem Bundesrate.
(2) Die dem Bundestag oder dem Bundesrat angehörenden öffentlichen Angestellten und Funktionäre bedürfen zur Ausübung ihres Mandates keines Urlaubes.
Die Mitglieder der Bundesregierung sowie die von ihnen entsendeten Vertreter sind berechtigt, an allen Beratungen des Bundestages und des 15Bundesrates sowie deren Ausschüsse teilzunehmen, jedoch mit Ausnahme des im Artikel 60 vorgesehenen besonderen Ausschusses, an dessen Beratungen sie nur auf besondere Einladung teilnehmen können. Sie müssen auf ihr Verlangen jedesmal gehört werden. Der Bundestag sowie der Bundesrat kann die Anwesenheit der Mitglieder der Bundesregierung verlangen.
Der Bundestag und der Bundesrat sind befugt, die Geschäftsführung der Bundesregierung zu überprüfen, deren Mitglieder /über alle Gegenstände der Vollziehung zu befragen und alle einschlägigen Auskünfte zu verlangen, sowie ihren Wünschen über die Ausübung der Regierungs= und Vollzugsgewalt in Entschließungen Ausdruck zu geben.
(1) Auf Antrag von mindestens einem Fünftel der Mitglieder hat der Bundestag Untersuchungsausschüsse einzusetzen.
(2) Die Gerichte und alle anderen Behörden sind verpflichtet, dem Ersuchen dieser Ausschüsse um Beweiserhebungen Folge zu leisten; alle öffentlichen Ämter haben auf Verlangen ihre Akten vorzulegen. Die Vorschriften der Strafprozeßordnung finden auf die Erhebungen des Untersuchungsausschusses sinngemäß Anwendung.
(3) Das Verfahren der Untersuchungsausschüsse wird durch das Geschäftsordnungsgesetz geregelt.
(1) Der Bundespräsident wird unmittelbar von dem gesamten Bundesvolke gewählt.
(2) Sein Amt dauert fünf Jahre. Wiederwahl ist zulässig.
(3) Zum Bundespräsidenten kann nur ein Bundesangehöriger gewählt werden, der das aktive Wahlrecht zum Bundestage hat und am 1. Jänner des Jahres, in welchem die Wahl stattfindet, das 35. Lebensjahr vollendet hat.
(4) Zum Bundespräsidenten ist gewählt, wer die meisten Stimmen erhalten hat.
(5) Das Nähere wird durch Bundesgesetz bestimmt.
Der Bundespräsident darf während seiner Amtstätigkeit keiner politischen Körperschaft angehören und keinen anderen Beruf ausüben.
Der Bundespräsident leistet bei Antritt seines Amtes vor dem gemeinsam versammelten Bundestage und Bundesrate das Gelöbnis:
„Ich gelobe, daß ich die Verfassung und alle Gesetze der Republik Österreich getreulich beobachten und meine Pflicht nach bestem Wissen und Gewissen erfüllen werde."
(1) Eine behördliche Verfolgung des Bundespräsidenten darf nur mit Zustimmung des Bundestages erfolgen.
(2) Zu einem solchen Beschlusse ist die Anwesenheit der Hälfte der Mitglieder und die Zustimmung von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen erforderlich.
(1) Wenn der Bundespräsident verhindert oder wenn seine Stelle dauernd erledigt ist, in letzterem Falle bis zu der Wahl seines Nachfolgers, gehen alle Funktionen des Bundespräsidenten auf den Bundeskanzler über.
(2) Dieser hat im Falle der dauernden Erledigung der Stelle des Bundespräsidenten sofort die Neuwahl auszuschreiben und durchzuführen.
(1) Der Bundespräsident vertritt die Republik nach außen, empfängt und beglaubigt die Gesandten, genehmigt die Bestellung der fremden Konsulu, bestellt die konsularischen Vertreter der Republik im Auslande und schließt die Staatsverträge ab.
(2) Weiters stehen ihm - außer den ihm nach anderen Bestimmungen dieser Verfassung übertragenen Befugnissen — zu:
(3) Inwieweit dem Bundespräsidenten außerdem noch Befugnisse hinsichtlich Gewährung von Ehrenrechten, außerordentlichen Zuwendungen, Zulagen und Versorgungsgenüssen, Ernennungs= oder Bestätigungsrechten und sonstige Befugnisse in Personalangelegenheiten zustehen, bestimmen besondere Gesetze.
(4) Alle in diesem Artikel aufgezählten Akte des Bundespräsidenten erfolgen auf Vorschlag der Bundesregierung oder des von dieser hiezu ermächtigten zuständigen Bundesministers. Inwieweit die Bundesregierung oder der zuständige Bundesminister hiebei selbst an Vorschläge anderer Stellen gebunden ist, bestimmt das Gesetz.
Der Bundespräsident kann das ihm zustehende Recht der Ernennung von Bundesangestellten bestimmter Kategorien oder Rangsklassen den ressortmäßig zuständigen Mitgliedern der Bundesregierung übertragen.
Alle Akte des Bundespräsidenten bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung des Bundeskanzlers oder der ressortmäßig zuständigen Bundesminister.
Der Bundespräsident ist für die Ausübung der Regierungs= und Vollzugsgewalt dem Bundestage gemäß Artikel 152 der Bundesverfassung verantwortlich.
(1) Mit der Ausübung der Regierungs= und Vollzugsgewalt des Bundes sind, soweit diese nicht dem Bundespräsidenten übertragen ist, der Bundeskanzler, der Vizekanzler und die übrigen Bundesminister betraut. Sie bilden in ihrer Gesamtheit die Bundesregierung unter dem Vorsitze des Bundeskanzlers.
(2) Der Vizekanzler ist zur Vertretung des Bundeskanzlers in dessen gesamtem Wirkungskreis berufen.
(1) Die Regierungs= und Vollzugsgewalt des Bundes darf nur auf Grund der Bundesverfassung und der Bundesgesetze ausgeübt werden.
(2) Jede Behörde kann im Rahmen der Gesetze innerhalb ihres Wirkungskreises Verordnungen erlassen.
(1) Die Bundesregierung wird vom Bundestag über den Gesamtvorschlag eines besonderen Ausschusses, dessen Zusammensetzung, Wirkungskreis und Verfahren im Geschäftsordnungsgesetze geregelt ist, in namentlicher Abstimmung gewählt. Dieser Ausschuß ist ständig. In die Bundesregierung kann nur gewählt werden, wer zum Bundestage wählbar ist. Die Mitglieder der Bundesregierung müssen nicht dem Bundestage angehören.
(2) Die Bestallungsurkunden des Bundeskanzlers, des Vizekanzlers und der übrigen Bundesminister werden vom Bundespräsidenten mit dem Datum des Tages der Angelobung ausgefertigt und vom neu bestellten Bundeskanzler gegengezeichnet.
(3) Die Mitglieder der Bundesregierung werden vor Antritt ihres Amtes vom Bundespräsidenten. angelobt.
(1) Bis die neue Bundesregierung gebildet ist, hat der Bundespräsident entweder die scheidende Regierung unter dem Vorsitze des bisherigen Bundeskanzlers, des Vizekanzlers oder eines anderen Bundesministers oder leitende Beamte der Bundesämter unter dem Vorsitze eines dieser Beamten mit der einstweiligen Führung der Verwaltung zu betrauen.
(2) Die Bestimmungen des Artikels 60, zweiter und dritter Absatz finden in diesem Falle sinngemäße Anwendung.
(1) Versagt der Bundestag der Bundesregierung oder einzelnen ihrer Mitglieder durch ausdrückliche Entschließung das Vertrauen, so ist eine neue Bundesregierung zu bestellen oder der betreffende Bundesminister seines Amtes zu entheben.
(2) Zu einem Beschlusse des Bundestages, mit dem das Vertrauen versagt wird, ist die Anwesenheit der Hälfte der Mitglieder des Bundestages erforderlich. Doch ist, wenn es ein Fünftel der anwesenden Mitglieder verlangt, die Abstimmung auf den zweitnächsten Werktag zu vertagen. Eine neuerliche Vertagung der Abstimmung kann nur auf Beschluß des Bundestages erfolgen.
19(3) Die gesamte Bundesregierung und ihre einzelnen Mitglieder werden in den gesetzlich bestimmten Fällen oder auf ihren Wunsch vom Bundespräsidenten ihres Amtes enthoben.
Die Mitglieder der Bundesregierung (Artikel 60 und 61) sind gemäß Artikel 152 der Bundesverfassung dem Bundestage verantwortlich.
(1) Zur Besorgung der Geschäfte der Bundesverwaltung sind die Bundesämter, und zwar das Bundeskanzleramt und die Bundesministerien und die ihnen unterstellten Organe berufen.
(2) Die Zahl der Bundesämter und deren Wirkungskreis wird durch Bundesgesetz bestimmt.
(1) Das Bundeskanzleramt wird vom Bundeskanzler geleitet; jedes Bundesministerium steht unter der Leitung eines Bundesministers.
(2) Der Bundeskanzler und die Bundesminister können ausnahmsweise auch mit der Führung eines zweiten Bundesamtes betraut werden. Ebenso kann dem Vizekanzler die Leitung eines Bundesministeriums übertragen werden.
In besonderen Fällen kann die Bestellung von Bundesministern auch ohne gleichzeitige Betrauung mit der Führung eines Bundesministeriums erfolgen.
In jedem Bundesamte wird dem verantwortlichen Leiter zur Wahrung der Einheit und Stetigkeit des Geschäftsganges ein Beamter beigegeben, der den Amtstitel eines Ministerialdirektors führt.
Das Bundesheer ist ein Berufsheer; es wird auf dem Wege freiwilliger Verpflichtung aufgestellt und ergänzt. Das Nähere regelt das Wehrgesetz.
(1) Das Bundesheer ist, soweit die gesetzmäßige bürgerliche Gewalt seine Mitwirkung in Anspruch 20nimmt, zum Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen sowie zur Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit im Innern überhaupt und zur Hilfeleistung bei Elementarereignissen und Unglücksfällen außergewöhnlichen Umfanges bestimmt.
(2) Ferner obliegt dem Bundesheer der Schutz der Grenzen der Republik.
(1) Über das Heer verfügt der Bundestag. Insoweit diesem nicht durch das Wehrgesetz die unmittelbare Verfügung vorbehalten ist, wird mit der Verfügung die Bundesregierung oder innerhalb der von dieser erteilten Ermächtigung der zuständige Bundesminister betraut.
(2) Inwieweit auch die Behörden der Länder und Gemeinden die Mitwirkung des Bundesheeres zu den im Artikel 69, Absatz 1, erwähnten Zwecken unmittelbar in Anspruch nehmen können, bestimmt das Wehrgesetz.
Durch Bundesgesetz wird geregelt, inwieweit die Länder bei der Ergänzung, Verpflegung und Unterbringung des Heeres und der Beistellung seiner sonstigen Erfordernisse mitwirken.
(1) Alle Gerichtsbarkeit geht vom Bunde aus.
(2) Die Urteile und Erkenntnisse werden im Namen der Republik Österreich verkündet und ausgefertigt.
(1) Die Verfassung und Zuständigkeit der Gerichte wird durch Bundesgesetz festgestellt.
(2) Niemand darf seinem ordentlichen Richter entzogen werden.
(3) Ausnahmsgerichte sind nur in den im Gesetze vorausbestimmten Fällen zulässig. Ob ein solcher Fall vorliegt und wann die Wirksamkeit des Ausnahmsgerichtes aufzuhören hat, wird, abgesehen von den in der Strafprozeßordnung geregelten Fällen, von der Bundesregierung festgesetzt. Die Bundesregierung ist verpflichtet, jeden solchen Beschluß ungesäumt dem Bundestag und dem Bundesrat vorzulegen und auf Beschluß einer der beiden Körperschaften sofort außer Kraft zu setzen.
(4) Das Verfahren wegen Delikten gegen das Völkerrecht wird dem Verfassungsgerichtshofe übertragen.
Die Militärgerichtsbarkeit ist - außer für Kriegszeiten - aufzuheben. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
Die Todesstrafe im ordentlichen Verfahren ist abgeschafft.
(1) Die Richter werden — soferne nicht in der Verfassung oder in dem Gerichtsversassungsgesetze anderes bestimmt ist — auf Grund von Besetzungsvorschlägen der durch die Gerichtsverfassung dazu bestimmten Senate auf Antrag der Bundesregierung vom Bundespräsidenten oder auf Grund seiner Ermächtigung vom zuständigen Bundesminister ernannt.
(2) Der dem zuständigen Bundesminister vorzulegende und von ihm an die Bundesregierung zu leitende Besetzungsvorschlag hat, wenn genügend Bewerber vorhanden sind, mindestens drei Personen, wenn aber mehr als eine Stelle zu besetzen ist, mindestens doppelt so viel Personen zu umfassen, als Richter zu ernennen sind.
(1) Die Richter sind in Ausübung ihres richterlichen Amtes unabhängig.
(2) In Ausübung seines richterlichen Amtes befindet sich ein Richter bei Besorgung aller ihm nach dem Gesetze und der Geschäftsverteilung zustehenden gerichtlichen Geschäfte, mit Ausschluß der Justizverwaltungssachen, die nicht nach Vorschrift des Gesetzes durch Senate oder Kommissionen zu erledigen sind.
(1) Im Gerichtsverfassungsgesetz wird eine Altersgrenze bestimmt, mit deren Vollendung die Richter in den dauernden Ruhestand zu versetzen sind.
(2) Im übrigen dürfen Richter nur in den vom Gesetze vorgeschriebenen Fällen und Formen und auf Grund eines förmlichen richterlichen Erkenntnisses ihres Amtes entsetzt oder wider ihren Willen an eine andere Stelle oder in den Ruhestand versetzt werden. Diese Bestimmungen finden jedoch auf Übersetzungen und Versetzugnen in den Ruhestand keine Anwendung, die durch Veränderungen in der Verfassung der Gerichte nötig werden. In einem solchen Falle wird durch Gesetz festgestellt, innerhalb welchen Zeitraumes Richter ohne die sonst vorgeschriebenen Förmlichkeiten übersetzt und in den Ruhestand versetzt werden können.
22(3) Die zeitweise Enthebung der Richter vom Amte darf nur durch Verfügung des Gerichtsvorstandes oder der höheren Gerichtsbehörde unter gleichzeitiger Verweisung der Sache an das zuständige Gericht stattfinden.
(1) Die Prüfung der Gültigkeit gehörig kundgemachter Gesetze steht den Gerichten nicht zu.
(2) Hat ein Gericht gegen die Anwendung einer Verordnung aus dem Grunde der Gesetzwidrigkeit Bedenken, so hat es das Verfahren zu unterbrechen und den Antrag auf Kassation dieser Verordnung beim Verfassungsgerichtshof zu stellen.
(3) Die Bestimmungen über das Prüfungsrecht des Verfassungsgerichtshofes enthält der siebente Abschnitt.
(1) Die Verhandlungen in Zivil= und Strafrechtssachen vor dem erkennenden Gericht sind mündlich und öffentlich. Ausnahmen bestimmt das Gesetz.
(2) Im Strafverfahren gilt der Anklageprozeß.
Bei den mit schweren Strafen bedrohten Verbrechen, die das Gesetz zu bezeichnen hat, sowie bei allen politischen Verbrechen und Vergehen entscheiden Geschworne über die Schuld des Angeklagten.
Als Oberste Instanz in Zivil= und Strafrechtssachen besteht der Oberste Gerichtshof in Wien.
Amnestien wegen gerichtlich strafbarer Handlungen werden durch Bundesgesetz erteilt.
(1) Die Justiz ist von der Verwaltung in allen Instanzen getrennt.
(2) Wenn eine Verwaltungsbehörde über Privatrechtsansprüche zu entscheiden hat, steht es dem durch diese Entscheidung Benachteiligten frei, wenn nicht im Gesetze etwas anderes bestimmt ist, Abhilfe gegen die andere Partei im Rechtswege zu suchen.
(3) In den Angelegenheiten der Bodenreform (Artikel 12, erster Absatz, Punkt 8) steht den aus Richtern, Verwaltungsbeamten und Sachverständigen bestehenden Kommissionen das ausschließliche Entscheidungsrecht zu.
(1) Die gesetzgebende Gewalt der Länder wird durch die Landtage ausgeübt, deren Mitglieder auf Grund des gleichen, geheimen, persönlichen und direkten Verhältniswahlrechtes aller nach den Landtagswahlordnungen wahlberechtigten männlichen und weiblichen Bundesangehörigen gewählt werden.
(2) * Die Landtagswahlordnungen dürfen die Bedingungen des aktiven und passiven Wahlrechtes nicht enger ziehen, als dies in der Wahlordnung zum Bundestag der Fall ist.
(1) Die Mitglieder des Landtages genießen die gleiche Immunität wie die Mitglieder des Bundestages, wobei die Bestimmungen des Artikels 43 sinngemäß Anwendung finden.
(2) Die Bestimmungen der Artikel 24 und 25 gelten auch für die öffentlichen Sitzungen der Landtage und ihrer Ausschüsse.
(1) Zu einem Landesgesetz ist der Beschluß des Landtages, die Beurkundung durch dessen Präsidenten, die Gegenzeichnung durch den Landeshauptmann und die Kundmachung durch die Landesregierung im Landesgesetzblatte erforderlich.
(2) Insoweit ein Landesgesetz bei der Vollziehung die Mitwirkung von Bundesbehörden vorsieht, muß zu dieser Mitwirkung die Zustimmung der Bundesregierung eingeholt werden. Vor Erteilung der Zustimmung kann ein solches Landesgesetz nicht kundgemacht werden.
(1) Alle Gesetzesbeschlüsse der Landtage sind unmittelbar nach erfolgter Beschlußfassung des Landtages und vor ihrer Kundmachung vom Landeshauptmann der Bundesregierung bekanntzugeben.
(2) Wegen Gefährdung von Bundesinteressen kann die Bundesregierung binnen /** sechs Wochen vom Tage der erfolgten Bekanntmachung an gegen einen Gesetzesbeschluß des Landtages Einspruch erheben.
(3) Ein solcher Gesetzesbeschluß kann nur kundgemacht werden, wenn er bei Anwesenheit der Hälfte aller Mitglieder des Landtages mit einer Mehrheit von zwei Dritteln aller abgegebenen Stimmen wiederholt wird.
* die Wahlordnungen für alle Wahlen zu öffentlichen Körperschaften /: Getrennte Funktion des "Prä sidenten" und des "Landeshauptmannes" nur fakultativ":/ /: Für obligatorische Trennung:/ /: Nähere Umschreibung des Begriffes der "Mitwirkung":/ vierzehn Tage /: eventuell vier Wochen, falls die ausdrückliche Vorschrift aufgenommen wird, da? binnen dieser Frrist auch schon die Begründung bekanntgegeben werden muß:/ /: Qualifizierter Beschluß des Bundesrates: 2/3 Majorität bei Anwesenheit von mehr als der Hälfte der Mitglieder:/ * drei ** der erforderlichen Zahl von Stellvertretern und 4 bis 8 weiteren Mitgliedern. /: Siehe den diesbezüglichen besonderen Antrag :/
(1) Die Kundmachung der Landesgesetze erfolgt mit Berufung auf den Beschluß des Landtages durch die Landesregierung im Landesgesetzblatte.
(2) Landesgesetze treten, wenn darin selbst nicht ausdrücklich eine andere Bestimmung getroffen wird, nach Ablauf des Tages der erfolgten Verlautbarung in Wirksamkeit.
(1) Jeder Landtag kann auf Antrag der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates vom Bundespräsidenten aufgelöst werden.
(2) In diesem Falle hat der Landeshauptmann binnen * sechs Wochen Neuwahlen auszuschreiben und binnen vier Wochen nach durchgeführter Wahl den neugewählten Landtag einzuberufen.
(1) Die vollziehende Gewalt jedes Landes wird durch eine vom Landtag zu wählende Landesregierung ausgeübt.
(2) Die Landesregierung besteht aus dem Landeshauptmann, ** seinem Stellvertreter und .... bis ... weiteren Mitgliedern.
(3) Der Landeshauptmann und sein Stellvertreter werden durch den Bundespräsidenten auf die Bundesverfassung angelobt.
(1) Die vollziehende Gewalt des Bundes wird im Bereiche der Länder von den Landesregierungen und den ihnen unterstellten Landesbehörden im übertragenen Wirkungskreis ausgeübt, soweit nicht für einzelne Bundesangelegenheiten eigene Bundes behörden durch Bundesgesetz berufen sind.
(2) In diesem Belange ist die Landesregierung samt den ihr unterstellten Behörden an die Verord nungen und sonstigen Anordnungn der Bundesregierung sowie der einzelnen Bundesämter gebunden.
(3) In den von den Landesbehörden als Bundesorganen zu führenden Angelegenheiten geht der administative Instanzenzug — wenn nicht durch Bundesgesetz ausdrücklich anders bestimmt ist bis zu den zuständigen Bundesämtern.
(1) Der Landeshauptmann oder sein Stellvertreter vertritt das Land. Er trägt in den Angelegenheiten des der Landesregierung übertragenen Wirkungskreises der Bundesgewalt die Verantwortung gegenüber der Bundesregierung gemäß Artikel 152. Der Geltendmachung dieser Verantwortung steht die Immunität nicht im Wege.
(2) Dem Landtage sind die Mitglieder der Landesregierung gemäß Artikel 152 verantwortlich
Zur Leitung des gesamten inneren Dienstbetriebes der Landesregierung wird ein * dem Stande * rechtskundiger Verwaltungsbeamter der rechtskundigen Verwaltungsbeamten angehörender Landesamtsdirektor bestellt; er ist der unmittelbare Vorgesetzte aller Landesangestellten und hat für einen einheitlichen und geregelten Geschäftsgang in sämtlichen Zweigen der Landesverwaltung zu sorgen.
(1) In dem der Landesregierung vom Bunde übertragenen Wirkungskreis ist der Landesamtsdirektor das unmittelbare Hilfsorgan des Landeshauptmannes und des Landeshauptmann=Stellvertreters. /:Bis zum Amtsantritt des neuen Landeshauptmannes soll der alte Landeshauptmann zur Fortführung der Geschäfte angewiesen sein:/
(2) Bis zur Beeidigung des Landeshauptmannes oder seines Stellvertreters hat der Landesamts¬ direktor die Geschäfte des Bundes unter seiner per¬ sönlichen Verantwortung zu führen; für diese Ver¬ antwortung gelten dieselben Bestimmungen wie für jene des Landeshauptmannes. Dasselbe gilt für den Fall der Verhinderung des Landeshauptmannes und seines Stellverteeters.“
(3) Zur Vertretung des Landesamtsdirektors jeweils der rangälteste rechtskundige Verwaltungs beamte der Landesregierung berufen, auf den diesem Fall auch die Bestimmungen des zweiten Absatzes Anwendung finden.
Mit Zustimmung des Bundesrates oder Auf Ersuchen des betreffenden Landtages kann der Bundespräsident auf Vorschlag der Bundesregierung vorübergehend zur Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit in außerordentlichen Fällen die zweckdienlichen Verwaltungsmaßnahmen treffen.
Vereinbarungen der Länder untereinander können nur über Angelegenheiten ihres selbständigen Wirkungskreises getroffen werden und sind der Bundesregierung unverzüglich anzuzeigen.
Zur Überprüfung der Gebarung in der gesamten Staatswirtschaft des Bundes und der Länder, ferner der Gebarung der von Organen des Bundes oder der Länder verwalteten Stiftungen, Fonds 26 und Anstalten ist der Rechnungshof berufen. Er kann auch die Gebarung von Unternehmungen überprüfen, an denen der Bund oder die Länder finanziell beteiligt sind.
(1) Der Rechnungshof untersteht unmittelbar dem Bundestag und dem Bundesrat.
(2) Der Rechnungshof besteht aus einem Präsidenten und den erforderlichen Beamten und Hilfskräften.
(3) Der Präsident des Rechnungshofes wird vom Bundestag gewählt. Die Wahl bedarf der Genehmigung des Bundesrates.
(4) Der Präsident des Rechnungshofes darf keiner politischen Körperschaft angehören und in den letzten fünf Jahren weder Mitglied der BundesRegierung noch einer Landesregierung gewesen sein.
(1) Der Präsident des Rechnungshofes ist in bezug auf Verantwortlichkeit den Mitgliedern der Bundesregierung gleichgestellt.
(2) Er kann durch übereinstimmenden Beschluß des Bundestages und des Bundesrates abberufen werden.
(1) Der Präsident wird von dem im Lange nächsten Beamten des Rechnungshofes vertreten.
(2) Im Falle der Stellvertretung des Präsidenten gelten für den Stellvertreter die Bestimmungen des Artikels 100.
(1) Die Beamten des Rechnungshofes ernennt auf Vorschlag und unter Gegenzeichnung des Präsidenten des Rechnungshofes der Bundespräsident; das gleiche gilt für die Verleihung von Amtstiteln. Doch kann der Bundespräsident den Präaidenten des Rechnungshofes ermächtigen, Beamte bestimmter Rangsklassen nach Anhörung des Gremiums zu ernennen.
(2) Die Hilfskräfte ernennt der Präsident des Rechnungshofes nach Anhörung des Gremiums.
Kein Mitglied des Rechnungshofes darf an der Leitung und Verwaltung von Unternehmungen, die dem Bunde oder den Ländern Rechnung zu legen haben oder zum Bunde oder einem Lande in einem Subventions= oder Vertragsverhältnisse 27 stehen, beteiligt sein. Ausgenommen sind Unternehmungen, die ausschließlich die Förderung humaner Bestrebungen oder der wirtschaftlichen Verhältnisse von öffentlichen Angestellten oder deren Angehörigen zum Zwecke haben.
Alle Urkunden über Staatsschulden (Finanz- und Verwaltungsschulden), insoweit sie eine Verpflichtung des Bundes beinhalten, sind vom Präsidenten des Rechnungshofes gegenzuzeichnen; durch diese Gegenzeichnung wird lediglich die Gesetzmäßigkeit und rechnungsmäßige Richtigkeit der Gebarung bekräftigt.
Lassen sich Meinungsverschiedenheiten zwischen den Bundesämtern und dem Rechnungshofe nicht im Einvernehmen austragen, so entscheidet der Bundespräsident; Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Rechnungshofe und den Landesregierungen, die sich im Einvernehmen nicht austragen lassen, entscheidet der Bundesrat.
(1) Der Rechnungshof verfaßt den Bundesrechnungsabschluß und gesondert von diesem die Landesrechnungsabschlüsse und legt den ersteren dem Bundestag, die letzteren dem Bundesrate vor.
(2) Der Bundesrat übermittelt die Landesrechnungsabschlüsse den zuständigen Landtagen zur verfassungsmäßigen Behandlung.
Die näheren Bestimmungen über die Tätigkeit des Rechnungshofes erfolgen durch Bundesgesetz.
(1) Vor dem Gesetze sind die Staatsbürger gleich. Vorrechte der Geburt, der Nationalität und der Konfession sind für immer ausgeschlossen.
(2) Männer und Frauen haben grundsätzlich dieselben staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(3) Öffentlich=rechtliche Vorrechte oder Nachteile der Geburt und des Standes sind aufgehoben. Adelsbezeichnungen gelten nur als Teil des Namens und dürfen nicht mehr verliehen werden. 28
(4) Titel dürfen nur verliehen werden, wenn sie ein Amt oder einen Beruf bezeichnen; akademische grade und berufliche Standesbezeichnungen sind dadurch nicht betroffen.
(5) Die bisher verliehenen Orden und Ehrenzeichen dürfen weiter getragen werden, neue Ehrenzeichen können nur durch Bundesgesetz geschaffen werden.
(6) Kein Bundesangehöriger darf von einer ausländischen Regierung Titel oder Orden annehmen.
Die öffentlichen Ämter und Funktionen sind für alle Bundesangehörigen ohne Unterschied gleich zugänglich.
Die Freizügigkeit der Personen und Güter innerhalb des Bundesgebietes ist gewährleistet. Einschränkungen können nur durch Bundesgesetz bestimmt werden.
(1) Die Auswanderungsfreiheit ist nur durch das Wehrgesetz beschränkbar.
(2) Der Verlust der Staatsbürgerschaft infolge Auswanderung wird durch Bundesgesetz geregelt.
(1) Jeder Bundesangehörige kann an jedem Orte des Bundesgebietes seinen Aufenthalt und Wohnsitz nehmen. Einschränkungen werden durch Bundesgesetz bestimmt.
(2) Jeder Bundesangehörige kann gemäß den bestehenden Gesetzen im ganzen Bundesgebiete Grundbesitz erwerben und sich nach Belieben beruflich betätigen. Die Freiheit der Berufswahl ist nur durch das Familienrecht beschränkt.
(1) Die Freiheit der Person ist gewährleistet. Die zum Schutze von Staat und Gesellschaft erforderlichen Schranken können nur durch Bundesgesetz errichtet werden.
(2) Personen, denen die Freiheit entzogen wird, sind spätestens am darauffolgenden Tage in Kenntnis zu setzen, von welcher Behörde und aus welchen Gründen die Entziehung der Freiheit angeordnet worden ist: es muß ihnen unverzüglich Gelegenheit gegeben werden, Einwendungen gegen die Freiheitsentziehung vorzubringen.
Das Hausrecht ist gewährleistet. Wann eine Hausdurchsuchung zulässig ist, wird durch Bundesgesetz bestimmt.
Das Brief= Post=, Telegraphen= und Fern= sprechgeheimnis ist jedermann gewährleistet. Ausnahmen in den Fällen strafgerichtlicher Untersuchung und unter außerordentlichen Verhältnissen können nur durch Bundesgesetz bestimmt werden.
(1) Die Freiheit der Meinungsäußerung kann nur durch Bundesgesetz beschränkt werden.
(2) Die Beschlagnahme von Druckwerken ist nur in den durch Bundesgesetz bestimmten Fällen und Formen zulässig. Das Postverbot kann nur gegen ausländische Druckschriften in den durch Bundesgesetz vorgesehenen Fällen erlassen werden.
(3) Jede Zensur ist aufgehoben; doch können für Theater und Lichtspiele durch Gesetz abweichende Bestimmungen getroffen werden. Auch sind zur Bekämpfung der Schund- und Schmutzliteratur sowie zum Schutze der Jugend bei öffentlichen Schaustellungen und Darbietungen bundesgesetzliche Maßnahmen zulässig.
(1) Alle Bundesangehörigen haben das nur durch das Strafgesetz eingeschränkte Recht, Vereine zu bilden. Dieses Recht darf durch Ausführungsgesetze nicht gemindert werden.
(2) Über die Rechtsfähigkeit von Vereinen bestimmen die Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.
Alle Bundesangehörigen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder besondere Erlaubnis friedlich und unbewaffnet zu versammeln. Dieses Recht darf durch Ausführungsgesetze nicht gemindert werden. Jedoch kann die Anmeldepflicht für Versammlungen unter freiem Himmel durch Bundesgesetz ausgesprochen und in diesem bestimmt werden, unter welchen Voraussetzungen solche Versammlungen verboten werden können.
(1) Innerhalb des Bundesgebietes steht jedermann volle Glaubens- und Gewissensfreiheit, volle Freiheit des religiösen Bekenntnisses sowie der 30 öffentlichen und häuslichen Religionsübung zu, sofern diese nicht mit der öffentlichen Ordnung oder den guten Sitten unvereinbar sind.
(2) Die Religionsübung steht unter staatlichem Schutze.
(1) Der Genuß der bürgerlichen und politischen Rechte sowie die Zulassung zu den öffentlichen Ämtern ist vom Religionsbekenntnisse unabhängig; doch darf den staatsbürgerlichen Pflichten durch das Religionsbekenntnis kein Abbruch geschehen.
(2) Niemand darf zu einer kirchlichen Handlung, zur Teilnahme an einer kirchlichen Feierlichkeit oder an religiösen Übungen gezwungen werden, sofern er nicht der nach dem Gesetz hiezu berechtigten Gewalt anderer untersteht.
(1) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgemeinschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgemeinschaften innerhalb des Bundesgebietes unterliegt keinen Beschränkungen.
(2) Jede Religionsgemeinschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten einschließlich der Verleihung und Entziehung ihrer Ämter selbständig innerhalb der Schranken des für alle verbindlichen Gesetzes. Sie wird dem Staate gegenüber und überhaupt im rechtlichen Verkehr ausschließlich durch die nach ihrer Verfassung hiezu berufenen Organe vertreten.
(3) Die bürgerliche Rechtsfähigkeit der bisher staatlich anerkannten Religionsgemeinschaften, ihrer Anstalten, Stiftungen, Gemeinden, Vereine oder sonstigen Körperschaften bleibt unberührt. Die bürgerliche Rechtsfähigkeit anderer Religionsgemeinschaften richtet sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.
(4) Die bisher staatlich anerkannten Religionsgemeinschaften, ihre Anstalten, Stiftungen, Gemeinden, Vereine oder sonstigen Körperschaften bleiben solche des öffentlichen Rechtes. Anderen Religionsgemeinschaften ist die öffentliche Rechtsfähigkeit auf ihr Ansuchen zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten.
(5) Schließen sich mehrere Religionsgemeinschaften dieser Art zu einem Verbande zusammen, so wird auch dieser Verband auf sein Ansuchen als öffentlichrechtlicher anerkannt.
(6) Die Religionsgemeinschaften, die solche des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, Abgaben einzuheben. Zur Einbringung solcher Abgaben wird, wenn sie mit behördlicher Zustimmung auferlegt sind, die politische Exekution gewährt. 31
(7) Bei Neueinführung solcher Abgaben sind die staatlichen Steuerlisten zur Grundlage zu nehmen.
(1) Die auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhenden Staatsleistungen an Religionsgemeinschaften können mit deren Zustimmung durch Gesetz abgelöst werden.
(2) Das Eigentum und andere Rechte der Religionsgemeinschaften, religiösen Vereine, Anstalten, Stiftungen, Fonds, Gemeinden und Körperschaften an ihrem für Kultus-, Unterrichts-, Wohltätigkeits- und sonstige Zwecke bestimmten Vermögen werden gewährleistet.
Um Gottesdienst und Seelsorge im Heer, in Krankenhäusern, Strafanstalten oder sonstigen öffentlichen Anstalten zu sichern, sind die Religionsgemeinschaften zur Vornahme religiöser Handlungen zuzulassen. Hiebei ist jeder Zwang fernzuhalten.
Der Sonntag ist als Tag der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt. Die einzelnen Anordnungen hierüber sind mit Rücksicht auf die in verschiedenen Gegenden bestehenden Sitten und Gebräuche durch die Gesetzgebung zu treffen. Unter der gleichen Rücksichtnahme hat diese auch zu bestimmen, welchen Feiertagen ein gleichartiger Schutz zukommt.
Den Angehörigen des öffentlichen Dienstes sowie der Wehrmacht ist die nötige freie Zeit zur Erfüllung ihrer religiösen Pflichten zu gewähren.
Die Kunst, die Wissenschaft und ihre Lehre sind frei und stehen unter dem Schutze des Staates.
(1) Die Denkmäler der Kunst, der Geschichte und der Natur, die Landschaft und der Fremden verkehr genießen den Schutz und die Pflege des Staates.
(2) Der Bund hat die Abwanderung der Schätze von Kunst und Wissenschaft in das Ausland zu verhüten.
(1) Jeder Bundesangehörige ist berechtigt, Unterrichts= und Erziehungsanstalten zu gründen und an solchen Unterricht zu erteilen, wenn er seine Befähigung hiezu in gesetzlicher Weise nachgewiesen hat.
(2) Dem Bunde steht die Schulaufsicht über das gesamte Unterrichts= und Erziehungswesen durch seine Organe zu.
(3) Es besteht allgemeine Schulpflicht. Ihrer Erfüllung dient grundsätzlich die Volksschule mit mindestens acht Schuljahren und anschließend die Fortbildungsschule bis zum vollendeten 18. Lebensjahre.
(1) In allen Schulen ist sittliche Bildung, staatsbürgerliche Gesinnung und berufliche Tüchtigkeit im Geiste des deutschen Volkstums und der Völkerversöhnung zu erstreben.
(2) Beim Unterricht in öffentlichen Schulen ist Bedacht zu nehmen, daß die Empfindungen anders Denkender nicht verletzt werden.
(3) Staatsbürgerkunde und Arbeitsunterricht sind Lehrfächer der Schulen. Jeder Schüler erhält bei Beendigung der Schulpflicht einen Abdruck der Verfassung.
(1) Der Religionsunterricht ist ordentliches Lehrfach an allen Volks= und Mittelschulen. Seine Erteilung wird im Wege der Schulgesetzgebung geregelt, wobei die Übereinstimmung mit den Grundsätzen der betreffenden Religionsgemeinschaft zu wahren ist.
(2) Kein Lehrer an öffentlichen Schulen kann wider seinen erklärten Willen zur Erteilung des Religionsunterrichtes oder zur Vornahme kirchlicher Verrichtungen herangezogen werden.
(3) Es sind Einrichtungen zu treffen, damit jedem Schulpflichtigen Gelegenheit geboten werde, Religionsunterricht zu empfangen. Die Religionsgemeinschaften haben das Recht, für den Religionsunterricht in den Schulen Sorge zu tragen und ihn zu beaufsichtigen. Dem obersten Aufsichtsrechte des Staates darf dadurch kein Abbruch geschehen.
(4) Die wissenschaftliche Heranbildung der Kandidaten des geistlichen Standes wird von der betreffenden Religionsgemeinschaft geregelt und geleitet.
(5) Die theologischen Fakultäten an den Hochschulen bleiben erhalten.
(1) Keinem Bundesangehörigen werden im freien Gebrauch irgendeiner Sprache im Privat= oder Geschäftsverkehr sowie bei Betätigung der religiösen 33Überzeugung, in der Presse oder in sonstigen Veröffentlichungen oder in allgemein zugänglichen Versammlungen Beschränkungen auferlegt.
(2) Durch Gesetz wird vorgesorgt, daß den nicht deutsch sprechenden Bundesangehörigen angemessene Erleichterungen zum Gebrauch ihrer Sprache in Wort und Schrift bei den Gerichten geboten werden.
Bundesangehörige, die nach Nationalität, Sprache oder Religion einer Minderheit angehören, haben das gleiche Recht wie die der Mehrheit Angehörenden, in den auf ihre eigenen Kosten errichteten Wohltätigkeits-, Religions-, Unterrichts-, Erziehungs- und sonstigen Anstalten ihre eigene Sprache nach Belieben zu gebrauchen und ihre Religion frei auszuüben.
Wo eine verhältnismäßig beträchtliche Anzahl von Bundesangehörigen wohnt, die einer Minderheit nach Nationalität, Sprache oder Religion angehört, sind von allen Beiträgen, die etwa für Erziehungs-, Religions= oder Wohltätigkeitszwecke aus öffentlichen Mitteln zugewendet werden, diese Minderheiten angemessen zu beteilen.
(1) Das Eigentum ist gewährleistet, insoweit nicht das Gesetz Beschränkungen vorsieht.
(2) Enteignung gegen den Willen des Eigentümers ist nur gegen angemessene Entschädigung zulässig. Über die Höhe der Entschädigung entscheiden im Streitfalle — abgesehen von den im Artikel 84, dritter Absatz, vorgesehenen Kommissionen ordentlichen Gerichte.
(3) Die Zwecke, zu denen enteignet werden kann, werden in besonderen Gesetzen festgesetzt. Das Enteignungsverfahren wird durch Bundesgesetz geregelt.
(4) In welchen Fällen auf Verfall oder Einziehung von Gegenständen als Folge einer rechtswidrigen Handlung erkannt werden kann, wird durch Gesetz bestimmt.
(1) Wer durch schuldhafte, rechtswidrige Ausübung der öffentlichen Gewalt Schaden erleidet, hat Anspruch auf Entschädigung gegen den Bund oder das Land, durch dessen Organ der Schaden zugefügt wurde.3
34(2) Die nähere Regelung erfolgt durch Bundesgesetz. Dieses setzt auch fest, unter welchen Voraussetzungen ein Rückgriffsrecht gegen das schuldtragende Organ zulässig ist.
(1) Die Arbeitskraft steht unter dem besonderen Schutze des Bundes.
(2) Die Vereinigungsfreiheit zur Wahrung und Förderung der Arbeits= und Wirtschaftsbedingungen ist für jedermann und alle Berufe gewährleistet. Alle Abreden und Maßnahmen, welche diese Freiheit einzuschränken oder zu behindern suchen, sind rechtswidrig.
Im Falle einer dringenden Gefahr für den Staat oder seine Bürger können die Grundrechte der persönlichen Freiheit, des Hausrechtes, der Vereins= und Versammlungsfreiheit, des Brief=, Post=, Telegraphen= und Fernsprechgeheimnisses und der Pressefreiheit mittels Verordnung der Bundesregierung den durch besonderes Gesetz vorgesehenen Beschränkungen unterworfen werden. Eine solche Verordnung ist dem Bundestage und dem Bundesrate binnen drei Tagen und, falls sie nicht versammelt sind, sogleich nach ihrem Wiederzusammentritt vorzulegen und unverzüglich außer Kraft zu setzen, wenn es der Bundestag oder der Bundesrat beschließt.
Wegen Rechtsverletzung durch die Entscheidung oder Verfügung einer Verwaltungsbehörde des Bundes oder eines Landes entscheidet nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges der Verwaltungsgerichtshof.
(1) Der Verwaltungsgerichtshof hat in der Regel nur über Beschwerde der Parteien zu erkennen.
(2) Doch kann, wenn die Entscheidung oder Verfügung einer Landesbehörde die Interessen des Bundes verletzt, auch die Bundesregierung den Verwaltungsgerichtshof anrufen.
Von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts. hofes sind ausgeschlossen die Angelegenheiten:
Zum Schutze von Interessen des Bundes oder eines Landes, in letzterem Falle nur auf Ansuchen dieses Landes kann die Bundesregierung gegen Entscheidungen und Verfügungen von Landesbehörden, die in Anwendung von Bundesgesetzen erfolgen, auch dann den Verwaltungsgerichtshof anrufen, wenn die. Entscheidung oder Verfügung nach freiem Ermessen zu treffen war.
Jedem Senate des Verwaltungsgerichtshofes, der über die angefochtene Entscheidung oder Verfügung einer Landesverwaltungsbehörde zu erkennen hat, soll wenigstens ein Richter angehören, der aus dem Justiz= oder Verwaltungsdienst in dem betreffenden Lande hervorgegangen ist.
(1) Das stattgebende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes bewirkt die Aufhebung der rechtswidrigen Entscheidung oder Verfügung.
(2) Die Verwaltungsbehörde ist bei der neu zu treffenden Entscheidung oder Verfügung an die Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes gebunden.
(3) Der Verwaltungsgerichtshof kann in der Sache selbst entscheiden.
(1) Der Verwaltungsgerichtshof hat seinen Sitz in der Bundeshauptstadt Wien.
(2) Er besteht aus einem Präsidenten, einem Vizepräsidenten und der erforderlichen Anzahl von Senatspräsidenten und Räten.
(3) Wenigstens die Hälfte der Mitglieder muß die Eignung zum Richteramte haben.
Der Präsident und die Hälfte der Mitglieder werden auf Vorschlag der Bundesregierung, der Vizepräsident und die andere Hälfte der Mitglieder auf Vorschlag des Bundesrates vom Bundespräsidenten ernannt.
Die näheren Bestimmungen über die Verwaltungsgerichtsbarkeit erfolgen durch Bundesgesetz.
Der Verfassungsgerichtshof in Wien entscheidet alle Rechtsstreitigkeiten zwischen den Ländern sowie zwischen einem Lande und dem Bunde.
Der Verfassungsgerichtshof entscheidet ferner: Kompetenzkonflikte
(1) Der Verfassungsgerichtshof entscheidet über Gesetzwidrigkeit von Verordnungen einer Bundes- oder Landesbehörde auf Antrag eines Gerichtes; über Gesetzwidrigkeit von Verordnungen einer Landesbehörde auch auf Antrag der Bundesregierung; über Gesetzwidrigkeit von Verordnungen der Bundesbehörden auch auf Antrag einer Landesregierung.
(2) Das stattgebende Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes bewirkt die Aufhebung der gesetzwidrigen Verordnungen und verpflichtet die erlassende Behörde zur unverzüglichen Kundmachung der erfolgten Aufhebung.
(1) Der Verfassungsgerichtshof entscheidet über Verfassungswidrigkeit von Landesgesetzen auf Antrag der Bundesregierung, über Verfassungswidrigkeit von Bundesgesetzen auf Antrag einer Landesregierung.
(2) Der Antrag kann jederzeit gestellt werden; er ist sofort der zuständigen Landesregierung oder der Bundesregierung bekanntzugeben.
37(3) Das stattgebende Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes bewirkt die Aufhebung des Gesetzes und verpflichtet die zuständige Landesregierung oder die Bundesregierung zur Verlautbarung der erfolgten Aufhebung im Landesgesetzblatte oder im Bundesgesetzblatte.
(4) Der Verfassungsgerichtshof ist bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen an keinerlei Schranken gebunden.
Der Verfassungsgerichtshof entscheidet über Anfechtungen von Wahlen zum Bundestag, zu den Landtagen und allen anderen allgemeinen Vertretungskörpern und über den Antrag eines dieser Vertretungskörper auf Erklärung des Mandatsverlustes eines seiner Mitglieder.
(1) Der Verfassungsgerichtshof entscheidet über die Verantwortlichkeit:
(2) Das verurteilende Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes hat auf Verlust des Amtes, unter besonders erschwerenden Umständen auch auf Verlust der politischen Rechte zu lauten; bei geringfügigeren Rechtsverletzungen in den unter 3. erwähnten Fällen kann sich der Verfassungsgerichtshof darauf beschränken, das Vorliegen der Rechtsverletzung auszusprechen. 38
(1) Der Verfassungsgerichtshof entscheidet über Beschwerden wegen Verletzung eines der in den Artikeln 108 bis 136 gewährleisteten Rechte durch eine Behörde nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges.
(2) Das stattgebende Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes bewirkt die Aufhebung der verfassungswidrigen Entscheidung oder Verfügung. Die Behörden sind bei der neu zu treffenden Entscheidung. oder Verfügung an die Rechtsanschauung des Verfassungsgerichtshofes gebunden.
Die Exekution der Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes obliegt dem Bundespräsidenten.
(1) Der Verfassungsgerichtshof in Wien besteht aus einem Präsidenten, einem Vizepräsistenten, vierzehn Mitgliedern und acht Ersatzmitglieder.
(2) Der Präsident, der Vizepräsdent, sieben Mitslieder und vier Ersatzmitglieder werden vom Bundestag, sieben Mitglieder und vier Ersatzmitglieder vom Bundesrat auf Lebensdauer gewählt.
(1) Der Präsident des Bundesverfassungsgerichtes steht im Lange des Bundeskanzlers, der Vizepräsident im Lange eines Bundesministers.
(2) Das Amt der Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes ist, soweit nicht Mitglieder als ständige Referenten jungieren, ein Ehrenamt. Die ständigen Referenten werden in einer Plenarversammlung des Gerichtshofes aus der Mitte seiner Mitglieder gewählt.
Die nähere Organisation und das Verfahren des Verfassungsgerichtshofes wird durch das Bundesgesetz geregelt. Österreichische Staatsdruckerei.