Falser, Stephan
7. Oktober 1919
Verfassungsentwurf (Lithographie )
AdR, BKA Inneres, Staatskanzlei, Karton 250, Mappe 3
Das Original befindet sich im Eigentum des Österreichischen Staatsarchivs unter der ÖStA-Signatur „AdR, BKA Inneres, Staatskanzlei, Karton 250, Mappe 3“. Die Verwendung des Digitalisats durch Dritte bedarf einer schriftlichen Bewilligung des ÖStA entsprechend der geltenden Benutzungsordnung.
Unter dem völkerrechtlichen Zwange des Friedensvertrages von St. Germain und mit feierlicher Verwahrung gegen die Verweigerung des Selbstbestimmungsrechtes der Völker schliessen sich die Länder Kärnten, Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark, Tirol, Vorarlberg und Westungarn in ihren durch den Friedensvertrag (St. G. Bl. Nr. ex 1919) festgestellten Grenzen und die Stadt Wien auf Grund der rechtsgiltigen Beschlüsse ihrer Landesvertretungen und des Wiener Gemeinderates, sowie der Nationalversammlung der Republik Deutschösterreich zu einem Bunde mit dem Namen
Republik Oesterreich
und mit der Bundeshauptstadt Wien zusammen.
Die Selbständigkeit jedes Bundesgliedes bleibt gewahrt und wird vom Bunde gewährleistet insoweit sie nicht durch die Bundesverfassung oder durch auf Grund dieser Verfassung zu erlassende Bundesgesetze beschränkt ist oder beschränkt wird. 1)
Der Bund schützt sein Gebiet und das Gebiet seiner Glieder vor Angriffen von außen; er ist verpflichtet, über Ersuchen der Landesregierungen zur Aufrechthaltung der Ruhe und Ordnung im Innern Bundeshilfe zu gewähren.
Auch ohne solches Ersuchen kann die Bundesgewalt gegen Störungen der öffentlichen Ruhe und Ordnung innerhalb des Gebietes eines
10 - 2 -oder mehrerer der Bundesglieder einschreiten, wenn die Landesregierung außer Stande ist, die Unruhen zu unterdrücken, oder wenn zu befürchten ist, daß sie auf das Gebiet anderer Bundesglieder übergreifen.
Zum Zwecke der Erfüllung der im Artikel III enthaltenen Aufgaben wird ein Bundesheer aufgestellt, das unter dem militärischen Befehle des Bundesfeldherrn steht, der der Bundesregierung unterstellt ist.
Die Kriegs- und Friedensstärke des Heeres innerhalb der durch den Friedensvertrag vom . . . . . . . . . gezogenen Grenzen, die Art der Ausbildung und die Gliederung des Heeres bestimmt die Bundesgesetzgebung.
Dem Bunde obliegt der Schutz und die für die Sicherung der Bundesgrenzen erforderliche Grenzbefestigung.
Die Aufteilung der Truppenmacht nach den verschiedenen Waffengattungen auf die einzelnen Bundesglieder ist ebenfalls Sache des Bundes; die Aufbringung, Ausrüstung und Verpflegung der auf diese entfallenden Mannschaften, Offiziere und Unteroffiziere obliegt den Bundesgliedern.
Insoferne der Grenzschutz erhöhte Auslagen für das einzelne Bundesglied bedingt, steht diesem ein Anspruch auf Ersatz gegenüber dem Bunde zu.
Die Verwendung der von den einzelnen Bundesgliedern aufgebrachten Truppen, Offiziere und Unteroffiziere außerhalb ihrer Grenzen ist nur in den Fällen des Artikels III und bei militärischen Uebungen zulässig.
Jedes Bundesmitglied hat zur Aufrechthaltung der Ruhe und Sicherheit innerhalb seiner Gebietsgrenzen eine Landjägertruppe aufzustellen, und auf eigene Kosten zu erhalten. Die Größe der Landjägertruppe wird nach der Zahl der Bewohner für jedes Bundesmitglied in der Art bemessen, dass auf je 500 Einwohner (nach der
- 3 -jeweilig letzten Volkszählung) wenigstens ein Mann entfällt. Die Festsetzung der Bedingungen der Aufnahme, die Ausbildung und Gliederung dieser Truppe ist Sache der Bundesglieder.
Im Falle der Abwehr feindlicher Angriffe von außen, sind die Landjägertruppen sämtlicher Bundesglieder der Militärgewalt des Bundes (Artikel IV) unterstellt; im Falle des Einschreitens der Bundesgewalt zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung innerhalb des Gebietes eines oder mehrerer Bundesglieder ist die Landjägertruppe des davon betroffenen Landes (der Bundeshauptstadt) ,[]dem Bunde und dem vom Bunde bestellten Oberbefehlshaber unterstellt.
Die Bundesglieder sind verpflichtet, ihre Verfassungen dem Bundesrat mitzuteilen, und um die Uebernahme der bundesstaatlichen Gewährleistung nachzusuchen. (Artikel II)
Der Bund übernimmt die Gewährleistung, wenn die Verfassung nichts den Vorschriften der Bundesverfassung zuwiderlaufendes enthält,
wenn sie die Ausübung der politischen Rechte nach den Grundsätzen der Rechtsgleichheit Aller vor dem Gesetze sichert,
wenn sie in allgemeiner Volksabstimmung angenommen worden ist und
wenn sie die Möglichkeit ihrer Aenderung über Antrag von höchstens einem Drittel der stimmberechtigten Bürger vorsieht. 1)
11 - 4 -Die Glaubens- und Gewissensfreiheit ist unverletzlich. Niemand darf zur Teilnahme an einer Religionsgesellschaft oder an einem religiösen Unterrichte oder zur Vornahme einer religiösen Handlung gezwungen werden. 1)
Ueber die religiöse Erziehung der Kinder verfügt bis zum vollendeten 16. Lebensjahre der Inhaber der väterlichen oder vormundschaftlichen Gewalt.
Die öffentlichen Unterrichtsanstalten sind den Angehörigen aller Religionsgesellschaften ohne Beeinträchtigung der Glaubens- und Gewissensfreiheit zugänglich.
Niemand ist gehalten, Abgaben zu leisten, welche speziell für Kultuszwecke einer Religionsgesellschaft, der er nicht angehört, auferlegt werden vorbehaltlich der bereits bestehenden rechtlichen Verpflichtungen des Staates, der Länder oder einzelner Personen.
Die freie Ausübung gottesdienstlicher Handlungen ist innerhalb der Schranken der Sittlichkeit und der öffentlichen Ordnung gewährleistet.
Jede Religionsgesellschaft ordnet innerhalb der gesetzlichen Schranken ihre Angelegenheiten selbständig.
Die Pressfreiheit ist gewährleistet; durch ein Bundesgesetz sind Bestimmungen gegen den Mißbrauch dieses Rechtes zu treffen.
Die Bürger haben das Recht Vereine zu bilden, soferne diese weder in ihren Zwecken noch in den Mitteln rechtswidrig oder staatsgefährlich sind. Ueber den Mißbrauch dieses Rechtes und über das Versammlungsrecht trifft die Bundesgesetzgebung die notwendigen Bestimmungen.
- 5 -Niemand darf seinem verfassungsmässigen Richter entzogen werden; es dürfen keine Ausnahmsgerichte eingeführt werden.
Die Militärgerichtsbarkeit bleibt nur für rein militärische Vergehen bestehen und ist durch Bundesgesetz zu regeln.
Alle Bundesglieder sind verpflichtet, die Angehörigen des Bundesstaates sowohl in der Gesetzgebung als auch in der Verwaltung und vor den Gerichten ohne Rücksicht auf ihre Landes- und Gemeindezuständigkeit den eigenen Angehörigen gleichzustellen. Die Freizügigkeit ist allen Angehörigen des Bundesstaates innerhalb seiner Grenzen gewährleistet. Vorübergehende allgemeine Beschränkung der Freizügigkeit ist mit Zustimmung des Bundesrates zulässig. Niemand kann in mehr als einem Gebiete eines Bundesgliedes politische Rechte ausüben.
Die Freiheit des Handels und der Gewerbe ist im ganzen Umfange des Bundesstaates gewährleistet, soweit nicht Bundesgesetze oder auf Grund von Bundesgesetzen erlassene Verordnungen eine Einschränkung bedingen.
In die Zuständigkeit des Bundes fallen:
Die Angelegenheiten, welche zur Zuständigkeit der Gesetzgebung der Bundesglieder gehören, kann diese die zur Regelung des Gegenstandes erforderlichen Bestimmungen auch auf dem Gebiete der Strafjustiz und Polizeistraf- sowie der Zivilgesetzgebung treffen.
Die Landesregierungen sind verpflichtet, alle Gesetzesbeschlüsse der Landtage vor ihrer Kundmachung der Staatsregierung mitzuteilen, die gleiche Pflicht obliegt dem Stadtrate der Bundeshauptstadt Wien in Betreff der Gesetzesbeschlüsse des Gemeinderates.
Hat die Staatsregierung gegen einen solchen Beschluß Bedenken, so kann sie gegen ihn binnen 14 Tagen nach Einlangen der Mitteilung bei der gesetzgebenden Körperschaft des Bundesgliedes im Wege der Landesregierung Vorstellung erheben.
Vor Ablauf dieser Frist kann das Landesgesetz ohne Zustimmung der Staatsregierung nicht kundgemacht werden. Beschließt der Landtag (der Wiener Gemeinderat) auf dem ursprünglichen Beschlusse zu beharren, so hat dessen Kundmachung durch die Landesregierung zu erfolgen.
Gesetzesbeschlüsse der Landtage oder des Wiener Gemeinderates können wegen Verfassungswidrigkeit (Artikel 6 - 14 ) von der Staatsregierung binnen 14 Tagen nach Einlangen der Mitteilung und wenn gegen diese Beschlüsse im Sinne des Artikels XVI zunächst eine Vorstellung erhoben worden ist, nach Ablauf weiterer 14 Tage beim Verfassungsgerichtshofe angefochten werden; diese Anfechtung ist der Landesregierung unverzüglich auf dem kürzesten Wege mitzuteilen. Die Kundmachung des angefochtenen Beschlusses darf erst erfolgen, wenn der Gerichtshof dessen Verfassungsmässigkeit anerkannt hat; der Verfassungsgerichtshof hat binnen Monatsfrist das Erkenntnis zu füllen, widrigens die Kundmachung des angefochtenen Gesetzesbeschlusses mit voller Rechtswirkung erfolgen kann.
Das gleiche Anfechtungsrecht wegen Verfassungswidrigkeit der Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse steht auch den Landtagen (dem Wiener Gemeinderate) und wenn diese nicht versammelt sind, den Landesräten (dem Wiener Stadtrat) zu. Die Frist zur Anfechtung läuft von dem auf den Tag des Einlangens des Staatsgesetzblattes bei der Landesregierung folgenden Tag.
Die Fristen der Artikel XVI und XVII sind gewährt, wenn das Schreiben vor Ablauf der Frist zur Post gegeben worden ist.
Der Bund wird vertreten:
Die Bundesversammlungen und das Länderhaus werden auf 6 Jahre gewählt. Sinkt aber die Zahl der Mitglieder einer dieser Körperschaften bis auf die Hälfte seiner gesetzmässigen Anzahl, sind in beiden Körperschaften Neuwahlen durchzuführen; die Amtsdauer der neugewählten Vertretungen beträgt wieder 6 Jahre.
Der Beginn der Amtsdauer wird in allen Fällen vom Tage des 1. Zusammentrittes der Bundesversammlung gerechnet.
Die Neuwahlen sind so zeitig auszuschreiben, daß die Mitglieder der neuen Bundesversammlung und des Länderhauses noch vor Ablauf der sechsjährigen Amtsdauer der abtretenden Bundesver - 11 -tretung gewählt sein können. Für die Einhaltung dieser Frist ist der Bundesrat der neuen Bundesversammlung verantwortlich.
Falls einzelne Bundesglieder ihre Vertreter im Länderhause nicht rechtzeitig wählen, gilt dies als Stimmenthaltung bis zum Eintritte der Vertreter (Schlußabsatz des Artikel XVIII.)
Wenn 5 Bundesglieder durch ihre Vertretung (Landtag, Gemeinderat der Stadt Wien) es verlangen, hat die Bundesregierung die Bundesversammlung und das Länderhaus aufzulösen und Neuwahlen auszuschreiben.
Bundesgesetze kommen durch den übereinstimmenden Beschluß der Bundesversammlung und des Länderhauses zustande; die Feststellung der Voranschläge des Bundeshaushaltes, die Prüfung der Staatsrechnungsabschlüsse und die Erteilung der Entlastung, die Aufnahme von Bundesanleihen, die Umwandlung der bestehenden Staatsschulden, die Verwaltung, Veräusserung oder Belastung des Bundesvermögens und die Gesetzgebung über Steuern, Abgaben und Gefälle (diese in den Schranken des Artikels XIV Z. 4) steht ausschließend der Bundesversammlung zu.
Zu einem giltigen Beschlusse ist in beiden Vertretungskörpern des Bundes die einfache Mehrheit der in beschlußfähiger Zahl anwesenden Mitglieder erfordert, insoferne nicht die Gesetze abweichende Bestimmungen treffen.
Die Beschlußfähigkeit der Bundesversammlung richtet sich nach dem für den Staat Deutschösterreich beschlossenen Gesetze vom 5. März 1919, St. G. Bl. Nr. 162.
Die Beschlußfähigkeit des Länderhauses ist gegeben, wenn wenigstens 4 Bundesglieder an der Abstimmung teilnehmen.
Abgelehnte Anträge können erst nach Durchführung allgemeiner Neuwahlen wieder eingebracht werden.
15 - 12 -Die Bundesversammlung und das Länderhaus versammeln sich jährlich einmal zur ordentlichen Sitzung an einem durch die Geschäftsordnung festzusetzenden Tage; sie geben sich selbst Geschäftsordnungen, die mit einfacher Mehrheit der in beschlußfähiger Anzahl anwesenden Mitglieder beschlossen werden, die aber nur mit 2/3 Mehrheit abgeändert werden können.
Zu ausserordentlichen Tagungen sind Bundesversammlung und Länderhaus durch Beschluß des Bundesrates einzuberufen; die Einberufung muß erfolgen, wenn ein Viertel der Mitglieder der Bundesversammlung oder 3 Bundesglieder es verlangen.
Bundesgesetze, sowie allgemein verbindliche Bundesbeschlüsse sind dem Volke zur Annahme oder Verwerfung vorzulegen, wenn es von 50.000 Bundesbürgern oder von 3 Bundesgliedern verlangt wird.
Die Durchführung der Volksabstimmung und die Frist zur Einbringung dieses Verlangens wird durch Bundesgesetz geregelt.
Die Sitzungen der Bundesversammlung und des Länderhauses sind in der Regel öffentlich.
Die oberste vollziehende und leitende Verwaltungsbehörde des Bundesstaates ist der Bundesrat, der aus 7 Mitgliedern besteht.
Die Mitglieder werden von der Bundesversammlung aus allen in die Bundesversammlung wählbaren Bürgern auf die Dauer von 3 Jahren ernannt. Nach jeder Gesamterneuerung der Bundesversammlung wird auch der Bundesrat erneuert; die in der Zwischenzeit freigewordenen Stellen werden bei der nächstfolgenden Tagung der Bundesversammlung - 13 -für den Rest der Amtsdauer wieder besetzt.
Die Mitglieder des Bundesrates dürfen keine andere dienstliche Stellung, sei es im Dienste des Bundesstaates, sei es im Dienste eines Bundesgliedes bekleiden, noch irgend einen andern Beruf oder ein Gewerbe ausüben.
Der Bundesrat führt die Geschäfte bis zum Zeitpunkte, in welchem diese dem neugewählten Bundesrate übergeben werden. Die Uebergabe hat binnen 14 Tagen nach erfolgter Neuwahl in einer vom abtretenden Bundespräsidenten oder seinem Stellvertreter zu diesem Zwecke einzuberufenden gemeinsamen Sitzung stattzufinden. Unterbleibt die fristgerechte Einberufung durch diese Personen, so hat das älteste Mitglied des neu gewählten Bundesrates und wenn auch dieser es unterläßt, der Bundeskanzler die Einberufungsschreiben zu erlassen.
Den Vorsitz im Bundesrate führt der Bundespräsident, der aus seinen Mitgliedern von der Bundesversammlung für die Dauer von 3 Jahren gewählt wird; das gleiche gilt für die Wahl seines Stellvertreters im Vorsitze.
Um giltig verhandeln und beschliessen zu können, ist die Anwesenheit von wenigstens 4 Mitgliedern des Bundesrates notwendig.
Die Mitglieder des Bundesrates beziehen einen jährlichen Gehalt aus der Bundeskasse.
Die Mitglieder des Bundesrates haben bei den Verhandlungen der Bundesversammlung und des Ländeshauses, insoweit sie nicht Mitglieder dieser Körperschaft sind, eine beratende Stimme und auch das Recht, über einen zur Beratung gestellten Gegenstand Anträge zu stellen.
16Der Bundesrat hat insbesondere folgende Befugnisse und Pflichten:
- 15 -Für seine gesamte Amtsführung ist er der Bundesversammlung verantwortlich.
Die Geschäfte des Bundesrates werden unter die einzelnen Mitglieder durch Beschluß des Bundesrates verteilt.
Zur Erledigung aller Geschäfte des Bundesrates ist ihm die Bundeskanzlei beigegeben, die unter Aufsicht des dem Bundesrate verantwortlichen Bundeskanzlers die ihr übertragenen Geschäfte zu erledigen hat.
Der Vorstand der Bundeskanzlei (Bundeskanzler) wird von der Bundesversammlung auf die Dauer von 3 Jahren gleichzeitig mit dem Bundesrate gewählt.
Der Bundeskanzler bleibt auch nach Ablauf seiner Amtsdauer im Amte, bis die Uebergabe der Geschäfte (Artikel XXVII) an seinen Nachfolger erfolgt ist. Seine, sowie der übrigen Angestellten der Bundeskanzlei dienstliche Stellung und der Inhalt des von diesen Personen abzulegenden Diensteides wird durch Bundesbeamtengesetz festgestellt.
Falls der Bundeskanzler im Sinne des Artikels XXVII die Sitzung zur Uebergabe der Regierungsgeschäfte vom alten an den neuen Bundesrat einzuberufen in die Lage kommt, handelt er nicht als Bundesbeamter, sondern in Vertretung des Volkes; er ist in dieser Eigenschaft ausschließlich der Bundesversammlung verantwortlich.
Die im Kaiserstaate Oesterreich im Zeitpunkte der Einführung der Republik in Geltung gestandenen Gesetze und die auf gesetzlicher Grundlage erlassenen Verordnungen der k.k. Behörden, dann die seit Einführung der republikanischen Staatsform in Kraft getretenen17 - 16 -Gesetze und auf gesetzlicher Grundlage erlassenen Verordnungen der Behörden der Republik Deutschösterreich werden als geltendes Recht des Bundesstaates und seiner Gliedstaaten übernommen, insoweit diese Bundesverfassung nicht Gegenteiliges enthält; die Aenderung der verfassungsmässigen Zuständigkeit auf dem Gebiete der Gesetzgebung und Verwaltung berührt die Fortdauer der Giltigkeit der vorstehend erwähnten Gesetze und Verordnungen nicht.
Zur Aenderung der Bestimmungen dieser Bundesverfassung ist erforderlich:
Innerhalb der ersten 3 Jahre nach Beginn der Wirksamkeit dieser Bundesverfassung kann ein Abänderungsantrag im Sinne des Artikels XXXV nicht zum Beschlusse erhoben werden; nach Ablauf dieser Frist ist jedenfalls und ohne Rücksicht auf die Bestimmungen des Artikels XXXV der allgemeinen Volksabstimmung die Frage vorzulegen, ob die Bundesverfassung als Ganzes genehmigt oder abgelehnt wird. Im Falle der Ablehnung durch die Mehrheit der giltig abgegebenen Stimmen hat die Bundesversammlung und das Länderhaus einen aus je 6 Mitgliedern und ebensoviel Ersatzmännern bestehenden Ausschuss behufe Ausarbeitung eines neuen Verfassungsentwurfes zu bestellen, der binnen Jahresfrist dem Bundesrate Bericht zu erstatten hat. Kommt im Ausschusse - 17 -mit einfacher Stimmenmehrheit sämtlicher Mitglieder ein neuer Entwurf zustande, so ist dieser der Volksabstimmung im Sinne des Artikels XXXV zu unterziehen; im gegenteiligen Falle hat der Bundesrat sofort allgemeine Neuwahlen der Bundesversammlung und des Länderhauses anzuordnen.
Die gegenwärtige Bundesverfassung bleibt dann so lange noch in Kraft, bis sie im Sinne des Artikels XXXV abgeändert wird.
Drei Monate nach Kundmachung dieser Bundesverfassung im Staatsgesetzblatte für die Republik Oesterreich, in welche Kundmachung auch die Annahmebeschlüsse der Bundesglieder im Wortlaute aufzunehmen sind, sind von der im Amte befindlichen Staatsregierung die Wahlen zur Bundesversammlung auszuschreiben; gleichzeitig sind die Landesregierungen einzuladen, die Wahlen in das Länderhaus durch die Landtage (den Wiener Gemeinderat) zu veranlassen.
Die Bundesverfassung und die erstmalige Ausschreibung der Wahlen zur Bundesversammlung sind auch in den Landesgesetzblättern und im Amtsblatte der Stadt Wien zu veröffentlichen, wobei ebenfalls die Annahme der Bundesverfassung durch die Bundesglieder festzustellen ist.
Die Bundesversammlung und das Länderhaus sind von der Staatsregierung in der vierten Woche nach dem Wahltage in die Bundeshauptstadt einzuberufen; die Staatsregierung hat die Bundesversammlung zur Wahl eines Vorsitzenden und dreier Stellvertreter, sowie des Bundesrates und des Bundeskanzlers aufzufordern, wobei das älteste anwesende Mitglied der Bundesversammlung den Vorsitz führt; ebenso ist das Länderhaus zur Wahl des Vorsitzenden und eines oder mehrerer Stellvertreter aufzufordern.
Unmittelbar nach vollzogener Wahl des Bundesrates hat die Staatsregierung die Regierungsgeschäfte dem Bundesrate zu übergeben.
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