Achtung!

Die vorliegende Transkription wurde maschinell erstellt, um das Dokument grundlegend durchsuchbar zu machen. Sie sollte – ob ihres rein provisorischen Charakters – keinesfalls als Zitationsquelle verwendet werden. Dieses Dokument wird in nächster Zeit kollationiert, annotiert und erschlossen werden.

Protokoll der 4. Sitzung des Subkomitees des Verfassungsausschusses vom 22. Juli 1920

Navigation
Einstellungen

Protokoll der 4. Sitzung des Subkomitees des Verfassungsausschusses vom 22. Juli 1920

Unterausschuss des Verfassungsausschusses

22. Juli 1920

Sitzungsprotokoll (Lithographie )

AdR, BKA Inneres, Staatskanzlei, Karton 48, Zl. 102/70 ex 1920

maschinell erfasst

Protokoll der 4. Sitzung des Subkomitees des Verfassungsausschusses vom 22. Juli 1920

Das Original befindet sich im Eigentum des Österreichischen Staatsarchivs unter der ÖStA-Signatur „AdR, BKA Inneres, Staatskanzlei, Karton 48, Zl. 102/70 ex 1920“. Die Verwendung des Digitalisats durch Dritte bedarf einer schriftlichen Bewilligung des ÖStA entsprechend der geltenden Benutzungsordnung.

Protokoll der 14, sitzung des Unterausschüsses des Verfassungsausschusses von 13.I. 1520. Beginn 10 Uhr Vormittag. Anwesend: Dr. Otto Bauer als Vorsitzender Einem Teile der Sitzung wohnte Präsident Karl seitz bei. Dr. Josef Aigner Heinrich Clessin Dr. Aebert Danneberg Kerl Leuthner Dr. Ignaz Seipel Dr. Richard Reiskirchner Staatssekretär Prof. Fr. Michael Mayr Von der Staatskanzlei: Ministerialrat Dr. Geerg Froehlich Sehtiensrat Dr. Egbert Mannlicher Ministerialvizesekretär Dr. Kurt Frieberger als Schriftführer Prof. Dr. Hans Kel sen als Experte des Verfassunge ausschusses. 2- Zu Beginn der Verhandlungen entscheidet sich der Unterausschuß für eine artikelweise Durchberatung des Verfassungsentwurfes unter Berücksichtigung der in den letzten Tagen gefaßten Parteibeschlüsse, der Hinpritätsvoten und der von der Staatshanzlei ausgearbeiteten Uebergangsbestimmungen. Der Vorzitzende stellt fest, daß zu Artikell keine weiteren Anträge vorliegen, zum Artikel 2 wünschen zwar Vertreter des Burgenlandes gehört zu werden, doch stimmt der Ausschuß bei, daß hiezu keine sachliche Notwendigkeit vorliegt. Hingegen entwickelt sich eine längere Rechselrede über den Vorgang bei der Teilung Niederösterreichs. Ein Vorschlag Dr. D an ne ber gs Rjeg und das Burgenland gemeinsam in einem Absatz zu behandeln wird abgelehnt. Nach längerer Wechselrede, an der sich außer dem Vorsitzenden u. dem Präsidenten S ei t2 auch die Abgeordneten Clessin, Dr. Danneberg und Dr. Seipel beteiligen, wird in Absatz 2 des Artikels 2 das mund Hiengestrichen, so daß er mit den Horten »firel und Vararlbergschließt; dem Artikel 3 wird als letzter Absatz folgendes gemäß eines Verschlages Hrof.Dr. kel s ens hinzugefügt: »(3) Ein selbständiges Land Wien kann gebildet werden. durch Beschluß des Wiener Gemeindezglgs und ein mil ihm übereinstimmendes Gegetz des Landes Niederöaterreich.« Die systematische Eingliederung in den Artikel 3 erfolgte, da es sich um eine Ausnahme von der allgemeinen Regel für die Bildung neuer Länder handelt, Präsident seitz bemerkt jedoch, daß eine bindende Erklärung vor Rücksprache mit dem Bürgermeister von Hien nicht abgegeben werden kann. Auch wird. »ie Dr. Da n ne ber g mitteilt, der Hiener Gemeinderat über die Angelegenheit am kommenden Freitag eine Plenarsitzung abhalten. Auf Antrag des Letzteren erhält Absatz 2 des Artikels 3 à folgende Fassung; »(2) Innerhalb der Granzen des Bundes 3

dürfen keinerlei Zwischenzellinien oder senstige Verkehrsbeschränkungen errichtet werden.« Zu diesem Beschluß verliest Hin.Rat Dr. Froehi ch die in Auseicht genemmene Uebergangsbestimmung? § 12. Alle Maßnahmen insbesondere Beschränkungen oder Erschwerungen des Verkehrs von Personen oder Haren innerhalb des Bundesgebietes, welche mit den in den Verfassungsgesetzen enthaltenen Grundsätzen in Widerspruch stehen, treten, soferne solche Vorschriften nicht schon früher ausdrücklich aufgehrben werden, spätestens mit l. März 1920 außer Kraft.« Staatssekretär Prof. Dr. Mayr behält sich vordaß auch der Minderheitsantrag Pink vor dem Ausschuß zur Abstimmung gebracht wird. Dr. Ba üer stellt sodann fest, daß bis einschließ lich Artikel 6 a keine Einwendung erheben wird, erst über den ersten Satz des Artikels 1d wird der Ausschuß abzustimmen haben. Die ersten drei Puakte erfahren keine Aenderung. Nach dem Hart »Länder, des 4. Pinktes münscht Dr.Danne ber& die Korte und Gemrinden- eingefügt. Auf Antrag des Varsitzenden wird jedoch Rynkt 3 nach dem Wort »Menopolwesergeschlossen und der Anschluß eines eigenen Artikels beschlossen. Ueber die Fassung bestehen Meinungsverschiedenheiten. da dis Mehrzahl sich gegen eine Aufnahme allzu ausführlicher Tinzelheiten ausspricht. Würdchdie finanziellenBestimmungen in das Verfassungsgesetz aufgenommen werden, so müßte es ausserordentlich mit Detarls belastet werden. Bei den Beratungen behälft man sich mit kurzen Ausdrücken; im Gesetz müßtel der Ausdruck,Nettvertrag ebense mie, Konsumgunte definiert verden, Schließlich wird im Sinne eines Antrages des Versitzenden ein neuer Artzkel 12 a eisgeschaltet: Artilel 12 2. die (2) Bindsssscne isi die Grostzgebung und Gritzienung Miseichtlich der Begelung, welche Aignden den Bunde den 34 4- ländern und den Gensinden zustehen; der Regelung der Arteils der Länder und Gemeinden an den Kinnahmen des Bundes und der Regelung der Beiträge und zuschüsse aus Bundesmittelt zu ern Ausgaben der Länder und Gemeinden. (2) Landessache ist die Gesetzgebung undlishtziehung hinsichtlich der Regelung, welche Abgeben der Länder den Gemeinden übertragen werden, der Regelung der Anteilnahme der Gemeinden an den Einnahmen der Länder und der Regalung der Beiträge und Zuschüsse aus Landesmitteln zu den Ausgaben der Genfinden. Mit entsprechenden Streichungen im folgenden Artikel wird als Punkt 2 a eingefügt: r2 a. Staatsbürgerschaft und Heinatrecht; Personen. standsangelegenheiten einschließlich das Matrikenwegens und der Namensänderung; Passwesen», ferner als Punkt Ba: eVer einz- und Versammlungsrecht-. Ebensa gehört nach Anschauung Prof.Dr. Kelsens das Passwesen hieher, das in Punkt b des Artikelsll gestrichen wird. Die weiteren Punkte worden bis einschließlich Punkt & ohne Aenderung angenemmen. Der Versitzande findet es unhaltbar, daß die Angelegenheiten der Industrie in Pnktlo, die Elektrizität in Punkt 11 und das Wasserrecht in Artikel 12 behandelt, alse gleichzeitig drei verschiedene Kompetenzen mit einer Sache befaßt werden. Dr. Seipel aimmt den Verschlag einer Zusammenziehung und Einreihung in Artikel 19 zur Kenntnis, jedoch könnte das Kasserrecht im allgemeinen in Artikel 12 belassen werden. Dr. Dannsberg ersucht um Feststellung des Ergebnisses der Parteiberatungen hinsichtlich Artikel llPunkt 8 »Munitions-, Schief und Sprengmittelwesen, soweit es nicht dem Monopol unterliegt sowie Haffenwesenn. Seines Erinnerns hat Hofrat Fal s er gefragt, wie es sich in diesen Belangen mit den Tirsler Spezialgesetzen verhält und 5- der Vorsitzende festgestellt, daß diese durch die Kompstenzbestimmung der Verfassung nicht berührt werden. Auch auf der Friedensvertrag sei hingeriesen worden, doch sei kein endgiltiger Beschluß gefaßt worden. Der Vorsztrende hält die übrigen Angelegenheiten, wie sie Verredner erwähnte, für minder wichtig; das Waffenwesen müsse jedoch nach dem Friedensvertrag geregelt werden. Deutschland het einen eigenen Diktator für die Ablieferung der Waffen aufgestellt, bei uns könnte der Bund nach der vorliegenden Verfassung die Durchführung nicht regeln. Dr. Seipel meint, daß seine Partei diese Frage als Gegenstand von Ausnahmsbestimmungen angesehen hat, so daß keine Uebereinstimmung erzielt werden konnte. Dem Ausschuß sei auch die Entscheidung über die Kompetenz in Sachen der Bosenreforn scherm gegeben worden. Der Vorsitzende wäre für Einreihung der Bodenentschulin Artikel 1o, da sie eine privatrechtliche Fraze ist, Für die ograrischen Operolionmwünscht Dr. Seipel bei Regfall des nermalen Instanzenzuges gemiochte Kommission:ndie dann die oberste Ratscheidung zu treffen hätte. Im übrigen beantragt er die Streichung der Bedenentschuldung. Der Vorsitzende nimmt den Streichuungsantrof zur Kenntnis, findet aber sonst nichts zu ändern. Zu Punkt Il erwähnt br. Danneberg ein sozialdemekratisches Minoritatsvotum "Gesantes Arbeilerrecht sowie Arbeiter- und Angestelltenschutz; Sozial- und Vertragsversicherungswegen. Bei den Parteiberatungen wurde eine EiBlgung erzielt, daß die Jozielversicherung an der Stelle wie in Entwurf zu belassen so-. In übrigen hätte die Abstimmung zu entscheiden. Dr. 5s1pei sringt zur Esantais, dab das christlichsaziele Wingritätsvotun bezüglich des Sazielversicherungsesdes zurückgezogen ser, wenn die AnEhahme bezüglich des Erbeiter- und Ingestelltegschulzes in erster Teile gesegelt wird, 305 6

Dr. Dahneberg spricht sich im weiteren Verlauf der Beratungen für die Einfügung des Ernährungsresens aus Die Staatskanzlei hat. wie Min- Rat Dr. Frechlich mitteilt, die Regelung dieser Frage in § 14 der dem Ausschuß vorgelegten Uebergangsbestimmungen versucht? „(3) Gemäß frtikel l0. Zehl l4 steht für die Fortdauer der durch die kriegerischen Freignisse der Jahre 1914 bis 1Siß hervorgerufenen außsrerdentlichen Verhält nisse bezüglich der zur Sicherung der einheitlichen Führung der Wirtschaft notwendig erscheinenden Maßnahmen, insbesondere in Angelegenheiten der Versorgung der Bevälkerung mit Bedarfsgegenständen die Gesetzgebung und die Vellziehung dem Bunde zu. (4) Der zeitpunkt, van dem an die erwähnten ausserordentlichen Verhältnisse als behaben anzusehen sind. wird durch Bundesgesetz festgestellt. In der Zischenzeit hat jedoch die Bundesregierung nach Maßgabe der jeweiligen Verhältargee Verfügungen für den möglichsten Abbau der auf diesem Gebrete bestehenden Maknahmen zu troffen. Vargitzendg hält es jedoch für unmöglich, Der dass Entscheidungen über die künftige Wirtschaftspolitik in die Uebergangsbestimmungen aufgenommen werden. Die blaße Anführung des Ernährungswesens greife der meritorischen Entscheidung nicht var. Ist das Ernährungswesen in Funkt 19 erwähnt, so ist es Bundessache, wenn nicht, so kann jedes Land auf ernährungswirtschaftlichem Gebiete zum Schaden der Allgemeinheit nach Belieben verfügen. Dr. Seipel erklärt, daß hier ebensswenig wie beim Flektrizitätswesen eine momentane Entscheidung möglich sei. Zu Punkt 14 und 25 liegt, wie der 1 rsitzende feststellt, kein Antrag var; Artikel ll muß entsprechend den varstehend erwähnten Einschaltungen in Artikel 10 gs ändert werden. Es entfallen die bisherigen Punkte l. 2 und 4, von Punkt s bleibt nur die Frendenkolizei. Bei den öffentlichen Agestieen gibt Dr. Bauer zu bedenken, daß die bloße Erwähnung den Ländern die Fiederbelebung dieser Institutionen ermögliche. Die Anführung der Bestimmungen über die Besteuerung der Bundesunternehmungen bleibt der Abstimmung überlassen. Zu Artikel 11, Punkt 10 liegt ein christlich-sozi aler Minderheitsantrag vor, über den Vereinbarungen mit dem Unterstaatssekretär Prof. Dr. Tandler getroffen wurden, Der Vorsitzende stellt fost, daß die sozial-demokratischen Abgeordneten als Partei bei diesen Vereinbarungen nicht vertreten waren und daß schwere Bedenken bestehen. Dr. 8 « i p «l gibt als Ergebnis der Vereinbarungen bekannt, daß seine Fartei aus dem Hinderheitsantrag die Worte: «Ausbildung, Fortbildung und Berufsausbildung der Heilpersenen mit Aisnahme der Aerzte; Heilmittelwesen zu streichen beabsichtigt. Hingegen wird das Gesundheitswesen in den Artikel ll aufgenoamen, igee die Heilzu verbleiben und Pflegeenstalten(in Artikel 12/ Das Stastsamt für soziele Verwaltung würde zustimmen, wenn die Anstalten in Artikel ll aufgenommen werden, was die Zustimmung seiner Partei finden könnte. Jedoch wäre »leichen- und Bestattungswesen, Gemeindesanitätsdienst und Rettungswesen, Volkswohnungs- und Volkspflegestättenwesen; Veterinärwesenn in die Rahmengesetzgebung zu verweisen. Der Vorsitzende fragt, ob bei Ausscheidung des Gesundheits- und Veterinärwesen aus Artikel 10 noch ein Valksgesundheitsamt bestehen bleiben könne, das ja dann nur mehr internationale Angelegenheiten des Gesundheitswesens zu regeln hätts und im übrigen nur ein legistisches Departement wäre; er stellt fest, daß eine Einigung nicht zustande gekommen sei. Zu Punkt 1l des Artikels 11 und zum 2.Absatz liegt kein Antrag vor. Die Erörterung des Minderheitsanträ-

366 -8- ges der christlichsozielen Partei zu Art.12 (Punkt l aVerhältnis zwischen Schule und Kirche usw.) soll erst im Zusanmenhang mit der allgemeinen Besprechung der Schulfrags stattfinden. Bei Punkt 2 konstatiert der Vorsitzende den Zusemmenhang mit dem Gesundheitswesen. Zu 3 und 4 liegt kein Antrag vor. Bei 6 handelt es sich um die landwirtschaftlichen Arbeiter, 5 um die Regelung des Elektrizitätswesens. Ueber Punkt 7, dessen Streichung von Dr. Se i p el beantragt wird, hat die Abstimmung zu entscheiden. Auch zu Punkt 8 wird von christlichsozialer Seite ein Zusetz wegen des Dienstrechtes der Lehrer gemimacht. An Artikel l3 ist als Absatz 6 anzugliedern: ol6) Die Länder sind im Bersiche ihrer Gegetzgebung befugt, die zur Regelung des Gegenstandss erforderlichen Bestimmungen auch auf dem Gebigte des Straf- und Zivilrechtes zu troffene. Dr. Danneberg meldet als Minderheitsantrag die Aufnahme des Setzes: Fundesrecht bricht Landesrecht. Der Varsitzgade ist der Anschauung, daß eine Abstinnung über diesen Antrag im Unterausschuß besser zu vermeiden wäre, da aus der Ablehnung geschlossen werden könnte, daß Bundesrecht nicht Landesrecht bricht, während doch nicht das Meritum sondern die Aufnahme des Setzen in die Verfassung in Frage steht. Dr. 58 ipel schließt sich dieser Anscheuung an. seine Partei ist der Meinung, daß in dieser Frage auch ohne Aufnahme des Satzes genügend vorgesorgt ist. Sollten noch Lücken auftauchen, die nicht durch die Verfassung gedeckt sind, dann gelte der Grundsatz lex posterier deragst prioriProf.Dr. Kelsen meint, daß dieser Grundsatz für die gewöhnlichen Gerichte gegeben sei, gelange die Gerichte gehörig kundgemachte Gesetze anwenden müssen. Es ist aber notwendig, dem Richter das Recht auf Prülfung der Burdesgebetz- 9

mässigkeit jedes einzelnen Gesetzes einzuräumen und ihn von der Regel zu befreien, daß er gehörig kundgemachte Gesetze anwenden müsss. Der Vargitzende stellt fest, daß auch der Verasangegerichtshef nur kassieren kann, wenn der Wirkungekreis überschritten ist. nicht aber, wenn eine konkurrierende Gasotzgebung vorliegt. Im Konkurrenz- Falle kann der Bund von seinem Gesetzgebuagsrecht Gebrauch machen. Zu Artikel 13a ist nichts zu bemerken. Zu Artikel l4 erwähnt Dr. Danneb« r8, daß nach sozialdemckratischen Hinderheitsantrag der 2. Absatz des Linzer Entwurfes nicht gestrichen werden soll. Ferner beantragt Dr. Seipel, daß Artikel 14a ganz gestrichen wird. Dr. Danne berg erwähnt den

Art. 15.