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Verfassungsausschuss

26. September 1920

Stellungnahme zum Verfassungsentwurf (Druck )

AdR, BKA Inneres, Staatskanzlei, Karton 48

maschinell erfasst

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Das Original befindet sich im Eigentum des Österreichischen Staatsarchivs unter der ÖStA-Signatur „AdR, BKA Inneres, Staatskanzlei, Karton 48“. Die Verwendung des Digitalisats durch Dritte bedarf einer schriftlichen Bewilligung des ÖStA entsprechend der geltenden Benutzungsordnung.

991 der Beilagen. — Konstituierende Nationalversammlung.1 Bericht des Verfassungsausschusses über den Entwurf eines Gesetzes, womit die Republik Österreich als Bundesstaat eingerichtet wird (Bundes=Verfassungsgesetz). Sozusagen in letzter Stunde unternimmt es die Nationalversammlung, die als „Konstituierende gewählt wurde, ihrer größten Aufgabe gerecht zu werden. Schier unüberwindliche Schwierigkeiten haben sie gehindert, früher in die Beratung der Verfassung, die sie unserem Staate geben soll, einzutreten. Zuerst ließen uns die unerwartet lange sich hinziehenden Friedensverhandlungen über die Grenzen des neuen österreichischen Staates im Ungewissen. Dann nahmen der Versuch, die finanziellen Verhältnisse des Staates wenn auch vorläufig nur aufs notdürftigste zu regeln, sowie die Notwendigkeit täglich neu auf die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln, der Volkswirtschaft mit Kohle und Rohstoffen bedacht zu sein, und die infolge der wirtschaftlichen Not sich steigernden sozialen Schwierigkeiten fast die ganze Arbeitszeit der Regierung und der Nationalversammlung in Anspruch Hemmender jedoch als die genannten äußeren Schwierigkeiten wirkten die tiefgehenden Meinungsverschiedenheiten über den Grundcharakter und die Einzelheiten der Verfassung, die zwischen den Parteien der Nationalversammlung zutage traten, noch mehr aber die Interessengegensätze zwischen dem Gesamtstaate und seinen sich immer mehr als selbständige Staaten fühlenden Gliedern, den Ländern. Diese Gegensätze zeigten sich übrigens schon vom Zeitpunkt des Entstehens unseres Staatswesens an. Das erste Verfassungsgesetz, das die deutschen Abgeordneten des ehemaligen österreichischen Abgeordnetenhauses in den Tagen des Umsturzes beschlossen haben, nämlich der Beschluß über die grundlegenden Einrichtungen der Staatsgewalt vom 30. Oktober 1918, St. G. Bl. Nr. 1, stellt den Versuch dar, die von Deutschen bewohnten Gebiete des ehemaligen österreichischen Kaiserstaates als strengen nationalen Einheitsstaat zu begründen. Aber gleichzeitig mit diesem Gesetzgebungsakte hat sich ein paralleler Vorgang vollzogen, der der österreichischen Republik schon von ihrer Entstehung an einen föderativen Wesenszug anheftete. Im Einverständnis mit der maßgebenden Zentralstelle in Wien hatten sich die ehemaligen „Kronländer“ auf dem gleichen Wege wie der Gesamtstaat, nämlich revolutionär, zu staatsartigen Gebilden konstituiert. Und mit dem Beschluß vom 12. November 1918, St. G. Bl. Nr. 23, hat die „Provisorische Nationalversammlung für Deutschösterreich“ „die feierlichen Erklärungen der Länder, Kreise und Gaue des Staatsgebietes" zur Kenntnis genommen und diese Gebiete unter den Schutz der ganzen Nation gestellt. Einem solchen Beschluß liegt, wenn er sinnvoll gedeutet werden soll, die Vorstellung einer vertragsmäßigen Begründung des Staates durch den Zusammenschluß bis dahin unabhängiger Staatsteile zugrunde. Der tatsächlichen von Anbeginn staatsähnlichen Stellung der österreichischen Länder im Rahmen 1 (Seiten fehlt) 250-260 991 der Beilagen. — Konstituierende Nationalversammlung. 2 des neugegründeten Gesamtstaates hat auch alsbald das Gesetz vom 14. November 1918, St. G. Bl. Nr. 24, betreffend die Übernahme der Staatsgewalt in den Ländern, durch seine bekannten organisationstechnischen Maßnahmen Rechnung getragen. Zunächst erfolgte die Anerkennung des legislativen Wirkungskreises der Landtage, für die infolge des Wechsels der Staatsform selbstverständlich das Erfordernis der Gesetzessanktion hinweggefallen war. Dann hat dieses Gesetz die durch die eigenen politischen Kräfte der Länder erfolgte Beseitigung der Statthaltereien und die Übertragung der allgemeinen politischen Verwaltung auf die gewählten Landesregierungen vom Standpunkt der zentralen Staatsgesetzgebung aus legalisiert. Schon die angedeutete zwiespältige Entstehung des neuen Staates hat seinem Wesen bundesstaatliche Elemente aufgeprägt. Die weitere Verfassungsentwicklung in Österreich, die sich in einer Reihe mehr oder minder provisorisch gedachter Spezialgesetze und Novellen — es sei insbesondere der sogenannten Verfassungsnovelle vom 19. Dezember 1918, St. G. Bl. Nr. 139, und der ungleich einschneidenderen Gesetze vom 14. März 1919 über die Volksvertretung und übei die Staatsregierung, St. G. Bl. Nr. 179 und 180, gedacht — vollzog, hat bei den beschränkten Aufgaben, die sich diese Gesetze gestellt haben, nicht dahin geführt, den angedeuteten Zwiespalt in der Struktur unseres Staates zu überwinden. Es konnte sich, was das Verhältnis zwischen dem Gesamtstaat und den Ländern betraf, nur darum handeln, gewisse Vorsorgen zu treffen, um die bei der Ungeklärtheit dieses Verhältnisses unvermeidlichen Reibungen zwischen den beiden Faktoren zu bereinigen. Diese provisorische Verfassungsgesetzgebung mußte sich insbesondere damit begnügen, die widerspruchsvolle Zuständigkeitsabgrenzung zwischen Staat und Ländern, die nach der altösterreichischen Verfassung bestanden hatte, unverändert zu übernehmen. Diese Rezeption des alten Rechtszustandes mußte aber dadurch ungeahnte Schwierigkeiten zeitigen, daß es mit dem Wechsel der Staatsform nunmehr an dem Faktor fehlte, der durch sein unbeschränktes Sanktionsrecht in der Lage gewesen wäre, die bei solch widerspruchsvoller Kompetenzverteilung unvermeidlichen Kompetenzkonflikte zu beseitigen. Die Art der Stellungnahme der Staatsregierung zu den Landesgesetzen, die in dem vorzitierten Gesetze über die Volksvertretung vorgesehen wurde, konnte sich im Zeitpunkte der Regelung auf keine genügenden Erfahrungen stützen und hat sich mittlerweile als wenig glücklich herausgestellt. Die Art und Weise, wie die Rechtsmittel der Staatsregierung gegen Gesetzesbeschlüsse der Landtage eingerichtet waren, hat sich einerseits für die Staatsregierung als nicht brauchbar erwiesen und andrerseits doch in den Ländern den Eindruck unliebsamer Schranken der Landesgesetzgebung hervorgerufen. Auch auf dem Gebiete der Verwaltung hat sich auf Grund der provisorischen Verfassung ein unerfreulicher Zustand im Verhältnis zwischen dem Staate und den Ländern ergeben, der dadurch charakterisiert ist, daß sich die Länder trotz ihrer im Vergleiche zu dem früheren Zustand auch auf dem Gebiete der Verwaltung ungleich erweiterten Selbständigkeit durch die Staatsregierung beengt fühlen. Es soll nicht verkannt werden, daß dieser Zustand vom Standpunkte des gesamtstaatlichen Interesses aus dem Grunde mangelhaft erscheint, weil das Recht der Staatsregierung zur Erteilung von Dienstesanweisungen an die Landesregierungen sanktionslos geblieben ist. Soll die oft beklagte Verwaltungsanarchie, die auch auf dem zuletzt bezeichneten Gebiete eingetreten ist, beseitigt werden, so ist eine Reform in der Richtung geboten, daß einerseits ein bestimmtes Gebiet voller Selbständigkeit der Verwaltung der Länder sichergestellt, anderseits aber, soweit die Landesverwaltung Zwecken des Oberstaates dient, eine wirkliche Verantwortlichkeit der Landesorgane gegenüber dem vorgesetzten Organe des Bundesstaates begründet werde. Der Ausgleich zwischen den der provisorischen Verfassung zugrundeliegenden Elementen eines zentralistischen Einheitsstaates und einer föderativen Staatenverbindung liegt in dem Gedanken des Bundesstaates. So erklärt es sich, daß diese Staatsform schon vor mehr als Jahresfrist als die geeignetste für jene Ländergemeinschaft erkannt wurde, welche im Zeitpunkte des Zusammenbruches die Deutschen des alten Österreich zusammengeschlossen und fast ein Jahr später, freilich um große und wertvolle Volks teile vermindert, der Friede von St. Germain zu einer Schicksalsgemeinschaft zusammengeschmiedet hat; so erklärt es sich ferner auch, daß sich auf der Plattform der bundesstaatlichen Idee diametral entgegengesetzte politische Richtungen im gemeinsamen Willen, dieses Staatswesen vor dem politischen Zerfall und materiellen Untergang zu bewahren, begegnet und auf das vorliegende Kompromiß einer bundesstaatlichen Verfassung geeinigt haben. Die eben geschilderten Gegensätze, die sich natürlich auch innerhalb der drei Regierungen, die seit der Wahl der konstituierenden Nationalversammlung aufeinanderfolgten, geltend machten, sind schuld daran, daß dem hohen Hause auch heute noch kein Regierungsentwurf für das Verfassungsgesetz vorliegt Freilich, das Interesse der Parteien an der Verfassung hat sich immer wieder gezeigt. Am 14. Mai 1919 legte als erste die christlichsoziale Vereinigung einen fertig ausgearbeiteten Verfassungsentwurf vor (Antrag der Abgeordneten Dr. Michael Mayr und Genossen, Nr. 231 der Beilagen). Am 18. Mai 1920 folgte die großdeutsche Vereinigung (Antrag der Abgeordneten Dr. Dinghofer und Genossen, Nr. 842 991 der Beilagen. — Konstituierende Nationalversammlung. 3 der Beilagen). Der 25. Juni 1920 brachte einen zweiten christlichsozialen Entwurf (Antrag der Abgeordneten Dr. Michael Mayr und Genossen, Nr. 888 der Beilagen). Am 7. Juli 1920 endlich schloß die sozialdemokratische Vereinigung mit dem Antrag der Abgeordneten Abraham und Genossen (Nr. 904 der Beilagen) den Reigen. Alle diese Verfassungsentwürfe vertreten mehr oder weniger den bundesstaatlichen Gedanken. Die Regierung der Republik hat sich diesen ebenfalls, und zwar bereits im Frühjahr 1919 zu eigen gemacht und seit dieser Zeit datieren die umfangreichen und intensiven Vorarbeiten der berufenen Stellen am Verfassungswerk. Der damalige Staatskanzler Dr. Karl Renner leitete vor seiner Abreise zu den Verhandlungen in St. Germain im Schoße der Staatskanzlei die Reformarbeiten ein und betraute insbesondere den wissentschaftlichen Mitarbeiter des Gesetzgebungsdienstes der Staatskanzlei Universitätsprofessor Dr. Hans Kelsen mit der Ausarbeitung des Entwurfes einer Bundesverfassung, Später hat die Nationalversammlung ihre Absicht, das Verfassungswerk mit aller Entschiedenheit zu fördern und baldmöglichst zu vollenden, dadurch kundgegeben, daß sie in der Person des gegenwärtigen Vorsitzenden des Kabinetts, Staatssekretärs Professor Dr. Michael Mayr, ein Regierungsmitglied eigens zur Mitwirkung an der Vorbereitung der Verfassungs= und Verwaltungsreform berief. Staatssekretär Dr. Mayr hat dieser Aufgabe vom Augenblicke seiner Bestellung an mit aller Intensität und Hingebung obgelegen. Zugleich hat Professor Dr. Hans Kelsen im ständigen Einvernehmen und unter unermüdlicher Mitwirkung der Leiter der legislativen Abteilungen der Staatskanzlei, Ministerial rates Dr. Georg Fröhlich und Sektionsrates Dr. Egbert Mannlicher, eine ganze Reihe von Bundesverfassungsentwürfen hergestellt, die den verschiedensten politischen Eventualitäten Rechnung tragen. Gleichzeitig drängte das Verfassungsproblem in den Ländern immer entschiedener zu einer Lösung. Die Länder veranstalteten aus eigener Initiative die Verfassungskonferenzen in Salzburg und später in Linz, auf denen die damalige Regierung durch den gegenwärtigen Vorsitzenden des Kabinetts vertreten war. Da aus den angedeuteten Gründen kein eigentlicher Regierungsentwurf vorlag, hat sich Staatssekretär Dr. Mayr damals entschlossen, einen privaten Borentwurf der Konferenz in Salzburg und nachmals wieder einen jener in Linz im eigenen Namen zu unterbreiten. Durch die beiden Konferenzen wurde der Gedanke der Verfassungsreform stark gefördert und reichliches Material für die Reformarbeit bereitgestellt, das um so wertvoller war, als die maßgebender Stimmen der Politiker der drei großen Parteien aus sämtlichen Ländern zu Worte gekommen waren und ihre Wünsche zum Ausdruck gebracht hatten. Die Staatsregierung setzte ihrerseits eine Kabinettskonferenz zur Anbahnung eines Übereinkommens zwischen den im Kabinett vertretenen Parteien ein. Das Ergebnis war eine Gegenüberstellung der von den beiden Koalitionsparteien vertretenen Anschauungen, die unter dem Titel: „Das Ergebnis der Vereinbarungen über die österreichische Bundesverfassung" in Druck gelegt wurde. Eine Regierungsvorlage kam auch jetzt noch nicht zustande. Das Verfassungswerk war aber doch mittlerweile soweit gereift und die Ansicht von der Notwendigkeit der Verfassungsreform hatte sich im politischen Denken derart festgewurzelt, daß es trotz des Hinwegfallens des Koalitionspaktes von den politischen Parteien der Nationalversammlung mit Erfolg aufgegriffen und zu Ende geführt werden konnte. Während der Verhandlungen über die große Vermögensabgabe, die im Frühsommer dieses Jahres die Nationalversammlung beschäftigten, war der Gedanke aufgetaucht, zwischen diesem Gesetze und der Verfassung ein Junktim herzustellen. Die Parteien verzichteten dann zwar darauf, ein solches Junktim formal anzuerkennen, aber sie verpflichteten sich anläßlich der Bildung der neuen Regierung, die nach dem Sturze der zweiten Koalitionsregierung die Geschäfte zu übernehmen hatte, alles zu tun, um auch nach Erledigung der Vermögensabgabe noch vor der Wahl der neuen Nationalversammlung, die schon damals für den Herbst dieses Jahres in Aussicht genommen war, die Verfassung fertigzustellen und dem hohen Hause zur Beschlußfasung vorzulegen. Am 15. Juli setzte der Verfassungsausschuß einen siebengliedrigen Unterausschnuß ein, der auf Grund aller vorgenannten Anträge zur Verfassungsreform in vielen Beratungen, die mehrfach durch Verhandlungen zwischen den Parteien unterbrochen wurden, unterstützt von den Vertretern der Regierung und namentlich den vorerwähnten Funktionären der Staatskanzlei sowie vom wissenschaftlichen Experten Professor Kelsen, einen Verfaffungsentwurf ausarbeitete, den er am 24. September dem Verfassungsausschusse vorlegen konnte. Dieser beauftragte den unterzeichneten Berichterstatter, den in verschiedenen Belangen abgeänderten Entwurf, der diesem Berichte beigegeben ist, dem hohen Hause zur Beschlußfassung zu unterbreiten. Es geschieht dies nicht, ohne daß vorher mehrere hervorragende Kenner des Verfassungs= und Verwaltungsrechtes um ihr Gutachten gebeten worden wären. Den Staatsrechtslehrern Professor Dr. Adolf Menzel (Wien), Dr. Max Layer (Graz), De. Max Kulisch und Dr. Karl Lamp (Innsbruck), dem Senatspräsidenten Dr. Schuster, den Hofräten Dr. Tezner, Dr. Herrnritt und Dr. Hock sei hiemit für ihre Mühewaltung der geziemende Dank gesagt. 991 der Beilagen. — Konstituierende Nationalversammlung. 4 Das Bundes=Verfassungsgesetz, dessen einschränkender Titel sich einerseits durch die Bedachtnahme auf die Landesverfassungen, anderseits durch den Umstand erklärt, daß es selbst nur eines, wenn auch das wichtigste jener Gesetze ist, die in ihrer Gesamtheit die Bundesverfassung ausmachen, gliedert sich in sieben Hauptstücke: Allgemeine Bestimmungen, Gesetzgebung des Bundes, Vollziehung des Bundes, Gesetz gebung und Vollziehung der Länder, Rechnungskontrolle des Bundes, Garantien der Verfassung und Verwaltung, Schlußbestimmungen. Schon diese Aufzählung läßt erkennen, daß das vorliegende Bundes=Verfassungsgesetz nicht alle Bestandteile einer erschöpfenden Verfassungsurkunde enthält. Vor allem fehlt ihm ein Abschnitt über die Grund= und Freiheitsrechte, der zum typischen Requisit moderner Staatsverfassungen gehört. Über diesen Punkt, in dem mehr als in allen anderen nicht nur die verschiedenen Parteiprogramme, sondern die Weltanschauungen miteinander in Widerstreit stehen, konnte bei der gedrängten Zeit ein Übereinkommen der Parteien nicht zustande kommen, weshalb das geltende Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger vom 21. Dezember 1867, R. G. Bl. Nr. 142, mit der einen Einschränkung des den Ausnahmszustand vorsehenden Artikels 20 vorläufig übernommen wurde. Auch die finanzielle Auseinander setzung zwischen Bund und Ländern mußte einem späteren besonderen Bundes=Verfassungsgesetz vorbehalten werden. Desgleichen mußte bei der Regelung der Zuständigkeit auf dem Gebiete des Schul-, Erziehungs- und Volksbildungswesens, worüber trotz langwieriger Bemühungen eine Einigung zwischen den Parteien nicht zu erzielen war, zu dem Auskunftsmittel gegriffen werden, den gegenwärtigen Rechtszustand in Geltung zu belassen und eine materielle Neuregelung einem besonderen Bundes=Verfassungsgesetze vorzubehalten (Artikel 14). Die einleitenden Bestimmungen der Verfassung enthalten zugleich ein entschiedenes Bekenntnis zur demokratischen Republik (artikel 1) und zum bundesstaatlichen Prinzip (Artikel 2). In jener Hinsicht bot die geltende provisorische Verfassung keinen Anlaß zu wesentlichen Veränderungen; einschneidende Reformen führt die neue Verfassung jedoch in der Richtung einer erschöpfenden Ausgestaltung der bundesstaatlichen Organisation durch. Mit Entschiedenheit proklamiert sie die Selbständigkeit der die Republik konstituierenden Länder, denen bisher staatsrechtlich noch immer der Rest eines provinziellen Charakters an gehaftet hatte, während sie jetzt in jeder Hinsicht eine Rechtsstellung erhalten, wie sie nach der üblichen staatsrechtlichen Terminologie den Gliedstaaten eines Bundesstaates eigentümlich ist. Die für den Gesamt staat grundlegende Bedeutung der Länder kommt darin zum Ausdruck, daß über ihr Gebiet nur mit ihrer Einwilligung verfügt werden kann (Artikel 3) und daß die Zugehörigkeit zu ihnen, die Landesbürgerschaft, die Vorbedingung für die grundsätzlich nur mittelbar aus ihr sich ergebende Bundesbürgerschaft ist (Artikel 4). Indirekt äußert sich diese grundlegende Bedeutung der Länder auch darin, daß die als „Bund" bezeichnete Gesamtheit der Länder terminologisch als eine Verbindung der Lünder erscheint; konsequenter weise sind auch alle verfassungsmäßigen Organe des Gesamtstaates als Bundesorgane bezeichnet. In diesem Zusammenhange sei allgemein festgestellt, daß der Entwurf den Ausdruck „Staat“ und „staatlich" in einem sowohl den Bund als auch die Länder umfassenden Sinne gebraucht. Über das gegenseitige Verhältnis zwischen Bundesrecht und Landesrecht enthält der Verfassungsentwurf keine grundsätzliche Erklärung; es müssen in dieser Hinsicht die allgemeinen Auslegungsgrundsätze gelten. Eine grundlegende Aufgabe einer Bundesstaatsverfassung ist die Verteilung der Staatsfunktionen auf Oberstaat und Gliedstaaten. Diese besonders schwierige Kompetenzabgrenzung zwischen Bund und Ländern ist im vorliegenden Entwurf, sorgfältig und unter Berücksichtigung des Urteils von Fachleuten abgesteckt, in den Artikeln 10 bis 13 und 15 niedergelegt. Um Irrtümern vorzubeugen, sei festgestellt, daß diese Kompetenzabgrenzung der durch Bundesgesetz zu vollziehenden Verteilung der Bundeskompetenzen zwischen den Bundesministerien nicht präjudiziert. Der Verfassungsentwurf unterscheidet vier verschiedene Zuständigkeitstypen: ausschließliche Bundeskompetenz in Gesetzgebung und Vollziehung Gesetzgebung des Bundes und Vollziehung der Länder; Gesetzgehung des Bundes über die Grundsähe neben Ausführungsgesetzgebung und Vollziehung der Länder; endlich ausschließliche Kompetenz der Länder in Gesetzgebung und Vollziehung. Zugunsten des letztgenannten Kompetenzfalles ist eine General klausel ausgesprochen, wodurch der Entwurf abermals einem föderativen Prinzip gerecht wird. Zu den einzelnen Kompetenzfällen, deren Aufzählung hier erübrigt, sei einiges besonders festgestellt. In der lange strittigen Frage der Kompetenz in Sachen des Elektrizitätswesens und Wasserrechtes wurde der Ausweg gewählt, daß die Regelung der rein technischen Fragen der Gesetzgebung und Vollziehung des Bundes überwiesen, die wirtschaftliche Seite aber innerhalb einer Rahmengesetzgebung des Bundes den Ländern überlassen wurde (Artikel 10, z. 10, und Artikel 12, Absatz 1, Z. 7). Ähnlich überträgt Artikel 10, Z. 12, die sanitäre Aufsicht über die Heil= und Pflegeanstalten, das Kurortewesen und die 991 der Beilagen. — Konstituierende Nationalversammlung. 5 Heilquellen nach Gesetzgebung und Vollziehung dem Bunde, während alles übrige teils im Artikel 12, Z. 2, erwähnt, also der grundsätzlichen Regelung durch die Bundesgesetzgebung vorbehalten, teils ganz der Kompetenz der Länder überlassen wurde. Zu Artikel 14 sei bemerkt, daß das Recht des Bundes (wie übrigens auch der Länder) gleich jeder Privatperson zur Förderung des wirtschaftlichen und kulturellen Lebens innerhalb des gesamten Bundesgebietes, unbeschadet der vorerwähnten Kompetenzverteilung, Unternehmungen zu schaffen und zu erhalten, sowie Veranstaltungen zu treffen, als unbestritten gilt. Die Gesetzgebung des Bundes soll nunmehr von einem vom ganzen Bundesvolk gewählten Nationalrat gemeinsam mit dem von den Landtagen gewählten Bundesrate ausgeübt werden, wobei die Verfassung eine möglichst demokratische Bestellung dieser wie überhaupt aller politischen Vertretungskörper vorsieht (Artikel 27, 36, 96 und 120). Der Nationalrat hat in der Nationalversammlung sein stark ähnelndes Vorbild. Der Bundesrat stellt sich als Delegation der Landtage dar wobei sich die im Entwurfe festgelegte Zusammensetzung als billiges Kompromiß zwischen der föderalistischen Forderung einer gleich großen Vertretungsziffer sämtlicher Länder und der zentralistischen Forderung einer dem Bevölkerungsschlüssel entsprechenden Vertreterzahl ergeben hat. Das bundes staatliche Prinzip der Parität der Gliedstaaten erscheint in diesem spezifisch bundesstaatlichen Organe, das den jedem Bundesstaat eigentümlichen Anteil der Länder an der Bundesgesetzgebung darstellt, auch im vorliegenden Verfassungsentwurf gewahrt und namentlich durch den Wechsel im Vorsitze zwischen den Ländern betont (Artikel 37). Da der Bundesrat von den Landtagen nach dem Grundsatz der Verhältniswahl entsendet wird und daher deren parteimäßige Zusammensetzung wiederspiegelt, kann die Abstimmung im Bundesrate nicht nach Ländern, sondern muß sie nach Stimmen erfolgen (Artikel 38). Für gewisse solenne Akte treten Nationalrat und Bundesrat als Bundesversammlung zu gemeinsamen Sitzungen zusammen (Artikel 39 und 41). Der im Verfassungsentwurf vorgesehene Weg der Bundesgesetzgebung ist im Einklang mit dem bundesstaatlichen Prinzip dadurch gekennzeichnet, daß dem Bundesrate das Rechtsmittel des Einspruches gegen die Beschlüsse des Nationalrates — abgesehen von einzelnen den Bund allein berührenden parlamentarischen Verwaltungsakten - eingeräumt ist (Artikel 43). Gemäß einer schon im Gesetze vom 14. März 1919, St. G. Bl. Nr. 179, gegebenen Verheißung ist im Entwurfe neben dem normalen Weg der repräsentativen Gesetzgebung nunmehr auch der Weg unmittelbarer Gesetzgebung durch das Bundesvolk eröffnet. Die Verfassung läßt drei Varianten der Volksabstimmung zu: Das Volksbegehren, worin die Gesetzgebungsinitiative des Bundesvolkes zum Ausdruck kommt, die Volksabstimmung über Gesetzesbeschlüsse des Nationalrates, die zur Voraussetzung hat, daß der Nationalrat die Volksabstimmung beschließt oder die Mehrheit der Mitglieder des Nationalrates sie verlangt; endlich die obligatorische Mitwirkung des Bundesvolkes bei einer Gesamtänderung der Bundesverfassung und die fakultative Mitwirkung bei einer bloßen Teiländerung (Artikel 43, 44 und 45). Das Hauptstück über die Vollziehung des Bundes schafft in der Person des Bundespräsidenten ein neues, der bisherigen Verfassung fremdes Organ. Die gegenwärtige Personalunion zwischen den Funktionen eines Parlamentsvorsitzenden und obersten Regierungsorganes wird fallen gelassen, die bisher dem Präsidenten der Nationalversammlung vorbehaltenen Regierungsgeschäfte werden nummehr, um einige Zuständigkeitsfälle erweitert, einem echten Staatspräsidenten übertragen. Erwähnter sei, daß der Entwurf, um einem praktischen Bedürfnisse zu entsprechen, die Delegation gewisser Regierungsgeschäfte des Bundespräsidenten, namentlich das Recht zum Abschluß bestimmter minder bedeutsamer Kategorien von Staatsverträgen, an die Bundesregierung oder an deren einzelne Mitglieder vorsieht. Es soll auf diesem Wege insbesondere die bisherige durch völkerrechtliche Gepflogenheiten bedingte vereinfachte Form des Abschlusses von Ressorts übereinkommen oder Regierungsübereintommen durch die zuständigen Zentralstellen legitimiert werden. Was die anfänglich bestrittene Form der Bestellung des Bundespräsidenten betrifft, hat sich der Ausschuß für die Wahl durch die Bundesversammlung, - die aber nicht aus deren Mitte erfolgen muß, entschieden (artikel (Artikel 61 bis 69). Die Abschnitte über Bundesregierung, Bundesheer und Gerichtsbarkeit übernehmen im wesentlichen den gegenwärtigen Rechtszustand. Aus dem zuletzt erwähnten Abschnitt wäre hervorzuheben, daß, da künftig der Verfassungsgerichtshof auch als sogenannter Verordnungsgeschichshof fungieren soll, die Gerichte bei Bedenken über die Gesetzmäßigkeit von Verordnungen das Verfahren zu unterbrechen und beim Verfassungsgerichtshof den Antrag auf Aufhebung der betreffenden Verordnung zu stellen haben werden (Artikel 90). Das Hauptstück über Gesetzgebung und Vollziehung der Länder beschränkt sich auf die weiteste Absteckung des Rahmens, innerhalb dessen sich die Landesgesetzgebung und namentlich die Landtsverfassungen zu halten haben werden.

2 991 der Beilagen. — Konstituierende Nationalversammlung. 6 Das Verfahren der Landesgesetzgebung wird auf Grund der auf diesem Gebiete reichlich gewonnenen Erfahrungen in einer Weise reformiert, daß die Mitwirkung des Bundes, die übrigens prinzipiell über die Art und das Maß der Mitwirkung der Länder an der Bundesgesetzgebung nicht hinausgeht, entsprechend zur Geltung kommt. Auch die Vollziehung der Länder muß das Bundes=Verfassungsgesetz in ihrem Grundrisse vorzeichnen, da die Landesorgane im übertragenen Wirkungsbereiche die allgemeine Bundesverwaltung in den Ländern besorgen werden. Diese Vollmacht zur sogenannten mittelbaren Bundesverwaltung setzt selbstverständlich eine Verantwortlichkeit des Trägers der Landesverwaltung — des Landeshauptmannes gegenüber der Bundesregierung voraus, an der es bisher gemangelt hat (Artikel 143). Der Bundeshauptstadt Wien und dem Lande Niederösterreich wird im Entwurfe ein besonderer Abschnitt gewidmet, der beiden Teilen, ohne die Einheit des Landes grundsätzlich aufzuheben, eine weitgehende Selbständigkeit einräumt. Der Abschnitt über die Gemeinden bahnt die Lösung des schwebenden Gemeindeproblems in der Richtung eines Ausbaues der Selbstverwaltung an. Das Hauptstück über die Rechnungskontrolle des Bundes fügt die bewährten bestehenden Einrichtungen in die neue staatliche Organisation ein. Das sechste Hauptstück schafft im Verwaltungsgerichtshof und Verfassungsberichthof zwei Grundpfeiler der künftigen staatlichen Organisation, die mit besonderer Absicht unter dem Titel der Garantien der Verfassung und Verwaltung in den Verfassungsentwurf aufgenommen sind. Die grundsätzliche Bedeutung dieser Gerichtshöfe für einen Bundesstaat im allgemeinen wie im besondern für die bundesstaatliche Organisation unseres Staatswesens kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Verfassungs= und Verwaltungsgerichtshof sind gewissermaßen als die Klammern gedacht, welche die dualistische Konstruktion von Bund und Ländern zu einer höheren Einheit zusammenfügen und das nur zu leicht beziehungslose und anarchische Nebeneinanderfunktionieren der beiden organisatorischen Apparate zu einem harmonischen Zusammenwirken verbinden. Schon die vom Entwurf vorgesehene Zusammensetzung der beiden Gerichtshöfe, deren Mitglieder teils vom Bunde, teils von den Ländern bestellt werden, läßt sie gewissermaßen als eine dem Bunde und den Ländern gemeinsame und ihnen zugleich übergeordnete Instanz erscheinen. Der Verfassungsgerichtshof soll in Hinkunft nicht nur den Wirkungskreis des ehemaligen Reichsgerichtes inne haben und als Verordnungsgerichtshof fungieren, sondern auch zur Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen berufen sein. Hiebei ist, da die Überprüfung sowohl von der Bundesregierung als auch von den Landesregierungen beantragt werden kann und sich auf Bundesgesetze wie auf Landesgesetze bezieht, wiederum die volle Parität zwischen Bund und Ländern gewahrt. Ferner fungiert der Verfassungsgerichtshof als Wahlgerichstshof und endlich soll er den beträchtlich erweiterten Wirkungskreis des ehemaligen Staatsgerichtshofes übernehmen. In dieser Eigenschaft ist er die Instanz bei der die Verantwortlichkeit des Bundespräsidenten, der Mitglieder der Bundesregierung der Mitglieder der Landesregierungen und insbesondere des Landeshauptmanns in seiner Eigenschaft als Haupt der mittelbaren Bundesverwaltung geltend gemacht wird. Der Vewaltungsgerichtshof wird auch als ein Form eingerichtet, bei dem der zuständige Minister in dem Falle, daß er die Interessen des Bundes durch eine rechtswidrige Entscheidung oder Verfügung einer Landesbehörde für verletzt erachtet, wegen dieser Rechtsverletzung Beschwerde erheben kann. Zu erwähnen wäre im Rahmen der Neuregelung des Verwaltungsgerichtshofes auch die neue juristisch korrekte Formulierung der Nichtzuständigkeit in den Fällen des freien Ermessens (Artikel 130, Absatz 2). Die Schlußbestimmungen enthalten einen Katalog der neben dem Bundesverfassungsgesetz im Range von Verfassungsgesetzen rezipierten bisherigen Gesetze (Artikel 150). Hiebei wird als selbstverständlich angesehen, daß die zahlreichen besonderen Gesetze, die zur Gänze oder vermöge einzelner Bestimmungen den Charakter von Verfassungsgesetzen aufweisen — erwähnt seien der Artikel 3 des Gesetzes über die Staats= und Regierungsform, St. G. Bl. Nr. 5 aus 1918, ferner eine Reihe von Bestimmungen des Wehrgesetzes usw. — als einfache Gesetze weiter in Geltung bleiben, soweit sie zur Bundesverfassung nicht im Widerspruch stehen. Das Bundesverfassungsgesetz wird nicht in seiner Gänze sofort in Kraft treten können. Der sofortigen tatsächlichen Aufteilung der dem Bunde oder den Ländern übertragenen Wirkungskreise stehen insolange große Hindernisse entgegen, als nicht die gesamte Verwaltung des Bundes und der Länder neu organisiert ist. Bei der Kürze der Zeit ließ sich das hiezu nötige Verwaltungsorganisationsgesetz ebensowenig wie die Gesetze über die Verteilung der Steuerquellen und üner die Schulorganisation gleichzeitig mit der Verfassung fertigstellen. Es bleibt daher nichts übrig, als daß der Verfassungsausschuß dem hohen Hause empfiehlt, jene Teile des Bundes=Verfaffungsgesetzes, die das Vorhandensein der eben genannten Gesetze, die sämtlich den Charakter von Verfassungsgesetzen werden 991 der Beilagen. — Konstituierende Nationalversammlung. 7 haben müssen, voraussetzen, einstweilen unter Aufrechthaltung des gegenwärtigen Rechtszustandes zu suspendieren. Das Nähere hierüber wird das Gesetz betreffend den Übergang zur bundesstaatlichen Verfassung enthalten. Dem Gesetze sind einige Minderheitsanträge, die bei der Verhandlung im Verfassungsausschusse gestellt wurden, angefügt. In Anbetracht des großen Umfanges des Gesetzes sind ihrer nur wenige. Als der Entwurf den Unterausschuß verließ, war es anders. Damals begleitete ein ganzes System von Minderheitsanträgen den mit stets wechselnden Mehrheiten beschlossenen Gesetzestext. Daß die meisten Minderheitsanträge bereits zurückgezogen werden konnten, ist den Parteienverhandlungen zu verdanken, die inzwischen geführt wurden. Möge es dem hohen Hause gelingen, in den wenigen offenen Fragen so zu entscheiden, daß der Verabschiedung des Bundesverfassungsgesetzes kein neues Hindernis erwächst. Der Verfassungsausschuß stellt den Antrag: „Die Nationalversammlung möge den angeschlossenen Entwurf eines Gesetzes, womit die Republik Österreich als Bundesstaat eingerichtet wird (Bundesverfassungsgesetz) zum Beschlusse erheben. Wien, 26. September 1920. Bauer, Obmann. Heipel, Berichterstatter. 991 der Beilagen. — Konstituierende Nationalversammlung. 9 Minderheitsanträge. Minderheitsanträge der Abgeordneten Dr. Robert Danneberg und Genossen. Nach dem Artickel 3 ist folgender Artikel neu einzuschalten: „(1) Wenn Gemeinden, deren Einwohner die Mehrheit in einem zusammenhängenden Landesgebiete bilden, es verlangen, hat in diesem Gebiete eine Volksabstimmung darüber stattzufinden, ob dieses Gebiet einem anderen angrenzenden Lande angegliedert werden oder ein neues Land bilden soll. (2) Entscheidet die Volksabstimmung mit absoluter Mehrheit der gültig abgegebenen Stimmen für die Angliederung an das andere Land, dann erfolgt die Gebietsänderung durch einfaches Gesetz dieses Landes (3) Entscheidet die Volksabstimmung für die Bildung eines neuen Landes, dann ist, wenn das Gebiet wenigstens 140.000 Einwohner zählt, durch den Bundespräsidenten nach dem Nationalratswahlrecht ein verfassungsgebender Landtag zur Konstituierung des neuen Landes einzuberufen. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz. (4) Über Streitigkeiten, die aus der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung zwischen den Ländern in den im Absatz 1 bis 3 erwähnten Fällen entstehen, entscheidet der Verfassungsgerichtshof. Im Artikel 28, 1. Absatz, soll es heißen: „Die Gesetzgebungsperiode des Nationalrates dauert zwei Jahre usw. Im Artikel 28, 2. Absatz, soll es heißen: „...nach dem Ablaufe des zweiten Jahres...“. Im Artikel 120, Absatz 2, ist folgender Satz zu streichen: „doch kann für die Wahlen in die Vertretungen der Ortsgemeinden das Wahlrecht von der Dauer des Aufenthaltes in der Gemeinde bis zu einem Jahre abhängig gemacht werden. Dr. Robert Danneberg. Schiegl. Adelheid Popp. Minderheitsantrag der Abgeordneten Fink und Genossen. Dem Artikel 3 ist anzufügen: „(4) Innerhalb der ersten zehn Jahre des Bestandes dieser Verfassung kann ein Land durch Volksabstimmung beschließen, sich einem anderen Staatswesen anzuschliebten oder einen selbständigen Staats zu bilden. (6) Entscheidet die Volksabstimmung mit absoluter Mehrheit der gültig abgegebenen Stimmen für die Einverleibung in ein anderes angrenzendes Staatswesen oder für die Bildung eines selbständigen Staates, so ist dieser Entscheid der Bundesversammlung vorzulegen. Verweigert die Bundesversammlung die Zustimmung, so kann das Land die Entscheidung des Völkerbundes anrufen. (6) In gleicher Weise kann das Land an den Völkerbund berufen, wenn sich aus Anlaß der Lösung des Bundesverhältnisses finanzrechtliche Schwierigkeiten ergeben, die nicht durch Einvernehmen des Bundes mit dem ausscheidenden Lande behoben werden können." Fink. Dr. Aigner. Dr. Ramek. 991 der Beilagen. — Konstituierende Nationalversammlung. 10 Minderheitsanträge der Abgeordneten Dr. Ignaz Seipel und Genossen. Artikel 10, Z. 11, hat zu lauten: „Arbeiterrecht sowie Arbeiter= und Angestelltenschutz, soweit es sich nicht um land= und forstwirtschaftliche Arbeiter und Angestellte handelt; Sozial= und Vertragsversicherungswesen; Artikel 1, Absatz 1, Z. 2, hat zu lauten: „Berufliche Vertretungen, soweit sie nicht unter Artikel 12 fallen, jedoch mit Ausnahme jener auf land= und forstwirtschaftlichem Gebiete; In Artikel 12, Absatz 1, ist nach Z. 4 unter eigener Zahl einzufügen: „Arbeiterrecht sowie Arbeiter- und Angestelltenschutz, soweit es sich um land= und forstwirtschaftliche Arbeiter und Angestellte handelt; Artikel 12, Absatz 1, Z. 8 ist zu streichen. Artikel 18 ist zu streichen. Seipel. Kunschak. Fink. Minderheitsanträge der Abgeordneten Heinrich Classin und Genossen. zu streichen. In Artikel 20 ist „die Staatssekretäre Die Absätze 2 und 3 des Artikels 79 sind zu streichen. Clessin. Dr. Schönbauer, Dr. Waber. Österreichische Staatsdruckerei. 563120