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Länderkonferenz
Zwischen 15. und 17. Februar 1920
Sitzungsprotokoll (Druck )
AdR, Büro Seitz, Karton 10
Das Original befindet sich im Eigentum des Österreichischen Staatsarchivs unter der ÖStA-Signatur „AdR, Büro Seitz, Karton 10“. Die Verwendung des Digitalisats durch Dritte bedarf einer schriftlichen Bewilligung des ÖStA entsprechend der geltenden Benutzungsordnung.
Stenographische Verhandlungsschrift über die Länderkonferenz in Salzburg am 15., 16. und 17. Februar 1920. Verlag der Landesregierung in Salzburg. Zaunrith'sche Buchdruckerei in Salzburg. Entwurf einer Geschäftsordnung für die Länderkonferenz in Salzburg.
I. Es wird ein Vorsitzender gewählt und für die Fälle feiner Verhinderung ein Stellpertreter. II. Für die Verhandlungen gelten die in unseren gefekgebenden Könperfchaften üblichen Grundfäßze. Wenn Antrag auf Schluß der Rednerliste geftellt und angenommen wird. fo kommen noch die vorgemerkten Redner zum Worte. Wenn Antrag auf Schlufz der Debatte geftellt und angenommen wird. fo wird Jofort zur Abstimmung über den Verhandlungsgegenstand geschritten. Ueber Unträge auf Schluß der Rednerhifte oder der Debatte wird nach Köpfen abgestimmt. III. Die meritorischen Abstimmungen werden. derart vorgenommen, daß für jedes Land jede Partei eine Stimme abgibt. IV. Un der Länderkonferenz können nur die von den Ländern Delegierten Feilnehmen. V. Der Vorsitzende beftellt einen parsitätischen Pressedienft. VI. Uls Verhandlungsgrundlage dient der Vorentwurf einer Bundesstaatsverfaijung des Staatsfekretärs Dr. Mayr. Es werden der Reihe nach folgende Partien des Entwurffes zur Vessprechung gebracht:
Artihel: 1. 1 - 9 allgemeine Bestimmungen. 2. 14 - 24 der Bundestag 3. 25 - 28 der Bundesrat. 4. 29 - 30, Absatz 1, Artikel 32-41, Weg. der Bundesgefeßgebung. 5. 30 Absatz 2, Artikel 31. Abänderung. der Verfassung. 6. 43 - 44 Stellung der Mitglieder. 7. 45 - 47 Stellung der Regierung. 8. 48 - 54 der Bundespräfident. 9. 55 - 64 die Bundesregierung. 10. 65 - 68 das Bundesheer. 11. 69— 81 die Berichtsbarkeit. 12. 82— 96 Gefekgebung der Länder. 13. 97—106 Rechnungskontrolle. 14. 107—108 Gleichheit der Bürger. 15. 109 114 Freizügigkeit, Gausrecht, Briefgeheimnis. 16. 115117. Prekfreiheit. Vereins- und Versammlungsrecht. Blaubens- und Gewiffensfreiheit. 17. 118124. 18. 125—126 Kunft und Wiffenfchaft. 19. 127—129. Schule. 20. 130132. Nationalität und Sprache. 21. 135. Arbeitsrecht. 22. 133 134 Schutz des Gigentums. 23. 136. Aufhebung der Freiheit. 24. 137- 146 Verwaltungsgerichtshof. 25. 147—157. Verfassungsgerichtshof. 26. 10 Gejekgebung und Vollziehung des Bundes. 27. 12 Befekgebung ohne Vollziehung. 28. 12 Rahmengefekgebung. 29. 13 Erläuterungen dazu. 30. Titel und Gingang. 31. form der Gefekwerdung. Teilnehmer an der Länderkonferenz.
Staatsregierung: Staatsfekretär Dr. Michael Mayr, Ministerialfekretär Dr. Mannlicher. Burgenland: Dr. Beer, Meidlinger. Kärnten: Nationalrat Gröager. Landtagsabgeordneter Dr. Pflanzl, Landesrat Schumn. Landtagsabgeordneter Walcher, Landesamtsdirektor Oskar Lobmenr. Nießerösterreich: Landechguntmann Albert Geper, Landeshauptmannftellvertreter. Johann Mayr, Landeshauptmannftellvertreter. Teop. Steiner, Landeshauptmannftellvertreter Paurenz Widholz. Landesrat Rubolf Müller. Landesrat Bölzer. Landesrat, Tojef Zwekbacher, Landesamtsdirektorftellvertreter Dr. Alois Kastner, Landesamtsrat Dr. Tosef Ganauska, Bezirkskommifsär Dr. Otto Shrbenskn. Oberötterreich: Landeshauptmannftellvertreter Dr. J. Schlegel, Landeshauptmannftellvertreter Tofef Gruber,
Landesrat Dr. Tofef Schwinner, Landtagsabgeordneter Bichl, Nationalrat, Toflef Hafner, Landesamtsdirektor Germann Uttems. Salzburg: Landeshauptmann Ing. Oskar Mener, Landeshauptmannftellvertreter Robert Breußler. Landeshauptmannfbellvertreter Dr. Franz Rehrl. Landesrat Unton Chriftoph, Landesrat Johann Lachner. Condesamtsdirektor Karl Giller-Schönaich, Landesregierungsrat Dr. FFranz Wallentin, Bezirkskommissär Rudolf Laveran-Stiebar. Steiermark: Landeshauptmann Dr. Anton Rintelen, Landeshauptmannftellvertreter Dr. Jakob Uhrer. Candesrat Klufemann. Landesrat, Johann Reiel, Landesrat Taufchmann. Landtagsabaeordnetter Reinhold Machold. Landesamtsdirektor Heinrich Manrhofer. Tirol: Landeshauptmannftellvertreter Dr. ffranz Schumacher. Landeshauptmannftellvertreter Dr. ffranz (Bruener. Landeshauptmannftellvertreter Dr. FFriedricht Schmidt. Landesrat Dr. Richard Steidle, Nationalrat Simon Abram. Senatspräsident Dr. Stefan Ffalfer, Landesamtsdirektor Dr. Georg Vochels. Vorarlberg: Landeshauptmann Dr. Otto Gnder, Landeshauptmannftellvertreter Preiß,
Landtagsabgeordneter Dr. Jofef Mittelberger, Landesamtsdirektor Dr. Jojef Walderdorff. Wien: Vizebürgermeister Geora Emmerling, Stadtrat Rudolf Gharet. Stadtrat Dr. Robert Danneberg, Stadtrat Baul Speifer, Stadtrat Dr. Viktor Kienböch, Bemeinderat Leopold Kunichak, Magistratsdirektor Dr. Karl Gartl. 1. Sitzung am 15. Fe br u ar 1920.
(Beginn der Sitzung um 3 Uhr 15 Minuten.) Landeshauptmann Mener: Meine jehr geehrten Herren! Die politischen Greignifse der Novembertage 1918 haben mit dem Zerfall des alten Defterreichs eine Reihe staatsrechtlicher Probleme aufgerollt, deren Ziele zunächft nur in Umrissen gekennzeichnet gewefen find, die aber immer feftere Fformen angenommen haben und jekt. wo wir vor der Ratifizierung des Ffriedensvertrages stehen und daran gehen müssen, dem neuen Desterreich eine lebensfähige fform zu geben, gebieterisch eine Löfung erfordern. Ich darf die sehr geehrten Herren daranerinnern, daß gleich nach dem Zufammenbruche der Monarchie die deutichen Teile des alten Deiterreich der groken Mehrheit nach Erklärungen abgegeben haben, laut deren fie kraft des Selbftbestimmungsrechtes ihrer Bevölherung sich freiwillig zu gleichberechtigten Gliedern des damaligen Staates Deutschöfterreich zusammengeschloffen haben. Mag über die rechtliche Bedeutung dieser Erklärungen die Auffassung verschieden fein, so viel ift sicher, dak mit ihnen der Wille zum Ausdruche gekommen ift. dem künftigen Staate eine Forme zu geben, die bei voller Wahrung der gemeinsamen, insbesondere gefamtstaatlichen Interefen der freien Entfaltung fehiner Glieder unterAnerkennung ihrer Selbständigkeit keine Schranken auferleat. Geither ift der Gedanke des föderativen Umbaues unferes Staatswefens nicht mehr zur Ruhe gekommen, er hat allmählich die breiteften Schichten der Bevölkerung durchdrungen, ift zu ihrem Gemeingut geworden und bildet heute den bedeutendften
Programmpunkt unferer allernächften Zukunft. Dem Zuge der Zeit folgend. haben auch die in der Nationalverfammlung vertretenen grozen politischen Parteien und die Landesvertretungen sich mit der Realisierung des Föderalifierungsproblems in Studien. Refolutionen. Anträgen und Entwürfen befaßt und find zu dem Ergebniffe gekommen, daß die fform des Bundesftaates den heutigen Verhältniffen und Bedürfnissen in Oefterreich am angemeifensten wäre. Auch die Staatsregierung hat mit dieser Entwicklung gleichen Schritt gehalten. Sie hat die Bundesftaatsidee aufgegriffen und durch den Mund des Staatskanzlers Dr. Renner bei der leßten Länderkonferenz ein Programm bekannt gegeben, wie nach ihrer Auffafjung die Schaffung der Verfassung am zweckmäßigsten vorzubereiten und durchzuführen wäre. Die von Dr. Renner hiebei entwickelten Richtlinien find den geehrten Herren bekannt, ich kann mich daber hier auf ihre allgemeine Erwähnung beschränken. Damit bin ich bei dem Zwecke der heutigen Tagung angelangt. Der Herr Staatsfekretär Dr. Mayr hat bei feiner kürzlichen Bereifung der Länder bereits Gelegenheit genommen, einen Verfafsungsentwurf der Staatsregierung onzukündigen, und hat, einem allgemeinen Wünsche der Länder entsprechend. Ginfluß genommen, daß der Entwurf der heutigen Tagung vorgelegt werde. Ich glaube annehmen zu können, daß sämtliche Länder unmittelbar mit dem Entwürfe beteilt worden find. Ueber den Inhalt des Gntwurfes kann ich, um nicht den Veratungen der Konferenz vorzugreifen, mir eine Kritik oder auch nur eine 2 kurze Darftellung verfagen: fo viel darf ich aber bereits jekt bemerken, daß der Entwurf sich nur als eine erfte Redaktion diarftellt. Grift abänderungsfähig und foll erft durch die Mitarbeit und das Zufammenarbeiten der Länder zu einem wohnlichen Bau ausgeftaltet werden. In dieser Richtung durch gemeinjame Beratungen das Veftmögliche zu schaffen, ift die vornehmfte Aufgabe unferer gegenwärtigen Tagung. Wird sie dieser Aufgabe gerecht, dann wird sie ein Markstein in der Entwicklung unserer Verfafsung bilden und auf den Inhalt unjerer politischen Zukunft richtunggebenden Einflußz nehmen. Meine sehr geehrten Herren! Großz find die Aufgaben, die sie in den nächften Tagen zu bewältigen haben, verantwortungsvolle Beschlüffe werden von Ihnen zu faffen fein; es gilt zum Seile und ffrommen unferes Staatswefens und feiner Bevölkerung, die nach Wiederkehr geordneter Verhältnifse und innerem Ffrieden fehnlichftes Verlangen trägt, das Hösisle zu leisten. Daß dieses Ziel erreicht werde, ift mein inniafter Wunsch, den ich als Landeshauptmann von Salzburg der Tagung zum Geleite gebe. As Gausherrn obliegt mir noch die überaus angenehme Pflicht, für die freundliche Wayl der Stadt Salzburg als Verfammlungsortes der Konferenz ganz besonders zu danken. Mögen Ihnen die Stunden, die Sie in unferer Mitte weilen, beweifen, daß wir die Ehre zu schätzen wissen, die der Stadt Salzburg durch die Abhaltung der Konferenz in ihren Mauern zuteil wurde. Mit meinem weiteren Danke an den Herrn Staatsfekretär Dr. Manr und die Herren Vertreter der Länder und der Stadt Wien für ihr Grsscheinen, das bei den heutigen Verkehrsverhältnissen sicherlich nicht zu den Lebensgenüfen zu zählen ift, erlaube ich mir nun die Verhandlungen der Tagung einzuleiten. Gs wird vor allem notwendig fein, die Wahl eines Präfidiums beziehungsweise eines Vorsitzenden vorzunehmen, und zu diesem Behüje erlaube ich mir, die Sitzung auf einige Zeit zu unterbrechen. Delegierter Refell Sehr verehrte Herren! Wir Vertreter der fozialdemokratischen Par-
tei auf diefer Konferenz find der Anficht, daf keine Zufammenkunft von Volksvertretern in der Republik Defterreich vorübergehen darf. ohne daß ausgesprochen wird, dieser Staat, den der Ffriedensvertrag von St. Germain geschaffen hat, ift ein lebensunfähiges Gebilde. Gr ift lebens- und entwicklungsunfähig nur als Teil eines großen Wirtschaftsgebietes. Das deutschöfterreichische Volk, das sich national und kulturell eins fühlt mit dem ganzen deutschen Voilke, wird daher nie aufhören, den Anffch luf an das De u tfche Reich zu erftreben. Unfere ganze Politik muß darum so eingerichtet fein, daß nicht von uns felbft einem künftigen Unfchluß Sindernifse bereitet werden. Sonderbefftrebungen, die nach den Betimmungen des Friedensvertrages, der ung bindet, ohnedies ausfichtslos find, schädigen das gefamte Intereffe. Von diesen Gesichtspunkten aus betrachten wir auch die Geftaltung der Verfaffung unserer Republik. Landeshauptmann Mener: Wünscht einer der Herren hiezu das Wort2 Gs ift nicht der Fall. Dann schreiten wir zur Wahl des Präfidiums, und wäre zu diesem Behufe die Sitzung auf kurze Zeit zu unterbrechen. (Nach Wiedereröffnung der Sitzung.) Die Sitzung ift wieder eröffnet. Das Wort hat der Herr Landeshauptmannstellvertreter Dr. RehrlI Delegierter Dr. Rehrl: Ich beantrage, daß die Wahl des Vorfitzenden durch Ukklamation erfolge. Landeshauptmann Meyer: Gs ift beantragt, die Wahl des Vorfitzenden per Ukklamation vorzunehmen. Ich erfuche jene Herren, welche damit einverstanden find, die Hand zu erheben. Angenommen. Delegierter Dr. Rehrl: Ich beantrage für die chriftlichfoziale Partei als Vorfitzenden den Herrn Landeshauptmann von Steiermark Dr. Rintelen. Delegierter Breukler: Ich beantrage zunächft dak drei Vorsitzende bestimmt werden, mit gleichen Rechten. Namens der fozialdemokratischen Partei erlaube ich mir vorzufchlagen den Herrn Landeshaupfmann Severvon Niederöfterreich. Delegierter Dr. Pflanzl: Ich beantrage namens der deutschfreiheitlichen Partei. als Vertreter in das Präfidium den Herrn Landesrat Nottar Chriftoph. Landeshauptmann Mener: Von Seite der chriftlichfozialen Partei ift der Herr Landeshauptmann von Steiermark Dr. Rintelen als Vorsitzender vorgeschlagen. Ich erfuche jene Herren, welche mit diesem Antrage einverstanden find. Die Hand zu erheben. Angenommen. Delegierter Dr. Schumacher: Ich glaube, es dürfte hier ein Mikverständnis vorliegen. Nach dem Vorschlalge. der unterbreitet worden ist. würde es sich darum handeln, einen Vorsikenden und zwei Stellvertreter zu wählen. Ich kann nur fagen, was ich felbft weiß. Ich will der Wahl nicht vorgreifen. Nun wird von einer anderen Seite von Herrn Landeshauptmannftellvertreter Breukler vorgefchlagen, drei Vorfitzende mit gleichen Rechten zu wählen. Darüber ift ein Ginverständnis bisher nicht erzielt worden. Gs würde vielleicht am beften zum Ziele führen, die Situng noch einmal zu unterbrechen und über diefen Bunkt klar zu werden. Landeshauptmann Mener: Ich unterbreche also nochmalls die Sitzung. (Nach Wiedereröfffnung der Sikung.) Es find drei Vorfikende vorgefchlagen worden. und zwar der Herr Landeshauptmann Dr. Rintelen, der Herr Landeshauptmann Gever- und der Herr Landesrat Chriftobf. Gegen die Personen ift kein Widerspruch erfolgt. Ich bitte den Herrn Landeshauptmann Dr. Rintelen den Vorfik zu übernehmen. (Dr. Rintelen übernimmt den Vorfiß.)
3 Delegierter Breukler: Es sind zunächst einige Kleinigkeiten zu bereinigen. Gs foll zunächft nach der Vereinbarung zwischen den Parteien der Antrag erfolgen, daß die Präidenten, die mit gleichen Rechten gewählt find. im Präfidium abhwechfeln, und zwar in einer gewissen Reihenfolge. Dann wäre noch eine zweite Ffrage zu bereinigen, die mir als Kleinigkeit erfcheint. Wir haben ffeinerzeit im Präfidium davon gesprochen, dak die Herren des Salzburger Landtages sich hier auf den Dänken während der Konferenz niederlaffen und zuhören können. Gs ift das jetzt der Konferenz überlaffen worden. Ich bitte den Herrn Präfidenten zu verfügen, daß die Herren Landtagsabgeordneten fich hier auf den Dänken niederlaffen können. felbftverständlich ohne jede Beteiligung als Baleriebefucher. Zweitens find hier zwei Erperten befstimmt worden. und zwar ift der eine Ernerte der Herr Nationalrat Abram von Tirol. Von dem Gefichtspunkte aus. daß die Tiroler Landesregierung einige Erperten beftimmt hat, welche einfeitig nur einer Partei angehören und weiters das Land Oberöfterreich als Erperten den Herrn Nationalrat Hafner bestimmt hat und nachdem einige andere Erperten hier find. fo möchte ich bitten, unbefchadet des gegenteiligen Standpunktes von Niederöfterreich doch zu verfügen, daß die zwei Erperten noch zugelaffen werden. Selbftverständlich nicht mit dem Rechte der Abstimmung. fonder nur mit dem Rechte der Mitberatung. Landeshauntmann Dr. Rimtelen: Dieser Punkt gehört zur Geschäftsordnung und ich werde ihn daher zufammen mit der Geschäftsordnung zur Abstimmung bringen. Ich bitte, der erfte Untrag lautet dahin, daß die drei Vorsitzenden abwechfeln. Der aweite Antrag lautet, daß jechs oder acht Herren teifnehmen und als Gäfte zuhören können, und der dr’Ite Antrag lautet auf Beiziehung einzelner Erperten. Ich denke, daß wir zuerft im allgemeinen die Gefchäftsordnung behandeln, abgefehen von dem Untrag des Gehrn Antragftellers. auker wenn sonft noch iemand zur Geschäfteerdnung das Wort iwünfcht. Delegierter Dr. Gruener: Meine Herren! Zur Geschäfteordnung habe ich allerdings einiges 4 vorzubringen. Wir haben uns hier in Salzburg verfammelt. um an einer großen Ffragemitzuberaten. Ich mußz aber formell schon einwenden, daßz die Art der Zufammenfetzung eine ganz willkürliche ift und daß es eigentlich keine Abftimmung geben kann. So ift die Zuammenfekung weder nach der Gröhe des Landes oder der Einwohnerzahl noch nach irgend welchem Prinzip vor sich gegangen. Ginzelne Länder haben ihre Vertreter durch den Landeshauptmann beftimmen laffen, andere heben das durch den Landesrat oder durch ein Kollegium der Landesregierung beforgt, und wie mir mitgeteit wird. haben zwei Länder ihre Delegierten durch dien Landtag bestimmen laffen. Gs ift aber auch gar keine Vereinbarung getroffen worden und ich muß hier schon eingangs erwähnen, daß diefe ganzen Verhandlungen jehr wenig vorbereitet erfcheinen. Wenn überhaupt etwas vorliegt, jo ift es etwas ganz Einfeitiges. Es wäre richtiger gewefen, und zu einer raschen Durchfführung, wenn einem überhaupt daran gelegen ift, notwendig gewefen. wenn frühler von allen Varteien ein kleines Kollegium zufammengetreten. wäre und gemeinfamte Brundfäke ausgearbeitet hätte zur Gefchäftsordnung, wozu insbefondere die Urt der Zufammenfetzung dieser Beratungsftelle gehört. Das wäre richtiger gewefen und wir hätten keine solchen Schwierigkeiten. Wenn wir gleich bei der Wahl der Borfikenden schon unterbrechen und erft wählen. müssen. so ift das etwas, was wir in Tirol bisher fehr jelten gehabt haben. Ich muß nun darauf aufmerkfan machen, daß gerude bezüglich der Delegierten von Tirol ein Mißgriff scheinbar vorliegt. Ich habe der lekten Landesregierungsfitung nicht angehören können, weil ich von Innsbruch abwefend war. Gs wird mir abier von einer fehr kompetenten Versönlichkeit mitgeteilt, daß an den Landesrat oder an die Landesregierung Salzburg von Seiten Tirols eine Zuschrift erflofsen wäre, in welchier Landeshauptmann Schraffl als Mitglied diefer Delegation den Kollegen des Herrn Gendtapträsidenten Landeshauptmannstellvertreters Dr. Schumacher, den Herrn Landesrat Dr. Stridle. den Herrn Landeshauptmannstellvertreter Dr. Schmid und meine Wenigkeit beftimmt hätte. Mit dieser Bestimmung
wäre eine Vereinbarung in Tirol bereits gebrochen worden, denn wir haben uns in Tirol dahin geeinigt, daß jede Partei nur einen Vertreter fendet. Nach der Mitteilung, die mir gemacht worden ift. ift das btzreits durchbrochen worden, da eine Partei in Tirol zwei Vertreter und außerdem noch einen Erperten gefendet hat. Undere Länder haben nicht einen Vertreter einer Vartei, sondern mehrere gefchickt. Das ift schon eine Zufammenffekung, wo jedes Grundprinzip fehlt. Wie wird sich da die Übstimmung ergeben? Wie ich in den Zeitungen lefe, find von der chriftlichjozialen Partei 17 Vertreter, von einer anderen 15 hier. Es hätte sich ein ganz anderes Stimmenverhäftnis ergeben können, wenn eine Partei entweder auf eigene Koften oder auf Koften des Landes mehr Bertreter gefchickt hätte. Der einzige Grundfatz der bisherigen Verhandlung ficheint die Grundjaklofigkeit zu fein. Uns aus Tirol trifft das jehr schwer. weil wir in der Landesregierung zwei Herren nominiert haben und wie ich höre, die andere Vertei zwei Vertreter und einen Erperten beftimmte, während uns nur ein Vertreter zugebilliat wurde. Ich ftelle daher die Bitte, daß diese Verfammlung, die über so wichtige grundlegende ffragen beraten foll. die das ganze Reich betreffen, darüber beschließe, daß der Vertreter unferer Partei, Abram. hier als Mitglied eingeladen wird. Sollte das unmöglich fein. obwohl ich glaube, daß diese Versammlung auch über eine solche kleinte Ffrage eine gewiffe Souveränität hat. jo würe ich beantragen, daß, und das ift ein zweiter Antrag, der Nationalrat Abram als Erperte über den erften Abfchnitt des Entwurfes des Herrn Staatsfekretärs Dr. Mayr hier einzuladen wäre. Delegierter Dr. Schumacher: Ich möchte aufklärend bemerken, daß in der Regierungssitzung, soweit ich gegenwärtig war. als Bertreter des Landes Tirol. nur je ein Vertreter jeder Partei nominiert worden ift, und zwar hat es sich gehandelt um meine beiden Herren Nachbarn zur Linken und meine Wenigkeit. Daneben wurdie noch als Erperte der Herr Senatspräfident ffalfer nominiert. Daß in der zuschrift nach Salzburg als Vertreter der chriftlichfozialen Partei neben meiner Wenigkeit auch Herr Dr. Steidle angeführt wurde. ift mir unbekannt. Ich habe die betreffende Note felbft verfaßt und weiß davon nichts. Wohl aber weiß ich, daß Herr Dr. Steible das Dehret des Landeshauptmannes in der Tafche hat, in dem er nicht als stimmberechtiger Vertreter des Landes fungiert, sondern nur als Erperte. Ich stehe auf dem Standpunkte, und auf dem ift auch unfere Landesregierung gestanden, daß die Zulafsung und Nominierung von Erperten zu der hiesigen Verfammlung der Landesregierung zusteht. Eine Landesredierung ift hier nicht vorhanden, infolgedeffen würde diese Ffrage dem Landeshauptmenn in Tirol vorzulegen fein. Wir allein können das nicht machen. Was die Frage anbelangt, die von Herrn Dr. Gruener aufgeworfen ift. daß Sie verfchiedenartige Vertretung der verschiedenen Länder Schwierigkeiten bei der Abstimmung hervorrufen werde, so sind wir in Tirol bei den vorbereitenden Schritten zu dieser Versammlung auf dem Standpunkt geftanden, daß man die Ländernicht beschränken foll in der Urt wie sie sich vertreten laffen wollen. Um aber eine Einheitlichkeit in der Abstimmung zu erzielen, kann hiereinfach nach den Parteien abgestimmt werden. in der Weife, daß jede Partei jedes Landes eine Stimme hat. Dann ift es gleichgültig, ob eine Partei durch drei Vertreter oder durch einen Herrn vertreten ift. Gie hat immer nur eine Stimme. So (war unfer Vorschlag. Ich würe glauben, daß wenigftens nach dem Standpunkt der Tiroler Regierung die Fregeder Zulaffung von Erperten nicht diese hohe Versammlung, sondern die Landesregierung selbft zu entscheiden hätte. Delegierter Dr. Rehrl: Ich möchte nur aufflärend bemerfen, daß ich die Eifte der Herren, welche Tirol entfensiet hat, vorlegen wirde. Ginftweilen könnte diese Frage aus dem Disfussion ausgeschieden werden. Delegierter Tr. Gruener: Damit bin ich nicht einverstanden. Man kann solche Henen nickst warten lassen wir einen Domestiken; selbstverständlich muß die Debatte weitenhgeführt wirden. Delegierter Dr. Dannebera- Vielleicht läßt sich eher über den Antrag des Herrn Landdes-
5 haurlmann-Stellvertreters Gruener ein Bild gewinnen, wenn die Präfemzliste sellbst festgestellt wirdd. Wenn sie schhriftlich nicht vorliegt, kaum dis mündlich geschehen und wären nicht nur die Delegiemten der Delegationen des Candes, sondern auch die Erperten, die jedes Land wistaebracht hat, festzustollen. Dann bringen wir viefleicht ein, flares Bild zufthanddie, wie wir uns zu dem Antrag Dr. Grueners verhalten sollen. Vorsitzender Dr. Rintelen: Ich stehe auf dem Standpfunkte, daß die Länder die Erverten FWüst bestimmen. Die Frage, oss Erverten beizuzienen sind, läßzt sich nach nichtt voll entscheiden, infolgedessen kommt der funiher gestellte Antrag zur Diskussion. Eine Präfenzliste liegt mir vor; es würße aber die Sache zu sehr verzögern, wenn mam sie vorliest, weil sie zu lang ist. Delegierter Dr. Danneberg: Wenm der Herm Vorsitzende die Verlesung der Präsenzliste verweivent, um die ich gebeten habe, dann mink ich den Antwag stellen auf Verlesung der Präfenzliste. Gs ffhudelt sich nicht nun, wegen der Frage betreffs der einzelnen Erverten, die für die Beurteilung ses vorliegenden Antrages wichtig ist, sondern auch am anderer Dinge. WW häbenn in den Zeitungen gelesen, daß auch Verkreiten des Burgenlandes nach Salzburg kommen: ich möcktte docht wissen, wer diese Vertreter des Burgenlandes nominiext flat und wie sich diese Dinge näher verhalten. Vielleicht sind die Helnren gar nicht hier, das weiß ich nicht. Wemnn die Präsenzliste verlesen worden wäre, würde das schon feslgestellt worden sein. Ich muß daher den Antiag auf Verlessung der Präsenzliste stellen. Vorsitzender Dr. Rintelen: Bevor ich den Antrag auf Verlesung der Präfenzliste zur Abstimurung bringe, bringe ich Een Antwg zur Abstimmung, o6 Erperten beilgezogen worden sollen. Gs wurde der Antrag geftefft, solche zuzulassen. Delegierrer Speiser: Diese Sachte scheint mir doch nicht gut möglich. Dieser Antwag, ob. Erperten beigezogen werden sollen, können wir ciyt dann enltscheiden, wenn wir sichergestellt haben, daß Erperten hier sind. Für diese Entscheidung sckheint mir die Verlesung der Brä- 6 fenzlifte als notwenddige Voraussetzung. Ich ftelle daher den Antrag, dehr Herr Vorsitzende möge zunächst über den Antrag auf Verlesung der Präfenzliste abstimmen lassem und dann erft die anderen Anträge vornehmen. Vorsitender Dr. Rintelen: Ich brinnge zur Abstimmung. ob die Erverten überhalumt beizuziehen sind. Weil sie nichtt beigezogem wonldien sind. halbe ichl sie auch nicht zu veilesen. Iich muß zuerst wissen, wir als Erverte beigezogen werdem kann. Ich bringe den Antrag zur Abstimmung, ob Erperliem beigezogen werden follen. (Ruse: Präfenzliste verlesen1) (Der Vonssitzende Dr. Rintellem verliest die Präfenzliste.) Auf dieser Tiste stehen Beiräte, die nicht gensannt sind. Delegierter Runschak: Ich habe mir vom vornherein gedacht, daß das Vorlesem kinen Zweck hat: sdtemn wie foll sich iemland, wenn die Eue puch lanasam gelesen wirdd, die Namren. merken. Ich wünde bitten, daß die Präsenallister vervielffältigt wind und icher Herr damit beteilt wind. Delegierter Dr. Beer: Ich möchtte zuum Klanstellunga der Situation den Herren folgendes eröfinen: Ich habe sofort bemängelt, daß wir beide als Bertreter zur Salzburger Konferenz gemannt worden find. Gs ift eine volle Berkennung der Verhältnisse, wenn die Herren glauben, daß ich mir die Vertretung des Vurgenlandes angemaßt hätt. Ich bin mir als Rurist vollkommen verwußzt, daß ich kein Mamdat habe und auch vom Burgenlauts kein Mandlat befommen habe. Wir haben insoweit einem Rückhalt, als wir in Wien einen Verein halben zur Erhaftunga des Deutschtums für Ungarn, unss dieser Ortsarupne in Wien gehönen deutsche Landsfeute aus Ungarn in der Zahl von 300 Mitgliedern an. Vom Ausschusse sind Herr Meidlinger und meinie Wenigkeit als Erperten, als Sachverständige zur Veratung in Sallzburg mominiert worddien. Wir haben auch sofont in den Zeitundgen eine Richtigstellung dieser Notiz publizieren laffen, in jener Richssung, aß wir, Herr Meidlingen und ich. Gewicht darlauf legen, daß wir in Salzburg nicht als Delegiertenver-
treter des Bandes teilnehmen werden, sonderm nur als Sachverständige Wenn, ldie Seuren irgend eine Einwendung haben gegen unfere Mitarbeit hier, so übeelassen wir es ganz der Entscheidung der Herren, wenn Sie uns ablefwen follten. Und wenn Sie erklären, daß es überflüssig ist, daß wir hier bleiben, so haben wir gar nichts dagegen einzuwenden. Wir werdem bie Konsequenzen ziehen. Sie dürfen nicht glauben, daaß wir uns aufsrängen wollen. Delegierter Dr. Danneberg: Ich möchlile nur eftstelslen, wir wollen feinerlei Einwenssung erhelben, daß die Herrem als Erwerlen, als Gäfte aus Westungarn an der Konjerenz teilweshmen. Wir vernvahren uns nur dagegen, und Hern Dr. Beer hat es selbst erklärt, daß sie einen Anpruch nicht erhreiben, daß die Herren etwa ois Delegterte Weftungarns auf hiesser Konfferenz erscheinen. Vorsitzender Dr. Rintelen: Ich bringe den Untrata zur Abstimnnung, daß Erperten beizuziehen sindd. Wer mit dem Antrag einvenstandenn ift. wolle die Sand erheben. (Nach dee Auszählung:) 6s find 22 Stimmen unser 38. infolgedeysen ist der Antrag angenommen. Unß nun kommt der Antrag, der vom Herrn Antagsteller Preußler gestellt wurde. Briziehung der Nationalräte Abnam und Safner. Ich werde diesen Antrag erweitern. Nachdem die Frage, ob Erverten beizuziehen sind, angenommen worßsen ist, ist der Antnag zu erledigen, wer diese Erventen zu bestimmen hat. Die find bis jetztt von der Lanbesregierung bestimmt worden. Ich bitte dies16szüglich um Anträge, wer die Erperten zu bestimmrem hat. Delegierter Dr. Gruener: Herr Abgeordneter Kumscklak hat vorhin ganz richtig bemerkt, daß durch die bloße Verlesung der Präfenzliste faum ein richtiges Bildl entstehen kann. Das Bills bleibt noch unrichtig, weil in dem Behrlejung bereits Herren angeführt sind. Sie eben srperten find. Gs kommt in der Eiste Hehrr Dr. Steidle vor, der bereits Erperte ist Das ist alles durcheinander, dahen wird das bisherige Abstimmungsergelbnis auch unrichtig ein. Wir sind gewiß ddafür, daß Erpenitelm heigezogen werden können, die Sache muß reiflich 7
überlegt, besprochen werden; daher bin ich auch milt der Person dies Band-zrates Dr. Steidleeinvenstanden. Wir verlangen aber, daß auch von uns Erverten beigezogen werden können. Bezüglich Tirols hansselt es sich um die Umt gehung eines Beschlusses, eines Bruches dieser Vereinbarunig. Gs wird die Frage aufgeworssen, wer kann diese Erpertem bestimmen? Und e8. ist bemeits gesagt worden, das muß das betreffende Band selbständdia machen. Das halte ich für unrichtig; es muß dieser Körperschaft wohl das Reckit zustehen, daß sie zu ihren Beratungem diesen oder jenen Herrn beizieht, wenn über solche wichtige Fragen bematen werden muß. Damm muß sie doch eo ipso auch das kleiwere Richt haben, zu dieser oder jener Frage Stellzung zu nehmen. Ich stelle von unferer Seitte den Antrag, daß Abgeordneter Äbram beigezogen werde. Die Ansicht, hiernüber die Landlessregict rung zu befragen, halte ich für unrichtig. Wenn sie richtig sein sollte, müßte man den Antrag stellen, daß Landeshauptmann Sschtraffl, der die ganze Sache gemacht hat, aufgeffordert werde, sich zu äußerm, und bis dorthin, damit es gerecht zugecht, die Sitzung vertagen. Vorsitzender Dr. Rintelen: Es handelt sich um die prinzipielle Frage, wer die Persam der Erperten bestimmt. Das ist eine prinzipielle FFrage, diie nicht auf einzelne Antmäge gelöst werden kann, sondiern einheitlich entschieden werden muck. Delegierter Kunschak: Meine Herren! Wenn wir noch in der Monauckie, wären, wündhr, ich sagen: „Wir strelten um dies Kaisers Bartl“ Aber ich möchte hier zunächst feststellen, daß der Auzdruck in dem Abstimmung selbst mir unrichtig erscheint, daß wir zu entscheiden haben, ob Erperten beizuziehen sind. Wir halben, dias ist mein grundsätzlicher Standpunkt, nichts heizuziehen. Wir hätten zu entscheilen, ob Erperten zuzullassen sind, darüber könnten wir entscheiden; aber welche Erperten zuzulassen. sind, diese Frage halblen wir nicht zu besantworten, sondern sie ist beantwortet worden von der jeweiligen Landesnegierung. (Sehr rickstig.) Iich muk feststellen, wenn wir ähnlich aus dem jetzigen Anlaß der Sitzung selbstherrlich Erylehrten üsbelr jeweiligen Antrag der Mitglieder zu-
lassem, wir überhaupt zur keiner Länbierkonferena kommen, wie wir hier Verfammeltiem wünschen, sondern nur zu einer Erpertife über die Verfassungsfrage, und das ist von vornheren hinfällig. Gs hat keiinen Zweck, eine Erpertise über die Velrfassungsfrage abzuhalten, die Mittwoch, eveniwell Dienstag, geschlossen werdensofl. Das ist ein Ding der Unmöglichkeit; es handelt sich darum, den Standpunkt dier einzelnen Landesverwaltungen oder der in den Candezvenwaltungen versantwortlickten Parlrien zum Auzdrucke zu bringen. Ich glaube, wir haben die Frage, ols Erperten zuzzulassen sind, entschieben und habem uns zu ffragen, welches Land hatt Erperten, namhaft gemacht? Diesse werden zugelaffen, darüber hinaus können wir keine Beschlüsse fassen. Ich lin vom Wiener (cmeindemat semtfendet worden; es würde jehrarg und unliebfam vermerft werden, wenn, ich mir erlauben würde, als Minoritätsvertreter im Wiener Genmeindenat einen Antrag zu stelfen, daß dier undd der Herr auch noch kommen soll. Ich wurde vom Bürgermeister entfenldet, der Bürgermeistem Wiens hat die Entsckleidung getroffen, wir haben uns der Euitscheidung gefügt und damit anerkannt, daß er auch lias Recht hat, ddie Delegierung vorzunehmen, selbstverständlich auch das Recht hat, Erperten namhaft zu machen. Daß aben wir fünf Delegierte uns veranlaßt fühlen folften, ohne den Bürgermeister zu sefragen, zu entscheiden, die sollenals Erperten beigezogen werden, oder 31zugeben, daß ddie Konferenz beschließt, die oder jene werden zugelassen, ist nicht zulässig, undde ich, halte dem Antrag, dem hier geftellt wfurde, ür gänzlich unmöglich. Ob Unrichtigkeiten vorgekommen find oder nicht, darum haben wir uns nicht zu bekümmern; wir sind nicht Richter über diie Vorgänlge dem Landesregierung in Tirol. Salben sich die Herren benachteiligt geühlt, hättem sie 4s früher richtigstellen sollen; fühlen sie sichl jetzt benachteiligt, so haben sie es mit diem Landeshauptmaum telegraphisch oder telephonisch auszumachen odier nach ihrer Seimfehr. In die Frage hat die Konferenz nichts hineinzureden. Vorsitzender Dr. Rintelen: Sie stellen den Antrag, daß nur diejenigen Henren als Eryerten beigezogen werden, die von der Landes- 8 iegierung als solche rechtzeitig nominiert wurden3 Delegierter Widholz: Gs ist hier die Fragezur Diskussiom wer berechtigt ist, zu bestimmen, ob Erventen bleizuziehen sind oder nicht. Diese Frage ist entstandenn dadurch daß in einem Lande, besonsders in Tirol und Oberösterreich, eine nicht gleichmäßige Beiziehung der Erperten nach den Parteiverhältnissen erfolgt ist. Diesen Umstand hat dazu geführt, daß wir uns mit dieser Orhatte beschäftigen müssen. Nun stehe ich auff dem Standpunkt, und ich glaulbe, daß 4s der allein richltige ist, nachdiem dite Einberuhung der Initiative eines Caußtag-s entsprungen ist. dir natürlich nicht von vornherein nach gewissen festliegenden Normen vorgehen konnt-, sondern einfach seinen Willen den übrigen zur Senntnis gebrachtt hat. 6s ist selbstverständlich, daß die Erperten in verschiedenen Ländiern neben den Delegierten bestimmt worden sind, und diese Aufgabe haat die Landesregierung zu erfüllen. In dem Momente, wowin hier zusammengetreten sind, betrachten wir ums als autonome Körperschaft; wir haben im eigenen Wirkungskreisste zuu entscheiden, wenn es erforderlich ift, diesen odier jenem teilnehmen zu lasien. Ich würde deshalb beantragen, die Konferenz spreche es aus, daß sie selbst berechtigst ist, über die Zuzihung von Erperlen zu entscheiden. elegierter Resel: Herr Kollege Kunschhak hat gejagt, ihn mute rs au, als ob wir im alten Oesterreich wär.n: er hat vollständig nechlt. Aber nach einer anderen Richtung. Wir streiten jetzt um eine Fleiniafe’4, und es bat ganz den Unschein, als kämen wir ins frühere Fahrwasser. Wir streiten über Kleinigkeiten, bis uns keiner Zeit übra bleibt, über klas Große zu verhandeln. Wenn es sicht darum handeln würde, ein ganzes Srer vom Erperten beizzuziehen, wäre die Frage von großer Bedeutung. Hier handelt es sich um die Frage, ob noch zwei Erperten, die in ganz bestimnrten Fällen gefragt werden sollen, zum Rede kommen kömmen. Mich dünkt, daß diese Frage unwichtg ist und gar nich: des Streites wert iit. Ein Gntgegenkommen wäre. selher leikt, und es würde dadurch eine Vergrüdung der Zeit vermieden. Ich glaube, inh
wir die Flage nicht vom prinzipiellen Sandpunft betrapfiten, follen, sondern vom Standpunkte der Zweckmäßigkeit, und ich würde die Herren Gitlen, ohme viel Aufhebens zu machen, die zwiei Erperten, wie wir sie nennen, hereinzulassen unßi die Sache wäre erledigt. So müssen wir über die Geschäftsordnung debattieren und zur Beratung des anderen bleibt keine Zeit. Delegierter Christoph: Wir scheinen in den alten Fehler zu verfallen und um Sachen zu reden, die nicht zur Sauptfache unferer Zusammenfunft gehören, sondern nebensächlichter Natur sümd. Nachdem wir einmal die Tiste der Delegierten festgeftellt haben, erübrigst wum meir die Feftsetzung der Eiste der Experten, zu diesem Behufe mögen aus jeder Partei zwei Herren bestimmt werden, welche die Eistel der Grperten aufstellen. Delegierter Gruber: Ich muß auch sagen, daß die Frage im großen Ganzen kleinlich ist, und sie hätte nur einem Sinn, wenn die Zusammenjetzung der ganzen Konferenz nach einem einheitlichen Schlüssel erfolgt wäre; so ist aber die Konferenz zusammnemgesetzt je naicht dem Bedürfnisse der Lämder, und ich bin vollfommen überzeugt, wenn wir in Oberöfterreich, als ie Frage der Entsendung beschlossen worden ift, verlangt hätten, wir wollen noch einen zweiten Delegierten, so würde nicht der geringste Widerstand erhoben worden sein. Die Zulajjung von weiteren Vertretern ändert auch am ganzem Parteienverhältnis nichts, denn Abstimmungen können ja nicht vorgenommen. und bind-nde Besschlüsse diesen Cäulerkonferenz gar nicht gefaßt werden; es kann sich nur darum handeln, daß zur Verfassungsfrage verschießene Meinungen zum Wuzdrucke, kommen und ob die von fünf oder sechs Herren ausgedrückt werdtn, tut für die Sache gam nichts. Ich betrachte diesen Streit als „Pringipienreiterei erften Stifs“, stehe aber auf dem Standpunkte, daß nunmehr, weil von Tirol ein Vertreter verlangt wird, auch unjenem Parteigenossen Hafner die Möglichkeit gegeben wird, beizuwohnen. Delegierter Tr. Schlegel: Bezüglich Oberösterneich ist die Sarke sehr leicht. Der Candes- rat hat beschlußmäßig die Delegierten bestimmt, und zwar für jedie Partei die Herren Landeshauptmann-Stellvertreter und dann den Tegislativen Referenten Landesrat Dr. Schwinner und Henrn Lanldesamtsdirektor Attems. Nachdem ich aber höre, daß Herr Kollege Hafner zufällig hier anweiend ist, nehme ich gar keinen Anstand, namens Überösterreich zu erklären, daß ein als Erverte teilnehmen kann. Vorsitzender Dr. Rintelen: 6s liegen zwei Anträge vor, der Antrag Kunsckak, daß überhaupt nur jene Erperten beigezogen werden, die von den Land-sregierungen bestimmt sinls. Ich habe inzwischen festgestellt, daß von einer Land-sregierung als Erpemte lediglich Herr Dr. Faljer von Tirol bestimmt wurde, sonst miemand. Der zweite Antwag geiht dahin, daß je zwei Herren von jeder Partei bestimmt worden, die das Verzeichnis der Erperten aufzustellen haben und Samit werden bestimmte. Personen firieut. Delegierter Runscak: Wenm die Delegation eines Landes selber zustimmt, daß ein Delegierter noch beigezogen wird, haben wir als Konferena damit nichts weiter zu tun, als das zur Senntnis zu nehmen. Ich bin nicht dafür, daß secks Herren entscheiden, sondern die Delegation des Lamdes. Vorsitzender Dr. Rintelen: Ich bringe den Antrag zur Abstimmung, daß von jeder Parteizwei Herren bestimmt werden, welche diese Eiste der Erpentem anzulegen haben und wenn der Antrag angenommen ift, sind bieye Personen zu nominieren. (Abstimmung). Der Antrag ist mit Majorität angenommen. Ich bitte um Vorschläge der Varteien. Telegierter Speser: Ich würde für die jozialdemokratische Vartei vorschlagen die Herren Landeshauptmann-Stellvertreter Dr. Gruener und Caubeshauptmann-Stellvertreter (ruber. Vorsitzender Dr. Rintelen: Wünscht hiezun jemand das Wort2 Es ist nicht der Fall.
9 Delegierter Dr. Rehrl: Die Christlichioziaten schlagen) vor, Herrn Cauldeshasuptmann Ender- und Herrn Landesrat Lackner. Delegierter Dr. Christoph: Von unserer Partei werden vorgeschlagen die Herren Land-srat Klusemann undi Landesrat Schumn. Vorsitzender Dr. Rintelen: Sind die Herren mit diesen Vorschlägen einverstanden? (Zustimmung). Ich komme zu Dem weiteren Antrage; wen dafür ist, daß die sechs older ackt Herren aus Salzburg der Versammlung anwohnen können, möge die Sand erheben. Iigenommen. Nachdenn nunmehr die Frage diesrl Legitimation, wer hier sein darf. feitgestellt ist, welche Frage ich nathurgemäß zuerst feststellen mußte, trele ich in die Geschäftsordnung ein. G8. kommen die einzelnen Bunft- zur Abstimmung. Bezüglich des Punktes, daß ein Vorsitzendem gewählt wird, liegt ein Abänderungsantrag ahin vor, daß drei Vorsitzende bestimmt werden, welche gleichberechtigt simd und abwechselnd den Vorsitz zu führen haben; wer dlafün ist, möge die Hand erhelbsen. Der Antrag ist mit 14 gegen 7 Stimmen angenommen. Sat jemand zu den Punkten wegen Schluß der Rednerlifte und, der Debatte etwas zu benrerken? Gs ist nicht der FFall. Ich frage übescchampt im allgemeinen, als jemand etwas zu bemerken hat. Delegierter Machold: Ich glaube, daß mir bei diesser Verhandlungsart zu einem Ergebnis nicht kommen werden. Ich habe die Gefrkläfftsordnung früheh nicht gesehen und sehe nun, daß sie 31 Artikel enthält, Sie der Reihenfolgenach behandelt werden sollen. Ich habe, den Ginddruck, daß wir uns zuerft klar sein solltem, welche Kompctenz wir der Konferenz Einstsäumem, daas ist die Grundlage, sonft reden wir viel oder wenig und aneinandervorbei und was wir uns von der Konferenz verssprechen, wird nicht eintreten. Wir müßten zwerst als VerhandDungsgrundlage feftftelfen: die Kompetenz und die Grundlage der Konferenz und 2s wird nicht schwer sein, zu einen beiderseils befriedigenden Lösung zu kommen, sonft nützt unser Zusammenseim nichts und es nützt nichts, wenn wir unsere Meinungen zu den einzelnen Buhikten 10 zum Ausdnucke sringen und über die hauptsärkt lichen Fragen keine Klarstellung herlbeiführem. Ich meine, wir follten die wichtigsten Kapilel herauznehmen und nicht ülber 31 Punkte dier Dehatte abführen. Ich würde vorschlagen als Verhandlungsgrundlage: 1. Kompetenz und (rumlage der Konferenz. 2. Bundesstaat oder Einheitsstaat. 3. Kompetenzverteilung zwischen taat und Länderm unhi die Frinanzrage, 4. Verwaltungsreform. 5. Länderkammer. 6. 4runndrechte. Iich glaube, daß aich der Berfassen des Entwurfes mit diesen von mr vorgebrachten Vorschlägen sichi einverstanden erklären kann. Ich bitte, die Geschäftsordnung mach dieser Richtung umzuändern. Delegierter Dr. Rienböck: Wir kommen auf Disssem Wege nicht zu jener Taguna, die wir alle wünschen. Gs scheint mir unbedinat notwendig zu fein, daß wir uns über die formelle Vorgangsweise in einem engeren Kreise aussprechen, wir verlierem sonft Zeit in rndlosen Dehatten über formale Momentie umd ich glambe es ift unerläßlich, wie wir jetzt sichion gesehren haben, daß die hier vertretenen Parteien eine kleine Anzahl von: Herren namhaft machen, die ssich bis morgen über dien foshmalen Vorgang verstänfdigem. Das ist der einzige Weg, auf den wir zu einer Bafis gelangen können. Sonst ermüden wir uns ohnie Resultat. Wenn der gutg Wille vorhanden ist, daß wir die Sauptpunkte zum Gegenftande einer f uchtbaren Debatte machen, ist das der richtige Vorgang. Ichl hatte die Meinuma, daß wir uns über die sormalen Bunfte in einigen Augenblicken verständigen, es hat sich aber gezeigt, daß dies nicht der Fall ist. Wenn die Herren des Meinuung sins, daß wir uns Schwierigkeiten formaler Natur bereiten follen, werden sie darauf nicht eirgehen. Wenn wir aber die Verfassung beraten wollen, müfsen wir uns zuerst verständigen. Jede Partei soll zwei Herren namhaft machen, welchie die Aufgabe haben, die Sache bindend abzumachen. Ich Witte die Sitzung zu untensbrechen; die Herren mögen sicht ülbier sämtliche Punkter einigen unld die Fortsetzunng der Verhandlung kann mit dem Meritum beginnen. Vorsitzender Dr. Rintelen: Dieser Anthag ist aufzufassen als Vertagung der Plenarversammlung auf morgen früh.
Delegierter Dr. Schumach-r: Ich bin mit dem Antrage Dr. Rienböck gamz einverstanden. Wir waren in einem kleineren Kreifer leider ohnse Zuziehlung der Hersnen der sozialdscmokratischen Vartei, von der niemand anwesend war, dafür, dies im der Weise vorzunehhmen. Auch wir haben uns vorgestellt, daß unter den Panteien das Einvernehmen gepflogen wird, aber auch hute Vorittag konnte2 wir mit den Herren Erzialdiemokraten nicht zufammemkomnen, weil sie anderweilig vergeben waren. Ich bin infolgeldiessen für din Vorschlag des Hehnrn Dr. Kienböck, denn sechs Herren werden die Sache rascher abmachen als das Plenum. as mir nicht zusagt, ist das Eine, daß die ganze Beratung auf morgen ventagt werden ol. Tachdem die nreiften Herren zuhause viel zu tun haben und wir die Zeit gut ausnützen müssen, schene es mir doch angemessen zu seim, daß wir heute diesen Herren einer Stunde Gestimmen als Termin, daß wir nachher wieder zussammentreten und mit Ediem Meritum der Beratung beginnen. Delegierter Speiser: Wir sind mit dem Antrage des Hehurn Dr. Kienböck einverstanden. Wir halblem uns Vormittag mit der Geschäftsordiniung efaßt, die früher vorgelegen ist. wir finden aber jetzt einen anderen Gntwurff und sind dafür, daß ein Komitee eingesetzt wird, das den Weg beschließt, wie wir weiter kommen. Gs foll jeder Glub im Saufe zusammentreten. und die drei Herren, Sie nacht dem Vohlschlage des Herrn Dr. Rienböck zu wählen wären, und diemen man gewisse Direktiven auf den Weggibt, sollen sich einligen, dann könnten wir auf raschestem Wege zur Ueberwindung der formalen Schwierigkeiten kommen. Vorsitzender Dr. Rintelen: Bezüglich des Antrages Dr. Rienböck Tieat eine Meinungsverschiedenheit vor, infoferne, als dem Antrag des Herrn Dr. Kienböck dhin guht, daß bis morgen die Verhandlung zu vertagen ist, während Herln Dr. Schlumacher noch heute fortsetzen will. Delegierter Dr. Rienböck: Ich in auch damnit einverstanden und schlage formal folgendes vor: Die Sitzung wird jetzt unterbrocken, die Klusss preten zusammen und beraten, die Sitzung wird wiedeer eröffnet und dann werden wir sehen, wie, weit wir kommen. Delegierter Sever: Ichl möchte nur konstatieren, daß die Möglichkeit vorhanden war, und zu tneffen, wenn die Herren Ginlberuffer die fozialdemokratischen Vertreter hätten haben wollen, weil wir geftern abend angekommensind und es Herrn Dr. Rehrl und den anderen Herlisen bekannt war, wo wir einloschiert sind es hätte eine flurze Verständigung genügt, ich fonftatiere aber, daß wir vom wiemandi verständigt worden sind, dlaß wir zu dieser Vorhesprechung Delegiesute entsendiem fallen. Hätten die Herren das nicht allein ausmachen wollen, dann wäre uns dieje Debatte erspart geblieben, so glaubten die Herren, daß sie ohne Vertreter der Sozialdemofratie das machen können, und nun sehen sie, wohin das geführt hat. Auch ich bin für den Antrag des Herrn Dr. Riensböck, daß die Sitzung unterbrochen wieß, und die Glubs zusammrentretten und zwei Delegier!2 wählen, dann sollen sich die Herrem zusammenseten, damit wir morgen früh arbeiten können. Delegierter Preukler: Nachdem die Fraudes Antrages Dr. Rienböck geklärt ist, möchte ich doch bitten, zur Abstimnnung zu schreiten, drüber, daß wir uns heute vertagen, weil das zu mählende Komitee noch einige Zeit braucht und dann nach dem Übendessen die Herren vom Lande Salzblulng eingeladen sind zu einem Konzert und zur Besichtigung des Mozarthauses. zum Sierbleiben ist daher nicht mehr Zeit und wir können heute mit d1er Veralung nicht mehr piell anfagen. Vorsitzender Dr. Rintelen: Bleibt der Antrag aufrecht, heute weiter zu verhandeln? Delegierter Dr. Rienböck: Ich bitte, die Sitzung zu unterbrechen, die Klubs follen zussammenkreten und dann foll die Vesammlung noch enanal eeöffnet werden. Vorsitzender Dr. Rintelen: Die Bestimmung dier drei Herren wäre also den Klubs überlassen Wer für den Antrag ist, daß jetzt die Klubs zusammentreten, und die Sitzuung noch einmal eröffnet wird, möge die Hand erheben. Angenommen.
11 Dem Heyrn Delegierten Sever bemerke ich, daß Herr Dr. Kienhöck beaustragt war, die Herren aufzusuchen undd mit ihren die Gesschäftsordmung zu besprechen, daß er aber die Hersten nicht gefumden hat. Ich unterbreche dieSitzung. (Nach Widleraufnahme der Sitzung.) Vorsitzender Dr. Rintelen. Ich emöffne die Sitzung und ich erteile zur Angelegenheit der Erperten das Wort dem Herrn Lamdeshauptmann-Stellvertreiter. Steiner. Delegierter Steiner. Sehr geehrte Herren! ch habe die Ehre, namens der christlichfozialen Delegiertem für diese Tagung die Mandate zu nominieren für das vom Herrn Dr. Rienböck einzufebende Romitee. Der Zweck ift bekannt. Wir nominieren den Herrn LandeshauptmannStellvertreiter Dr. Gnder unss. den Herrn Chandeshamtmann-Stellvertreter Dr. Schumacher uuld wir ftellen an die geehrten Herren die Bitte, zuzustimmen. Ich stelle aber ausch an den Herrn Staatssekretär Mayr die Bitte und an die drei von uns gewählten Herren Vorsitzensen, diesen Beratungen beizuwohnen. Vorsitzender Dr. Rintelen: Das Wort hat der Herr Landeshauptmann Seviem Delegierter Sever: Für die sozialdemofratische Partei nominiesse ich zwiei Delegierte in das Romitee und zwar den Herrn Stadtrat Dr. Dannebeig und den Herrn Landeshaupimanin-Stellvertreter Grubter aus Einz. Wir schließen uns dem Antrag der christlichsozialen Partei an, daß der Herr Staatssekretär Mayr sowie auch die dei Vorsitzenden dem Komitee angehören sollen. Delegierter Christoph: Seitens der freiheitlichen Partei wird vorgeschlagen Herr Dr. Schmidt und Seirn Schuhny. Den Zusatzantrag wegen Beiziehung der Vorsitzenden undd, dies Herrn Staatssekratär Mayr akzeptieren wir. Vorsitzender Rintelen: Ich bringe disr Antnsäge einheitlich zur Abstimmung und ich bitte die Anwesendem, die für diese Anträg stimmen, die Sand zu erheben. Einstimmig angenommen. 12 Delegierter Dr. Pflanzl: Ich habe darüber zu Berichten, daß der Unterausschuß bezüglich der Grwemnung von Erverten sich dahin geeinigt hat, daß folgenldi Herren als Erperten anzunehmen sind: Meidlinger-Burgenland, Dr. Steidl-Tirol, Nationalrät Abram-Tirol, Nationalnat Hafner, Oberösterreich, Dr. BeerBurgenland, Dr. Bilanzl-Kärten, und den Erperten Präsident Dr. Falser. Vorsitzender Dr. Rintelen: hat jemand noch elwas zu bemerken. Gs ift nicht der Fall. Mit Rücksicht darauf, daß dem Komitee die Entscheidung überlafsen war, bringe ich den Antrag nicht zur Abstimmung, sondern ich bitte die Versammluug, den Beschluß des Komiters zur Kenninis zu wehmen. Ich wollte dann noch hie Herren befragen wegem der Publikationen den heutigen Verhandlung. Gs ift bekanntlich oifiziefl ein Preßfomitee beftellt wordien sund ich frage, ob die Versammlung auni dem Standpunkt steht, daß lediglich die Gnunziationem dieses unter gemeinfamer Mitarbeit aller Parteien arbeitenden Komitees ausgegeben werden. Ich bitte darüber um eine Aeußerung. Delegierter Speiser: Vom Seite der sozialdemokratischen Partei schlagen wir im dieses paritätische Komitee vor: den Herrn PreußlerLandeshauptmann-Stellvertreier, Salzburg und den Herrn Nationalrat Dannebeng, Wien. Telegierter Dr. Schumacher: Ich möchte nur glauben, daß es zur Vereinfachuung der Sache dienen könnte, wienn nur ein kleines Komilee gewählt wünde. Dii Mann dürsten vollstärdig genügen und die Parität wäre gewahrt. Vorsitzender Dr. Rntelen: Hält dier Herr Antragsteller dem Vorschlag beider Herren aufrecht? Delegierter Speiser: Wir würden dann den Herrn Landeshauptmann-Stellvertneter Preußfer nominisren.
Vorsitzender Dr. Rintelen: Gs wären also die Herren Landeshauptmann-Stellventneten Preußler, Dr. Schumacher und Dr. Pflanzl. nominiert. G3 Gleibt noch die Frage über die Gnuntiationen diefes Romitees. Behalten sich die Hermen, vor, somft in einer Wrise den Zeitungen zu berichten? Iich glaulbe, daß das einheitlich geregelt werden muß. Deleglerter Dr. Danneberg: Ich glauthe, daß win das erst bei Feftsetzung der Geschäftsordnung in dem Komitee emtsgüftig bestimmen. können. Gs ift eim Bunkt in der Geschäftsordnung, mit der sich das Komitee beschäftigen wird, indem davon die Rede ist. Bitelleicht setzen wir für die heutige Sitzunsa jest, daß nur der von diesem Pressekomitee ausgearbeitete Bericht in die Plätter kommen soll und das Geschäftsordnungsfomitee wird, dann morgem früh berichten, welchem Standpunkt es in dieser Sache der Konferenz vorschlägt. Vorsitzender Dr. Rintelen: Wenn nierand mehn das Wort wünscht, so nehmre ich an, daß sie damit einverstanden sind, daß nur von dem Pressekomitee aus Berichte an die Zeitungen hinausgegeben werden. Da wir in der heutigen Versammlung nicht mehr weiter fommen wierden, so würde ich die Veissammlung heute schließen und ich setze die Fortsetung der Berhandlungen dr8 Blentum für morgen um 9 Uhr. früh fest. Ich bitte aber das Komitee, bis dahin mit seinen Beschlüssen zum Abschluß zu kommen. Gs liegt noch ein Untrag des Herrn Candeshauptmann-Stellvertreter Breußler, den erwahrscheinlich im Ginvernehmen mit seiner Partei gemacht hat, daß die Sitzordnung sich nach den Parteien richten soll. Ich nehme an, daß das den allgemeinen Intentiomen entspricht und bitte daher, vielleicht im Einvernehmen mit den drei Hernen die neue Sitzordnung festzusetzen. Ich bitte also auch hierüber um geeignete Vorschläge. Die Verhanldlung ist geschlossen. (Schluß der Sitzung um 5 Uhr 45 Min.) 2. Sitzung am 16. Fe br u ar 1920.
Vorsitzende vormiltag: Landeshauptmann Sever, nachmittags: Landesrat Christoph. (Beginn der Situng um 9 Uhr 15 Min.) Vorsitzender Sever: Ich erkläre die Sitzung für eröffnet. Sehr verehrte Herrenl Geftatten Sie mir, daß ich, bevor wir in die Tagesordnung eingehen, die beiden Herren Dr. Veer und Meidlinger als Erperten des Burgenlandes herzlichft begrüßze. (Beifall.) Durch die Unerkennung, Unteil nehmen zu dürfen an unserer Konferenz, wollen wir frei und ofjen kund tün, daß das Burgenland zu uns gehört und wir infolgedessen wünschen, dak die Herren auch an unjeren Beratungen teilnehmen; zugleich geftatten Sie mir, die Herren Erperten zu begrüßen, die die Kommisssion als zulässig erklärt hat. Die Tagesordnung ift bekannt. Dem Herrn Landeshauptmann Dr. Rintelen erteile ich das Wort über die Geschäftsordnung. Delegierter Dr. Rintelen: Das Komitee, dem Sie geftern die Ausarbeitung über die Geschäftsordnung übertragen haben, hat geftern abend getagt, und ift zu folgenden einheitlichen Beschlüssen gekommen: Die Geschäftsordnung ift nach dem zweiten vorliegenden Entwurf mit nachfolgenden Modifikationen angenommen worden. Die Modifikation beim Vorsitz ergibt sich aus den geftrigen Beschlüffen. Punkt 2 bleibt unverändert. Bezüglich 3 ift folgende Fafsung angenommen worden: „Die Feftstellung der Meinungen wird derart vorgenommen, daß für jedes Landjede Partei ihre Ueukerung abgibt.“
Punkt 4 entfällt. Punkt 5 bleibt und ift ohnehin bereits erledigt durch die getroffenen Verfügungen und bezüglich des Punktes 6 ift folgende Modifizierung des Verhandlungsftoffes beschloffen worden: 1. Grundcharakter des Bundesstaates. 2. Bundesrat. 3. Bundespräfident. 4. Bundesheer. 5. Organe der Länder. 6. Kompetenz zwischen Bund und Ländern. Mit Rücksicht darauf, daß die von den einzelnen Parteien bevollmächtigten Herren, gestern dieses Kompromiß angenommen haben, bitte ich daher, daß des Plenum diefes Kompromiß zur Kenntnis nimmt. Vorsitzender Sever: Wird eine Einwendung erhoben? Ich konftatiere die einmütige Kenntnisnahme. Zu einer Erklärung hat sich Herr Landeshauptmanftellvertreter Gruber gemeldet. Delegierter Gruber: Namens der jozialdemokratischen Teilnehmer an dieser Konferenz erlaube ich mir. vor Gingang in die Tagesordnung folgende Erklärung zur Kenntnis zu bringen. (Lieft): „Wir fozialdemokratisschen Vertreter auf dieser Konferenz erklären, daß zur Verfaiungsarbeit in der Republik Oefterreich ausschließlich die konftituierende Nationalversammlung berufen ift, welche zu diesem 3weck vom ganzen Volke gewählt wurde, und in 14 deren Namen diese Berufung zum Ausdruche kommt. Keine andere Körperfchaft, wie immer zufammengefekt. kann sich daher ein entscheidendes Votum in der Verfassungsfrage anmaken. Die fe Konferenz kann es um fo weniger, als ihre Zufammdenfetzung durchaus nicht ein Spiegelbild der Vollksmeinung ift. fondern vielmehr Delegierte in beliebiger Zahl, ohne Rücksicht auff eine wirklich verhältnismäßige Vertretung der Länder nach ihrer Bevölkerungszahl und der Stärke der Parteien zussammengetreten find. Die Dellegierten find zum allergrößten Teile nicht einmal von den Landtagen gewählt, sondern von den Landesräten entfendet und wiele von ihnen können infolge der mangelhaften Vorbereitung der Konferenz nicht einmal die Meinung ihrer Parteien abgeben, sondern nur ihre eigene, auf keinen Ffall aber die offfizielle Meinung der Landesversammlungen. Dieser Konferenz liegt kein Entwurf der Staatsregierung vor. Die Behauptung in der Eröffnungsanfprache des Herrn Landeshauptmannes Mener ift un richtig, daß wir weniaftens einen Vorentwurf der Staatsregierung vor uns haben. Es ift vielmehr eine Br ivatarbeit des Staatsfekretärs Profefsor Dr. Manr, welche uns hier als Grundlage für eine Diskussion im letzten Augenblich unterbreitet wurde. Die Verhandfungen, dsie hier geführt werden, können keinen anderen Charakter tragen, als den eines un verbin dlichen Gedankenaustausches, einer Gnquete, deren Protokoll der Staatsregierung und der Notionalversammlung zur Information übermittelt werden foll. Da diefer unferer Unfchauung Rechnung getragen wurde und gemäß der nun vereinbarten Gefchäftsordnung Befch lüfffe auf dieser Konferenz nicht gefaßt werden, sondern nur eine Ueußzerung der Parteimeinungen erfolgen. foll, nehmen wir an den Beratungen teil.“ Vorsitzender Sever: zum Worte gemeldet hat fich Herr Landeshauptmannftellvertreter Manr aus Niederöfterreich. Dellegierter Manr: Meine sehr verehrten Herren! Namens der chriffllichsozialen Vertre-
ter von Wien und Niederöfterreich habe ich Ihnen folgende Erklärung abzugeben: (Lieft): „Die Vertreter der chriftlichfozialen Partei Wiens und Niederöfterreichs beehren sich, ihre Stellungnahme zum vorliegenden Beratungsgegenftande in nachfolgenden Richtlinien feftzuseken: „Sie begrüßzen die Initiative der Länder, die durch diese Tagung ihrem Willen Ausdruch verleihen, an der Schaffung der Staatsverfafung konftitutiven Unteil zu nehmen. Sie erklären, daß sie ihre Intereffen auf demielben Wege wie die übrigen Länder verfolgen und hoffen, in diefer Solidarität des Vorgehens die Intereffen aller Länder und des eigenen Landes zum Wohle der Bevölkerung am beften zu fördern. Sie erklären den vomStaatsjekretär Herrn Dr. Mayr vorgelegten Entwurf einer Bundesverfaffung im allgemeinen als eine für die Beratung der Verfaffung geeignete Grundlage und fordern, daß die Verjaffung felbft der Erledigung eheftens zugeführt werde. Sie begrüßzen und verlangen die Ffeftlegung der Souveränität der Länder, die in der gechichtlichen und wirtschaftlichen Entwichlung und in der Förderung der breiten Schichten der Bevölkerung ihre Begründung findet. Die finanzielle Belaftung der Länder mußderart geordnet werden, daß ihre Lebensfähigkeit gewährleiftet ift. Eine naturgemäße Ffolgerung der felbständigen Stellung der Länder ift deren entfprechende Vertretung im Bundesftaat in einer die Interessen derselben schützenden Länderkammer. Die obenbekeichneten Vertreter stehen ferner auf dem Standpunkte der Trennung der politischen, adminiftrativen und autonomen Verwaltung des flachen Landes Niederöfterreich und der Stadt Wien. Die beiden Teile, und zwar das flache Land Niederöfterreich und die Stadt Wien gelten im Sinne des in Beratung stehenden Verfassungsentwurfes als felbständige Länder. Durch diefe Stellungnahme wird der Entcheidung über die Ffrage, in welcher Art und in welchem Umfange die Sonderung gewiffer, beider Teile gleichartig berührender Intereffen vorgenommen werden follen, nicht vorgegriffen. Dolegierten Dr. Pflanzl: Ich habe Ihnen die Stellungnahme der deutichfreiheitlichen Varteien in folgender Erklärung kurz zu präzisieren: (Lieft): „Die Länder haben nach Abtretung der Dnnastie und dem Zusammenbruche des Donaureiches ihre felbständige Staatlichkeit und damit das Recht erlangt, über ihren Zufammenschluß zu einem Bundesftaate und über die Bundesverfafsung felbständig zu entscheiden. Die Schaffung der Bundesverfafsung hat durch gleichlautende Befchlüffe der konftituierenden Känder zu erfolgen. Im Hinblich auf den FFriedensvertrag von St. Bermain ift dieser von den Ländern auf Grund der gemeinfam angenommenen Befeßerechtsgültig zuftande gekommene Bundesvertrag auch gleichlautend von der konftituierenden Nationalverfammlung zu befchließen. Die jekt tagende Konferenz hat lediglich über einen vom Staatsfekretär Dr. Mayr vorgelegten Verfaffungsentwurf Vorberatungen. durchzuführen, wobei ausdrücklich feftgeftellt wird daß die Beschlußfassung den berufenen Landesverfammlungen und der Nationalversammlung vorbehalten bleibt.“ Vorsikender Sever: Wir nehmen diese Erklärungen zur Kenntnis. Wegen Erkrankung hat fich entschuldigt Herr Landeshauptmannftellvertreter Langoth. Wir kommen nun zur Tagesordnung. Der Herr Staatsfekretär hat sich in liebenswürdiger Weife bereit erklärt, bei jedem einzelnen Bunkt einzugreifen. Ich glaube, die Herren werden das mit Vergnügen zur Kenntnis nehmen. Wir schreiten zu Punkt 1. Ich bitte den Herrn Staatsfekretär das Wort zu ergreifen. Staatsfekretär Dr. Manr: Noch den gestern getroffenen Vereinbarungen haben wir uns in erfter Linie zu befchäftigen mit dem Grundcharakter des Bundecftaates.
15 Die Urtikel 1 bis 9 in dem vorliegenden Entwurf. den ich mir erlaubt habe. vorzulegen. beschäftigen sich mit diefer Materie. Der Grundcharahter des Bundesftaates ergibt sich nach diefen Urtikeln in folgender Weife: Oefterreich bleibt eine demokratische Republik gemäß des Befekes vom 12. November 1918. Diefes Befek ift einfach rezipiert. und zwar foll diefes demokratiiche Oefterreich mit allen Konjequenzen naturgemäß in der Befekgebung und Verwaltung zum Ausdruch kommen. Diese Besstimmung des Charakters entspricht auch der Roalition vom 17. Oktober, welche beide große Parteien des Parlamentes geschloffen haben. Ich brauche weiter darauf nicht hinzuweifen, daß der Name Oefterreich gewählt werden mußte, mit Rückficht auf den frieden von St. Germain. Was fonft noch in diefen Paragraphen im Zussammenhange fteht, Warpen. Siegel ufw. entspricht auch den schon beftehenden Gefeken. Ich möchte nur noch betonen, daß der deutiche Charakter des Bundesftaates durch verfafjungsmäßige Feftlegung schon seit dem Gefekevom 21. Oktober 1919 befteht, unbesschadet des friedensvertrages von St. Germain. Mit diesen wenigen einleitenden Worten glaube ich vorläufig den Herren das Wefen der Materie, um die es sich in diefen Punkten handelt, dargelegt zu haben. Vorsitzender Sever: Die Debatte zu Punkt 1. ist eröffnet. Delegierter Dr. Gruener: Wir sind der Meinung, daß sich von Habsburg nicht die Länderbefreit haben, sondern das deutschöfterreichische Volk, daß die Länder in ihrer Souveränität länaft verklungen find. wenn fie überhaupt eine folche gehabt haben, daß fie durch die Habsburger-Dunaftie zufammengehalten worden find und durch Jahrhunderte alle ihre Rechte praktifch aufgegeben haben, daß das Volk es aber war, das damals im November die Macht an fich rißz und den Staat gründete. Wir glauben auch nicht, daß durch die Wiederaufrichtung der Länderherrfchaft eine Befferung fürs gefamte Volk herbeigeführt werden. könnte. Die Konfequenz diefer Idee würde 16 fein, daß auch Teile dieser Länder nach Selbständigkeit ringen würden. Wir insbesondere in Tirol haben ja in einzelnen Bezirken bereits solche Veftrebungen. Ich will nicht davon reden, dak einzelne Kirchtürme, einzelne Bürgermeifter, gern sich an ein anderes Reich anfchliefen möchten, wegen der Valuta-Spekulation. Nicht von diefer traurigen Erscheinung will ich sprechen, sondern davon, daß wir im Land Tirol, dieses als Grempel genommen, bereits Teile haben, dic erft spät an das Land gekommen sind, zum Teil wirtschaftlich gar nicht mit uns zufammen hängen. Im Lande Tirol ift der fchönfte Teil durch den Ffrieden von St Germain geraubt worden, was übrig geblieben ift, ftellt aber noch ein vollständiges Ganzes dar. Nur der Bezirk Lienz ist so entfernt vom übrigen LandTirol, daß er überhaupt nicht leicht zu erreichen ift, das man praktisch fogar durchs Ausland Italien fahren muß, um ihn überhaupt zu erreichen. Wir haben in Tirol noch andere Bezirke, die wirtschaftlich so schwer mit uns zufammenhängen, weswegen dort das Beftreben geht, sich allein an Banern anzuschließen. Es gibt Gemeinden, die wir von Innsbruck aus nur mit dem Flugzeug erreichen könnten, wie die Gemeinde Jungholz, die nur durch banerische Strafzen besucht werden kann. So wie in Tirol dürfte es auch in anderen Ländern fein. Die Landesgrenzen find nicht etwas Bleibendes, sondern durch besondere Umftände Geschaffenes. Sie zerbröcheln, häufen sich wieder, sie find kein bleibendes Gebilde, sondern vo:der Zeit gebildet. Berade in Tirol wird die praktische Frage auf die Tagesordnung kommen, ob nicht einzelne Teile abfolut abfallen müffen, weil fie von der Landeshauptftadt Innsbruch gar nicht erreicht werden können; insbefondere trifftdas beim Bezirk Dienz zu, der sich nach Kärnten orientieren muß, wenn er überhaupt verwaltet werden foll, oder er macht sich zu einem selbständigen Bezirk oder Land. Ich für meinen Teil, beziehungsweise für meine Bartei in Tirol, glaube nicht daran, daß die Länder die geeigneten Rechtsfubjehte wären, eine Befserung in dieser Staatsgemeinschaft herbeizuführen. Es bedarf gewiß einer
Konzentration, um alle Mittel auszunüßen. und alles zu benüken, wodurch eine Befferung der Verhältnisse herbeigeführt werden kann. Ich habe über die Tiroler Verhältnisse gefprochen, weil fie mir am nächften- liegen. Ich glaube aber, daß die Verhältnifse auch auf andere Länder angewendet werden können. Nicht die pollitischen Grenzen sind maßgebend, die felbft wieder zerfallen, nicht die einzelnen Bezirke, die nach Selbftän Aakeit ringen, sondern die Zufammenfaffung des wirtschaftlichen Bedürfnisse ist es. die bestimmend sein muß. Delegierter Dr. Pflanzl: Im Oktober 1918. wurde von dem Staatskanzler Dr. Renner, der als Berichterftatter des Verfafsungsausschufses der konftituierenden Nationalverfammlung fungierte, ausdrücklich betont, daß es eine unbedingte Notwendigkeit jei, die Verfaffung jo rafch als möglich zu schaffen, weil eine große Reibe von Rückwirkungen für das ganze wirtchaftliche und politische Leben davon zu erwarten fei. Heute ftehen wir erft am Beginn der Cöjung dieser Verfaffungsfrage und Sie können überzeugt fein, daß dieje Verzögerung in der Schaffung der Verfassung sicherlich nicht zum Vorteil für unfern Staat und das ganze wirtschaftliche Leben des Staates gewefen ift. Der heute zur Veratung vorliegende Gefekzentwurf sieht eine bundesftaatliche Regelung der Verfafsung vor. Daraus geht hervor, daß Gliedstaaten, einzelne ftaatliche Individualitäten, die sich zu einem solchen Vundesftaate zufammenfchließen, vorhanden find. Diese felbständigen staatlichen Individualitäten find uns in den Ländern tatsächlich gegeben. Wenn vom Herrn Vorredner behauptet. wurde, daß die Länder eigentlich nie eine Souveränität befeffen haben, daß die hiftorischen Brenzen nicht die Grenzen ftaatlicher Einzelindividuen gewefen find, ift das nicht richtig. Es würde mich zu weit führen, wenn ich die ganze hiftorische Entwichlung verfolgen würde. Tatfache ift, daß die Länder als jolche zur Zeit, als sie der Donaumonarchie angeschloffen wurden, einzeln die Staatsffouveränität hatten. Ich könnte dies des Näheren von meiner Heimat Kärnten ausführen. Ich will kurz darauf hinweisen, daß die Entwicklung der staatlichen Selbständigkeit in schwerem Kampfe, den die landesfürftliche Gewalt gegen die Stände geführt hat, 1620 zufammengebrochen ist. daß die Länder als solche durch die pragmatische Sanktion in eine gewisse Verbindung zur Dynastie, aber nicht zur Verbindung untereinander gekommen find, und daß sie später zum Ginheitsftaat umgeftaltet wurden. Nach dem Zusommenbruche unferes Donaureiches find jedoch die alten Souveränitätsrechte der Länder wieder lebendig geworden. und die Länder haben in sich das lebendige Bewuktsein getragen, auch nach dem Zufammenbruch, daß sie selbständige Staatsgebilde geworden sind und daß ihre alten staatlichen Souveränitätsrechte wieder neu erwacht find. Ich möchte dies besonders für das mir naheliegende Land Kärnten des Näheren ausführen. Wir haben im November des Jahres 1919 von der konftituierenden- Nationalversammlung einen Verfafsungsentwurf zugefendet erhalten, am 11. November 1918 haben wir diesem Verfassungsentwurf zugestimmt. Selbftverständlich mit den uns für recht dünkenden Abändejungen. In diesem Verfassungsentwurf war im ersten Sauptstück ffolgendes enthalten: (Lieft): 1. Das geschloffene deutsche Siedlungsgebiet des ehemaligen Herzogtumes Kärnten und jene gemischtsprachigen Siedlungsgebiete diefes Herzogtumes, die sich auf Grund des Selbftbestimmungsrechtes ihrer Bewohner dem Staatsgebiete des Staates Deutschöfterreich verfaffungsmäßig anfchließen. bilden unterdem Namen „Land Kärnten“ eine gefonderte, eigenberechtigte Provinz des Staates Deutichöfterreich, vollziehen hiemit den Beitritt zu diesem Staate, und erkennen unter Wahrung des vollen Selbftbestimmungsrechtes der Landesversammlung, die Montag, den 21. Oktober 1918. im Landhaufe zu Wien konftituierte Nationalverfammlung von Deutschöfterreich an. Wenn, diese Fassung von dem Lande Kärntem vollinhaltlich angenommen worden wäre, dann wäre der Schluß gereichtfertigt, daß witr, auf ddlen grökten Teil unserer ganzen, Landessouveränität verzichtet haben und zwar zugunsten des
17 Einheitsstalates, den wir Bunddiesstaat oder sonst wie nennen wollen. Nun hat die konstilluielnende Landezversammlung diesen Passus auzdrücklich gestrichen uind nicht anerkannt und dadurch ausdrücklich zu erkennen gegeben, daß sie auf dem Souveränitätsrecht besteht und die Sellbstänldigkeit unter allen Umständen gewahrt wissen will und sie hatt lediglich beigefügt, das Land Kärnten erkennt unter allen Umständen sseim volles Selbstbestimmungsrecht an und tritt nur so in die Nationalversammlung sein. Wenn im einzelnem Plättern, bessonders in Wien von Dr. Kelssen behauptet wird, daß die Tämdlen dadurch, daß sie die konstituienende Nationalyersammlung anerkennen, sich des Selbitbestimmungsrechtes begelben shlabsen, so trifft das auf Grund des von uns geschlafsenen Gesettzes für Kärntem nicht zu. Gs ift dieser Gedanke der Selbständigkeit des Landes auch ganz besonders zum Ausdrucke gelangt im Gefetz vom 21. März 1919. Ich betoine, daß wir durch diie Not gezwungen, zu diesem Standpunkte unter allen Umstänßden uns bekennen mußten, denn wir haben gefehen, daß wir von der Zentrale aus für unsere furchtbair schwierige Situation nicht das richtige Berständnis gefunden haben; hätten wir uns lelesiglich nach dem gerichtet, was uns von Seite der Zentrale vorgeschrießben wurde, so wären wir heute nicht mehr da, wo wir sind, das Land Kärnten wäre als selbständiges Land und als Bestandteil der deutschöfterreichischen Republik überhaupt nicht mehr, es wäre ebenso verschwunden wie Südfteiermark und die deutschen eibieite in Nordböhmen undd Mähren; nuhr dadurch, daß wir mit den Waffen in der Hand unsere Freiheit und unser Selbstbestimmungsrecht uns errungen unnd feftgehalten haben, nur dadürch ist es uns möglich gewesem, daß wir nicht wie ddie änderen deutschen Gebiete einfach versschwunden sind. Ich möchte betonen, daß über die Kompetenz des verfassunggebenddem Landtages das Gesetz vom 21. März 1919 erschienen ift und kundgemacht wurde, gegen welches ein Einspruch oder eine Anfechtung vor dem Verfassungsgserichtshof nicht eefolgt ist. Dieses sefeß lauttet im Artikel II ausdrücklich:
Der Landtag ist berufen, die selbständige Sstellung des Landes Kärnten zu vertreten, die 18 Verfassung des Landes (Landesordnung) zu beschliefen undd über die Frage ddes Zusammenschlusses der deutschöfterreichischen Länder zur einem Gesamtstaate oder des Anschlusses des Landes an einen anderen Staat durch Volkzabstimmung eentscheiden zu lassen. Präaiser und prägnanter kann das Land die Wahrung seiner Souveräntität sich nicht vorbehalten. Gs ift daher, wenn von, Seite, des SetumVorredners behauptet wurde, baß die Souveränität der Länder nicht bestandden hat und daran nicht feftgehalten wurde, dies nicht richtig. Unsere Auffassung geht dahin, daß der Staat auf Grundd eines freien Vertrages zwischen den einzelmen konstituirerenden Länder zustandekomme, in diesem Bumdesvertrag werdienn einzehme Reichte dem Bunde zugewiesen und der Staat hat innerhalb der ihm zugewwiesenen Rechte das Bundesgesetzgebungsrecht undd die Bundezerefutive; jeer Gliedstaat bleibt aber vollkommen selbständig, insoweit er sich nicht die Kompetenz an dem Bund abaibt; es findet also eine eigentliche Teilung der Souveränität und der politischen Autorität zwischen dem Bundesstaat und dem einzelnen Gliedstaaten statt, innerhallb der Kompetenz, welche die Gllieistaaten sich vorbehalten. Ich möchte vor allem nur kurz über das formelle Zustandekommen dieses Bundesstaatsvertrages einige Worte verlieren und es ift diefer Gedlanke auch in der vom uuns abgegebenen Erklärung zum Nusldrucke gekommen. Wir stehen auf dem Standpunkte, daß der Bundesvertrag durch, gleichlautende Beschlüsse in den gesetzgebenden Körperschaften der Gliedftaaten enntstehen soll. Infolge des Kriedens von St. Germain haben wir auch noch den Ffall vorgesehen, daß die konstituienende Natiomalversammlung diefe von den Ländern bebeschlossenen Verfassungsgesetze, die schon rechtskräftig den Bundesvertrag vorsechen, ebenfalls zu beschließen hat. Im übrigen sind wir mit der Frassung des bundesstaatlichen Gedankens, wie er vorliegt und in 1den ersten Baragraphen zum Auzdrucke kommt, vollständig einverstandenn. (Beifall und Händeklatschen.) Delegierter Runschak: Wir haben gestern von Seite der sozialdemokratischen Vertreter zu Beginn der Konfernz eine Erklärung vernommen, in welcher sich diese Partei für dien Ge-
dingungslojen Anschlluß an Deutschland ausspricht. Aus dieser Erklärung, die unfelrerseits eine Erwiderung nicht gefumden hat, weil wir glauben, daß diese Frage bereits außerhalb der Diskussion steht, als eine entschieldener Frage, könnte man zum Schlüssse kommen, als ob delrTämderkomferenz durch diese Erklärung nachgesagt werden soll, ddaß sie durch ihre Arbeit die Anschlußmöglichkeit durchkreuzen will. Demgegenüber will ich, mit allem Nachdtrucke feststellen, daß das, was uns heute hier vorliegt, in keinner Weise 1den Anschlußgedanken an irgend ein Reich und noch viel wemiger an Deutschlang hindert. Wenn heute hier eine Ginigung übjer die Grundlagen der teuen Verfassung fülr den österreichischen Staat gefunden werden könnte, so würden diese Richtlinien in keimer Weise ein Sindernis sein, daß sich der Anschluß an Deutschland vollzieht; noch viel weniger liept es in unserer Absicht, solche Sindernisse zu schaffen, und ich lege Wert darauf, sestzustellen, daß wir die innerste Ueberzeugung haben, daßdurch unsere Arbeit der Anschluß an Deutschland weder verbindert noch erschwert wird und daß wir daher unsere Arbeit unter diesem Gesichtswinkel mit voller Berühigung unserezpolitischen und staatlichen Genisiens fortführem könmen. Gs ift die Frage aufgeworfen worden, ob die Länder ülberhaupt eine Griftenzberechtigung haben, und sie wurde dahin beantwortet, baßdieje Verechtigung nicht gefunden, noch viel weniger anerkannt werden kann, sondern daß eigenitlich der österweichische Staat es ist, dier alle Machtvollkommenheit in seinen Händdten vereinigt und durch seine Organe auzübt undd daßdie Länder nichts anderes sind als Vollzugsorgane der zentralen Staatsgewalt. Ich möchte demgegenüber feftstellen, daß doch die Zändler histolrische und darüber hinaus auch volkswirtschaftliche Iudividualitästen sind, und als solche üben sie eine Wirkung aus, die weit stärker ist, als viele zugeben oder sich dessen bewwußt sindd; sie üben eine so krästige Wirkung aus, daß die Staatsgewalt, wenn sie schon bestünde und fundiert wäre, am dieser Kraft der Länder nicht vorbeikommen könnte. Wir haben das im altenOesterreich zu beobachten Gelegemheit gehabt. Gs hat eine Beriode gegeben, in der derselbe Gedanke, den heute Herr Dr. Gruener zum Ausdrucke gebracht hat, das politische Glaubenzbekenntnis war, der Geflerhut, vor dem sich jeder verbeugen mußte, wenn er nicht als schlechter Vatriot und dummer Volitiker bezeichnet werden wolllte. Man hatte das festgeliegt in einer Weise, llie in formaler Beziehung wirklich nichts mehlr zu wünsschen übrig gelassen hat, und vom ersten Tage an des Auftretens der zenitralistischem Verfassung mußte man, wieder den Zenttrallismus abbauen, und einmal links und einmal rechts in dieser oder jener Frage Konzessionen machen, so daß wir heute feftstellen können, daß der Zentraltsmus in Oesterreich im geplanten Sinne mur einie gesetzaeberische Euifodle und Stilübung war; darüber hinaus hat er politische Bedeutung nicht einlangt und hat- sich in keiner Weise gegenüher der Individualität der Länder durchzusetzen vermacht. Wir hhaben, bis zum Zusammenbruche zentralistische Gesetze, gehabt, aber wir wissen, daß alle diese Durch verschiedene Verordnungen und andere Gessetze wieder vollständig durchlöchert waren, umd es gab eigentlich mit Ausnahme des Heeresweisens bis zum Zusammenbruche eine wirklich zentrale Gewalt nie. Daß ganz unbefümmert um die Candeseristenz vorgegangen worden wäre, war wüchit möglich. Denm alle Gesetze, selbst das Reicksvolksschulgejet, haben doch nur den Charakter vom Nahmennesetzen getragen, und aus verschiedenen Bestimmungen, insbesondere aus den Durchführungsverordnungen, ersieht man nichts als eine Verbeugung mach der anfderen vor der historischen und staatsrechtlichen Individualität der Länder.
(5s ift diese, wienn auch gesetzlich nicht anerkannte Kraft des Ländergedankens fo groß, daß sich aar niemand diesser Wirkung enitziehen könnte, und es ift bezeichnend, daß auch die Verfassungen, welche die politischen Parteien für sich aufgeftellt haben, keine zentralistischen sind, sonderm weitgehend dem Landescharakter angepaßt sind und eine gewisse Landesautonomie aufweisen. Die zentralistischeste polithische Organisation ist die der Partei des Herrn Dr. Gruener: aber wir müssen konstatieren, daß sie wicht ettwa sich auf den Standpunkt astelellt hat: „Die Parteileitung in Wiem diktiert und die enossen in dden Ländern haben zu gehorchen“, sondern sie haßben ihre Verfassung so aufgelblaut,
19 daß wur im gewissen Sinne die Zentralleitung die Einhaltung der Grundsätze dies Varteiprogrammes zu überwachen hat und in Wirklichkeit die Landesparteileitungen eine außerordemtlich weitgehendde Autonomie besitzem, die ihren Auzdruck findeet in der Landesparteileitung undd im der Abhaltung der Landesparteitage. Wir komnren also nicht darüber hinaus, daß die Länder eine Tatsache in unferrem persönlichen, gesiellschaftlichen und staatlichem Leblen darstellen, umd wenn Herr Dr. Gruener auf verschiedene Herretoriale Schwierigkeiten verwiefenn hat, die inisbesondere, in Tirol zum Auzdrucke gekommen. sind, so bestehen diese Schwierigkeiten naturgemäß auch wann, wenn es kein Land mehhr gibt. Wenn man z. B. das Gebiet der Sinterries in Tirol betrachtet, so ist es ein solches, daß es nach feiner verkehrspolitischem Tage eigentlich nach Bayern gehört. Gs ändert aber an dieser Tatssache der Umstand, daß die Ländder zu beseitigen sind, gar nichts, denn auch dann hat dieses Gebiet zum Staate Deftehrreich keinret andere Verbindung als jetzt. Gs ist interessant. daß die Verkehrsschwierigkeitem in vielen fleinen Länldiern nie dazu geführt haben, daß biee politischen Organisationen gesagt hätten: Irgend ein Gau in Salzburg hat jetzt zu wenig. Verbindung mit Salzburg, den werden wir parteipolitiich der Steiermark hinzuschlanden? Ich meine, wir sollen unis über solche Tatsachen, die stärker sind als eine Theorie und die sich am grüwem Tisch und in Versammlungen nicht erledigen lafsen, nicht versuchen, uns einfach mit einer mehr oder weniger noblen und geiftreichen Geste hinweazussetzen. Die Länder sind faktisich früher gewesen als der alte Staat Defterreich, darüber besteht gar kein Zeifell, unß wenn wir heute auf Salzburger Boden tagien, so ist es angebracht, zu erinnern, daß es gar nicht lange her ift, daß das Land Salzblurg seine hundertjährige Zugehörigkeit zu Defterreich gefeiert hat. Wer nur einigermaßen die Geschichte kennt, wird zugeben müssen, daß es faktisch, bevor es dieses Oesterreich gegeben hat, die Cänder mit sehr weitgehendder Selbständigkeit gegeben hat. Gs hat einmal ein Mann gefagt: „Dieses Oesterreich ist eigentlich nur zusammengeheiratet worden“, und das allein bemeist schon, daß die Lämder früher gewesen sind! Wir sollten uns darüber den Ropf nicht zenbreichenn; 2* 20 aber wenn man auf den Gedankengang des Herrn Dr. Gruener eingehen wollte, känre man zu der Frage, welche im Volksleben gestellt wird. was früher war: Die Senne oder das Gi. ich möchte glauben, daß wir uns nicht darauf verlegen ffollten, juft hier eine unifornne Ginheit schaffen zu wollenn umd die einzelnen Eebewefen so zu ftrangulieren, daß sie nur mehr vegetieren oder überhaupt ihr Leben lassen müssen. Gs kann sich nur darum handeln, bei voller Wasserung der Individualität und der staatsrechtlichen Soheit des einzelnen Canldtes eine Zusammenfassung zu finden, bei welcher der Zweck eines jeden Landes und der übergeordnete Zweck dies Staates gewährleiftet werden kamm. Wenn ich mir Oefterreich vorstelle als Deutschöfterreich, so kann ich es mir nur vorftellen als einen Zweckverband von Ländern, die allein auf sich angewiesen, ihre Gristenz wur schwer oder überhaupt nicht finden können, und die Verfassung hat nach meiner Anschanung keinen anderen Zweck, als einen folchen Zwecfverband zu schaffenn. Ich möchte zum Schluk nach folgendes bemerken: Der Autonomiegedanke wirkt selbst dort, wo er historissch nicht gegeben ist. so stark, daß er historisch Gewordenes zu brechien vermag. Sehen wir nach Wien- und Niederöfferreich. Wien und Niederösterreich sind ettwas historisch Gemeinsames geworden sind eine historische Einheit, und doch wirkt der Gedanfe der Autonomie, so starf, daß die Wiener selbstähndig sein wollen, sie wollen vom Lande losgelöst sein und die Niederösterreicher wollen von der Stadt Wiem, losgelöft sein. Ich versömlich habe immer zur jenen gehört, welche diese historische Einheit verteidigt und diese Trennungsbestrebungem bekämpft haben. Aber ich sehe ohne weiters ein, daß dir Entwicklung da rathig über meine Ansichten hinwegschreitet. Der (edanke der Autonomie ift nun einmal so elementar zur Entwicklung gekommen, daß es ein Unfium wäre, sich gegen denselben stemmen zu wollen. Und so erlessen wir Senn, daß, während wir gleichzeitig die Länderautonomie aufhelben und opfern wollen, zugunsten einer Fiktion, die man zentrale Staatsgewalt mennt, man im felben Wugenblicke eine beftandene Einheit auseinanderfett und Baneben noch eine neue konstruieren will, bie niemals in der Geschichte
bestanden hat, sondern immer nur als eim wertvolles Glemnent seiner Verfassung. Ich glaube, wohin wir greifen, sehen wir die Unmöglichkeit, an der historischen und volkswirtschaftlichen Idividualität der Länder vorbeizukommsehn, undd wohin wir greifen, sehen wir auch Widersprüche, in die wir uns sselbst bei unseren Versuchen verwickeln. Ich würder glauben, daß wir über ililese FFrage lendlich himmegsehen sollen, ob idiee Länder eine Gristenzberechtigung halben oder nicht und dlaß wir vielmehr die Gristenzberechtigung und Sie Souveränität der Länder anerkennen, meinestwegen mit lachendem Munder oder träwemnldien Auges. Das ist mir gleichgültig. Wir sollen versuchen, einse Grundlage zu bildien, disese Länder zusammenzuführen zur Venwältigung gemeinsamer Arbieit, auf welcher dann der Segen erblühen foll, der ein glückliches Oefterreich sichert unß der jedem einzielnen Bestandteil geordnete Zuständie gewährt. Delegierter Landeshauptmann-Stellvertreter Dr. Uhrer: Meine sehr geehrten Herrenl Nach Rücksprache mit den Herren meiner Partei aus der grünem Mark habe ich kurz folgendes zu erklären: Wir stehen auch grumdssätzlich auf dem Standpunft voller Freiheit, gewährleistet durch den Weafall den pragmatischen Sanktion bezw. des Herrscherhaufes. Wir betrachten uns nur gebunden durch den Friedensvertrag vom Saint ßermain. Wenn von einem der Heyren Vorredner angeführt wurde, daß, wenn wir die Freiheit der Länder anerkennen würden, dieses Beispiel bis zum letzten Kirchturm ziehen würde, so kann ich mich dem nicht anschließen, weil ich die Ansicht vertrette, baß die Länder historische Tindividualitäten sind. Ich habte dabei in erfter Zinie die steirischen Verhältnisse im Auger Die repolutionäre Begründung des Stagtes Deutschösterreich ist nach unssender Uehert zeugung — und dafür gibt uns die letzte Bergangenheit Recht — nichtt in der Weise enitstanden, daß nach der Zertrümmerung der altem Monauchie die Staatsgewalt durch die Nationalversammlung übernommen woren wäre. Gs hat sich vielmehr aus der Mittg der Nationalverssammlung ein Vollzugsausschuß gebilldet, der dann, und zwar war das Ende Oktober, dem Vorklaut seiner Beschlüsse an die einzelnen Ländden mitgeteilt hat, die ihren Beitritt zu Deutschöfterreich erklären sollten. Die in Steiermark vollständig selbstädig gebildete Landesversammlung hat hierauf, dden Beitritt zum Staate Deutschösterreich vollzoge, und sich eine provisorische Verfassun gegeben. Dieser Beschluß wurde von der provisorischen Nationalverssammlung anerkannt. Detr Hierin zum Muzdruck kommemde Gedanke einser vertragsmähigen Konstituierung des Staates ist von sumptomatischer Bedeutung. An dieser Tatsache ändern auch spätere thepretische Bestreitungen nichts. Für Steiermark kommt überdies in Betracht, daß nach dem beveits am 25. Oktober erfolgten Rücktrilt des Statthalfters eine eigene Revolution erfolgt war. Schlüeszlich und endlich wurde durch die Grlafsung einer Landesordnung durch den Camdtag, der die Staatzregierung beigetretem ift, Der Stanspunkt, daß die Länder freiunls selbständig über ihre Verfassung verfügen, neuerlich feftgelegt. In diefer vertragsmäßigen Konstituierung des Staates Deutschöfterreich lag schon die Basis für die selsbständige Lamdesordnung und liegt darin nur eine Fortsetzung der geschichtlichen Gntwicklung der Souveränität der Länder und in ihr liegt auch die Pasis für die heutige Verhandilung. Delegierter Senatspräsident Dr. Falser: Herr Dr. Gruener hat zum Beweise seiner Ausführungen dargelegt, daß die Souveränität der einzelnen Länfder überhaupt angezweifelt werden müsse. baß aber das Werk der Sabsburger jedenfalls vernichtet worden sei. Diese Behauntung ift nach meiner Ueberzeugung ganz unrichtig, undd es trifft auch, das Beispiel, das erheramgezogen hat bezüglich meines Seimatlandes, nicht zu. Tirol hat schon im 13. Jahrhundert sich als selbständiges souveränes Gebiet innerhalb des damaligen Deutschen Reiches gebildet. Die Grafen von Tirol haben konsequent und bewußt Sathin geanbeitet, auff die Konsolidierung dieses Lamdles. Sie halben auch durch sehr wichtige Verträge mit den damals ebenfalls souveränen Bischöfen von Trient und Briren les dahin gebracht, daß eine Grundlagen für einen politischen und wirtschaftlichen Zusammenschluß geschaffen worden ist. Dieses Lanld
21 Tirol, das allendungs später dann territorial erweitert wonden ist, haben die Habsburger durch Verträge erworben und sich überhaupt durch Verträge oder Seiraten in den Besitz dies größten Teiles der Alpenländer gesetzt. Ueherall aber ist der Gedanke zum Durchbruch gekommenn, undd er wurde auch von der Tynastie niemals verleugnet, daß die pragmatische Sankttion in jeidiem einzelnen Lande Baran nichts ändert. Sie hat nur ein Band um Dier verschiedenen Länder geschlungen, ohme daß dadurch die Souveränität der Habsburger in den einzelnen Ländern aufgehoben worden wäre. Im Gegenteil. die Sanktion wahrte Die Rechte der Tännder, umd jpeziell Tirod hat nur unter Verwahrung einer alten Souveränitätsrechte sich entschlofsen, die pragmatische Sanktion durch den Landtag anzunehmen. Sellbft die Dezemberverfasjung hat noch die Individualität der Länder anerkannt, indem bie Verfassung. wdie auf Grumdlage dier Lännder auffgebaut war, durch die Bestimmung, daß der Reichsrat durch die Cänder beschickt wird, ebtenfalls wielder vor der selbständigen Individualität der Länder eine Berbeugung gemachit hat. Der Herr Dr. Gruewerhat erwähnt. daß ebenso wie die einzelnen Känder auch die einzelnsen Bezirke sich abtrennen könnten und verlangen könnten, daß ihnen 1die Souveränität zugesichert wird. Meine Herren, da ift ein großer Unterschied. Die einzeilnen Bezirke sind niemals fouveräm gewesen, sie holben immer zu einem souveränen Staat gehört, und wienn sie jetzt die Souveränität verlangen wollten, fo wäre das ein offener Bruch mit den beftehenden Rechtszuständen, es wäre ein Treaubruch, Der vorkommen mag, der Bann eine neue Souveränität bilden kann, der aber feinseswegs gerechtfertigt ift und grduldet werden könnte, und zwar deshallb, weil Ddie Ländler auf die ihwen zugestandenne alte Souveränität Ansspruch machen müßten. Mit demselben Rechte könnte auch eine Genweinde fagen, ich will auch souverän fein. Ich glaube daher, daß diese Ausführungen des Herrn Dr. Gruener durchaus nicht zutreffen und waß dienselben ddiee Bestrebungen der Länder nach der alten Sonneränität nach dem Wegfall des bisherigen stagtlichem Verbandes wie er in der pragmatischen Sanktion begründet ift, entgeglengehalten werden können. 22 Delegierter Resel (Steiermark): Sehr verehrte Herren! Aus den bisherigen Verhhanldt Jungen, ift hervorgegangen, daß Steiermark in der ganzen Ftrage sich nicht so intensio beschäftigt hat, als es die Herren für Tirol und Salzbura getam haben. Der Grund liegt darin, daß wir momentam so viele andere Sorden haben, wie wir über ddie jetzige Zeit hinwegkommen, so daß wir uns mit diesen Frage wieniger beschäftigen konntem. Wie kamm eigentlich die Frage mit dem Siaat und mit der Historie der Länden in Ginflang gebracht werden? G3 herrichen diesbezüglich, glaube ich, felbft unter den verschiedenen Varteien keine vollständig einheitlichen Ansichtem und ich kann erklären, daß ich wiederholt einen von einzelnen Parteigenossen abweichendem Stansspunft vertreten habe. (HörtlRufe.) Iich war immer für einen Einheitsstagt undd gegen einen Bundesstaat. Ich möchtie daran erinnern, ddaß ich feinerzeit einmal im steirischen Landtag erklärt habe, waß ich gegen die historischen Ländergrenzen bin, weid sie unzweckmäßig sind. Ich halbe damals bereits einen Kampf geführt für die Beseitigung von Landesgrenzen und für die Ginsteilung des Staates nach Kreifen, nicht bloß, weil damalls die nationale FFrage eine besonddere Kolle gespielt hat, sondern weil die Automimie der Lämder, eigentlich follten wir fagen die Selbitherrlichkeit der Länder, den Gessamtinteressen immer abträglich war. Wenn, hier von der historsisichiem Entwickluung gesprochien wird, so muß ich zu meinem Beißdwesen erklären, daß mein Urteil durch Geschichtskenninisse wenig getrüsbt ist. Ich habe beim Heralbfahren idien Herren von Wien gezeigt, wo ich geboren bin, und wo ich in die Schule gegangen bin, und zwar in eine zweiklässige Volksschule. Am Land draußen hat man sich wenig historische Kenntnisse zu erwerben vermocht. Die Gindrücke meiner Kindheit sind dahin gegangen, daß der Bauer eingepferckt zwischem zwei Adelsgeschlechtern furchtbar gelitten hat und meine Ansicher hat sich dathin kristalisiert, daß man diese Untersrückung des Vauern und den Freudalismus besseitigen muß. Ob das innerhalb her Länd-igrenzen geschehen soll, daran hat man Damals nicht gedacht. Nun, meine Herren, die gar:: historische Entwicklung ift eine Feudale. Wir hatten früher blloß die Stänldie. Die Abgrenzung der
Länder ist nicht erfolgt nach Zweckmäßigkeit, sondern nach den jeweiligen Machtverhällnissen einzelner Geschlechiter oder nach dien jeweiligen Zuteilungen durch die Güte des Stastsoberhauptes. GEinzelne GGrafen oder Fürsten sind beilohnt worden, andere sindd bestraft worden. Eine gewisse Rolle haben allerdings auch die Verkelhsverhältnisse gespielt. Nun alber, meiwer Herren, wenn wir von den Verkehrsverhältnissen resdien, so müssen Sie schon sagen, daß die Landdesgrenzen nach der Richtung allles eher als ideall sind. Ich möchte darauf hinweisen, daß beispielsweife der Lungau zu Salzburg gehört. Wohin muß ich fahren, bis ich nach Salzburg fomme? Maria Zell gehhört zu Steiermark; 1das Salzkammergut teils zu Steiermarf, teils zu Oberösterreich. Wer die Verkehrsverhältnisse kennt und wer seinse zweckmäßßigere Einteilung der Verwaltung habben will, der, glaube ich, wird sagen, waß nach der Richtung hin seine Aeneruna einzutreten hat. Nun aber halt geraldie die Verstümmelung des Staates in dieser Richtung etwas anderes gezeitigt: ich bitte, Dienz gehört zu Tirol; wie wird man von Dienz nach Tumsbruck kommen? Gerade ein Herr aus Kärnten hat darüber gesprochen, der weiß, daß es eine Spielerei ift, von Villach nach Dienz zu kommen. Von Dienz aber nach Innsbruck zu kommen, ift, besonders bei den, jetzigen Verkehrsverhältnissen, ein Kunststück. Wiekamm sich unter solchen Umständdten die Verwaltung gestalten? Wir aber müssen, uns die Frage vorlegen, ob wir uns zu einem Einheitsstagt oder zu einem Bundesstaat entschließen folfen. Seinerzeit waren wir ein Staat von o unid soviel Milsionen Einwohnern und jetzt haben wir höchstens 65 Missionen. Ein Berwaltungsgebiet vom 40 Millionen Einwohnern unterscheidet sich doch ganz Gedeutend von einem solchem mit nur 65 Millionen Einwohnern. Der Zemtralismus in jenem großen Staate möchte vielleicht, wozu uns Frankreich das Beispiel gibt, nicht sehr angezeigt sein. Ich frage gar nicht nach der Sistorie, sie gilt mir sehr gering, sonddern ich frage nur naich bem Praktischen. Und da glaube ich, ist vor allem die Frage voranzustellen, welche Lebiensmöglichkeiten hat der Staat und wie kann er seinte Eebensfähigkeit erhalten? Und da habe ich nicht zu fragen nach den historischem Landes-
4lenzen, sondermn nach dder Zweckmäßigkeit ldles Wenn der Ausbaues der Volkswirttschaft. Herr Vorredner Kunschak erklärt hat, daß die Vänder auch volkswirtschaftlich zusammenhängen, so glaube ich, ist wdas ein kleimer IrrtumDie autonomen Bestrebungen waren immer in gewissem Maße vorhanden. Vor dem Kriegwaren sie allerdings schon sehr auf die Spitze getrieben. Über woldurchi ist was stärkere Streben nach der Länderautonomie entstanden? Wie dir Krieg ausgebrochen ist, hat man den Staat eingeteilt in Versorgungsgelbiete. Und wie der Hunger immer ärger gewonden ist, ist die Autonomie immer größer geworden, das heißt, jedes Gebiet, das geglalubt hat, für sich etwas zum Eisen zu haben, hat sich gegen die andenen Tämder hermetisch abgeschlossen. Und das wirkt noch weitier, unter dem leiden wir am allermeisten, weill jeder sagt, wenn schon jeder hungern muß, so will ich am weniasten Hungern. Dieser Zustand ist nicht haltbar, denn dass beweift uns jeder Tag. Nach dem Umsturz ist man nichit nur in Bezug auf die Eelbensmittelversorgung immer enghierziger gewordem, ssondern auch sonst. Wir im Steiermark haben erwogen, ob wir nicht eine Steuer auf Erz und Roheisem einheben sollen, damit wir einee Einnahme für das Land haben. Das wäre eine Schädigung der gesamten Industrie, denn Steiermark hat ddie einzigen Gifenerzlager. Wir haben das nicht gemacht. Aber die Gemeinndie Gisenerz hat selbst spekuliert, ob sie nicht eine Steuer auf Erz nehmen könnte. Wir im Stieiermarf haben Gifem, Kohle, Magnefit unddi Zenent. Wenn wir mit der Ländereil so fortsashren würdien, dann könnten wir uns in Steiermark auf dem Standpunkt stellen, das Gifen gehört uns, die Kohle gehört uns, ddas Salz, das Magnesit. Dder Zement gehört uns. Und nun ragen wir uns, wier könnlie da der Stagt lebensfähig werden? Die Republik kann nur lebensjähig werden durch die Förderunng der Industrie. Gs darf nicht vergessen werden, daß sich die historische Entwicklung auf Grundd, der Stände, zum Teil des Bauernitandes vollzogemhat; wir können aber jetzt kein Ständestaat sein, wir können auch kein reiner Bauernstaat ssein Denn wenn wir jene Menge von Lebenzmitteilln, die wir brauchen, wenn wir jene Menge vonRohprodukten, die wir brawchen, um die In-
23 dustrie zu deckem, aus dem Auslandee beziehent und zahlen wollen, so kann das nicht durch die Abgabien der landwirtschaftlichen Produite, es kann das nur durch die produktive Tätigkeit der Industrie erfolgen. Infolgeldessen sind wir darauf angewiesen, daran zu denken, wie kann diese Industrie gefördert werden. Durch die Länderei wird sie nicht gefördert, undd wenn jemand vom volkswirtschaftlichen Zusammenhang redet, so bitte ich zu bedenken: Glognitz, Wiemer-Neustadt, Mürzzuschlag und Gisenerz hängen wirtschaftlich viel mehr zusammen als naich ihrer historischen Entwicklung. Sehr wundert ies mich, daß ein Herr Verslreten aus Wien iden Bundesstaat so verteidigtl; wie kann Wiren leben, wenn, wir den Staat zerreißem, wenn wir den Statt in seine Bestandteile auflöfen. Ob Wien leben kanm oder nicht, ist keine Frage der Arbeiter. Die Wiener Arbeiter werden leben, ess wir Oesterreicher uns in Dorfschaften auflösen oder nicht. Wer in Wien nicht leben, können wird, das ist das Wiener Bürgertum, das ist der Mittelstand. Wisen ist darauf eingerichtet, die Zentrale Oefterreichs zu sein. Und nun sind wir so klein und wissen mit diem Wisen michis anzufangen. Wien ist, während sie früher die gepriefene Donaustadt war, für uns ein Ballagt geworden, mit Dem man nichts anfangen weiß. Wir können nun einmal Wien, das unfchulldig ist an der Entwükkkun, micht einfach ausradieren, wir können uns nicht auf den Standpunkt stellen, die Wirner follen, es ift das wiederholt gefagt worden, verrecken. Im Giegensteil, ich habe immer den Standpunft vertreten, man foll Wien gelben, was man ihm nur geben kann. Wenn wihr aber den Staat atomisieren, dann wird Wiendas werden, was &s vor langer Zeit war; dann würde es in Wien so werden, wie es einst in Benedig war, untd die wohlhabenden Bürger werdien die öffentlichen Erbäude zeigten undjagen: „uno soldi“. Vierschließzen wir unsere Augen nicht vor den Tatsachen. Uns fehlen die Rohstoffe, wir müssen sie einführen. Das Wenige, was wir haben, gesähnden wir, indem wir uns atomisieren und die Länderei immer mehr ausgestalten und die Länder, wie es durchi dienKrieg geschehen ist, dazu anreizen, sich auch wirtschaftlich selbständig zu machien. Dabei würden abier gkradte die Lälnder, bei denen die 24 Selbständigkeitsbestrebungen am heftigsten zutage treten, am schlechtesten wegkommen. Ich frage Sie: Wie wird Tirol ohne das übrilge Oefterreich leben können? Freilich, die Herren haben sich wiemig um Ddas Schicksal Deutschöfterreichs gekümmert, sondern ihr oberster Gedanke war, nur wegzulkommen von diesem elemden Stadt zu einem anderen hin, wo es uns besser gehen wird. Sie hablem, dabei an Deulschland unds an die Schweitz gedacht; das ist nundurch den Friebensvertrag erledigt. CandlesFauptmann-Stellvertreter Dr. Schumacher: Vorläusigl) Weenn aber 1das nicht erledigt wäre, so glaube ich, daß das ein Zeugnis der Solidarität mitt den üfbrigten Ländern ist. Sie schaden genaden dadurch dem Ländern, wielche durch ddie Historie soeng verknüpft waren. Dann dürfen sie doch nicht dienken, daß Deutschland, abgesehen von allem übrigen Greignissen, als Industriestaat lebensfähig ist. Wenn man da während der Kriegzzeit erzählt hat, von der Entwicklung der Landwirtschaft in Deutschland, und wenm auch di deutsche Landwirtschaft unserer Landwirtschaft bedeutend voraus ist, zum Teile infolge der Bodenbeschaffenheit, so kann sich Deutschlanss auch nichtt ernähren. Was während der Kriegszeit erzählt wurde, ist aufgebauscht bis ins Unendlichte, genau so wie der Elond George aufgebauscht hat, daß in Gngland alle halbwegs ertragsfähigem Fflächen bebaut wurden. Das ist nichst wahr, das ist nur Sand in die Augen gestreut. Gnalanss kann ohne Ausland, ohne Zuschüsse zur Ernährung der Bevölkerung das Auslangen nicht finden, Deutschland auch nicht und wir noch weniger, und wenn die Herren glauben, daß es Deutsschland immer besser ging, so ist das auch eine Frage, die wir nicht bejahen oder verneisnen können, und Heren Wahrheit sich erst im Caufe der Zeit ergeben wird. Ich glaube, daß wir viel besser fahren würden, wenn wir und über das historische hinweg setzen mürden, das würde praktischer und zweckmäßiger sein. Ich bin durch die Koalitionsvereinbarungen, die meine Partei mit der christlichi. Partei getroffen halt, gewissermaßen gebunlden. Ich bin ein, so guter Parleigenosse, daß ich trotz meiner persönlichen Ansicht mich den Roaditionsvereinbarungen füge und dia kommt allerdings bei aller Partei-
disziblin für mich die Frage, wie kommt die Demokratie dabei weg. Insoferwe irgenhwie an der Demokratie gerüthellt wird, so allausbe ich, wind ein großer Teil, und ich glaulbe nicht einmal Ginzeine, nicht dabei mittun. Mich wundsert, wenn ein Herr aus Kärniten in seiner Erklärung sagt, sie sind deshalb auf den Staat böfe, weil er sie in dem Momente der Not im Stiche gelassen hat. Meine Herren! Wir, die wirlden Greignissen von Kärnten ferner stehen, können die Sache vilelleicht weniger richtig einschätzen. Wir sind ziemlicht washe gestanden und in sehr großer Gefahr gewessen, in die Greigmisie von Kärnten hineingezogen zu werden. Ich kann fagen, daß sich die Greignisse in kännten besi nähever Betrachtung weniger großartig auznehmen. Ich wwill mich darüber nicht in einen Streit einlassen, ob Kärnten besjer weggekommen wäre, wenm es eilne andere Politik eingeschlagen hätte. Das leine ist sickter, daß Kärnten diese Politik leichter Betreiben konnte, weil es einen großen Teil dder Güter, die von der Front zurückgekommen find und die in der Nähe aufgestapelt waren, befefsen hat. Uns war es glattweg unmöglich, etwas zu unternehmen, weil wir im zweiten Tagie durch Hunger gezwungen gewesen wären, zu kapitulieren. Uns gegenüber hätten die Jugoflawen nicht erst die Serben gesbraucht mit ums fentig zu werden, sie wären auch mit uns fertig gewordien, wenn sie die Bahm abgesperrt hätten. Nun meine Herren, aber geradlewenn ddie Kärntner nicht wieder in dise Gelegenheit kommen wollen, wenn sie einmall getrennt sind, wenn sie unbedingt allein bleiben wollen, so wäre es fonsequent, für einem mehr starken, einheitlichen Staat zu forgen, weil nur der die Schlagfertigkeit und Ginheitlichkeit einer Verdeitigungs-Armee zu garantierem wehrmag; es wird sich im Taufe der Debatte noch manckses ergeben, worauf man zu antworten Gelegenheit haben wird, aber ich bitte Sie, diese meine Ausführungen als meine Ansicht, die sich mit einem Großteil meiner Parteigenossen ddeckt, zur Kentnis zu nehmen. Ich glaube, meine Herren, wir dürfen bei den ganzen Beratungen nicht von dem Standpunkte ausgehlen, den ich früher schom bemerkt halbie, daß manche Herrem auf diessem Standpunkte stehen: Lieber im Dorf der erste als in Rom der zweite. Das kann nicht unser Standpunkt sein, besonders nicht im der Zeit der Not, die uns alle auf dden Fingernägeln brennt undd wo wir nicktt wissen, wäre wir in der nächsten Zeist über die tristen Verhältnisse hinwegkommen werden. Wir werden alles anshietenmüssen, um nur einigermaßem dorthin zu kommen, wo eine weitere Gnitwicklung möglich ist. Deleaierter Dr. Uhrrer: Ich beantrage Schluß der Rednerlifte mit Rücksicht auf das große Programm. Vorsitender Landeshannimann Sever: Werfür den Antrag auf Schluk der Debatte ist, möge die Hand erhelbsen. Angenommen. zum Worte gelangt der Herr Landeshauptmannstellvertreter Steinver aus Niederöfterreich. Telegierter Steiner: Sehr geehrte Herrenl. Die chaptischen und unhaltbaren Zustände in der öffentlichen Verwastung verlangen, daß endlich einmal ddie Nationalveriammlung diewichtlaften Gesetzt, die für den Bestand, der österreichischen Republik erforderlich sind, vertragsmäßig behandelt. Und es ift ein Verdienft des Herrn Staatssekretärs Dr. Mayr, diese so wichtige Angelegenheitt in Fluß gebracht zu haben. Denn es ist dringennd notwendig, daß endilich einungl die Machtbefugnisse des Staates und die Wirkungskreife der autonomen Berwaltung in den verfchiedenen Gändern feftgeftellt werden, weil sonft unwiderrüflich der finanzielle Zufammenbruch des Staales und auch der Länder erfolgen muß. Meine Herrenl Der uns vorliegende Verfassungsentwurf des Bundesstagtes Oefterreich steht auf dem Standpunkte der fhaatlichen Selbständigkeit der Tändier, darunter auch Weftungarns und der Stadt Wien, und fügt sie als Gliedstagten zu einem Bunde3staat zusammen. Die staatliche Seibständigkeit der Länder, die in der historiscken Entwicklung begründet ift, hat sich heute derartig giefestigt, ddaß, meine Herren, die Araumende. die dagegen vorgebracht worden sind, micht mehr aufrechit erhalten werden können, und daß es wohl nicht möglich ist, die Sache einzuschränken oder sie auf den Standpunkt vor dem Kriege herabzudrücken. Der Verfassungs-
25 entwurf fügt sich idaher in dier allgemeinen Not dem Recht der Ueberzeugung an, indem er Sieses vertragsmäßig feststellen will., Meiner Herren! Ich habe mich als Vertreter von Wiem im niederösterreichtischen Landtage hauptsächlichi zum Worte gemeldet, weil die maßgeblenden Parteden im nieberösterreichischen Landtage sowie im Rattnaurse der Stadt Wien zur Ueberzeugung gekommnem sind, daß ein Band zerrissen werdien soll, welches seit diem Jahre 1330 besteht, und vom welchem ich heute nickst mit Sicherheit behaupten kaum, ob es beiden zum Vorteile gereichen wird. Meine Herren! Die Landes- und ihre historischen Grenzen sind festgesetzt, soweit sie nichit durch den Friedensvertrag von St. Germain geändert worden sind. Das Verhältnis der Reichshaupt- und Refidenzstadt Wien list ein andkres. Wien hat sich im Laufe der Tahnhunderte herausgearbeitet zu einer mächtigen Weltmarktstadt. Mit Rücksicht auff die Auzführungen eines unmiltelbaren Herrn Vorredners und mit Rücksicht auf die öffentliche Melinung gegenüber Wien erachte ich es als Wiener für meine Pflicht, dazu Stellung zu nehmen. Denn Wien hat ja zweimal seine Selbständigkeit und seine Erterritorialität genosjen und im -Jahre 1237 und 1276 wieder verloren. Auch der wirtsschaftliche Niedergang im 16. Tahrhundert durch den Niedergang des Donauorientkurses hat Wien in eine furchtbare wirtschaftliche Tagegebracht und uns bedrängt. Wenn aber in Sem Ländern in abfälliger Weise von einem Wassserkopf Wien, von einem sterbsenden Wien gesprochen wird, dann, meine Herren, täusichen Sie sich nicht! Wenn die Verkehrsmöglichkeit gegeben ist, wenm alle Beschränkungen, die jetzt blestelhen, wegfallen, wenn die Not und das Glend, das in Wien herrscht, wieder wird befeütigt werden können, wenn wieder Rohstoffe und Betriebsartikel vorhamden sein werden, dann wird es Wien sein, welches nicht Rekriminsationen in die Vergamgeniheit anstellen wird, sondern offenen Auges in die Zukunft blicken wird, um sich wieder herauszuarbeiten. Das Mitleid, welches man, sehr oft in der öffemklichen Meinung, nicht nur in unferem engeren Vaterwande, fodern auch im den Sukzessionsstalaten zum Auzdrucke bringt und uns dier Sumpatien für Wiem versichert, aber eigentliche Silfe nicht 26 gebracht hat, für dieses Mitleid danken wir. Uns sind diee Taten viel lieber als die Geffühler Wien, meine Herren, wird sich schon wieder herausarbeiten, vermöge feiner reichten Tage, seiner vorzüglichen arograpthischen Tage und einer mächtigen, Mitteleuropa durchquenende Wasserstraße, und vermöge dieser haben wir einem gemeinsamen Verührungspunkt für die Deutschiösterreicher, Ungarn, Polem, Südflanien usw. Meine sehr veuehrtem Hernenl Gs wird immer von einem sterbenden Wiem gesprochen, erlauben Sie, ddaß ich Ihnen mitteiile, wie nun die ssinlanzielle Kraft Wiens im letzten Jahre des angeblichen Niederganges ausgeseihen hat. An direkten Steuern wurden vom 1. Juli 1918. einschließlich, der Kriegszuschläge, bis zum
30. Jumi 1919 1 Milliaridle 805,260.268 kronen geleiftet. Das Land Niederösterreich hattlel eine Steuenleiftung vom 240.335.702 Fronen. Das sind die Steuerleiftungten. Was die Versbrauchssteuen, die Süßstoffsteuer, löie Zollgefälle und den Ertrag aus dem Taibatvenschleiß für das engeren Land Niederösterreich anbelangt, io liegt Hierdinne Beiftung von 305,904.93804 stronen vor. Sie sehen daser, daß die finanzielle kraft Wiens noch besteht, und wenn wir heuter darlan arbeliten können, einen Grumdriß für den Neubaus umseres Vaterlandes zu schaffen, wann ist 41s eben, dringend notwendig, daß das Fundament idiefes Baues derartig festgesezt wird, daß sich die Bürger, die in diesem Hauise wohnen, Schulter an Schulter glücklich und wohl fühlen, und daß mam endlich sich: dazu bequemt, sich als Oesterreicher zu bezeichnen. Wir warem dem Meinung, daß diese denntschöfterreichsissche Republik mational gerinigt und, daß man sich immer als Gesterreicher bezeichnen wird!. Leider sehem wir jetzt, daß dieses auch für die Zukunft uhmmöglich sein wird, und daß es immer Tirosiehr, steiren, Oberöfterreicher usw. geben wird. Mesine Herren! Was Wien anbelangt, sso muß das Band zerrissen werden. Ich, habe Fahnzehnte lang in der exefutiven Verwaltung des Dandes Niederösterreich mitgearhelitett, unsd es berührt mich schmerzlich, ich erkläre es ganz offen, heute an der Tremmung mitarbeiten zu müssen. Ich wünsche aufrchtigen Herzens, daß die Trennung einen Schadem weder, für Wien noch für die Bevölkerung des flachten Landes mit sich bringem möge, aber endlich glaube ich
auch, daß wir nicht nur allein unsere Tätigkeit auf die politische Organisation werien wollen, sondern ich bin der Meinung, daß wir eindlich daran gehen, die Organisation des Pflicht- und Verlantwortlichkeitsgeffühls in jedem Einzelnen im öffendlllchem Lebien wach zu rufemn Wenn das bei der Siarttsregsierung und auch bei amderen, die in der Verwaltumg stelhen, abhandlen gekommen zu fein, scheint, weil man blitzaritig leichten wie früher eine Million, jetzt Millianden bewilligt, ohnie seinen Selber, Bedeckung hiefür zu hablem, wennn das nicht bald besseitigt wird und die Verfassungsgmundlegung nicht bald Gesetz wird, dann, meine Herren, ist das Ghaos unabsehbar. Deshhalb glaube ich, daß nebst der politischen Organisation auch die Oilgansisation der Arbeit, und zwar der intensivem Arbeit, die für jeden Privaten und auch für jedien in der öffentlichen Verwaltung Stehenden notwendig ist, weil wir num durch die Arbeiit wieder hochkommen könnem. Gs ift dalher, wie meinunmittiielblarer Vorredner aus Steiermank bemerkt hat, unmöglich, die Bestretblungen der Länder, selbständig zu werden, aufrecht zu erhalten. Wir müssen uns danein fügen, daß es so kommt, und ich wünssche nur ein gllückliches, neue's Oefterreich auf republikanischer aber wahrhaft demokratischer Grumßslage, im welchem es nur gleiche Rechte und gleiche Pflichten gebem muß. Delegierter Gröger: Sehr verehrte Herren! Im Gegenfaßz zur deutsch-demokratischen Partei Kärntens muß ich im Namen der Kärntner oziald-mokratischen Arbeiterfchaft erklären, daß ich nicht auf dem Standpunkt des Aufbaues der Verwaltung der Länder ftehe. Ich halte die Beftrebungen, die heute hier zum Ausdruche gekommen find, für lfchädlich und weise deshalb den Tänderfeparatismus zurüch. Die deutschöfterreichische Republik ift geboren worden aus der Revolution. Wir find eine einige Nation und deshalb wollen wir auch ein Staat fein. Die Schaffung eines Bundesstaates hätte vielleicht im alten Defterreich ihre Berechtigung gehabt, wo eine Reihe von Nationen in diesem Staate vorhanden waren. Durch den 3erfall des alten öfterreichischen Staates ift die deutsche Nation eine Ginheit geworden, und infolgedeffen ift auch der Gin- heitsftaat für die Deutfchen Deutfchöfterreichs das befte Gebilde. Gs ift ja richtig, daß in den Ländern verschiedene Eigenartigkeiten find. Über diefe Eigenartigkeiten brauchen nicht durch den Bundesvertrag feftgelegt zu werden, sondern fie können auch gewahrt werden durch den Ginheitsftaat. Die fozialdemokratische Arbeiterichaft Kärntens ift gegen die Grrichtung des Bundesftaates und für den Einheitsstaat. Wir find dafür, dak die historischen Kronlandsgrenzen aufgegeben werden und daß die Länder Verwaltungsgebiete im Ginheitsstaate werden. Was aus Kärnten werden wird. das läßt sich vorläufig noch nicht vorausfagen. Der Friedensvertrag hat nämlich das Land bereits in drei Teile zerriffen, in einen italienischen. in einen juaoflawischen und in einen deutschen Teil. Und in diefem deutschen Teil gibt es noch zwei Abstimmungszonen und das Ergebnis der Abstimmung muß erft abgewartet werden, bevor man entscheiden kann, was aus diefem Lande werden wird. Wir wissen nicht. ob die Abstimmungszone A für Deutfchöfterreich oder für Deutsch-Kärnten erhalten. bleibt. Wir wiffen nicht was aus dem Lande werden wird, wenn die Abstimmungszone A. durch die Abtrennung der Gebiete an Italien oder an Jugoflamien, wie es im Ffriedensvertrag feftgelegt ift. verloren gehen wird. Wir wissen nicht. werden wir uns dann orientieren nach Steiermark oder nach Salzburg. Ich meine daher. wir Kärntner haben gar keine Urfache, uns fo befonders für die Bundesverfafsung einzufeken. Herrn Dr. Pflanzl von der deutich-demokratischen Partei hat es beliebt. eine Ungelegenheit hier auf der Länderkonferenz zur Sprache zu bringen, die ich, 1o leid es mir tut. nicht unwidersprochen laffen. kann. Herr Dr. Pflanzl von der deutich-demokratischem Vartei Kärntens hat der Staatsregierung den Vorwurf gemacht, daß sie uns in unferer Not im Stiche gelaffen hat, oder zum mindeftens nicht iene Unterfftützung angedeihen lief. welche notwendig gewefen wäre, Es müßte stunden- und tagelang gesprochen. werden. um die Leiden zu fchildern, die wir Kärntner seit dem Zufammenbruche der alten Monarchie durch die kriegerischen Greigniffe auszuhalten hatten. Aber das eine fteht feft, daß die Staatsregierung dem Lande Kärnten
27 in jeder Hinficht entgegengekommen ift. Ullerdinas konnte sich pflichtgemäß die Staatsregierung nicht dazu entschließen, jene Volitik mitzumachen. von der Herr Dr. Pflanzl gesprochen hat, jene Volitik der Waffen in der Hand. Die Staatsregiernug war damit einverftanden, daß der Abwehrkamppf. insoweit er berechtigt war, geführt wurde. Sie war aber nicht einverftanden damit. daß eine Kriegspolitih im Lande gemacht wurde, und dak ein Ungriff unternommen wurde. und Herr Dr. Pflanzl wird sich gewiß zu erinnern wissen. welcher Kämpfe wir Gozialdemokraten im Landtage gegen diefe kriegerische Volitik geführt haben. Schließlich und endlich hat ja die Kriegspolitik dorthin geführt, was wir voraus gefagt haben. Sie führte zur zweimonatlichen Bejekung der Stadt Klagenfurt und ich muk. jo leid es mir tut. schon fagen, daß der Schaden in diefer allerfchwieriaften Zeit die größten Kriegsheker waren, die in der Stunde der Not nicht am Plakze waren. (Zwifchenruf: Ohol) Ich kann namens der fozialdemokratischen Partei Kärntens erklären, baß die Ausführungen des Herrn Dr. Pflanzl nicht dem Willen des VolRes entsprechen. Durch die eigenartigen Verhältnifse unferes Landes war es nicht möglich, Neuwahlen für den Landtag vorzubereiten. und fo gibt die gegenwärtige Zufammenfetung des Landtages kein richtiges Bild über den Ausdruch des Volkswillens. Aber wenn wir die Stimmen. die am 16. Ffeber 1919 für die Nationalverfammlungswahl abgegeben worden. find. in Grörterung ziehen, fo finden wir, daß von rund 158.000 Stimmen. 78.000 Stimmen. auf die fozialdemokratiiche Partei entfallen sind. so daß wir also die Häfte aller abgegebenen Stimmen auj unfere Partei vereiniat haben. Men kann also daher nicht fagen, der Wille des Volkes von Kärnten äußert sich in ener Fform, wie er von Herrn Dr. Pflanzl zum Ausdruche gebracht worden ift. Sobald es uns möglich fein wird. Neuwahlen für den Landtag vorzubereiten, werden wir in der Tage fein, feftzuftellen, wie eigentlich die Zuammenfetzung des Landtages an den politichen Parteien fein wird. Der Herr Landeshauptmannftellvertreter Steiner hat vorhin. erklärt, daß die allerwichtiafte und dringendfte frage in der gegenwärtigen Zeit die Löfung 28 der Verfassungsfrage fei. Wir Sozialdemokraten hatten fchon, wie der Herr Kollege Refel schon gefugt hat. erklärt, daß in dem Momente der allgemeinen Not und des Glendes, das in alen Zündern, herricht. momentan nicht die Verfassungsfrage als die wichtigfte zu betrachten fei, fondern wir betrachten die Vermögensabgabe und die Wehrreform als das Notwendiafte im gegebenen Momente. Es macht aber den Gindruck, als ob man die Verfassungsfrage vorschieben wolle. um der Vermögensabgabe und der Wehrreform aus dem Wege zu gehen. Zum Schluffe möchte ich aber fagen, diß ich die Einberufung einer Länderkonferenz im Bezug auf die Ernährungslage Deutschöfterreichs viel wichtiger halten würde als unfere gegenwärtige Beratung. Gs wäre fehr wichtig gewefen, die Vertreter der Landwirtschaft aus den verfchiedenen Ländern zufammenzurufen und ihnen die Not des Bolkes vor Augen zu führen und auseinander zu feken, die Pflichten, die fie zu erfüllen heben gegenüber der ftädtischen und der induftriellen Bevölkerung. In diefer Einficht bleibt in allen Ländern fehr viel zu wünichen übrig. Die Ablieferungepflicht wird in den meiften Ländern nicht in jenem Make erfüllt, wie es notwendig wäre. Und es mükte um uns nicht so traurig beftellt fein, wenn die Landwirte in diesser schweren Zeit ihre Pflicht erfüllen würden. wie fie erfüllt werden muß auch von der städtischen und induftriellen Bevölkerung. Delegierter Landeshauptmann Dr. Ender: Der Herr Ubgeordnete Dr. Gruener hat gefagt, dak die Länder durch die Gabsburger zufammengehalten wurden. Ich unterschreibe Dasvollständig. ziehe daraus aber auch die Konfequenz. Die Gabsburger find mit ihrem Gelde über den Rhein gegangen und jekt halten fie nicht mehr zu uns. Diejenigen, die bisher zufammrengehalten wurden, find von dem Bande los und find jetzt vor die Wahl geftellt, fich wieder zu entscheiden, fich irgend wohin binden zu lafsen. Wir Vorarlberger haben bekanntlich im Herbfte 1918 die Situation in diesem Sinne erfaßt. Wir haben uns fofort selbständig erklärt und wir haben fofort die Drientierung genommen auf den Unschluk nach einer Richtung, nämlich nach der Schweiz. Die Herren
müssen sich darüber nicht wundern. Gs ist heute betont worden von dem Herrn Abgeordneten Rejel, daß die feudale Entwicklung eine so groke Rolle gefpielt hat. In Vorarlberg ift das anders. Wir haben keinen 2dler gehabt. Dann ift betont worden, daß die geographische Lage eine fehr große Kolle fpielt. Ja fchauen Sie, wohin weift uns die geographische Lage? Wovon fcheiden uns die Gebirge anders abals von Defterreich2 Und weithin find wir ein offenes Land gegen die Schweiz und gegenDeutschland. Sie müffen sich daher. nach den Arqumenten des Herrn Refel, die er heute gebracht hat, nicht wundern, daß bei uns die Entwicklung diefen Gang genommen hat. Und ich jage Ihnen. wir haben uns unfere Teilnahme an der Arbeit der heutigen Konferenz viel tiefer vorgeftellt als die nuklofe Generaldebatte des Verfafsungsentwurfes. Wir kamen ganz anderer Meinung hieher. Ich fagte, daß wir teilnehmen an diefer Arbeit und Sie dürfen es uns nicht übel nehmen, wenn wir damit bekunden, daß wir gerade für den Unfchluß an die Schweiz eingetreten find. Ich erachtete mich verpflichtet. das hier zu jagen. (Zwischenruf: „Auf Dr. Renner haben Sie feft zugehauen!“) Das darf nicht fo gedeutet wergen, sondern unier Volk fteht heute auf dem prinzipiellen Standpunkt feiner Selbftbestimmung bezüglich des ftaatlichen Anfchluffes. Gs ift ja richtig. wir find durch den Anfchluß an die Schweiz in einen Gegenfak zu Ihnen geraten. und Sie dürfen uns das nicht verübeln. um fo weniger, als Sie geftern in Ihrer Parteierklärung bekannt gaben. Oefterreich fei nicht lebensfähig. Ja. meine Herren. der Staat ift nicht lebensfähig, fo ffteht es in der geftern verlefenen Resolution. Wir find der gleichen Meinung, wir ziehen aber die Konjequenz und verübeln Sieuns das nicht. Wenn wir uns trohdem entschloffen haben. hier mitzuarbeiten, fo hat das praktische Gründe. Gs fteht der Ffriedensvertrag von St. Germain vor uns: wir glauben, daß er uns nicht dauernd zwingen wird, aber wir wiffen alle, daß er uns derzeit zwingt, und als praktische Menichen tragen wir der faktischen Notwendigkeit Rechnung, und ich kann Sie versichern, wir Vorarlbergerwären bereit, viel intenfiver an der Schaffung“ der Verfassung zu arbeiten, als es in diefem Milieu möglich ift. Wenn wir eine Verfassung schaffen wollen. kann es nur eine föderative fein, auch rechtlich. weil es fich darum handelt, den Staat neu zufammenzufchmieden aus den einzelnen Besfandteilen, den felbständigen Ländern. Wir sind nicht die Ffortsetzung des alten Oefterreichsl Wie oft hat unfere Ffriedensdelegation das betont, in Sunderten von Noten, die man der Entente fchickte, fteht das geschrieben. Wir find nicht die Rechtsnachfolger, sondern ein ganz neues Gebilde! Gs ift ein ganz neues Rechtswefen, das genau fo viel Rechte hat, als es von den Ländern bekommt. Das ift der Grund, warum vom Rechtsftandpunkt aus nur eine föderative Zentrolgewalt möglich ift. foweit fie von den Ländern dieselbe bekommt. Abgejehen von aller Theorie, über die man immer streiten kann, nehmen Sie die Sache reinpraktisch: Die Länder fühlen sich als Individualität, darüber kommen sie nicht hinweg, das Gefühl ift tief verankert im Volke. Das Gefühl der Landeseinheit und des Willens zum Ffortbeftande des Landes, damit müffen Sie rechnen, als praktische Staatsmänner. Gs geht nicht an, wie der Herr Abgeordnete Refel arqumentiert hat: Wien ift eine riefig große Stadt, eingerichtet die Zentrale eines großen Reiches zu fein mit vielen Beamten ufw., ergo müfsen Sie einen zentralen Staat fchaffen, fonft bleiben in Wien die Wohnungen leer. Mit diesem Argumente können fie in den Ländern nichts anfangen. Delegierter Refel: Das habe ich nicht gefagt, das ift Rabulistik. Delegierter Dr. Ender: Das kann für uns nicht maßgebend fein. Ich habe auch die Meinung. daß es für Wien fehr bedauerlich ift, daf das alte Reich geftürzt wurde, es war berufen, die Zentrale des alten Defterreichs zu fein und dafür geschaffen. Es ift aber unnatürlich großfür dis neue Defterreich. Daran ift nicht zu zweifeln. Aber daraus können Sie nicht ableiten, daß wir eine möglichft große Zentralgewalt schaffen müffen, um den großen Apparat wieder aufzurichten. So viel Liebe können Sie nicht fordern. Nun, meine Herren,
29 unfer Land hat in einem einstimmig gefaßten. Landtagsbeichluffe vom 15. März 1919 erklärt, daß wir ein selbständiges Land sind. das Selbstbestimmungsrecht für uns beanfpruchen und den Unschluß an Defterreich nur als proviorisch betrachten. Es war ein einhelliger Bechluß von sämtlichen Parteien. Auf dem Boden ftehen mir heute noch, find abier bereit, mitzuarbeiten an einer neuen föderaliftischen Verassung und dagegen können Sie auch aus Erahrungsgründen nichts haben. Sat sich denn etwa im alten Oefterreich der Zentralismus bewährt? Hat sich das Parlament bewährt: und bewährt sich der Zentralismus im neuen Oefterreich? (Widerspruch bei den Sozialdemokraten.) Tit das ideal. wie unfere Nationalversammlung arbeitet? Ich finde das nicht. Solange in Defterreich der Zentralismus sich nicht befser bewährt wie bisher. haben wir gar keine Urfache, den Zentralismus bei der neuen Verfassung an die Spike zu ftellen und noch weniger Urfache haben wir, Defterreich auch noch in Bezirke zu zerfchlagen und dasjenige zu zerfplittern und zu zerftören, was sich durch Jahrhunderte gehalten und bewährt hat, was ogar über dem Umfturze zufammengehalten. hat wie Kletten. Was nicht zugrunde gegangen. ift. in den ärgften Lagen, was sich als Ginheit gefühlt hat, wo die Verwaltung funktioniert hat: das waren die Länder und etwas, was io widerstandsfähig ift und sich fo erprobt hat, das wollen Sie auch noch zerfchlagen um es in Bezirke zerfplittern und der Zentralgewalt unterzuordnen, die sich noch nie bewährt hat. Nicht vom historischen Standpunkte, sondern aus rein praktischen Erwägungen müffen fie die Verfafsung föderativ machen. (Widerspruch bei den Sozialdemokraten.) Aus diefen Gründen bin ich überzeugt, daß wir praktisch an keinen anderen Aufbau denken können, denn jeder andere Aufbau würde an dem Widerstande der Länder fcheitern. Nur an einem öderativen Aufbau werden sie mitwirken, und ihre Zustimmung geben, nur in einem föderatinen Staate werden Sie relätive Zufriedenheit der Bewohner der Länder erleben und in einem zentraliftischen Oefterreich werden Sie eine Staatsfreudigkeit nie erleben, auch in dreißig Jahren nicht. Ich ftelle daher den Untrag, daß die Vefragung der Parteien der ein- 30 zelnen Länder im Sinne der geftrigen Beschlüsse in der Weise erfolgen foll, daß gefragt wird, foll Defterreich als Bundesftalat der im Verfassungsentwurf aufgeführten selbständigen Länder eingerichtet werden oder nicht. Nunhaben die Herren der Jozialdemokratischen Partei heute eine Erklärung abgegeben, und ich muß auf diese zurückkommen. Es wird darin unfere heutige Zufammenkunft als reine Gnquete erklärt, das kann richtig verftanden werden aber auch falsch. Gewißz, wir sind eine Gnquete infoferne, als wir nicht Beschlüffe faffen, die Befekeskraft bekommen follen, aber wir sind auch nicht eine Gnquete im Ulltagssinne. Wollten wir Beschlüsse fassen, die Gejekeskraft haben follten, wären wir ein Generallandtag und das wollen wir nicht fein, aber etwas mehr als eine UIltagsenquete find wir doch. wir sind mit einem Worte eine Länderkonferenz. die die Anfchauungen der Länder für den Aufbau der Verjafsung kennen. lernen und an den maßgebenden Stellen mitteilen foll. In diejem Sinne hat unfere Gnquete ihre Berechtigung. Wir stehen aber nicht auf dem Standpunkte, und da glaube ich namens meiner ganzen Vartei zu sprechen, der in der heutigen Erklärung der Gozialdemokraten zum Ausdruch gekommen ift. dak die Nationalversammlung allein und bedingungslos befuat fei, die Verfaffung zu macken. (Zustimmung.) Den Standpunkt teilen wir nicht, darüber darf kein Mißzverständnis beitehen, das möchte ich laut und feierlich erklären. (Beifall.) Wir haben vielmehr die Meinung, unfere Länderkonferenz ift beifammei:, um die Meinung der einzelnen Länderzu ermitteln, damit man beurteilen kann in der Nationalverfammlung, welche Verfaffung in den Landtagen keinen Widerftand finden. wird. Wir hätten heute klarzuftellen, wie weit man bei der Verfafsung in der Nationalversammlung gehen kann, ohne bei den Ländern auf unbedingten Widerstand zu ftoßen. Diefe Klarftellung foll die Länderkonferenz geben, fie ift wichtig. weil wir nicht anerkennen, daß die Nationalverfammlung allein befugt sei, die Verfassung zu schaffen, sondern weil wir die Mitsprache der Landtage in Unspruch nehmen. Sonft wäre diese Länderkonferenz large nicht jo notwendig gewefen.
Wir haben den Weg einer eigenen offiziellen Parteierklärung eingefchlagen, denn bei der heutigen Urt der Verhandlung ift reichlich Gelegenheit gegeben, den Standpunkt klar zu präzisieren und das möchte ich getan haben in drei Richtungen: 1. Daß Vorarlberg nach wie vor den Standpunkt der Selbständigkeit und der freien Entschließung des Landes einnimmt und sich nur durch den Friedensvertrag gezwungen sieht, sich vorläufig an Oefterreich anzufchließen, 2. daß die Länderkonferenz mehr ift, als eine gewöhnliche Gnquete und daß fie wichtig ift, deshalb, weil wir 3. nicht der Nationalversammlung allein das Recht laffen, die Verfassung zu machen, sondern für die Landlage das Recht der Mitsprache in Unspruch nehmen. (Beifall und Händeklatschen.) Delegierter Dr. Rehrl: Es sei mir gestattet, namens des Landes Salzburg zu den aufgerollten ffragen Stellung zu nehmen. Wenn heute öfter ausgeführt wurde, daß die Länder nur Verwaltungsgebiete feien, deien Grenzen sich ändern wie die Grenzen politischer Bezirke, möchte ich dem entgegenhalten, daß diese Ueußzerung vollständig unrichtig ift. Wenn ein Land behaupten kann, daß es ein fouveräner Staat war, so ift es Galzburg. Das LandSalzburg war Jahrhunderte lang ein felbständiger Staat und nur durch einen Gewaltakt ift es zu Defterreich gefchlagen worden und auch bei Defterreich hat es feit jeher, wie aus den Landtagsprotokollen konftatiert werden. kann, darum gekämpft, ein jelbständiges Land mit eigener Gefetzgebung zu bleiben und noch unter der Zeit der alten Monarchie hat es keine Ruhe gegeben, bis es einen felbständigen Landtag erhalten hat. 2ls Öfterreich auseinandergefallen ift, und es sich darum gehandelt hat, die Länder zu einem neuen Staate zufammenzufaffen, als damals in Wien die damaligen Reichsratsabgeordneten sich zufammengefetzt haben, um einen neuen Staat zu schaffen. ohne jedes Mandat, sie haben sich dasfelbe elbft arrogiert, wurde ihnen schwummelig zu Mute, mit welchem Rechte sie den Staat schaffen, und es ift an die Länder die Aufforderung hinausgegangen, sie mögen eine Erklärung abgeben, daß sie sich zu einem Staate zufammenschließen. Diese Aufforderung ist akten- mäßig nachweisbar und das Land Salzburg hat in feinem Landtage hiezu Stellung genommen und ich habe mir eine Protokollsabschrift aus jener Landtagsfitzung für die heutige Sitzung herbeigeschafft. Der Landtag hat einstimmig ohne Unterschied der Partei den Willen des ganzen jalzburgischen Volkes bekundet. und sich dahin geäußzert: Vorbehaltlich des Rechtes der künftigen Landesversammlung, die aus Neuwahlen auf Grund einer von der provisorischen Landesversammlung felbft beschlofjenen Landeswahlordnung nach dem unmittelbaren allgemeinen, gleichen Verhältniswahlrecht hervorgeht, über die endgültige Candesverfafsung und die ftaatsrechtliche Stellung im Gefamfftaate felbständig zu entscheiden, tritt das Befek vom 14. November 1918. betreffend die Uebernahme der Staatsgewalt in Kraft.“ Ohne Unterfchied der Partei hat das Land Salzburg feinen Willen dahin manifeftiert, daß es ein unabhängiges ftagtliches Gebilde ift und wenn Sie fagen, ob Salzburg lebensfähig ift, o fage ich Ihnen folgendes: Gehen Sie heute pazieren und schauen Sie sich in Salzburg um. die Baulichkeiten find zwar ftumm, aber ie reden aus jener Zeit, da Salzbung allein und felbständig war, sie zeugen von Salzburgs Bröke und feiner wirtschaftlichen Möglichkeit; Sie brauchen sich nicht auf theoretische Grörterungen einzulaffen, die Gefchichte spricht für uns. Wenn gefagt wird. wir wären heute nicht lebensfähig, nachdem die Kriegsfchulden uns jo belaften, fo ift es richtig; wenn wir die Quote diefer Schulden übernehmen müffen, wenn wir die Leiden des Krieges heilen müffen, dann werden wir mit der normalen Steuerlaft das Auslangen nicht finden. Die frage aber ift fo zu ftellen: wieviel Prozent muß das Land Salzburg von der Notenpreffe in Unfpruch nehmen, um feine laufenden Auslagen zu bezahlen, und ich glaube, der Prozentjak wäre geringer als bei anderen Ländern. (Zwiichenruf: Bleibt bei den Habsburgern.) Auch zur Zeit der Gabsburger haben wir um den Landtag gekämpft und ihn auch erreicht. Wenn die Wiener Staatsregierung versucht, durch einfeitige Erläffe und Gefeßze, wie die Märzgefeke, die Rechte der Länder zu beftreifen, fo haben wir diefe einfeitigen Behinderungen nie anerkannt und jedesmal da-
31 gegen angekämpft. Es ift richtig, daß in der Uebergangszeit nach dem Umfturze es unbedingt notwendig war, an die dringendften Aufgaben heranzufchreiten, zum Beifpiel die Ernährung, die Gerftellung von Ruhe und Ordnung ufw., das hat die Nationalverfammlung getan, aber die konftituierende Nationalversammlung. die fich foviel darauf zugute tut, daß sie das alleinige Recht hat. die Verfassung zu machen, ift bis heute nicht dazugekommen, darüber zu reden, die Herren Mandatare haben ihre Pflicht vergessen, wenn sie ihre Hauptaufgabe nicht erfüllt haben. Eben deshalb, weil wir keine Ordnung im Staate haben, ondern den ewigen Kampf. und weil man nicht darangebt. vom Grund auf Ordnung zu machen, haben wir solche Zustände. Wir find eine Ordnungspartei und wollen Ordnung haben, innerhalb deren die Möglichkeit ift, die wirtschaftliche Entwichlung in eigene Bahnen zu lenken. Es ift merkwürdig daß die Wehrvorlage plötzlich fo dringend ift, ich jage. wir brauchen überhaupt kein Militär (Zwischenruf: Im Jahre 1914 hätten wir keines gebraucht1) und wenn wir eines haben wollen, ift es immernoch Zeit genug, es zu schaffen, wenn wir die Verfassung geschaffen haben. (Unterbrechung eitens der Sozialdemokraten.) Im FFrieden von St. Germain ift nicht feftgefekt, daß wir ein Militär haben müfsen, aber wenn wir eines aufftellen, dann muß es ein Söldnerheer ein und darf nicht mehr als 30.000 Mann umfafsen. Jett haben wir uns mit der Volkswehro lange durchgefrettet, wir würden das auch noch zwei Monate aushalten. Wenn wir daran gehen, uns eine Verfaffung zu machen. so stehen wir alle unter dem 3wange des ffriedensvertrages und unter diefem Zwange wollen wir unfer Leben erleichtern so gut wir können. Wenn es uns gelingt, diefen 3wang zu befeitigen, dann wollen wir wieder frei fein und wieder dorthin geben, wohin uns die Sehnfucht gezogen hat, wo Salzburg war Jahrhunderte und Jahrtaufende fang, und zwar zu Deutichland allein: wir wollen wieder zu Deutschland als felbständiger Staatskörper, wie wir feinerzeit im großen Deutschen Reiche ein felbständiger ftaatsrechtlicher Körper gewefen find. Es ift abfolut nicht notwendig, daß wir uns an Deutschland anfchließen als öfter- 32 reichischer Ginheitsstaat. Der Föderalismus ist kein Hindernis für den Anschluß und wir stehen auf dem Standpunkte, daß jene Kompetenzen. welche die Länder des Deutschen Reiches haben, auch anderen Ländern gebührt und daß sobald die Möglichkeit geboten ift, zu Deutschland heimzukehren, die Länder womöglich gleichzeitig durch einmütige Verhandlungen zu Deutschland gehen, und die Aufgaben, die heute der Bundesftaat Defterreich beforgt, kann Grofz-Deutschland bejorgen und die Aufgaben, welche die Länder beforgen, können auch weiterhin von den Ländern beforgt werden. IUnterbrechung feitens der Sozialdemokräten.) Was sich aus der Gefchichte entwichelt hat, hat mehr Beftand, als was aus Ginzelintereffe gezimmert wird. Wenn weiterhinbehauptet wird, daß der Fföderalismus zur Verdorfung führt, so wissen wir, wenn wir nicht die Länder als fefte Gebilde halten und uns ihren Veftrebungen hingeben, in den Bezirkshauptmannschaften kleine Landtage einzuführen, so würden die Länder zertrümmert werden, wie der Herr Landeshauptmann von Vorarlberg ausgeführt hat und dagegen werden wir uns immer zur Wehre fetzen, womit nicht gesagt fein foll, daß nicht der Bevölherung ein maßgebender Ginfluß eingeräumt werden foll. Wenn es manchmal heißt, daß das Unftreben des Föderalismus Unfinn sei, und wenn man sich fo weit verfteigt, eine neue Krankheit zu erfinden und von der Ländertrottelofis zu reden, fo fage ich es handelt firy darum, die vernünftigfte Art der Entwichlung herbeizuführen, zum Unterschiede von jenen, welche, ohne aus dem Zufammenbruche Oefterreichs etwas gelernt zu haben, etwas machen wollen, was neuerlich das Untergehen diefes Staatsgebildes zur Ffolge haben müßte. Delegierter Gruber: Meine Herren! Der vorliegende Gefekentwurf foll die Grundlage bilden für die Schaffung einer neuen Verfafjung und dadurch foll insbesonders der Wunsch aller Bewohner des Reiches erfüllt werden, daß sie teilhaben an der Verwaltung des ganzen Staatsgebildes und es wird dieser Gedanke schon im Urtikel I ausgesprochen: „Alle öffentlichen Gewalten werden vom Volhe eingefetzt und in feinem Namen ausgeübt.“ Diese
Fforderung sucht der Entwurf zu verwirklichen in einem Bundesstaate, obwohl man sich fagen muß, daß es vielleicht zweckentsprechender wäre und das gleiche erreicht wird durch den Einheitsftaat. Nun wird für die Auffassung, daß der Bundesstaat vorteilhafter wäre, die Forderung der Volksmassen ins Treffen geführt, daß die einzelnen Länder als hiftorische Individualitäten zu gelten haben; insbesondere der Vertreter von Kärnten war der Anficht, daß nach dem Zufammenbruche des alten Donaureiches die Länder ihre Souveränität wieder zurückgewonnen haben. Diese Unschauung möchte ich beftreiten. Wenn die Länder ihre Souveränität zurückgewonnen haben, so haben sie mit dem jelben Rechte auch die einzelnen Städte wieder gewonnen und man könnte aus diefer Konjequenz heraus die Abteilungsbeftrebungen des Staates noch weiter treiben und das Staatsgebilde nicht nur nach Ländern sondern nach Bezirken und Städten teilen; auf diesem Wege können wir nichts erreichen. Der Grundfatz, daß die Länder sich zu einem Bunde zufammenschließen, fußt auf irrigen Vorausfetzungen. Vor allem andern wird immer wieder betont, daß diese Erklärungen von der Individualität der Länder auf Landtagsbeichlüffe zurückzuführen find. UIle diefe Befchlüffe, daß die Länder felbständige Gebilde feien, wurden gefaßt von Landtagen, die nicht auf Grund des allgemeinen, gleichen, direkten Wahlrechtes gewählt waren. Wir haben das fehr draftisch ausgeführt erhalten. von dem Vertreter unferer Partei in Kärnten. Kärnten hat noch feinen alten Privilegienlandtag, wie vor Jahren und dieser Landtag kann doch unmöglich der Ausdruch der Volksstimmung und des Volkswillens fein. (Dr. Pflanzl: Aber das ift ja Unfinn, von Privilegien ift keine Rede mehr, weder die Sandelskammer noch der Vischof hat eine Stimme.) Sie werden sich doch nicht einbilden, daß Sie in Kärnten einen Landtag haben, der die öffentliche Meinung unverfälfcht zum Ausdruche bringt. Heute herrfchen im Kärntner Landtag in der überwiegenden Mehrheit die bürgerlichen Parteien und das Stimmenverhäftnis der Februarwahlen war ein ganz anderes. Diese grundlegenden Beschlüffe von der Bedeutung der Länder find aus einer Zeit, wo sie noch verkörpert waren durch provisorische Landesversammlungen und daß diefe die wahre Anschauung zum Ausdruche bringen, ift falich und muß mit aller Entschiedenheit beftritten. werden. Meine Herren! Die Sache ift die: Zu einer Verfassung kommen wir doch nur im gegenseitigen Ginvernehmen. Jede Majorifierung ift ausgefchloffen, denn wenn die Majorität in Oberöfterreich befchliefzen würde, Oberöfterreich ift ein selbständiges Gebilde, und kümmert fich um den Zufammenhang des Staates nicht, würden wir als Sozioldemokraten die Gegenerklärung machen und fagen, Linz, Stenr und das Salzkammeraut find felbftändig. weil wir dort die Mehrheit haben. Auf diesem Wege kommen wir nicht zum Ziele; die Auffassung, dak die Länder den Charakter von freien Staaten an sich tragen, muß mit aller Leidenschaftlichkeit bekämpft werden. Wir haben ein gültiges Gefek. das von Ihren Leuten mitbeschloffen wurde in der Nationalversammlung. Wir haben eine Verfaffung, die nur abgeändert werden kann durch einen Beschluk der Natiowalversammlung auf Grund einer Dreiviertelmehrheit. Sie müssen entweder sagen, Sie erkennen Die Nationalversammlung nicht an, dann schaffen Sie einen Zuftand, der einfach ein politischer Krieg ift. Wenn Sie es darauf ankommen. laffen wollen, uns macht die Sache nichts, aber es geht doch nicht, sie sind doch dieselben Parteien im Lande und diefelben in der Nationalversammlung. Es ift das ganze, was Sie uns hier vorspielen, eine Komödie zu einem bestimmten Zwech. Sie können doch nicht in der Nationalversammlung, die zufammengefetzt ift nach dem Willen des ganzen Volkes, es wählen Tirol. Salzburg. Oberöfterreich ufw. nach ihren Wahlkreisen, es sind dieselben Menschen, die damals ihr Votum abgegeben haben, anders handeln, man kann doch nicht in einem Utem hier eine zwiefpältige Galtung einnehmen. Die Nationalversammlung ift das Brimäre und auf diesem Standpunkte müfsen wir mit Entschiedenheit verharren, und mit allen Mitteln für fie eintreten und wir kommen trotz aller Länderkonferenzen nicht darüber hinweg. Im Begenteile. Sie verkennen tatsächlich die Verhältnisse des Ginheitsftaates. Wir find ein Einheitsftaat auf Grund des Vertrages von St.
33 Bermain. Wir haben gar nicht die Möglichkeit uns in Utome aufzulöfen, wir find aneinander gebunden, weil wir durch rechtliche Verpflichtungen. die wir durch den Ffriedensvertrag übernommen haben, nach aufzenhin als Ganzes erscheinen. Gs ift nur eine Ffiktion, wenn Sie glauben, wir sind ein lofes Konglomerat von einzelnen Ländern, aber noch etwas! Wenn wir den sehr interefsanten Ausführungen des Herrn Landeshauptmannftellvertreter Dr. Rehrl folgen, der mit besonderer Wärme eingetreten ift, ür den Unschluß an Deutschland, so fage ich, wer den Anschluß an Deutschland ehrlich will, und nicht bloß als Bhrafe nach außenhin ausspricht. kann gar nicht auf dem Weg fortschreiten, den Sie eben betreten haben. Es ift ausgeschloffen, daß wir zu einem Reiche kommen, mit all diefen Apparaten, die wir hier schaffen wollen: mit einem Präfidenten des Staates Deutschöfterreich und noch mit Landesprräfidenten. Ich kann mich nur an den Vorentwurf halten, das wäre eine Unmöglichkeit. Im übrigen ift die Tendenz im Deutschen Reiche eine umgekehrte. Dort geht es von den kleineren Länder zu größeren Mittelftufen, zum Beispiel die Vereinigung der Thüringischen Staaten. Gg geht durch ganz Deutschland der Wille, zum Ginheitsftaate zu kommen; wenn dort die Tendenz jo lebendig ift, wird man uns nicht übernehmen mit einer Verfafsungsform, die die vollständiafte Dezentralifation bedeutet. Ich weiß nicht, aus welchem Grunde Sie fo befonders auf dem Länderfeparatismus ftehen. Sie haben recht, wenn Sie den Zentralismus der früheren Zeit bekämmfen, das war der Zentralismus der Dürokraten nicht der Zentrafismus der Volksgewalt. Hätten wir jetzt keinen Zentralismus mehr, wir haben ihn Gott feiTank noch, jo wären wir in den Städten, In
3uftrieorten und manchen Gebirgsländern schon dreimal verhungert. Nur diefer Zentralismus, den wir beispielsweije auf dem Gebiet des Ernährungswefens haben, hat es möglich gemacht, daß wir über die schwierigen Zeiten hinweggekommen find. Wenn sie da ür ihre Anficht auch noch gefchichtliche Reminiszenzen anwenden, so sind Sie in einem Irrtum. Dr. Rehrl führt beispielsweise gans, falsch 34 an. daf Salzburg immer bei Deutschland war; in derfelben Zeit, wo das Land Salzburg bei Deutschland war, war auch Deutschöfterreich bei Deutfchland. In dem Augenbliche, woschließlich Oefterreich zu einem felbständigen Staat geworden ift. hat Salzburg feine Souperänität überhaupt verloren, daher ift es ganz eigenartig, bei Salzburg eine besonders hiftorische Eigenfchaft herauszuklügeln, daß es deutfcher ift als die anderen deutschen Länder. Gs war immer mit uns verbunden und war mehr oder weniger ein Glied diefes deutfchösterreichischen Gebietes. Dem Herrn Dr. Gnder hat unfere Erklärung nicht gefallen, er gibt zu, daß die heutige Versammlung kein Generallandtag fein kann. Er gibt zu, daß diefer Versammlung das Recht einer konftituierenden Versammlung fehlt. Deffenungeachtet will ersie nicht als große Gnquete betrachten. Diefe Konferenz kann keinen anderen 3weck haben, wenn wir sie nicht beftreiten follen, wodurch sie dann die Einheitlichkeit der Auffaffung einbüßt und mit diesem Mangel der Ginheitlichkeit der Auffafsung verliert das Gegenargument des Herrn Dr. Gnder fehr bedeutend. Gs wird immer wieder gefagt, der Wille der Länder komme hier zum Ausdruche. Es gibt keine Länder, es gibt Menschen. Bewohner diejer Länder. Wir würden uns keinen Augenblich gefallen laffen, daß wir uns als Bewohner des Landes dem Willen einer Gruppe der Bevölkerung unterzuordnen hätten, was nach aukenhin als Länder erfcheinen würde. Wir ind nur die Vertreter, es kann nur der Wille der Parteien zum Ausbruch kommen, niemals der Wille der Länder und mit aller Schärfe möchte ich hervorheben, daß nach den gegenwärtigen Verhältnissen, wenn Treu und Glaube überhaupt noch Recht haben, das Votum der Nationalverfammlung das erfte fein muß, weil ihre Aufgabe es ift, die Verfassung zu befchliefen und dieses Recht hat der Nationalverfammlung nicht bloß Nieberöfterreich oder Wien gegeben, sondern haben ihr alle Parteien gegeben. Sie haben diese Beschlüffe einstimmig gefaßt, daher find Sie auch an diefe Beschlüffe gebunden. Fferner kommen dann noch die Roalitionsverträge, die Verträge der einzelnen Parteien, die diefen Gedanken neuerdings beinhalten. Wenn wir überhaupt zu
einem Refultat kommen wollen, kommen wir über diefen Weg der feparatiftischen Länderkonferenz überhaupt nicht ans Ziel. Zur Verfafsung kommen wir nur durch Verhandlungen in der Nationalversammlung; wer die Verafsung ehrlich will und überhaupt daran denkt, braucht dieje Verfaffungsarbeit nicht durch Abhaltung von Cänderkonferenzen zu fabotieren. Dr. Schumacher: Das ift keine Gabotage, dagegen müfsen wir proteftieren1) Sie können dagegen reden, das ift meine Unschauung. Die ganze Verfafjungsfrage wird doch durch den ganzen Vorgang ad abfurdum geführt: wenn ein objektiver Beobachter hier wäre, würde er den Gindruch bekommen, daß man die Verfassung überhaupt nicht will und die ganze Sache auf ein faliches Geleife führt, um fie zu verhindern. Gs ift mir fehr angenehm, konstatieren zu können, daß Sie dieser Unschauung nicht find, denn Sie müffen bekennen, daß die Verfafsung nur möglich ift auf dem Wege der Nationalverfammlung, aber nicht durch eine Beratung von außenftehenden Körperchaften. Das wäre, was ich zu diesem Punkt vorläufig zu fagen habe. (Beifall bei den Sozialdemokraten.) Delegierter Dr. Schlegel: Ich bedauere leyhaft, daß ich mich mit dem von mir persönlich so geschäkten Herrn Kollegen aus Oberöfferreich heute im wefentlichen Unterschied befinde. Ich glaube, wenn wir uns zujammenfetzen, wie wir es schon so oft in wichtigen Ffragen getanhaben, würden wir zu wefentlich anderen Ergebniffen kommen, wie der geschäßzte Vorredner eben ausgeführt hat. Es tut mir ehrlich weh, wenn ein Kollege, mit dem wir in fochwierigen Verhältnifsen schwierige Ffragen zum Teil zu einer ganz erträglichen Löfung gebracht haben, die heutige Verfammlung so einschäßt, wie Herr Kollege Gruber es getan hat. Wer die Verfafsung ehrlich will, darf sie nicht so fabotieren wollen, wie es hier gefchieht! Er darf nicht eine Romödie aufführen, wie die heutige Veranftaltung eine ift! Wer den Unfchluß an Deutschland will, darf nicht so reden und handeln, wie meine Parteigenoffen hier reden! Das sind Vorwürfe, die wohl rethorische Entgleifungen fins und ich bin überzeugt, wenn wir Zeit haben, uns darüber auszusprechen, daß wir zu ganz anderen Ergebniffen kommen. Ich bitte den Herrn Kollegen Gruber und alle anwefenden Herren, zur Kenntnis zu nehmen: den Glauben an unfere Ehrlichkeit laffen wir uns nicht rauben, und Sie müffen uns zum mindestens die ehrliche Abficht zugestehen! Sie können hundert und hundertmal andere Wege für zweckentsprechender halten, darüber läßt sich reden. aber wenn wir:-weit kommen, daß wir uns gegenfeitig keine ehrliche Absicht mehr zumuten, dann gehen wir nach Saus, dann werden wir heute zu keinem Refultat kommen. hier nicht und überall nicht! Dann geht das Chaos, in dem wir uns obnehin befinden. wieder vor vorn an: So ruhig. so objektiv. so treffend wie Herr Landeshauptmann Tr. Gnder von Vorarlberg die heutige Verfammlung charakterifiert hat, kann fie niemand anderer beffer charakterifieren. Er hat erklärt, wir haben von niemand ein gejetzliches Mandat erhalten, bindende Befchlüffe zu faffen; richtig, das haben wir nicht: wenn aber fo wichtige fragen, welche unfer ganzes zukünftiges Leben in richtige Bahnen leiten joll, wenn diefe richtig behandelt werden follen, ift es notwendig, dak wir uns sehr eingehend mit der frage befaffen, und zwar überall auuch die Parteien, die Landtage, die Gemeinden. Und wenn sich die Leute am Biertisch. in verfchiedenen Zirkeln und Blauderftuben damit befaffen, so ist es desto mehr möglich, zu einem Ergebnis zu gelangen, je mehr die ffrage behandelt und je mehr sie verständig besprochen wird. Ich möchte der Ausführung des Herrn Kollegen Bruber. welcher zum Schluß erklärt hat, eine Verfassung erreiche man nicht durch die heutige Versammlung und daß die Verfaffung nur im Wege der Nationalversammlung zu erreichen. sei. entgegnen: wir wollen eine Verfafsung, die wir ertragen können, denn wir ftehen nicht auf dem Standpunkt, daß heute irgend eine Körverschaft eine Verfaffung befchließt, die wir bekämpfen müßten. Das ift richtig, wenn die Verfassung so gemacht wird, daß überhaupt Volh und Länder nicht leben können, jo wird fie fabotiert werden, aber nicht von der Cänderkonferenz, sondern von der Bevölkerung und nicht nur fabotiert, sondern umgerannt wird sie werden. Wir werden aber zu einer Verfassung kommen, wenn wir beiderseits den
35 guten Willen haben und das Ginvernehmen finden auf einer mittleren Linie. Dann werden wir zu einer Verfassung kommen, die ertragen werden kann, die die Bevölkerung nicht fabotiert, sondern von der die Bevölherung fagen wird, sie entspricht zwar unferem Ideal, aber wir wifsen, daß nicht der Wille des einzelnen durchgeht, es ift eine Verfaffung, mit der sich jeder abfinden kann. Daher möchte ich dieses Kapitel fchließen. Es ift keine Romödie, die wir aufführen wollen und ich würde den Herrn Kollegen Gruber bitten, dies zur Kenntnis zu nehmen, daß wir ehrlich die Absicht haben, das Verfaffungswerk zu fördern und ich würde ihn auch bitten, zu fagen, welche 3weche eigentlich vermutet werden hinter unferer Verammlung. Ich glaube nicht, daß Herr Landeshauptmann Gnder aus Vorarlberg 96 Stunden. ährt und wichtige Londesgeschäfte im Stiche läßt um hier unbekannte Ziele zu verfolgen. Er hat uns ganz ehrlich gejagt, daß sie den Unchluß an die Schweiz wollen und ihn heute noch wollen, und fiewerden den Unfchlußz an Deutfchland oder die Schweiz vollziehen, wenn es der friedensvertrag möglich machen wird. Trokzdem ie sich jagen, daß die Trümmer Altöfterreichs durch auswärtige Gewalten zufammengechweißzt sind, sind iie Realpolitiker genug, d:ß sie fich fagen, es wäre Wahnfinn, wenn wir uns gegenfeitig in die Haare fahrren wollten! Gs ift vernünftig, wenn wir versuchen, einen Verfaffungslbau zuftemdte zu bringen, indem wir nebeneinander und miteinander leben können, alfoeslieat gar keine böfe Absicht vor. Ich bin nicht beefugt, im Namen der andenen zu sprechen, aber ich bin überzeugt, ich spreche im Namen aller Parteigenoffen lediglich die reine Abficht aus, das Verfafjungswerk zu fördern. Bei all diefen Länderkonferenzen und Beratungen, die wir noch in Zukunft abhalten werden, wird uns keine andere Abficht b-leben. und treiben. Herr Kollege Gnder hut gesagt, sie heutige Ausfprache hat den 3weck einer allgemeinen Drientierung, für alle diejenigen, die mit der Verfaffung zu tun haben, insbesondere auch die Nationalverfammlung zu orientieren, wie weit man gehen kann, ohne auf einen unüberwindlichen Widerftand der Länder zu ftoßen. Gs wäre eine nicht ganz undankbare Arbeit, wenn wir schon hier den 3* 36 vorgreifen. was die Aufgabe des Herrn Staatsjekretärs Dr. Manr fein wird. Das herauszuschälen. worin wir trok aller möglichen und scheinbaren Widersprüche doch einig find. Eine Erklärung, die ein Herr als erfter Redner hier abgegeben hat. ift die, daß wir uns nicht in einem lebensfähigen Staatsgebiete befinden. Darüber find wir uns einig vom Staatskanzler Dr. Renner bis zum lekten Vortier in einem Staatsamte, von einem erfahrenen Volitiker bis zu jenem, der fich keine Rechenfchaft gibt, marum er fo oder anders handelt. Es ifft gewiß Gemeingut aller geworden, daß diefer Staat Defterreich, den uns übermächtige Feinde aufgezwungen haben. nicht lebensfähig ift. Wir müssen also herauskommen, dadurch, daß wir uns an ein größerers Gemeinwefen anfchließen. Gs kommt hier eigentlich nur Deutfchland in Betracht mit Ausnahme von Vorarlberg, das bei feiner geographischen Lage und Stammesangehörigkeit auch fich eventuell an die Schweizanfchliekt. Auch hier find wir einig, daß der Anfchluß an Deutichland gefucht werden muß, beziehungsweife mit der Einschränkung Vorarlbergs an die Schweiz. Auch da find wir einig. nicht ganz einig find wir in der Ffrage, wie der Unsschluß vollzogen werden foll, einig sind wür. dak momentan der Anschluß nicht vollzogen werden kann. wegen des Ffriedensvertrages, einig find wir. daß diefer Ffriedensvertrag nicht durchgeführt wird. nicht weil jetzt dier eine oder andere Politiker in Gngland oder Ffrankreich die Revision des Ffriedensvertrages zur Sprache brinat. Die Bestimmungen find derortig, dak sie nicht durchgeführt werden. können. Wenn Sie weiter ausgreifen. kommt eine Ffrage zum Vorschein, warum wir bezüglich gewiffer finanzieller Ffragen auch für die finanzielle Auseinandersetzung zwischen Staat und Land die Hände gebunden haben: das ift die Gutmachung des Schadens, den der Staat dadurch erleidet, daß der öfterreichische Staatsbürger, dem feine Depots im Auslande konfisziert werden, sich an Oefterreich fchadlos halten darf. Wenn ein Millionär. ein Milliardär so vorsichtig gewesen ift. es foll solche gegeben haben, zur Zeit als es 1908 in Guropaangefangen hat. brenzlich zu werden, viele Millionen. nach Gngland in Sicherheit zu bringen, jo werden fie dort beschlagnahmt und er-
verlangt von Oefterreich den Erfak für Millionen engliicher Pfunde, wozu er nach dem Friedensvertrag das Recht hat. Es müßte ihm jeder Gerichtshof das Recht zusprechen: glauben Sie. daß das durchführbar wäre? Die Durchführung des Ffriedensvertrages ift fo unmöglich, daß kein vernünftiger Menich daran denken könnte, ihn durchzuführen. Aber noch hänat das Damoklesfchwert über uns und deshalb find wir in einer unmöglichen Situation. Wenn einmal Guropa vom Kriegswahnfinn erleichtert fein wird, dann wird es zu einer Revision des Ffriedensvertrages kommen und auch zum Unfchlußz an Deutschland. Das find einige Punkte, worin wir einig find und es wird wach aukenhin einen guten Gindruch nucchen, daß man fagen kann. alle Volitiker find darüber einig. Einige Herren ftellen sich den Anfchlußz fo vor, daß gefagt wird, er ift nur durchführbar im Wege des Ginheitsftaates Defterreich, nicht der einzelnen Länder Oberöfterreich. Niederöfterreich. Salzburg ufw. nicht die einzelnen Länder fchließen sich an. sondern der Gefamtftaat Defterreichs mit Ausscheidung der Landtage und der Landesverwaltung. Wir teilen diefen Standpunkt nicht. im Gegenteil, das ift Unfichtsfache, wir können heute darüber nicht streiten, wir können nur zur Kenntnis nehmen, daß die chriftlichsoziale Mehrheit und auch, wie ich glaube. Herr Langoth würde mich dazu ermächtigen, auch im Namen der deutichfreiheitlichen Partei zu erklären, daß der Unschluß länderweife durchzuführen ift. Gs wäre vielleicht unpraktifch, zu fagen. im Jahre 1920. kommt Tirol an die Reihe, 1921 Salzburg,
1925 Oberöfterreich ufw.. fo wird fich die Sache nicht machen laffen, sondern gleichzeitig, das wird jedenfalls zweckmäßig sein. Gewiß ist aber, daß die Ffrage, die schließlich und endlich auch eine praktische Bedeutung haben wird. nicht von uns abhängen wird. Wir reden immer vom Anschluß, wir wissen ia gar nicht, wie drauken die Verhältnisse sein werden. Wir sind vielfach abhängig, denn wenn das Deutiche Reich faat. wir find bereit. euch aufzunehmen, aber nur im Wege eines Einheitsstaates Defterreich, wenn das wirklich fo fein follte, ffo fage ich, daß ich dann diefen Weg perhorrefzieren werde. Vor einer folchen neuen Lage müßte ich meinen Standpunkt einer Re- vision unterziehen, ober heute noch habe ich die Ueberzeugung, daß der länderweife Unfchluß beffer ift. Ich habe die Ueberzeugung, daß uns bei diesem Unfchluß von Deutschland nicht das mindeste Sindernis entgegengeftellt werden. wird. Im Gegenteil. ich ftehe diefer. Art des Anschlufses an Deutschland viel fympathiicher gegenüber als dem Unfchluß der Länder an Wien. Darüber werden wir uns heute nicht den Kopi zerbrechen, die Unfchlußfrage ift noch nicht reif, aber ich verwahre mich entschieden gegen den Vorwurf, daß mir gesagt wird, ich meine es mit dem Unsschluffe nicht ehrlich, weil ich ihn länderweife haben will. So wie Kollege Gruber ihn haben will. vir Wien, will ich ihn haben via Linz. Meine Herren! Die Ffrage, wie der Unschlußz durchgeführt wird, wird hauptsächlich von Deutschland abhängen und von den gegebenen Verhältniffen, in denen wir ung befinden werden und die wir heute nicht kennen. Ich bitte daher, lediglich von uns die Erklärung zur Kenntnis zu nehmen, daß wir den länderweifen Unfchluß für das Richtige halten und ebenso ehrlich wollen wie die anderen Herren, die einen anderen Weg haben wollen: bis dorthin müffen wir ein Uebergangsftadium schaffen, das uns halbwegs das Leben erträglich macht. Wir find noch nicht ganz auf gleich, wir nähern uns aber in fehrerfreulicher Weije. Wir ftehen auf dem Standpunkt und ich bitte Sie. das fo aufzufaffen, daf ich im Namen der Chriftlichfozialen Oberöfterreichs spreche, da habe ich das Mandat zu fprechen, daß wir den Notbau des Staates, der nicht lebensfähig ift, der doch nur ein Proviforium bildet, aufbauen wollen auf den Grundfeften der Länder. Sie aber, meine Herren, stehen auf dem Standpunkt, es foll geschehen auf dem Wege eines Ginheitsftaates. Es wurde schon von verfchiedenen Herren darauf verwiefen, daß die Länder die innere Kraft gezeigt haben, die der Strat nicht bewiefen hat, dak wir den Schluk ziehen können, daß wir jo viele gefunde volkswirtschaftliche, so viele gefunde politische Kraft aufgeipeichert haben, daß man diese Länder nicht mit einem Fußtritt weiter befördern, sondern sie benüken foll, zum Aufbau des Notbaues. Das Vaumuterial für den Staat ift ebenso schwierig zu haben, wie das für ein neues Gaus. und in den Cän-
37 dern haben wir die guten feften Baufteine und die fefte Grundlage. Gs wäre Wahnfinn, wenn wir sie nicht benützen wollten. Uns fehlen leider Gottes auch viele wichtige Dinge, aber wir sind ein Land, das an Naturschäkzen und bezüglich feiner geographischen Lage am güntiaften daran ift. Gs ift aber ein Trrtum zu glauben, dak es von Milch und Sonig fließi. Wir haben mehr Zutrauen in die Kraft der Länder, Sie haben mehr Zutrauen in die Kraft des Staates! Ich glaube, Herr Kollege Refel war es, der darauf verwiefen hat, daß wir den Staat kräftigen müffen durch Ausöau der Industrie. Ich könnte Ihnen eine ganze Menge Beifpiele erzählen aus dem Seimatlande Oberöfterreich, wie der Staat feine volle Impotenz gezeigt hat, die Induftrie zu fördern. und wie gerade das Land. und da war Kollege Bruber und ich und die Deutichfreiheitlichen einig, bewiefen hat, daß es für dia Induftrieförderung nicht nur Sinn und Verständnis. sondern eine offene Hand und Krebithilfe gehabt hat. Nur ein Beifpiel fei geftattet. Wir haben in Oberöfferreich ein Kohlenbergwerk, Wolfsegg, ich glaube, es ift fogar, wenn man die Mächtigkeit der nichtabgebauten FFlöße in Betracht zieht, das größte in Deutschöfterreich, es ift aber bezüglich der Vewirtschaftung auf einem ziemlich rückftändigen Zuftand bis heute erhalten geblieben. Halten Sie es für möglich, daß dieses große Werk bis vor kurzem noch keine Telephon- und Telegraphenftation gehabt hat, fo daß, als uns das Karbid ausgegangen war, wir nicht telegraphieren konnten und das Karbid zufammenbetteln mußten. Damit nicht wegen Mangel an Beleuchtungsmaterial der Betrieb eingeftellt werden mußte. Das wäre nur eine nebensächliche Sachs, aber das eine, was die ganze Sachlage fo klar beleuchtet, ift das. daß man daraus ffolgerungen ziehen kann. Es hat sich darum gehandelt, diefes Werk auszubauen und zu modernifieren. Die FFörderung ift ganz unmodern und veraltet. Gs sind Verhandlungen gepflogen worden. zwischen dem Staate und dem Lande. Gg hatte Oberöfterreich vier Vertreter und die haben. allerdings im Ginvernehmen mit den anderen Vertretern fofort erklärt, wir tun mit bei der Aktiengefellfchaft und beim Ausbau, aber wenn Schwierigkeiten von Seite der 38 Staatsbehörde entstehen, fo ftellen wir das Merk ein. um die notwendigen Krebite und andere notwendigen Inveftitionen durchzuführen. Wir ftellen das Werk fofort zur Verfügung. Das haben wir im Verlaufe des Jahres
1919 im Tuli und Auguft gemacht. Seute find wir noch nicht io weit, daß der Staat die Vertreter für den Verwaltungsrat namhaft gemacht hat und bis heute find noch nicht einmal die Statuten genehmigt worden. Aber das Beld haben wir fofort zur Verfügung geftellt. und haben es bereits vor Monaten eingefchickt, Das ift eine Schweinereil Das ift der entralstaat. und wenn wir dann hinausgehen unter die Bevölkerung und derfelben erzählen, wie dis Induftrie gefördert wirrd. dann bin ich überzeugt, auf welche Seite fich die Bevölherung ftellt. Meine Herren! Ich habe mich nicht getäufcht, daß ich auf der drüberen Seite des Gagles Stimmen für die Autonomie gehört habe. Ullerdings nicht für die Autonomie in hiftorisch gewordenen Brenzen der Länder, sondern für die Autonomie, die durch die Bildung von Bezirken geschaffen werden foll. Wenn Giz aber nun auf dem Standpunkt stehen, daß die Autonomiz an fich fchlecht ift und gegenüber dem zentralen Ginheitsftaaf eine Verschlechterung der Verwaltung und der ganzen wirtschaftlichen Entwichlung bedeutet, so dürfen Sie dann nicht so weit gehen, daß sie beifpielsweise Oberöfterreich nicht blofgegenüber dem Staate in ein Gemeinwefen zerlegen, sondern in 15. wenn Sie jede Bezirkshauptmannschaft mit einem Bezirkstag beglücken wollen, oder wenn Sie dann etwa vier bis fünf Kreife machen wollen, dann wird diefe Utomifierung in die Wege geleitet. Sind Sie fich doch darüber klar! Machen wir ung gegenfeitig doch nichts vor. Ich weiß nicht, wer es gefagt hat, ein Herr ous Tirol war es, glaube ich. der gefagt hat, fühlen Sie sich wirklich als Bewohner des Kreifes Reutte oder Lienz, oder des Puftertales? Gin Tiroler kommt als Tiroler und ein Salzburger als Salzburger hieher. (Zwischenruf: „Wir fühlen uns als Städter, die sich nicht unterjochen lafsenl“) Und wenn der Wiener fagt, ich bin ein Wiener, und der Herr Kandeshauptmann Steiner hat gefagt, ftolz darauf zu fein, daß er
ein Wiener ift. so freut es mich, daß ein Wiener noch den Optimismus hat und das Wort gefunden hat. Der Optimismus ift der erfte Wegzur Möglichkeit der Regierung. Wenn niemand mehr daran glauben will, dann kann man nicht regieren. Ohne Optimismus ift nichts zu erreichen. Ich komme nun auf die Ausführungen des Herrn Landeshauptmannftellvertreter Gruber zurüch. Gr faat: Wenn die Mehrheit dis Landtages die Gelbständigkeit des Landtages befchließen würde, so würden die Gozialdemokraten einfach in der StahtLinz felbständig sich machen. Das würden Sie wahrscheinlich nicht tun. Denn in dem Moment-, wo der Einzer Landtag felbsständig wäre, würden die Einzer bald verhungern. Die Stadt Einz ift angewiefen auf das Land Oberöfterreich und ebenfo ift es auch mit der Stadt Stenr. Das find alles Gebiete, die sich nicht felbft verforgen können, die angewiefen find auf das umliegende flache Land, mit dem fieleben wollen und leben müffen, und dahergeht es nicht an, daß wir uns vom Lande abschließen. Das ift nur Theorie, praktifch ftellt sich die Sache anders dar. Wir müffen trachten, daß die Stadt und iene Gegenden, die sich nicht sielbft verforgen können. von befsaren Verforgungsgebieten bemuttert und verforgt werden. Diese Produktionsgebiete können sich ihre Sachen auch nicht aufheben, sondern sie müfsen etwas hergeben. In Wien, zum Trispiel in einem gewissen Teil der Prefseheifzt es immer. Oberöfterreich schwimmt im Ueberflußz. Wiffen Sie, was Sie von Oberöfterreich bekommen? (zwischenruf: Herzlich wenig.) Ueberall wird die Meinung ausgeftreut, Oberöfterreich könne Wien verforgen. Das hat man auch der ausländischen Mission gefagt. Ich kann Ihnen Mitalieder der ausländischen Mission als Zeugen anführren, daß das gefagt worden ift. Dann ist dieser Kommission auch gefagt worden. Dak Oberöfterreich die ausländische Hilfe nicht braucht. (Zwischenruf: „Das ift nicht gefagt worden. So dumm ift nicht einmal ein Kanzleidiener. Gagen Gie. wer das gefagt hat vom Staatsamtl“ Mitglieder der dänischen und schweizerischen Kommission haben in Wien derortige Aufschlüffe bekommen. Vom Sstaatskanzler werden fie diefe Aufschlüffe nicht bekommen. haben, weil der gar nicht Zeit hätte, solche Aufschlüffe zu erteilen. (Zwifchenruf: Von irgend einem Schreiber1) Solche Mitteilungen haben die Mitglieder dier ausländischen Kommission bekommen, dak Oberöfterreich eine ausfändische Aushilfe nicht notwendig hättte. Nun ift es ganz klar, daß Oberöfterreich in den ftädtischen und induftriellen Gebieten eine ebenjo notleidende Bevölkerung hat, wie anderswoGin gut eingerichteter Bauernhof hat in Oberöfterreich etwas. er hart in Niederöfterreich, in Steiermark. in Tirol etwas. aber ein hungerndes (emeinwefen hat nichts. ob es jetzt in Tirol. in Niederöfterreich oder Oberöfterreich liegt. Gs ift ein Schweizer zu mir gekommen. ich bin doch nicht ermächtigt, fofort den Namen preiszugeben — der hat gefagt, daß man Wien aus Oberöfterreich zu wenig verforgt. Oberöfterreich hat 1.500.000 Einwohner. Wien hat zwei Millionen Einwohner. Wenn wir alles hergeben wollten, was wir haben, so könnten wir Wien nicht verjorgen, das ift der Ffehler, der immer gemacht wird. Grinnern Sei sich nur an die verfchiedenen Blätter, die in Wien serfcheinen, da und dort fteht in einem Mongen- oder Übendblatt das darin. Ich komme aber wieder zum Gegenftande zurüch. Für Oberöfterreich ift die Ungelegenheit, die uns heutz befchäftigt. eigentlich schon erledigt, und zwar durch ein einftimmig angenommenes Landesgefek vom 18. März 1919. L.-B.-VI. 23, Urtikel I. Der beftimmt: Das Land Oberöfterreich übt als felbftändiges Land alle Rechte aus. welche nicht durch ausdrückliche Vereinbarung der Gemalt eines Bundesftaates übertragen worden find. (Rufe: Hört. hört1) Wir ftellen uns lediglich auf diefen gefetzlichen Standpunkt. Man wird vielleicht einwenden und fagen. ia. das hat eine proviforische Körperschaft befchloffen. Natürlich konnte nur eine proviforische Körverfchaft das beichließen, nämlich die proviforische Landesverfammlung Über iene Verfammlung war damals das einzige gefekgebende Inftrument, welches ebenfo Bejeke befchloffen hat, wie die proviforische Nationcilverammlung. Die hcutige Mitalieder der konftituierenden Nationalverfammlung find auch gewählt auf Grund eines Be-
39 ekes, welches nur eine proviforiiche Nationalverfammluna befchloffen hat, die auch nicht auf Grund des allgemeinen, gleichen und direhten Wahlrechtes gewählt wurde, sondern, die zusammengefeßt wurdie damals zur Zeit des Umfturzes, um eben nicht ganz unter den Schlitten zu geraten. um wenigftens zu versuchen, irgend ein Staatsgebilde herzuftellen. (Zwischenruf: Das war eine Gntgleifung der Nationalverfammlung1) Das war keine Entgleijung! Wir haben lange paktiert! (Zwischenruf: Damals war noch nicht ein Parteibefchlußz der Sozialdemokraten dal) Meine Herren! ffür uns ist die Sachlage gegeben. Sie können von uns nichts anderes verlangen, als daß wir als Mitglieder des Landtages von Oberöfterreich die gesetzlichen Beschlüffe des Landtages, die ordnungsgemäß kundgemacht worden find, refpektieren und uns danach halten: wenn Sie glauben, daß die Bevölkerung mittlerweile zu einer anderen Unficht gekommen ift. jo können wir es auf ein Grempel ankommen laffen. Ich bin damit ganz einverstanden. (Rufe: Neuwahlen1) Neuwahlen find nicht praktisch. weil fie immer eine Aufregung bringen. Über eine Volksabstimmung. die kann man fofort haben. Wenn Neuwahlen fein müssen, dann von mir aus, und zwar um so lieber, wenn ich nicht mehr gewählt werde, dann komme ich weniaftens da heraus. Wir werden ohnemeiters erklären, wir beugen ung per dem Votum des Volkes. Des ist Demokra“ie. Wie die Gefamtheit der Bevölkerung dann entcheidet, so mag es in diefer Frage fein: vorläufig aber find wir gehalten. die Befchlüffe des Landtages zu refpektieren und zu halten. Für uns gibt es daher nichts anderes in der Verfassungsfrage, als daß die Verfassung durch den Landtag in irgend einer Form hergeftellt werden muk. Es gibt nur den Weg des gegeneitigen Ginvernehmens. Der 3mech der heutigen Landeskonferenz war nicht, irgend etwas zu verhindern oder Gefahren heraufzubeschwöien, sondern der Zweck war, zu verfuchen, ein Einvernehmen anzusbahnen und ich hoffe, daß -s trok der vielen Redereien und trotz mencher Nichtübereinstimmungen gelingen wind. das Einvernehmen weiter zu fördern. und daß wir bei der nächften Länderkonferenz mehrere Punkte hervorheben können, wo wir fagen 40 können. da ift ein Ginvernehmen erzielt worden. Der Herr Staatsfekretär Dr. Manr wird es dann leichter haben, ein Glaborat auszuarbeiten, das in der Nastionalversammlung durchdringen kann. Das wird dann ein Werk sein, mit dem wir alle zufrieden fein können. und welches der Bevölkerung zum Gegen gereichen wird. Vorsitender Landeshauptmann Sever: Ich habe eine Mitteilung an die Herren Delegierten zu machen. Eine Anzahl der Herren Delegierten wendet fich an das Stenographenbüro um Abschriften ihrer Rede. Geftatten Sie, daß ich Sie erfuche, fich mit irgend wielchen Wünschen ausfchließlich an den Herrn Amtsdirektor zu wenden und nicht an einzelne Büros. Die Vormittagssitung ist geschlossen, der Reginn der Situng für nachmittag ift auf 143 Uhrfeftgefeßt. (Schluß der Sitzung um 12 Uhr 15 Minuten.) (Beginn 2 Uhr 15 Minpiten.) Vorsitzender Randesrat Christoph: Ich erfläre die Sitzung für eröffnet. Bevor wir im die Dehatte weiter eingehen, möchte ich dem Hemren folaenden Vorschlaa machen. Seillens dies Telegraphen-Korrefvondenzbürgs werden die Reden der einzelnen Redner möglichst ausführlich erwünicht. 65s belaftelt die Stenographen ganz wefentlicht sofort nach den Redier das Stenogulamm überitragen zu sollem. Es wird vielleicht im Interesse der Herren liegen, wenn jleder Redmer nach Abschiluß seiner Rede jenen Inhalt seinser Rede, den er zur Veröffentlichung durch das Aprefpomdenzbüro wünscht. in dieMaschine diktilert und! dann 1die Niederschrift demn Herrn Regierungsrait Dr. Wallentin zur Weiterleitung übergibt. Wenn feine Ginwendung gegem diesem Borschlag erhoben wird, so nehme ich an, daß das Hauk denselben annimmt s5s ist keine Einwemduuna erhoben worden, und so alsalube ich, daß die Herren damit einwerstandem sind. Wir schreiden weliter in der Tagesordnung und ich erteilet dem Hetrm Delegierteln, Abram das Wort.
Delegierter Abram: Sehhr geehrte Hervenl (eftatten Sie mir zunächst zu untersuchen, die Motive dien einzelnem Herren die sich aus dem taate Oefterreich schleschen wollen, dem sie frühen in der Zeit der Monarchie mit Herz und Nieuen, mit Saut unnd Haaren angehört haben. Der einzig originellle Davonlaufende ist eigentlich der Herr Dr. Gnider aus Vorarlberg. Seine Motive find anderer Naturr, als wie die der ünligen Herren, die diesem Staale nichit mehr Frolge lleiften wollen, umd) die sich in ihre Landesherrlichkeit zurückzisehen möchten. Die Vorarlbergehr sind seit Jahrhunderten Grenzbewohner sie haben in ihnem Gebiete seit Jahrhunderten fünfetrlei Geld, sie waren in Bwenzverkelhn inoffiziell und offiziell tätig und diler gange Lage der Vorarlbeirger bringt es mit sich, diaß siegegenüber den Tirtollern, gegemüber den Vinzgauern und Vonaauern, die bis zur Erfchiliesung der Gifenbahm, mit Ausnahme der an den Verkehrsstraßen liegenden zienmlich weltahgeschieldene Menschen warem. Sie waren schon durrch dien Bodensee, duch den Warenverfehr, diu uch das verfchiedene Geld viel früher Sandelsleute als die anfderem Bewohnen und so haben wir eigentlich die Haltung dier Borarlberger leicht zu erklänen. Vordem Krietae unter ber alten Monarchie waren fie Konkurrenten des Tiroler Vatriotismus, die sich viell darauf zugute getan habem, die tneueften Diener Oesterreichs und Wiens zu ssein und die treuesten Diehter der DynastileDer Krieg ist verloren, sagt Dr. Gnder, die Kriegsanleihe ift tot, die Kriegskosten sind enorme: Gethen wirl Und so gingem sie in die Schweiz. Eine Deputation ift dout erschienen: „Wir sind seigentlich Alennammen so wie Thr. Wir warem früher Oeftehrreicher, das ist ganz gleich. Wir haben jetzt den Staat efendig versoffen, die Schuldenlasten sind sehr groß und die Bürger sind verarmt. Win möchten alemannisches Prot. Nehmt uns auf, damit wir der Zahlungspflicht los wweerden.“ Kalona sagt: SSo, Ihr seit Alemannen, das ist wahr, aber sagt einmal: Sabt Ihr Guerem altem Staate das auch nach gemacht, dak Ihr davon läuft? Wir Schweizer sind ein ordnungslieendes Bolk. Wenn Ihr Guren Staat wileder in Ordnung habt, dann kommt wieder So sind sie wieder gekommen, und haben dann ausgemacht, daß dile Schnweiz bei ihner holten Baluta die Kriegsanleihe nehmen kann, die die Vorarlberger, wie die anfdierem Völker Oesterreichs gezeichnet haben und daß die Schweiz den alligulgten Teil der Kriegsschuldem Destenreichs nach dem fraunzösischen Friedensvertrag übernehmen. Gin schöner Patzen Geld, wo Kranken und Krone gleichgestannden sind, und was bei der heutigen Valuta für die Schweiz nichtt viel ist. Schwikerig ist die Sache freiilich, wenn die Frage aufgeworfen und unterlsucht werden muß, zu wiellchem Kurse die VorarlGerger mit ihrer Krone übernommen wellden, und da fagen sie nun, um mit Dr. Schmkider, dem Vorarlberger Nationalrat sprechen: „Wennwir übernommen werden zu dem hohenn Kurse, so kann man bei dem großen Tocse beim Ailllberg noch viele Milliönchen hinüberbringen.“ Ob es so kommt, ist allerdings eine Frage. dene Schweizer, die gegienwärtig alles aufkausen im Tämdile, in Tirol, aber auch sckon in Salzburg, in Ihrer Stadt, dieselben Schweizer, die unsere Notlage ganz ergielbig ausbeuten, werdiem natürlich nun zu idem jeweiligen Tagi-skürfe unfere Krone übermehmen. Dr. Ender: Kinder hinüberschicken kann man aibierl Abram: Dieselhe Geschichte ist dann, daß z. V. für 400 X deu ehrbare Vorarlblerger 1.70. bekommen wird. Ob sie dabei seinverstanden sind? Das war das eine, daß die Gesannlsheit der Vorarlberger mit dem Anschlüsse an die Schweiz nicht abfolut einverstandem ist. Da ist eine beträchtliche Opposition im Voraulberger Lande. so die Industriellen, die weum Zeihntel aller ihner Spindelerzeugnisse nach Oesterreich absetzem, und die Arbeiterklasse, die es gar nicht so drängt, unter die Kontonabregierumg der hiesnachbarten Schweiz zu geraten. Die Arbeiterschaft sagt sich, auch, es ist fraglich, ob die wirttschaftliche Ueiberlegentheitt ehrhalten werden kann. Die Arbeiterklassse erinnert sich, daß im Jahre 1913 lin der Schweiz Anwerionsverhandlungen ftattfanden von schweizerischen Volkswirtschaftlern, die sich die Frage vorleaten, ob dias kleine Gebzeit vom 4,000.000. Menschen im Trubeil deer Weltkonkurrenz sicht wird behaupten können und ob nicht Anschluß an Deutschland oder an Frankreich gesucht wiehr-
41 den musß. Die Frage kam von üen schweizerischen Zeitungen in ganzem Spalten vor, dem Kriege zur Sprach-, und sie wurde ernstlich vom allen Seiten erwogen. Gs kann sehr wohll kommen, daß wir im Caufe der Zeit wiederum vor dieselbe Frage gestellt werden. Die Misbeüter sagen sich, es ist gerade wicht alles Gold, was glänzt in der Schweiz, und wir überlegen und das mehr als einmal. Die Arbeitserschaft des Landes hat auch entschieden, daß sie sich nicht für dien Anschluß eines immerhin ass Krähwinkel geltenden kllesinen Landes imtlesnessitert, sondiein ihr Zug geht weiter. Und wenm sich just nach dem Kriege die ganze Weft gehen das deutsche Volk stellen würde, das die Sündem büßzem muß der Machthasber und Herrscher, der Kaiser und Könige und den bürgerlichen Klaisen, welchie die triste Lage des deutschem Volskes heraufbeschworen haben, so ist die Arbeiterschaftt nur für den Anschluß am ddlas deutsche Mutterfand. Puft in dem Momente, wo alle davonschlelichen wollen von dem Staate, der sich in Not undd Glend befindet, stehrt die Arbeiterschaft auf dem Standpunkte des Zusammenschlusses ides gefandtem, deutschen Volfes und will am dem Wiederaufbaur eines dieutschen Staates mütthelsenr, aber nicht an einsem Staate unter Kaissern und Königen, nicht an einem Siaatte des prelufiischen Militarismus, sondern an einem sozialorganisierten Volksstaate. Das war das Geal der deutschen Arbeiterklasse. Eine andere Galtung, welche die Vorarlberger gekennaeichmet hat, nehmen die Troter ein. Der Krieg war zu Gnde, undd es gab nicht immer Seimkehrerfeste. Gs prangen noch immer in den chriftlichsozialen und in den bürgelrlichen Zeitungen jenne Inferate, die dar sagen: Der Krieg ist zusammengebrochen. Raub und Blünderung wälzen sich über das Gifacktall gegen den Brenweir herab. Da hat man im Augenblicke eine Abwehr geschaffen und versuckt, diler Deutesbei Iunsbruck vorbiei zu leiten. Sich selbst verteidigen Tirol ist in Gefahr. Jett heißt es zusammenstehem wie im Jahre 1809, hat es geheißen, und ein paur Herren, die allzu gerne Andreas Hofer gespielt hätitem. 110 Jahhre nach dessen Todie, habem sich in die Brelsche gestellt, daß sie Tiwol zu einem selbständigem Staate umGilden wollten. Wir SSozialdemokraten hatten die schwerste Mühe, in den Obmännekonsseren- 42 zin des Tiroler Landitages, den Herren Gsaz kleinliche, unmögliche, lächerliche, das Landsächerlich machende Bestreben, ein sebständiges Land zu machen, aus dem Kopfel zu schlagen. Sie waiten so vernarrt in ihme Idee und faken sich lange Zeit hinaus gespielt als dleLeute, die ein selbständiges Land haben wollem. Das war dier Standpunk weniger neugestsackemer FFührer im Tiroler Landtage. Aralußzen aber that man gesagt: Sepol, du bist ein verteufelt guter Vatriot gewesen, der Krieg ist hin, der Staat ist hin, von dem tun wir davonschleichen, vom österreichischen Staat, von der Wiewerstadst, da gehem wir, und die Schulden lassen wir dsie anderm zahlen, die noch bleiben! So mancher Zillentaler und Juntaler aus dem Ober- und aus dem Unterland hat idhas Liedl mithepfiffen, der früher begeistert war für die Monawckie, ud hat sich eingeredet, aus dem Slaate davonfchleichen zu müfjen. Gr war jo beeinflußt, daß er sagte, wie der Herr nachbarlichse, Vorreschnen aus Vorarlberg auch erklärt hat, wir gehen aurs diesem Staate hergns. Ichi habe Geftegenheit gehabt beim Sin- und Serfahren, in Zell am See und Saalfelden mit dem Binaaguern bekannt zu werden. Die haben auch gesagt: Sin ist hin, die 59er sind jauber aufgerieben worden, ießt aehen wir von dem Staate weg. wir werden banerisch werden! Das waren auch die Araumentatonen Srüben in Kärnsten, und wir haben heute, gethört, die Heuren dieser Provinz meinen, wenn die anddern nicht Eleiben wollem, so gehen wir auch weg, und Oberösterreich, das sinzige Land, das was hat, die feschen Einzerischen Buatmr, die Kohle haben und die schönften Rosse und den Hafer dazu und Weizen- unnd Roggenboden und die Säue dazu und den Moft in St. Floriam und im Welser Gebliete, die sagen: Mit Betttekleuten, mit den Borarlbergern und Kärntnern, wenden wir nicht leisammen bleiben und mit den Wicmern schon gar nicht, die nichts habem. Am hieften ist es. in der Buhndezuerkafstung möglichst eine felbständige „Einzerische Buben“-Republik zu machen, daß für uns selber möglichst viel bleibt. Das war so vielfach der Gesichtspunkt, der llseits beobachtet werden konnte. Nun, meine Herien, untersucklen wir einmal, wie es denn sich mit der Möglichkthit der
Selbständigkeit und der Notwendiakeit dles- Zusammengehörens aller im Staate verhäft. (Zwischenruf: „Was ist es denm mit Stesermarf34 Die kommen nach den Oberösterre chern ehestems daran. Die können leben, sie haben Eisen zu Verschenpern und Papier, und so könnte es geben; aber ganz genau ist es nichtl (Seitenfeit.) Unterfuchen wir aben den Fall ganz ernitlich. Wir habsen in Tirol nichts als wie von altersher viel Batriotismus für ds alie Habsburgerreich, aber fonft ift im dem Lande nicktt viel mehn vorhamden, als für sünf Wochen Brot und dann ist der Spaß aus. Und weum der deutschöftenreichische Staat und die Riesenstenerleiftung Wiens nicht wäre, wenn der Sttaatsfredit nicht wäre, so wären wir bereits jeit einigen Wochen glatt verhungert. Wir habem ja verfucktt, uns einige Zeit sselbst mit dem Auslande im Verbindung zu setzen. Der Hernstagtssekretär Dr. Mayr hat bafd nach dem Zusammenbruch als Vertreter des Dandes die Sache durckzusetzen versucht, aber am 29. April hat die Schwseiz erklärt, wir halben mit euch ausgemacht, daß ihr uns Solz liefern werdet für das Mehl, das wir euch, schicken, und ihr habt es nicht getan. Ihr habit die Anarchie im Lande nicht zu bannen vermocht, ihn waret nicht in der Tage, die Solzmenge aufzubringen, die ihr liefern olftet. und weil ihr im eigenen Lande mit der Milchafbringlung und mit der Butteraufbringung keinler Oudnung schafft, so versienen wir Schweizer die Freude und die Eust. für euch die Sorge zu überniehmen, wie ihr leben könnt, und wir kündigen euch am 29. April bei einer ausigelaufenen Schuld von 15 Missionen Gronemdamals. wo Grione und Franken noch besser zueinander standen, die Freundschaft. Und seit
29. April v. P. febt das Paund Tirol. wovon einige Herren den Ehraciz haben, Führer dieser U6fallsbewegung zu ssein, von dem Krebit des östeureilchischtem Staates, und es sind viele Milfionen Kronen, es ift um vielmals mehr, als das Land Tirol für dem Staat aufbringt, was das Dand Tirol von dem Staate empfangen hat. Dieses Land ist also in seiner wirtschaftlichen Verfassung ein Kostkind des österreichischen Sstaates. Das gleiche ist hier in diem schönen SalzBurg der Fall. Auch Sie können nicht selbständig leben: Sie haben die schönsten Kinder. Sie haben die berühmteste Pffendezucht im Vinzglam, das ist für die elgenwart ein ungeheures Vermögen. Aber wenn wir zusammenzählem, was das Land Salzburg an den Staat bezahlt und was es in Form vom Getreide vom Staate empängt, so macht dsie Differenz vielmals mehr aus von dem, was das Land Salzburg an den Staat gibt. Das wird wohl in verminndertem Maßze auch in Kärnten der Fall seim dasselbe wird auch in Steiermark der Frall sein; auch diesse Länder sind keine aktiven Tämdier, die sich selbst verhalten können. Gs ift nur das einzige Land Objerhfterreich, das alber auch mur in Friedenszeilen fir sich allein zu letben hatte, insoweid als es eine Reihe ausläundischer Nahrungsmittel blezahlen konnte. In der Gegenwart, wo unfelre Baluta so ief steht, wo die Möglichkeit, Nachrungsmittel aus dem Auslande zu beschaffen, mangelt, wo die oberöfterreichische Bevölkerung auf die Bodenfrucht im eigenen Landse verwiesem wird. in dem Monnemit reicht auch bei stärkeinem Meffil- und Brotkonium, weil andere Nahrungsmittlel fehlen, die so ergieblige Bodenproduftion ides beften Kronlandes Oefterreichs nicht hin. um den Mehl- und Brotbedsart im eigenen Lande zu decken, und es muß auch nach Einz und Steyr und anderen, Industriezentren von Staats wegem ausgeholfen werden. Daß natürlich Niederöfterreich mit der Riessenstadt Wien ebemfalls nicht in dder Tage ist, für sich selbft zu leben, das bedarf feimer meiteren Begründung. Wahr abem ift, daß Niederösterreich mit Wien lle Länder müteinander finanziell versehen muß und daß wir nur der Steuerkraft Niederöfterreichs mit Wien es verdranken, wenn wir bis zur Stunde vom Auslandk noch irgend welchen Kredit gehdbt haben. Wäre es naicht dem Wüunsche einzelner gegangen usnd wäre der Separatismus so weit vorgediungen, als einzelne sich das vorstellen, so würde die Sachlage wohl ganz anders sein und wir wünden wahrscheinlich diese am Zeit und Mühe recht überflüssige Konferenz micht haben. Was wir ille miteinandin brauchen und was möglich gewesen wäre, zu erfüllen, das wäre gewefen der fofortige Anschluß an das Deuische Reich, wenn im vergangnen Jahre im April die großkapitoli-
43 stische Bilesse vom Wien, dann auch die christlichjoziale Brefse und die chlriftlichtozialen Abgeorwettem nicht in wenig würdiger Weise idsen Franzossen auf den Leim gegangen wären. Ich habe mich in meinem Leben schon ost geärgert über verschiedene Vorfälle und habe mich oft geschämt über meine Landsleuter; aber, wie ich sie wührdeIos friechem sah, wie ich sie jah, wie sie den Franzosen uf den Seim gingen in dem Momemt, wo für das sdreutsche Volk der Zusammenschluß nach dieser Richtung thin notwemdig gewesen wäre, da hable ich mich geschämt und mir gesagt: wo ist noch ein Volk in der Welt, das von aller Welt gehaßt wird, das nach einem verlorenen Krieg darniederliegt und defien slieder in der höchsten Not dies Staates nichts anderes feumen, als das eigene Bolf zu beschimpfen und knechtlicher Weise vor den Siegern zu friechen. Meine Serrenl. Da halben Sie wahrscheinlich die Rditungen nichtt gelesen, uund ich empfehle Thwen, das in iirgend einer Bibliothek nachzulefen. Damals wurde die Unschlußfrage schon sehhr stark ventiliert. Gs wurde über viele Rumftationenin Deurtschland gesprocksen, und wemnn seilens einzefner in Deutschöfterreich nicht eim derarkiger Widielstand gemacht worden wäre, so hätte man die Franzofen vor eine vollendete Tatiache stellen können und diese wären zu spät gekfommen. Wir Sozialdemofraten waren von der ersten Stunde des Zusemmensbruches dies alten Staates Defternleich führ den Zusammenschluh mit diem Deutschen Reiche, und wir werden von den Geschichtsschneibern und vom den Chroniftem, die im Zukunft die Geschichte zu schreiben haben, als diejenigen genannt werden müssen, dis sofort erkannt haben, was dem deutschen Bolke notwendig äft. Und nun stehen wir vor, Eer Tatsache, daß mittlerweille dadurch, daß in der Presse, in Versammlungem und im Parlimente Deutschöfterreichs gegen den Zusammenschluß mit dem Deutschen Reiche gesprocken und geschrieben wurde, über das Gewinfel fo. vieller. die Freinde mun Mut bekommen haben und den Zusammenschluß aller Deutschen unmöglich machten. Wir haben nun die Aufgabe zu erfüllen, zu versuchen, diesen Staat Deutschöfterreich leibsemsfälhig zu machen. Wie wird uns das gelingen? Wir sitzen hier und fragen, ob wir eine Bundesverfassung machen sollen in dem 44 AugenElicke. wo viefleicht uns der letzte Kredit entzogen wird. in dak wir, wenn nicht ein Wunder geschiefft. vom Auslande nichts mehr bekommen. in dem Augensblicke, wo viele Sunderte und Taufende Bürder und Bürgeninnen dieses Staates werdem auzwandern müssen, wenn sie nicht elend verkungern und frevieren wollen? In diesem Moment intereisiert Sise, die Flage, wo Tirol beginnt und wo Salzburg anfängt. ob in Hochfilzem die Dandesgrenze sich hinziehen foll oder bei Tofer und Unken: es interessiert Sie sehr, ob von Bischofshofen aus das steirisckie Gunstal beainnt usw. Ein Fuenndher weis nichts davon. wenln: er durch dieses Ggebiet fährt, so sieht er hüben und drüben dieselben Weidewirtsckhaften, dieselbe Bodenbeschlaisenheit, und hörfftens der feinste Anthrovologe findet einen Unterfchied, in Der Bevölferuma bei der Untersuchung der notwendigen Salzweite für die einzelnen Länder. nnft aber, wenn man von Tirol nach Salzburg oder von Salzblura nach Steiermark hinüberaeht, weiß ich nicht. wo man eigentlich einen Unterfchied sentdecken könnte. Wir Sozialdemofraten fagen uns. diese Geschichte mit der ganzen Läniderei ist die überflüssigste Sache von dem Welt. Die Ftrage ist die, ob das große deutliche Bolt sich vor dem Erfaufen wird retten fönnen, und da ift die Antwort zu geben, daß hier einzig notwendig ift, daß wir von den Grenzen dem Schmeiz his zur ungarischen Grenze ein einziges Wirtschaftsaebiet finßd, das alle Waaren auszukauschen hat, daß wir ein einziges fulturelles (ebiet find, daß wir eine eintheitliche Schule und eine einheitliche Verwaltlung haben und daß wir uns dadurch semvorarbeiten. Nicht die Ländergeschichte ist es, die uns interessienst, nicht die Zeit, wo der Bauer undd der Arblelter ein rechtloses Herdenvolk der salzburgischen Rischöfe. der kärrentnerischen Herzöge und der Tiroler Grafen waren, nicht diese Tatsachen von einer Zeit, wo das Volk nichts zu redem hatte, interessieren uns. sondern wir hhablen zu untersuchen, was dem deuntlichen Volke in seinem (efamtheit nottut. Nun hat einer dier Herren gemseint, daß wir Sozialdemokraten inkomsequent seien, indem wir Länder verwerssen und dafür Gebiete fardern. Ich vermutte nicht, daß der Fragestelller im Innersten glaubt, daß wir im Verwaltungs-
gesbiete der Länder keinen Unterschied khlalbten wollen. Was wollen SSie in den Ländern? Im den Ländiern, stellen Sie sich vor, nach fünd Jahren Krieg, nachdem die Arbeiterklasse ungeheume Opfer gebracht hat, nachdem die Kinder wegen Unterernährung am Friedhofe liegen, nachdem die Arbeiter als Krüppel herumgeben, als Verteidiger von Grunnd uns Boden dier Besitzenden, wachdem so viele Witwen und Waisen vonhanden, nachdem Sunderttaujende von Menschen ihre Gefundheit eingebüßt haben in einem kriege, den wir immer bekämpft haben, wir allein (Widverfpruchl, daß Sie ohne uns horrschen können. Wir haben idien Krieg bekämpft auf der ganzen Einie, und nun, nachdem dias Volk diesem Opfergang gemacht hat und nachdem Sunderttaufende von Menichen um ihre (efundheit betrogen find durch dien Sunlgier, Eden sie während des Krieges durchmachen mußten. Nachdem es ums allem flar ift. daß der Krieg durch die Salbsburger seit dem Jahre 1916 im vollen Bewußtsein, daß er verloren ist, geführt wurdie, glauben Sie durch Ihre Ländergeschlichte den Aubjeiter um das Anrecht auf eine höfenter joziale Ruftur in den größeren Städten betrügen zu können. Darüber täuschen, Siie sich schmer. die Arbeiter werden Sie nicht bezwingen können! Sie fagen es felber in Verfammlungen und in der Presse: Wenn uns eines in der Zukunft nüßt, fann es nur die Arbeit feintaber zur Aubeüit gehören Arbeiter, undd Sie wisen, daß es zu einner gefteigertem Profuktion im Staate nicht kommen fann, wenn Sie diee Urbeiterklafse einfach im den Ländern überrennens wenn Sie dort eine Wirtschaft einführen, die antisozial in der Aufbringung der Mittel und in der Verteilung der Einnahmen ist. Dem wollen wir entgegentreten; wir wollen den Ginheitsstagt und innerhalb, dessesben Bent walltungsgebiet, denn sie sind keimeswegs so überflüssig, wie Herr Abg. Kunschak gendeint hat. Wir wollen, daß Außerfelden samt seinen Bewohnern abgetrennt wird und zu Bauern kommt, wohin es geehört; dafür wollen wim, daß am das Land Salzburg Reichenshall kommt: mir wollen, daß Kärnstien sich mit diem Pustertal vereinigt: wir wollen eine glanze Reichle vom Umgruppierungen wirtschastlicher Dimige; wir wolten aber nicht, daß die Dandeshauptstädte in materieller, geiftiger und fultureller Beziehung von dem Diktäte der Landesbevölkerung im Lande abhänlalig sein sollen; wir wollen es nicht und werden es auch nicht dulden (Widerspruch bei den Chriftlichsozialen). ie mögen sich dilesser Mllusion hingeben. Sie mögen meinen, daß es sich. lohnt, im 1dem Momente, wo endlich die Industrie wieder in Gang gesetzt werden muß, im dem Momenite, wo die Gisenbahnen normal verfehren müfsen, in diessem Monrente wollen die Landtage, reaktionäne Gesetze beschließen. welche diee Landeshauntstadt auspowern, in einem Momente, wo wir vor der Stillegung der Arbeit stehen undd vor heftigen soziallen Rämpfen, welche das Ehraefühl den Urbelitern aufzwingt. Gs gehit nicht an, daß Sie den Urheiter und dem Firbefoldleiten als Raublobjekte in den Ländern betrachten, und nun will ich Ihnen ein Beispiel geben vom dem allerchristlichiten, von meinem Landttage von Taroll (Dr. Schumacher: Taroler sagt kein Mensch in Tirofl)
158 hat ein fehr humoristischem Schhriftsteller
1das Wort erfunden und mir gefällt es; ich fage es auch zwischen Kufstein und Landeck, weil der Begriff Tarol dier Begriff ist für zaruck, zvrluck, zaruck! Meine Herrenl Der Tiroler Dandtag hat vor kurzem fehin Landesbudaet beschlossen, ein Erfordernis nom 28.000.000 XI Davon wefmen die Herren in der Gegenwart nicht mehr und nicht wenigier als 4.000.000 K Brotfteuer. Wir hhaben die saubeme Einrichtung der Mehlauflage, unßs Sie hat der Dandtag um 20002 erföft. Ich muß sagen, der Finanzkünstler, der das ersonnen hat, kann die Konkurrenz mit jedem Binzaguer Bauern aushaften; das versteht der auch, das Mehl zu verteuern und einee Protsteuer einzuführen, dazu braucht man, nichst in die Schüle gegangen zu sein, das kann iWirt von Saalbach auch! (wischenruf: Das kann sogar der Breitner von Wienl) Uffo 4.000.000 X Brotfteuer, das ift der erfte Blütenstrauß der Verwaltungskunft: dann kommt die Bier- und Weinsteuer, eine ganze Summe von Ginnahmen, die Zuschläge zur Hauszinssteuer, welche die Leute in den Städten scknven bezahlenn müssem, unnd fragen Sie sich, wie Witwen und Waisen der im Kriege Gefallenen, bei sdenen jeder Seller eine Rolle spielt, Ste alle
Arbeiter und Teftbefoldeten aufzeordemttlich schwer bezahlen müssen, undd fragen Sie sich, wie wird das Gield ausgegeben in Tirol, so sage ich Ihnen folgendes: Gs war noch nie im alten Kurtenparlament mit dem Großgrundblesitz, ia ncht einmal in den schlimmsten Tagen des gallizischen Landtages ddier Fall, daß so brutlach und antisozial gegen die Besöürfnisse der sreiten Bolksmassem verfahren wird, wie im meinem ehrenwerten Tiroler Landtag. Für die Errichtung von. Tuberkulofehesimstätten sind im Budget eingeftelft 20.000 K. Die Herzte find entsetzt über die Volksjeuche schlimmster Art, Sie das Bolk an seiinem Kern besswoht, und dafür gibt der Tiroler Landtag 20.000 X bei 28,000.000 X. Einnahmen und 4,000.000 X Brotfteuer, welche die Armen bezahlen müssen. Dann gibt dierfelsbe Tiroler Landtag für Sätglingsfärsorge 20.000 kronen! Während der Kriegszeit hatten wir imn Tirol einen Bichverwertungsfonds von 800.000. Kronem; ich habe damals mit dem Ackerbauminister Sulva-Tarouca ausgemacht, daß die Hälfte des Geldes für ie Viehzucht und die andere Hälfte für die Menschlenzucht verwendet wird: danals war es mir möglich, den Herren nach einigem Zureden die Bedeutung eines Chriftenmenschen neben dem 2iflertaler und Binzgauer Zuchtvieh vorzuftellen; es war feine leichte Aufgabe, ddenn es gibt Geiftliche, Sie sich zwar auf (dem Gebiete der Viehzuchtrassen auzgezeichnet auskenniem,, aber für andere Dinge sehr zugeknöpft sind. Aber endlich sind wir doch dahin gekommen, daß dieses Geld je zur Sälfte für die Menschlheit und für das Rindvieh verwendiet wird. Dieses Geld ist auch verssichtwundem in diem Sack ohhne Boden, und nun dibt man
20.000 X für die Säuglinge. Die Mutterfschinfftsfürsorge wäre ein sehr notwendiges Kapitel, aber dafür nimmit man im Lande Tirol von jeldem Bissen Brot eine hohe Stewer. Bei dem Tamldwirtschaft gehen die Ausgaben ins Gnölose (Widerspruch bei 1den Chriftlichfozialen). Bei der Armenfürsorge ist es wieder so: im ganzen hat man für die Aufsuchlung von Bäldern in diesem Budget 10.000 X gegelben, wie früher, als die Krone noch einen Wert hatte. Ich frlage. Sie, wieviel rheumatische Kranke können. Sie damit schicken in das herrlichte Badgastein oder wie viele skrophullöse Kinder nach Bald Sall oder, wenn es möglich sein sollte, an lie- 46 Meeresküste? Gines werden Sie schicken könnenn, und alle andderen befitzlosen Klassen haben das Recht, zu Saluse zur krevieren. (Dr. Schumacher: Die Angehörigen Ihren Vartei habem keinen Abänderungsantrag gestellt1) Weil Sie ihn so niedergestimmt hätten! Dagegen. meine Herren, bekommt die Landwirtschaft nahezu 2,000.000 Kronen. 3war ift darunter auch die Schule, deren Unkauf keinfauberes Gefchäft ift: di wird für die Landwirtschaft das Geld ausgegeben, ohne daß wir irgend eine Darlegung hätten, ob das Geld ökonomisch verwendet wird. Am Gingang ins Zillertal liegt die Schule Rotholz, drei Schweizer Lehrer wirken dort seit Jahren verdienftvoll: die ganzen Abfolventen diefer Unftalt find gefallen, die Schule ift nicht befeßt, die ganze Einrichtung ift nicht ausgenükt, aber weil ein unfauberes Geffchäft es notwendig gemacht hat. im Oberinntal eine zweite Schule zu schaffen, müfsen dafür wieder 100.000 K. ausgegeben werden. Dieje ganze Verwaltungswirtschafft. die uns das Land vormacht. nicht darnach angetan, daß wir uns dafür entschriden könnten, in diejem Lande uns zu beugen. Solange wir können und wir werden es können, werden wir uns mit größter Intenfität gegen diefe Landeswirtschaft aufbäumen, und, meine Herren, glauben Sie nicht, dak es Ihnen dauernd gelingen wird, ung zu unterdrüchen; heute rechnen Sie noch mit der italienischen Befakung, es wird Ihren aber nicht gelingen, uns noch länger auszuremben. und die ftädtische Bevölkerung so stiefmütterlich zu behandeln. Wir wollen uns auch nicht beugen in Rültureller Beziehung unter das Diktat der katholischen Religion und ihre Diener haben garkein Recht zu verlangen, daß wir Städter ung unter das Diktum beugen, das fie für alle beanspruchen. Wo find fie gebliebeen, die großen ethischen Werte während dies Krieges? Als ich einmal appellierte. man möge mehr an CeFensmittel aufbringen und an das Chriftentum der Bauern, da schrieb ein Organ, das die Aufschrift trägt: „Für Gott. Kaiser und Vaterland“, es iit unmöglich in der Gegenwart an den Ultruismus zu appellieren! Wohin wir
schauen, haben Sie von der klerikalen Parfeikeinen Rechtstitel auf dem Gebiete der Schule über das Volk herrichen zu können: wohin wir schauen, haben Sie den Benkerott und kräftiger als Herr Dr. Schneider aus Vorarlberg in der Nationalversammlung gesprochen hat von der Zunahme der Meineide, der Verbrechen jeder Urt, von der zügellos entwickelten Selbftfucht hätte kein Sozialdemokrat fprechen können. Sie haben nirgends einen Nachweis, daß Sie berufen find, die Schule zu beherrfchen. Wir Arbeiter in den Landeshauptstädten wollen uns nicht beugen dem Dihiate der klerikalen Partei, wir wollen Freihzit auf dem Gebiete der Schule, frei von Teufelsglauben und von egoiftischen Simmelshöffnungen. Der Arbeiter will tapfer für fein Recht kämpfen und für feine Arbeit einftehen, er ift aber auch entichloffen, sich aus diefem Tammertale einen Staat zu zimmern, in dem er auch zu lehen hat. Wir wollen nicht, daß die Kinderhnen ausgeliefert werden in den Städten, damit fie von machthungrigen Katecheten nicht Religion empfangen. sondern zu Geloten herangezogen werden. Wir wollen Freiheit in unerem Gebiet und Ffreiheit in den Städten, nehmen Sie dies zur Kenntnisl Noth diesem grofzen Aderlaffe und Völklerringen wird es Ihnen unmöglich fein, das Volk in die gleiche Botsmäßigkeit zurückzudrängen, wie vor dem kriege. Wir haben unfere eigenen Aufgaben zu erfüllen und wollen uns felbständig betätigen im Geiamtftaate mit einer einheitlichen, wirtschaftlichen Gefekgebung. So wollen wir für unsere Kulturbedürfnisse freie Bahn haben und wir werden uns diefe Ffreiheit holen, da seien Sie ficher! Wie wir uns die Gebiete vorftellen, meine Herren, das stimmt ganz überein mit der Auffassung, wie sie in Oefterreichganz bedeutende Männer seit Jahren vertreten haben. Wir ftellen uns vor, daß vielleicht Innabruck mit einem weiteren Umkreife ein Glied für sich fei und dort müffen Sie ung den Einflußz zugestehen und Sie können dahnn im Oberinntal oder im Unterinntal nach Ihrem Willen herrfchen, fo lange bis auch dort die Bevölkerung das Bedürfnis hat. sich Ihrer Vormundlschaft zu entziehen und im Lande Salzburg wird es ähnlich sein. In der Rischofsftadt werden die Arbeiter andere Be- dürfhisse haben auf dem Gebiete der Schule und der kulturellen FFreiheit wie die Leute drinnen im Gebirge. Sie können sich da betätigen, wie Sie wollen, aber Sie dürfen nicht die Aukenbezirke zur Majorisierung der Stadtgebietz verwenden. Dasfelbe ift der Ffall in Oberöfterreich, Einz hat ein anderes Bedürinis als das Mühlviertel und Steyr ein anderes als die entfernten Gegenden an der Donau ufw. Die werden sich ihre Bedürfnisse so einrichten, wie fie es brauchen. Dazu kommnoch, daß in wirtschaftlicher Beziehung ein Warenaustaufch mit weniger Kraftaufwand orgimisiert und eine Wirtschaftshafse geschaffen wird. Meine Herren, das ift was wir wollen!, Sie wollen dagegen die Länderherrschaft und die Majorisierung der aufftrebenden Urbeiterklaffe. Sie leben in dem Irrwahne, daß Sie von 1920 aufwärts die Arbeiterklaffe noch einmal zurückführen können in jene Krähwinkelei der Kronländer, die einmal bestanden hat. Wir werden Sie von Ihrem Irrwahne nicht abbringen, aber die Tchtfachen werden stärker fein, als wir wollen: die Tatfache der wirtschaftlichen Entwichlung wird alle diefz Pläne zu nichte machen. die Tatfachen werden über Sil zur Tagesordnung übergehen und wir Arbeiter, die Klaffe der Befitzlofen, werden mit ihren Vertretern und vereint mit dem grofzen deutschen Volke und mit dem Arbeiterstand der Völker anderer Staaten uns einneues Reich zimmern. Ich rufe daher: „Zurück mit dem Ausbeutertum und aller Krähwinkelei, entgegen einem freien Reiche, dals wir kommen fehen und mit aller Macht erftreiten und erkämpfen!“ (Beifall und Händeklatschzn.) Landesrat Dr. Steidle: Meine sehr verehrten Herren! Der Herr Vouredner Abram hat im Laufe feiner Rede davon gesprochen, wie befchämend es fei, wenn jemand auf das eigene Volk spuckt; er hat uns Bürgerlichen den Vorwurf gemacht, dak wir unfer eigenes Volk lächerlich machen und auf das Volk spucken; ich habe diefen Ausdruch notiert. Ich glause, der Herr Abgeordnete hat in diesem Augenblich feiner felbft gefpottet und nicht gewußzt, wie kläglich das war. Ich habe mich geschämt als Tiroler und daß ein Landsmann so über das eigene Land-
47 losgezogen hat, daß es ein Tammer war; das ist der berühmte Vogel, der ins eigene Neft eine Erkremente entleert. Ich glaube der 2bgeordnete Übram hat hier eine Tiroler Lamdagsbudgetdebatte abgeführt, nicht aber zur Tagesordnung der Länderkonferenz gesprochen. Ich will zu feinen Günffen annehmen, daß er, obwohl er Tiroter Landtagsabgeordneter ift. nicht hinaus gegangen ift, und dort zur Budgetdebatte gesprochen hat. aus Schamgefühl, dciß es im eigenen Lande noch würdelofer geweien wäre, in dieser Weise über das eigene Land zu sprechen. Es ift wohl nicht nötig, hier auf diesen Versammlungsrednerton einzugehen und in diefer Form foll man unfere Bzratung nicht behandeln. Ich glaube, wir müssen uns darein fügen, und uns etwas größeres als bloß den Parteigefichtspunkt vor Augen halten, wenn wir in der Länderkonferenz sprechen. Mein Herren! Gs find heute vormittags von demsselben Gefichtspunkte aus die Vorzüge und Nachteile des Föderalismus und Bentralismus besprochen worden. Gs find ehr vielz ickhliche Urqumente hiftorifcher, kultureller und wirtschaftlicher Natur vorgebracht worden. Ich werde die Versammlung nicht mit diesen Wiederholungen ermüden, sondern bloß so weit es mir scheint. einige neue Geichtspunkte befprechen, die vielleicht noch nicht berührt worden find, die aber nicht ohne Bedeutung find. Wir müffen vor allen Dingen bedenken, daß das heutige Oeffterreich ein Zwangsftaat ift, diefes Defterreich hat sich nicht freiwillig zufammengefunden, sondern ift unter einem äußzeren Druck durch den Schmachrieden, wie man ihn nennt, zufammengekommen. Ein solcher Staat kohnn meiner Anficht nach, nicht zentraliftisch, sondern nur föderglitisch aufgebaut werden, und zwar im Interesse der einzelnen Glieder, die sich bloß gezwungen zu diesem Staate zufammenfinden, der unferen Ffeinden allein gefällt, wenn erzentraliftifch als Ginheitsftaat aufgebaut wird. Den Vorteil des zentrcilistischen Einheitsftagtes finden in evfter Linie unfere gehäffiaften. Ffeinde, die Ffeinde des deutschen Volkes, die Franzofen. Diese find Zentraliften von Haus aus, die Ffranzofen kennen nur eine zentralistische Verfassung und Regierung. Den Franzofen, denen es heute darum zu tun ift, aus 48 Defterreich eine franzöfische Kolonie zu machen. werden wir den Gefallen nicht tun, indem wir alle Macht im Staate und die ganze Verfessung zentralistisch aufbauen und in Wien verankern, weil fie dann bloß in Wienallein ihre Hand im Spiele zu haben brauchen und von dort aus an einer Strippe, wie der Berliner fagt, das Ganze zu leiten. Das ift auch ein Urgument für den Föderalismus, das man in Betracht ziehen kann. Gin weiteres Argument ift. dcif der Deutsche immer in erfter Linie Töderalift war, nur jetzt in der Not sind die Deutschen etwas zentraliftischer geworden, ober die Reaktion gegen diefen Zentralismus hat fofort eingejeßt. Die deutsche Nationaleigentümlichkeit war immer auf den Föderalismus aufgebaut. Das war feit urdenklichen Zeiten so, das lieat dien Deutchen im Blut. Ffreilich bei uns begreifen das die Herren ohm weniaften, welche nicht deutschen Blutes find, die find von Haus aus Zentraliften, die können nichts dafür, das ist ein Geburtsfehler, für den niemand kann. Aber sie follen uns Deutschen nicht vorschreiben, wie wir den Staat aufbauen follen, wir wollen ihn nach deutschem Charakter aufbauen. So ift die Sache vom ncitionalen Gesichtspunkte aus zu fbefehen. Das ift auch ein Araument, das nicht ganz mußer Betracht bleiben darf. Gehen Sie sich die vertschiedenen Stämme an: der Vorarlberger ift doch ein so grundverschiedener Stamm gegen uns Tiroler oder Salzburger, in der Sprache und im Charakter, das ift ein wirklich deutscher Stamm, die gehören zu den Ulemannen, wir gehören zu dien Bajuvaren, verübeln Sie das den Leuten nicht, aber darüber find wir einig. Ich würde es heute lieber fehen, wenn die Vorarlberger den Weg nach Norden ftatt nach Westen suchen würden, ich gebe aber die Höffnung nicht ganz auf. Gut, sie follen dorthin gehen, wohin sie ihr eigenes Blut zieht und es hat keinen 3weck, wie es Herr Abgeordneter Abram gemacht hat, die Selbständigkeitsbeftrebungen in den Ländern in der Weife lächerlich zu machen und aiuf Grund der materialiftischen Geschichtsauffassung die Sache anzufehen bloß vom Geldbeutelftandpunkte aus. Gehen Sie, das war der Ton, wie ihn Herr Abgeordneter Abram in der Zentrale, in der er sich gern bewegt, gelernt hat, das ift der
Wiener-Geurigen-Gumor. Ich persönlich habe gegen die Wiener gar nichts. aber daß sich ein gewisser Heurigen-Gumor sjo weit versteigt, das eigene Land und Volk lächerlich zu machen, dc wird gewissen anderen Leuten übel dabei. Ich möchte gewissen Geschichtsfälschungen entgegentreten, bezüglich der Selbständigkeitsbeftrebungen; es ift nicht wahr und eine glatte Tüge, daß wir in Tirol aus bloß materiellen Gründen uns von Wien löfen wollen, sondern die fchwere Sorge um unferen verlorenen Landesteil war es, die uns dazu gedrängt hat, diese Selbständigkeitsbeftrebungen durchzumachen und diese fchwere Sorge im eigenen Lande um den beften Candesteil, den macht man nicht lächerlich. Sie habben uns speziell vorgeworfen, daß wir Tiroler immer die t questen Diener der Dyncftie gewesen feien und jetzt gegen Wien los gezogen wären; jehen Sie, ehr geehrter Herr Abgeordneter, da kennen Sie die Pfuche des weigenen Veihes schlecht. Die Tiroler waren Deutsche bis ins Mark, trotz der übelften Erfahrungen, die fie geradie 1809 gemacht hreben. von Seite der Dynaftie, haben sie als ehrliche Deutsche fo lange zum Landesfürften gehalten, so lange er bestanden hat. Nun die deutsche Treue nicht mehr notwendig war, helben wir uns gefagt, so jetzt gehen wir unferen eigenen demokratischen Neigungen nach. Die demokratischen Neigungen waren in Tirol schon länger vorhanden als anderswo, in Tirol hat es niemals eine Leibeigenschaft gegeben, die Tiroler haben einen Landtag gehabt seit Jahrhunderten, Tirol hdt beftanden, bevor es ein Oefterreich gegeben hat, es ift nicht wahr, daß man fagt, die Länder haben keine Griftenzberechtigung; bevor Defterreich-Ungarn beftanden hat, hat Tirol beftanden und wird weiter beftehen. Von diesem Standpunkte find wir ausgegangen von der Sorge um das eigene Land. Wir haben alle Mittel cingewendet und wenn es sich um das eigene Land handelt, verbünde ich mich jelbft mit dem Teufel, um das Land zu retten. (3wischenruf: Uns steht das Volk näher als das Land1) Das ift mir gleich, unter Volk verftehen Sie bloß eine Parteiklaffe. wir verstehen darunter das ganze Volk, und Sie verstehen nur einen Teil des Volkes. (Widerspruch bei den Sozicildemokraten.) 215 wir feinerzeit gesehen haben, daß der besteTeil Tirols, Güdtirol, verloren war, haben wir dafür gesorgt, was selbstverständlich ist. jetzt den Unschluß an das deutsche Stammvolk durchzuführen; darüber kann man auch verschiedener Meinung fein, wie dieser Abschluß stattfindet, uns ist der Anschluß lieber, wenn wir ihn länderweise durchführen können, genau Jo wie heute Herr Landeshauptmannftellvertreter Schlegel es sausgeführt hat., das werde ich nicht mehr wiederholen. Noch etwas, Sie haben geftern oder vorgeftern und heute auch einmal diefen Ausdruch fallen gelassen, durch dieses föderalistische Bestreben sei die Demokratie, fogar die Republik in Gefahr. Sie fagen durch den Föderalismus wird der Reaktion vorgearbeitet, er fei Reaktion an und für sich schon! Man kann auch der gegenteiligen Meinung fein, je ftraffer dieser Staat hergerichtet wird, je zentraliftischer, um fo mehr wird der Reaktion, wenn sie darunter eine Monarchie verstehen, vorgearbeitet. Der Monarch hat mehr Ausficht, ein Reich in die Hand zu bekommen, wenn es straff zentralisiert ift, als wenn es ein föderaliftischer Bundesstaat ift, der locher zusammengefügt ift. Ich glaube, das ift auch ein Arqument, über das man reden kann. Sie haben heute vormittags gesagt, die Verfassung ist nicht das Wichtigste, sondern die Wehrfrage und die Vermögensabgabefrage. Ich glaube, das ift auch eine kleine Täufchung, zuerft muß ich doch ein Dach über mir haben, zuerft eine Verfassung und dann kommt das andere. Wozu brauche ich heute in der Gile ein Wehrgesetz? Wir führen keinen Krieg und wenn wir Krieg führen wollten, mit 30.000 Mann können wir weder gegen Jugoflawien, noch gegen die Tschechen kämpfen. Das hat lange Zeit, je länger wir zuwarten mit diefer FFrage, um so eher kommen wir doch zum gemeinsamen Tdeal, zur Wehrreform des Milizjystems. Vielleicht hat sich bis dorthin bei den Herren der Entente ein Nachgeben durchgesetzt. Wenn wir es schleunig machen, wie es im Friedensvertrag steht, dann kommen wir auf dieses verteufelte Söldnerheer. Das hilft dem heutigen Staate gar nicht auf. Wir werden weder mehr zu essen haben, noch wirtschaftlich und finanziell besser stehen. Im Ge-
49 genieil, wir werden einen Saufen Geld hinauswerfen, das wir zu etwas anderem beiser brauchen können. Ebenso ist es mit der Vermögensabgale. Wozu jett das ganze Geld zufammenkratzen, bevor wir einen Voden haben. Die Verfassung ist die Sausordnung im Staate, vom Grund muß ich aufbauen, nicht vom Dach. Weil ich schon fage, von Grund aus, nicht vom Dach, in mus ich erklären: die Länder sind der Grundstein und nicht das Dach. Sie wollen vom Dach aufbauen, wir wollen vom Grundaufhauen. Die Länder find das Primäre, dagegen läßt sich nicht ankämpfen, das ist eine historische Tatfache. Uns immer den Geparatigmus und die Autonomiebeftrebungen vorzuwerfen, ift falich; wir haben keinen Separatismus und keine Autonomiebeftrebungen, weil wir uns nirgends zu feparieren haben, sondern uns erft zusammenschließzen müssen. Die ruhigeren Parteigenoffen von Ihnen, die fagen ja heute, man wird den Ländern ein gewisses Moß von Selbständigkeit geben müfsen. Das ist auch falsch; wer gibt denn bei uns? Gs gibt keinen Monarchen mehr, der eine Verfaffung geben könnte. Wir geben ab, wir geben an den Bundesftaat Vefugnifse und Rechte ab, aber wir laffen uns nichts geben, wir können uns von niemand etwas geben laffen, nicht von einer derzeitigen Zufallsregierung, die befteht, weil es eine Regierung überhaupt geben muß, foll der Stadt nicht in Franfen gehen. Zum Schlüfse möchte ich Ihnen vielleicht noch eine ganz kleine Grinnerung geben. Herr Abgeordneter Abram hat insbefonders sich darüber mokiert, daß angeblich wir zuerft für die Unschlußzbeftrebung waren und dann gerade von den bürgerlichen Parteien eine würdelofe Kriecherei vor der Entente begonnen hätte. Uns gehört der Staatskanzler Renner nicht. Wir sind nicht beteiligt bei diefen Reifen ins Ausland, von denen wir nicht wiffen, was herausschaut. Die Geheimdiplomatie ift cuuch heute noch nicht obgeschafft, das ist auch 1o eine Sache, die für den Föderalismus einnehmen muß und nicht für den Zentralismus. Der Zentralismus bingt die Gefahr, daß doch eines schönen Tages ges dieje Donau-Konföderation gedrechfelt werden könnte von der Zentralregierung. Föderalistisch ist das nicht möglich. Ist eine Bun- 50 desverfaffuna vorhanden, dann geht das nicht so einfach und das wollen wir alle nicht. wenigstens behaupten es die einzelnen Parteien, und wer das nicht will. darf nicht eine zentraliftische Verfafsung annehmen, durch welche die Gefahr eines solchen Vorkommnifses näher rücht. Die Herren Vertreter von Wien und Niederöfterreich haben heute früh die Erklärung abgegeben, wonach sie sich auf den föderaliftischen Standpunkt ftellen und damit einverstanden find, daß Wien als eigenes Bundesland von Niederöfterreich abgetrennt wird. Ich muk sagen. wir Parteigenoffen aus den übrigen Ländern. und ich glaube auch, ich kann es fagen im Namen der ganzen bürgerlichen Parteien, würdigen die Schwere dieses Entschlufses und die Schwierigkeiten, vor denen die Herren aus Niederöfterreich gestanden find. Wir wissen ihnen Dank, daß sie so der Ordnung des Staates entgegenkommen wollen, fo lomge dieser Staat vorläufig beftehen muß nach dem Willen unferer Ffeinde. Noch eine Bemerkung: man fagt immer, die Länder schimpfen überWien und ichreien: Los von Wien! Nein, meine Herren, gegen Wien, gegen die arme hungernde Wiener Bevölkerung haben wir keinen. Hak, das erkläre ich Ihnen. Wir wollen aber nicht diese Wirtschaft mitmachen, die von Wienausgeht! Herr Abgeordneter Übram hat uns vorgeworfen. welche Verbrechen beim Budget wir im Tiroler Landtag begangen haben, wir hätten die Ärmften der Armen befteuert. Können denn die Wienersanders wirtschaften? Die müssen auch die Tramwan jeden Tag höher schrauben. Es nükt nichts. für die meisten diejer Steuern haben Ihre eigenen Parteigenofsen geftimmt, ausgenommen Sie felbft wahrscheinlich, weil Sie nicht dort waren. (Abram: Das glaube ich nicht1) Schlagen Sie das Landtagsprotokoll nach: daß die Sozialdemokraten für die Brotfteuer nicht gestimmt haben, das geb ich zu. Ich habe aber gefagt, bei den meiften Steuern. Wir haben die Realfteuern hinaufgeschraubt. Wiffen Sie warum? Weil wir nach außzenhin als anständige Leute dastehen wollen, die keine Schuldenwirtschaft machen, sondern im Budget einen Ausgleich wollen. Das ift in der heutigen Zeit keine Schande, wenn man eine geregelte Wirtschaft hat; es hat uns fchweren Entschluß gehoftet,
dem Volke diefe ichweren Laften auferlegen. zu müssen, aber wir heiben das Budget ins Gleichgewicht gebracht und darauf können wir uns etwas einbilden. (Beifall1) Delegierter Pölzer: Ich glaube, wir habben es dringend notwendig, daß wir unfere ftaatliche Verwaftung, Landesverwaltung. Bezirksverwaltung in Ordnung bringen und es wundert mich, daß darüber niemand gesprochen hat. Meine fehr Verehrten! Wir vergeuden Sunderttaufende von kronen durch unfere Doppelverwaltung, die wir führen, und ich glaube, es ift keine Konferenz geeigneter, als die Konjerenz der Ländervertreter, um darüber ein ernftes Wort zu sprechen. Ich glaube, wir haben nichts eiligeres zu tun, als zu Haufe die Verwaltung durchzuführen. Soweit ich informiert bin, ift es in allen Ländern ganz das gleiche, wir führen neben der Autonomie der Landesverwaltung die ftaatliche Verwaltung. Wir haben in der autonomen Verwaltung Bauämter und in der staatlichem Verwaltung Bauämter. Vom Lande fahren Leute hinaus zu demfelben Objekt, die vom Staate auch; auf diese Weife verschleudern wir wirklich Steuergelder und jo ähnlich ift es auf mehreren Gebieten. Ich brauche nur zu verweifen, daß wir sowohl eine landesfürftliche als auch eine landfchaftliche Sanitätsverwaltung haben. Noch ärger ift die Straßenverwaltung, da haben wir ein Stück Reichsftraße, da Jahren die Herren hinaus von der landesfürftlichen Verwaltung, gleich ein Kilometer weiter ift eine Bezirksftraße, da erscheinen wiederandere Ingenieure von der autonomen Landesverwaltung: jo ähnlich verhält es sich bei der Spitalsverwaltung. Und fo können Sie bei allen 3weigen der Verwaltung erfehen, daß wir aus dem Primitioften noch nicht herausgekommen find. Es ift uns noch nicht gelungen, Verwaltungszweige zufammenzulegen, und jo gehen wir zugrunde an dem ungeheueren Beamtenapparat. Wir könnten heute schon ganz anders die Länder verwalten und die Bevölkerung würde erfehen, dak wir praktische Arbeit auf diesem Gesiete geleiftet haben. Wenn Sie reformienen wollen, dann müfsen Sie bei der Landesverwaltung beginnen, denn es kann beim alten unmöglich bleiben. Das Michtiafte ift. daß wir endlich unfere politische Verwaltung, die Bezirkshauptmannfchaft, reformieren. Wer im Flachland herumkommt, muk sagen. mit den Bezirkshauptmannschaften kann es nicht weitergehen. Ich glaube, daß ihre Leute genau wie die unjeren die Bezirkshauptmannfchaften kennen. Gs nükt nichts, wenn in Niederöfterreich ein Gever und Mayr in der Landesregierung fiken, und wenn wir drauken den alten R. R. Bezirkshauptmann sitzen lafsen. dort heißt es zu trachten, daß wir endlich wirklich in den Bezirksvertretungen refarmierend wirken. Wir müssen trachten, entweder Kreife oder nach dem heutigen Aufbau Bezirkshauptmannfchaften mit einer winklichen Vertretung des Volkes zu schaffen. Ggsind die bürokratischen Zuftände ganz unmöglich. Ich verftehe ganz gut, daß sowohl meine Parteien darüber erboft find, duß der alte Schlendrian noch fortgefchleppt wird. Im kriege, da mußten wir erleben, daß junge Juriften. 18-. 19- 20-jährige Herren die Aufgabe bekommen haben, das Ernährungsamt zu leiten. Ich mache die Herren dafür nicht verantwortlich. die es als 18-. 19-jährige Juristen nicht verftanden haben. die möglicherweife ganz ausgezeichnete Turiften gewefen fein. können, aber ich mache die ftaatliche Verwaltung von damals verantwortlich und in demseiben Ffehler leben wir heute weiter. Wir haben gar nichts reformiert und ich muß fagen, es gäbe in allen Ländern wirklich Arbeit genug, das ift die Quelle des 3ornes und der Uergernig des Bolkes, daß in Bezug auf die staatliche Verwaltung. der Bezirkshauptmannschaft nicht reformierend eingegriffen wurde. Gs ift ein g.nz unmöglicher Zuftand, daß wir fo weitervermalten und mag nach oben hin noch so ein mnderner Zua fein, mögen Sie sich in der landesfürstlichen Verwaltung noch so abmühen, es nükt nichts. wenn die Stellen unten total veragen. Das müffen wir erklären, und jene Herren. die Gelegenheit haben. mit jenen Uemtern zu verkehren. wie es die Landesräte tunmüsiem. die müssen erklären, daß wir höchste Zeit haben, daß wir uns zufammenfinden und nach der Richtung hin einen gleichen Zug in die Verwaltung hineinbringen, dienn das mangelt heute fehr in der Verwaltung und des-
51 wegen möchte ich schon bitten, daß in der Richtung hin, alle zufammen reformierend wirken. Das verlanat von uns die Bevölkerung mit Recht! Sie ift ungeduldig und fagt. Ihr macht nichts, ich muß zu denselben Mann gehen, wenn ich mein Recht haben will. zu dem ich gegangen bin. in der alten Monarchie, es fiken nicht meine Deute dort. die mein Vertrauen haben im Bezirk. Das ift wichtig, daß dort ein Mann fikt, der fein Vertrauen hat: der gewählte Leiter müßte im Bezirke fikzen. ftatt des Bezirkshauptmannes. Der würde nur durchführendes Organ fein. vom Vertrauen des Volkes getragen, der Aufträge erteilt und Beschlüffe durchführt, wie fie die autonome Verwaltung befchließt Da können Sie mir nicht fagen, dak es in irgend einem Landebeffer ift und wenn wir eine Zentralverwaltung brauchen, fo brauchen wir fie deshalb, daß ein einheitlicher Zug in die Verwaltung hineinkommt, was fo ganz unmöglich ift. Wir brauchen den gleichen Zug in der Landesverwaltung. Durch die Stagtsverwaltung ift es möglich, daß sie einwirkt auf die Länder und darauf drängt, damit in der inneren Verwaltung der gleiche Zug möglich ift. Ich bin ein Niederöfterreicher, ich bin von Wien und ich muß schon fagen. es wurde heute davon gesprochen, auch Wien vom Lande zu trennen und ein Land Wien zu schaffen. Ullerdings eines muß ich erklären, die Herren, die es heute am eiliaften haben, die wollten noch vor fünf. jechs, Jahren davon nichts wissen. Noch vor fünf. sechs Jahren. als Wien der reiche Onkel war, haben sich die Herren gehütet, davon zu fprechen. von einer Trennung Wiens vom Flachlande. Heute sprechen Sie davon, weil es vorübergehend. ich glaube das mit Recht fagen zu können, den Wienern etwas fchlechter geht. Wenn wir die Steuerftatiftik anfehen, müffen wir trokdem sagen, daß Wien die Steuerträgerin ift. von woheute noch das Land genährt wird und die Herren, sie heute fo eilig haben. von Wien wegzukommen. werden fehen, wie dann die Umlagen ausfehen. Heute wehren Sie sich gegen eine Umlagserhöhung von 10 Prozent, wenn Sie allein find. was ländft, Ihr Wunsch ift. dann werden Sie schon fehen, wie weit Siekommen. Ich bitte, wir find sicherlich dafür, 52 eil wir überzeugt find, daß Sie meinen, wir fürchten uns, wenn Sie uns immer damit drohen, von Wien wegzugehen, ich bin überzeugt, Wien wird leben. Wien braucht nur Arbeit, Wien braucht nur Kohle und Rohmaterial, die Wiener wollen nicht, wie sie in der ganzen Welt verfchrien find. Bettler fein, bas ift gar nicht wahr! Die Wiener arbeiten, sind fleißige Leute, und ich bin überzeugt, daß Wien und Umgebung sich materiell in einigen Jahren ganz glänzend ftellen und verwalten wird. ob es bei den anderen auch so fein wird, weiß ich nicht, ich wünsche es Ihnen aber. Vielleicht darf ich es ein hisichen bezweifeln; wenn es zur Trennung kommt, dann werde ich redlich beitragen, fo weit meine Erfahrungen reichen. unfere Verwaltung jo zu geftalten, daß es für beide Seiten so erträglich wie möglich ist. Das sage ich Ihnen schon, ich fürchte mich niiht vor der Trennung, ich möchte nur haben, bevor wir uns trennen, daß wir unfere autonome Verwaltung und landesfürftliche Ve-waltung in Ordnung bringen. Ich möchte nur haben, daß wir da das fchaffen, was wir Proleavier wollen, daß endlich aufgeräumt wird mit der Bezirkshauptmannfchaft und an deren Sielle die autonome Bezirksvertretung tritt. (Beifall.) Vorsitzender Dr. Christoph: Das Wort hat. Herr Dr. Kienböck, zuerft möchte ich aber noch die Bitte an das Sohe Haus richten. die Herren mögen die Plätze einnehmen, weiter möchte ich ersuchen, daß Sie mit Rücksicht auf den Herrn Redner die Ruhe einhalten und daß die Herren Redner sich möglichfter Kürze befleißen, daß wir über den erften Punkt der Tagesordnung hinwegkommen. Delegierter Dr. Rienböck: Ich habe hier nicht die Absicht mit Leidenschaft für die Vartei zu agitieren. wie es Herr Abram getan hat und hier eine Rede zu halten, die nur dazu dient, die Parteigegenfäße gageweinander zu stellen. Ich möchte mich bemühen, zur fachlichen Ffrage einige kurze Erwägungen anzustellen: es ift fchon im Laufe der Debatte vieljach von der hiftorischen Individualität der
Länder die Rede gewefen und von der Entwicklung hinfichtlich des Einheitstaates. Laifen Sie mich folgendes jagen: Die Ffrage, ob die Länder eine ftaatliche Griftenz gehabt, hat im früheren Oefterreich die beften Juriften des öffentlichen Rechtes bis zum Schlüffe beichäftigt. Bekanntlich hat Oefterreich nicht einmal seinen Namen gehabt, denn offiziell hat es bis zum Schlüfse kein Gefek gegeben, welches diejen Ausdruch akzeptiert hätte. Ein Zeichen dafür, daß die Frage zwischen Einheitsstaat und Ländergebiet bis zum Schlufje des elten Staates, bis zum Schluffe der Monarchie offen gewesen ift. Daß diese Ffrage so lange nicht ausgetrugen werden konnte, war uns allen sehr zum Nachteil, weil die Entwichlung des Staates fortwährend durch nationale Zwiftigkeiten geftört war. war es möglich, daß dieje frage unausgetragen geblieben ift, nicht nur nach den Varagraphen, sondern wenn Sie die Tinge verfolgen, fift sie auch unausgetragen geblieben im Bewußtsein der Staatsbürger, und nan ift die Repolution gekommen. Ich werde da jetzt nicht einen weiteren juriftischen
2or.1c9 halten, ich will gewißz nicht fo weit gehen. zu sagen, daß der Staat Defterreich garnicht exiftiert hat, daß er erft geschaffen werden müßte, was ich nicht für zutreffend halte. Richtig ist aber, daß die Länder ihrerseits wieder in ihren Kreifen Gefeke gegeben haben, von einigen Herren haben wir das zitiert gehört, welche sich gerade auf einen gegenteiligen Standpunkt ftellen, auf den Standpunkt der bloßen Eigenftaatlichkeit. Es war fehr bezeichnend die Zitierung des Gefekes vom März vorigen Jahres, wo Oberöfterreich, wie wir gehört haben, unter Zustimmung der Herren Ihrer Partei einftimmig den Sat ausgefprochem hat, der geradezu die Eigenftaatlichkeit der Länder betont. (Dr. Pflanzl: Kärnten auch1) Wir müffen aus diesem böfen Konflikt heraus. Wir vertragen das unter den gegenwärtigen Verhältnissen nicht länger, daß die Unentfchiedenheit diefer Sache uns immerweiter beläftigt, wir haben das vielleicht früher ertragen können. in der Monarchie unter ganz anderen Verhältnifsen, wo damals diefe untergeordnete Ffrage in ihrer Ungelöftheit ertragen werden konnte. Seute vertragen wir das abfolut nicht, wir alle, die in diesem Staate fißzen, wir verlangen endlich in der Verfaffungsfrage zu einer gewissen Ruhe zu kommen. Einer der Herren von drüben hat heute gefagt, wir follten Tieber. ftatt daß wir eine Konferenz über die Verfaffung halten, eine Ernährungskonferenz halten. Ernährungskonferenzen find ja einigemale gehalten worden, auch eine Landes-Ernährungskonferenz, ich war felbft Zeuge der letzten diejer Art in Wien. Sie wird alle überzeugt haben, jo geht es nicht. Man hat aneinander vorübergeredet. appelfiert und fo weiter, aber vorwärts ist die Geschichte deswegen nicht gekommen, weil das Kräfteverhältnis sozufagen nicht ausgeglichen ift. Und das, meine Herren, muß geschehen. Die Ffrage ist die: Man hat es jetzt über ein 7ehr verfucht, von der Nationalversammlung allein, die Ffrage zu löfen. Wir müssen aufrichtig sagen, daß der Versuch nicht gelungen ift. daß es sich gezeigt hat, daß e5 in der Nationalverfammlung mit der Schaffung einer Verfassung nicht vorwärts gehst. Es ift nicht gelungen, und es zeigte sich mehr und mehr, daß dieser Weg vollständig ausfichtslos ift. Gs zeigt sich, daß die Machtvollkommenheit der Wiener Regierung an den Brenzen des Landes Niederöfterreich, zum Teil auch schon an der Grenze der Stadt Wien aufhört. und dak es daher nichts nüßt, wenn man in Wien ein Gefek macht und Staatsgefekblätter verjakt, wenn die Autorität mehr und mehr fehlt, sie zu verwirklichen. Wir follten nicht die Leidenschaften sprechen haffen, sondern wir follten uns ganz klar fein über die hiftorische Stunde, in der wir ftehen. Wir sind daher nach meiner Meinung alle die wir da find. verpflichtet, den Weg zu betreten, eine Verständigung mit den Ländern zu erzielen, damit wir zu einer Aussprache und zu einer pofistiven Geftaltung der Verhältnifse gelangen. Wir wissen ja, daß es mit einem Diktat nicht geht. Aber wir follten es auch gar nicht wollen. Wir follten heffen eingedenk fein, daß die einzige Möglichkeit dieses Staates ein demokratischer Aufbau ist. und ein solcher schließst es geradezu aus, daß man etwa von einer Zentrale aus mit Gewalt den Willen der Länder bricht und ein Terrorgebiet errichtet, welches nur von sehr kurzer Dauer sein könnte. Wir sind uns speziell als Wiener ganz klar dar-
53 über, daß die Sache fehr heikel ift und wir mußten die Ffrage, ob wir diesen Weg betrelen könnten, in unferer Partei bejchen. Wir wollen diefen Weg betreten, weil wir ihn betreten müssen, weil wir sonst alle miteinander elend zugrunde gehen. Das Werk, das geschaffen wird, wird nach meinem Dafürhalten kein dauerndes fein. Cassen Sie mich das ausfprechen aus dem einfachen Grunde, weil uns alle das Gefühl beherrfcht, daß die jetzige Zufammenftellung des Staafsfuftems keine dauerhafte ift. Wir find in einem vorübergehenden Zuftande, von dem wir alle fühlen, dak er nicht so bleiben kann. Aber für die Zeit, in der er durch die Macht der Sieger fo besteht, müssen wir vernünftiger Weise ein Auskommen zu finden trachten, wir müffen einen Weg finden, wie wir uns verständigen. Wenn wir das nicht tun, so wird die Ffolge sein ein Chaos, noch ärger als Dasjenige Verwaltungswirrfal ift. in deffen Mitte wir heute sind. Die Länder find heute weniger als je geneigt, sich einem Diktat zu fügen, sie beschreiten einfach ihren Weg unbekümmert um die Verfafsung und um die Gejekgebung, was natürlich allen Teilen zum größten Nachteil gereichen mußz. Ich muß aber auch sagen, das Chaos wäre zum Teil für die Länder noch ärger als für Wien. Ffreilich wäre es für Wien ein verhängnisvoller Nachteil für die Zukunft, wenn es von derjenigen Bevölkerung losgetrennt wäre, die in lebendigem Zufammenhang mit der Großftadt bleiben muß. wenn sie halbwegs ihren nationalen Charakter wirliren wüll. Über das Materielle würde vie“leicht für Wien nicht einmal fo arg ftin, wie für dis Länder. Denn es mürde aus dem Gebiet des Verkehrswefens, der Ernährung, der Geldry:itchaft, unmittelbar ein Chaos entftehen, aus welchem jeder Teil fich irgendwie herauszufinden trachten würde. Aber müt welchen Veruften, das kann man sich fehr leicht ausrechnen. Daher ist es nur die bloße nachte Klugheit und ein Rechnungtragen den tatsächlichen Verhältnissen, wenn man in der Länderk inferenz den Weg der Verftändigung mit den Ländern befchreitet. Ich bedauere fehr, daß die Herren von der fozialdemokratischen Seite in der bisherigen Debatte, ich will nicht fagen ganz ablehnend, aber mit wenig fruchtbaren 54 Argumenten in diefen Teil der Sache eingegriffen haben und es würde mich freuen, wenn das in Zukunft mehr dier Fall fein könnte. Denn es muß uns klar fein, wenn dieser Versuch auch mißlingt, so bleibt uns nichts übrig als das Wirrfal. Die Herren von der jozialdemokratischen Seite fpielen sich als die grimmen Zentraliften auf. Aber ich glaube, das können fie gar nicht so durchführen in den einzelnen Ländern. Sie haben bisher schon viel Waffer in den Wein gießen müssen, und sie werden es auch in Zukunft tun müssen, denn fie kommen über die Realität der Verhältnifse nicht hinaus. Außerordentlich bezeichnend aber ift das Verhalten der fozialdemokratischen Herren in der Frage: Wien- und Niederöfterreich. Gerabe diie Sozialdemokraten haben einfach gefagt. Wien muß vollständig und reftlos von Niederöfterreich abgetrennt werden. Wir haben uns dann mit unjeren Ffreunden vom Lande zufammengefeßt, haben die Sache erörtert und ich muß fagen, dak die Herren Vertreter des flachen Landes Niederöfterreich, soweilt sie meiner Partei angehören, mit Vereitwilligkeit auf die fachlichen Momente eingegangen find. und daß wir diejenige Fformel gefunden haben, die der HerrLandeshauptmannftellvertreter Mayr vorgetragen hat und welche fagt, daß hinfichtlich der beiden Gebiete Wien und Land Niederöfterreich der Ordnung dieser Frage in welcher Adt- und in welchem Umfange eine Trennung durchgeführt werden foll, nicht vorgegriffen werden. foll. Ich fage Ihnen, daß deswegen, weil Sie sich auf der einen Seite als die großen Zentraliften aufspielen und auf der anderen Seite geradle in dem für Wien so wichtigen Gebiet sich in einer Weife ausgesprochen haben, daß Sie das nicht verantworten werden können. Wir können natürlich auf dem Wege der heutigen Debaltte nicht fortschreiten. Wir laden eine Venantwortung auf uns, die keiner tragen kann, weder Sie, noch wir. Ich möchte sehr wünschen, daß wir jetzt die allgemeinen Grörterungen verlaffen und mit möglichfter Raschheit auf die Sache felbft eingehen und uns zu verständigen fuchen. Wenn wir das nicht tun, ddann glaube ich, wird man mit Bedauern konftaftieren müffen, daß uns in der entscheidenden Stunde die Einficht gefehlt hiat.
Delegierter Emmerling: Der Herr Delegierte Dr. Kienböck hat soeben der sozildemofratischen. Partei den Vorwurf gemacht, daß sie auch nicht eine einheitliche Stellung zum Bunddesstaat einnimmt, weil wir gar nicht die Macht haben, das mit jinem Nachdruck zu erklären, und weil wir nicht imstande sind, eine Uebereinstimmnung der Mitglieder erzielen zu können. Ich schicke voraus, daß wir für dem Bumdlesstaat sind. Allerdings unter ganz anderen Vorausjetzungen, als er nach diesem Entwurf sich aufbauenn soll. Wir sind für den Bumdesstaat, dder die Demokratie verbürgt und auch die Bürgschaft für eine wirtschaftlichte Gwiwicklung gibt. Über im Gegensatz zu Kienböck habe ich zu erklänen, daß mach idiem, was wir bisher aus der Dehatte entnehmen konnten, auch lunter den Ländern nicht hieweeinheitliche Auffassung vorhanden ist, die ihn berechtigem würde, sso zu sprechen, wie er sprach. Er mußte ja selbst darauf verweisen, daß die einzelnen Herren Vertreter der einzelnen Länder einer sehr intransigentem Standpunkt eingenommen haben, umd es mutet mich ganz meufwürdig an, wienn, man dieje Konferenz in Barallele jetzt zu jenen Verhandiungen, welche, im Jahre 1867 stattfanden und die als Grunsslage für den allem öiterreichsischten Stalat dienten. Damals, nach der Loslösung von Deutschlannd, als die Duigabe zu löfen war, seinen Staat aufzurichten, der den Nationen dieses Staates die Eebensmöglichkeiten bieten sollte, fahn ein Staat zufammen, im diem die Sattsionnen nur mit Rechtsverwahrungen eingetreten find. Die Böhmen, die Ungarn, die Polen, die Siüdflanen; alle erklärten, in dem Staatie nur unter ganz besonderen Vorausjetzungen zu verbleiben, Eigentlich wollten fie jat doch nur ihre völlige Autonomie thaben. Uebrig blieben damals nur die Alpenfänder, Sie im. diesem neuen Sabsburgerstaat reftlos aufgegangem sind. Seute, erlesbten wir wun das merkwürdige Schauspiel, daß dieselben Länder, die danmals als Stützen und als Grunßpfeiler des alten Oefterreichs dienten, dasselbe Schauspiel aufführen, daß sie unter besonderen Voraussetzungen mit Verwahrungen in einem solchen Bumdesstaat eintreen. Die Herren Vertreiter von Vonarlberg sagen, daß sie immer noch diese Fuage offen, halten auf Grund des Selbftbestimmungsnechstes, ob sie nicht doch einen Anschluß am ein anderes Gebiet als an dasjenige, an das wir angeschlossen sein wollen, nämlich Deutschlland, finden wollen. In sehr scharfer Weise ist hhier die Stellung Oberösterreichs zum Muzdruck gebracht worden und so könwle man eigentlich sagen, daß nach allen diesem, Verwahrungen eigenitlich gar kein Bundesstaat, sondern mehr odeer weniger esin Vertragsitaat zusammenkommt. Was bisher gesprochen wurde, läßt den Schluß zu, daß man nicht das Empfinden hat, Bestandteile eines Staates fein zu müssen und sein zu wollen, der den Namen Oefterneich trägt, sonderm, daß man der Not gehorchend, nicht dem eigenen Triebe, sich einfügt, ldiesem Stagate, der in St. Gennnainl geschaffen wurde. Die Autonomie der Länder wurde ganz befondders unterstrichen. Vergessen wir aber eines nicht, daß diese Autonomie der Länder gewachsen ist mit dem Schwinden dem Machtt ddies altiem Staates und daß in diessm Zusammentbruch es begreiflicht schiem, dlaßß die Länder aus dem Ghaos, wie der Herr Dr. Kienböck es nannte, rettem wollten, was zu retten. möglich war. So wire Sie, bei der Sachdemobisisierung es machten, indiem sie die Sachen durchaus nicht dem Gesamtstart zur Verfügung stellen wollten, was durch Zufall in ihrem Lamde verblieben war, so wollen Sie auch bei dieser polidischten Demobilisierung einen gewissen Sepanatismus zum Ausdruck hiingen, der zweifellos für die Schaffung einer Verfassung ganz außerordentliche Schwierigkeiten in sich schliteßt. Der Herr Dr. Kienböck ist dem Meinuung, daß, wenn nicht die Landeskonferenz das Ergebnis bringen follte, für diesem Stasat eine Bunddesverfassung zu schaffen, es aussichtslos erscheint, daß idiie Nationalversammlung diese Frage lösen könnte, weil die Nationalvenssammlung oder wie er sagt, die Regierung, machtlos sei und keinen Einfluß in den Ländenn besitze. Ich halte es für notwendig, darauf zu verweisen, daß diese machtlose Regiemung sich nicht nur aus Wiener Herren zusammdensetzt, sonddern, dlaß in dieser sogenannten machtlosem Regierung ein Vizekanzler Fink, ein Mann eim Stickler, ein Miklas sich befinden. Das sind lauter Herren, die nicht Wiener sind, das war aber die Regierung, die die Nationalversammlung eingefeßzt hat und zwar, auf Grund, einer Vereinsblarung der Parleien, die in oden
55 Natiomalversammlung vertreten find, und die eine Bundesverfassung vorgesehen hat, aber nicht diesee Bundesverfassung, sondern eine, die unter ganz anderen Voraussetzungen geschaffen werden sollte: Meine Herren! Wir sind ja dafür, daß einse Bundesverfassuung gemacht wind, aber wir sind der Meimung, daß sie unter gewissen Kautelen zustandte kommen soll, daß das eine Verfassung sein soll, die wirklich demokratisch ist und die auch duch Gewähr in sich trägt, Ennokratisch zu bleiben und die wirtschaftlichen Voraussetzunen und Entwicklungem, diefes leider so ielend gewordenen Stialates zu garantieren. Die Hepren habben erklärt, man soll idie Länder als Grundpfeiler nehmen und fisel verwiesen darauf, daß die Länder heute, schon einen ganz bestimmten Ginfluß auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Staates ausgeübt haben. Der Herr Delegierte Kunschak hat gesagt, es sind volkswirtschaftliche, Gebiete sund sie müssen uls solche berücksichitigt werden. Ich verweise darauf, daß idlie Autonomie der Länder uns in der erften Zeit des Zusammenbruch-s und weit hiwein in unsere, jetzige Zeit einen auferordentllichten Schaden verurfacht haben. dadurch, daß sie mit einer solchen Autonomie aufgetreien sind, daß sie sogar übter dem Kopf der Regierung hinweg und gegen die Reherung mit dem Auslande Säufer abgeschlossen haben, die nicht wenig dazu beitrugen, den Wert unjeres Geldes zu vermindern. Oefterreich darf nicht allein vom Standpunkte der 11/3 Millionen Selbstversorger betrachleet und beurteilt werden. Oesterreich ist ein Staat, den wir gebilsslet haben und ich gethie soweit, zu sagen, daß nicht einmal die ausschlaggebenden Fnanzosen, Gngländer und Amerifaner ihn gebildet haben, sondern halten wir uns nur vor Augen, waß dieser Staat gelbildet wurde von Ben ehemaligen Angehörigen dieses heutigem Ogsterreichs, von Tchsechenn, Polew, Südflawen und Itafienern. Das nvertem Sie an den Grenzen und an dem, sonstigen Bedingungen, die uns auferlegt worden find. Wenn dem sso ist, so müssen win den Verhältwissen Rechnung tragenn, die wir in diesem Ssaate habem, und wir dürfen nicht allein von jenem Gesichtspunkte aus die wirtschastliche Lage bieurteilen, sonddierat wir müssen dien üsbrigen Bewohnern Rechmung tragen, die weitaus die größere Mehrheit ausmachen und die 41/3 56 Missionen Menschen betragem. Gs wurde hier in diesem Zusammenhang auch die Frage desr Trennung Wens vom Lande Niederöstenreich, das hreiseh die Erklärung Wiens als selbständiges Gebiet besprochen. Auch hier im dm Gntwurfe heißt es schon, daß dlie Bundeshauptshadt Wien die Steillung eines selbständigen Landes haben soll. Wennn es zu einer Tozlösung kommt, dann ift es nolwenddig, daß wir als Vertreiter dieser Stadt ddamauf verweissen, daß Wien nicht von dem Gesichtswinkel beurteilt werdenn darf, wie der Henr Eht. Steiner sagt, daß die Stadt alls Wasserkopf hingestellt wird. Dafür können dile Wienen nichts. Denn diese Stadt ist entstanden als Zentvale eines 38 Millionenvolfes, sie ist entstandiem inmiten eines Reiches, das die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Entwiclung der Industrie geboren hat, und es war nur maturgemäß, daß inl dieser Metrovole, in dieser Zentrale alles zusammenfließe. Daher ist auch die Grutwicklung dieser Stadt in ganz außerordentlicher Weise vor sich gegangen. Wenn man aber das vorausjetzt dann ist es nutwendig, über die wirtschaftlschen Voraussetzungen dieser Stadt einiges zu sagen. Ich will zum Unverschied, vom Herrn LandeshauptmammStellverteter Steiner nur die Eireften Steuern zur Kenntnis bringemn, die im ersten Sallbjhr 1919, also aus der unmitellbaren Vergangenheit, zur Verfügung stehen, unßd das Verhältnnis dieser Steuern zu jenem in dem einzelnen Ländern. Wir hlaben im 1. Salbiahr 1919. in Deutschöfterreich an direften Steuern rund
1636 Millionten eingenommen. Davon entfallen auf Wien 1310 Milliowen, auf Niederösterreich
169 Millionen und auf die übrigen Länder dieses Staales 156 Millionen. Sie werdenn zug.GGem, daß das in finanzieller Sinsicht eine so gewaltige Verschiebung in Ddiem Steuerleiftung darstellt, daß das nicht nur so en passant gesprochen und vermerkt werden darf, sondern daß das zu einer richtigen Beweiung dienen muß, wenn man Wien als selbständiges Gebiet betrachtet. Auf Einzelheiten will ich) nicht eingehen. Aber es isst Tatsache, daß die gannzen dinekten Sleuern diches States, wenn man Wien wegnimmt, nur ungefähr 300 Millionen Kronen ausmachen, wovon allein wieder mehr als die Hälftee das Landt Niederösterreich aufbringt. Diese Tatsache allein ift imstande, daß man so ohne weiteres zum
mindeften nicht von der Autonomie der Tänder- und demem Selllbständgkeit in diesem zusammenfange sprechenn kann. Wenn Sie sich dieVerteilung vor Augen halten, was und wie inden einzelnen Ländern gearbeitet wird, so müssem Sie zugeben, daß wir michit selbständig sind. Die Länder sind nicht als wirtschaftlich selbständig anzusechen, weil sie nicht in der Tage sind, eristieren zu können, wenn die inhustrielten (ebikte Niederöfterreichs und Wien nicht ihren ganz befonlderen Teil dazu beisteuern. Wenm. Sie alles, was in Deutschöfterreich geerntet wird, nach Wien bringen könnten so hätten. wir noch immer zu wenig zum Leben. Wir sind in so armer Staat geworden, daß wir von dem, was in diesem Staate erzeugt wird, unser Auzlangen einfach nicht findden können. Es ift daher überflüssig und michit am Platze, zu sagen, daß dieses Wien, dieses Zusammenfassen von so vieten Millionen Menschen, für die übrigen Tänden eine unangenehme Sache wäre, weil mir mit dem, was in diesem Staate erzeugt wird, umder Auslangen absolut nicht finden können. und immer auf ddas Ausland angewiesien fein. werden. Der Herr Landesrat Dr. Steidle hat erklärt, daß man gegen die Wirtschaft ist, daß mam nicht gegen. Wien an und für sicht ist, somdern gegen die Wirtschaft, die in dieser Stadt herrscht, undd daß man sich dagegen verwahrt, mit ihr in Verbindung gebracht zu werden, Er hat allerdings auch erklärt, daß er im Lande Niederösterreich auch Ordnung halten will, daß er keine Schuldenwirtschaft haben will. Das, was er für das Land Tirol als notwendig ansieht umd was wir in Wien machen, ddas macht er uns zum Vorwurf. In diesem Zusammenhang darf wohl gesagt werden, daß die Iorrwaltung einer so großem Stadt wie Wien ein sehr schhwieriges Problem an sich ist. Aer eines, meine Herren, muß ich als Veutreter dieser Stadt besonders anführen, daß bei all diesen finanziellen. Trlansaktionen im Ausland idie Stadt Wien ein sehr wichtiges Moment und ein sehr wichtiges Objekt darftelle, das bei dem ersten Verhandlungen als Unterpfand für das Auslanddarlehen diente, das win bekommen haben, das Muslandsdarlehen, das nicht allein der Stadt Wien zugute kam, sondern naturgemäß auch der übrigen Bevölkerung dieses Slatates Oefterreich. Daraus aber den Stadt einen Vorwurf zu machen, daß sie gezwungen ist. Steuern und Tarife einzuführen, erscheint mir etwas weit hergeholt, besonidlers wenm man sich die ungeheuhen Schwierigkeiten vor Augen hält, die zu bewältigen sind, wenn zwei Millionen Menschen leben sollem, Der Herr Dr. Steidle hat aurh hier eine merkwürdige Auffassung über dem Austbau mitgeteilt. Er ist der Meiwung, daß wir die Sache verkehrt machen, Claß wir nicht beim Grund beginnen, daß wir nicht die Länder als Bausteime setzen, sondern sozusagen beim Dach anfangen, das Haus zu bauen! In dem Zusammenhaua sagt er au, daß es jetzt ganz falsch wäre, die Vermögensabgab- zu machen, weil es ja zum größten Teil ddie Stimmung jenrer Kreise zum Ausdruck bringt, die verpflichtet sind, diese Vermögenzabgabe zu leisten. Eine Sinausschiebung, eine Verschleppnung dieser Vermögensabgabe wäre mit noch ärgeren finanziellen Nötem für diefen Staat verbunden. Er euflärt auch, daß im Wien eine fiktive Regierung sitze. Ich habbe sschon auf sdlie Zusammensetzung dieser Regierung verwiesem und finde es merkwürdig, wenn man eine Regierung, die sich auf eine Vereinsklarung, auf eine Koalition, aufblaut, alls eine fiktive bezeichnlet. Wir habem, meine Herren, das Empfinden, daß Sie der Meinung fümd, daß die Zusammensetzung der Nationalversammlung im Februar dies Jahres
1919 feine dauernde ift umd daß Sie der Meinung sind, daß sich in den Ländern und in der Mutterverflassung sckon gezeigt hat, daß die Regiersuung lunßd das Barlamen einmal eine ganz andere Zusammemsetzung haben könnte. Meine Herren, darüber, glaubbe ich, sollen wir uns keiner Täuschung hingeben. Der Herr Delegierte Abram hat darauf verwiesen, daß die Menschen anders geworden sind, daß sie sich überhaupt nicht mehr einem Zwang fügen werden unß sich nichit mehr einen Zwang auferlegen lassem, wollen, daß sie frei geworden sindd, daß sie diese Freikeit genießen wollen, daß sie einien Staat hraben wollen, vom dem sie sagen kömmen, daß er ihne Gristenzmöglichkeit gavantiert, daß er ihnen ermöglicht, leben zu können. Meine Herren, wir haben schon erklärt, daß wir für einem Bundesstaat sind. Aber so, wie es im Vorentwurf heißt. im der einleitensen Bemeiskung, daß dieser Bunsdlessllalat kraft des Sellbstbestimnrungsrechles des deutschen Volkes und seiner
57 geschichtlich gewordenen Glieder sich die selbständigen Länder der Republik Ocfierreich zu einem freien Bundesstaat vereinigen, dafür finsd wir nicht, daß mir diesen Satz als Eimlleitung zu der Verfassung stellen könnten. Wir sins, der Meinung, daß nicht die Urscckflüsse der Läulder maßgebend sein könmen, sondern, daß die Natiomalversammlung dem Volke die Verfassung geben muß, weil sie zu diesem Zwecke gewählt wurde. und den Willen des gesamtem Volkes zum Auzdruck Guina!! Wir sind auch der Meinung, daß der Artikel 3 im 2. U6satz eine ganiz unmögliche Fassung aufweist. Es heißt hier: Eine Aenderung des Bunndesgebieteskanm nur durch übereinstimmende Verfassungsgesetze des Bundes und jenes Damides erfolgen, dessen Gebiet eine Aenderung erfährt. Vorfer muß diese Ffrage entschieden werden, vorher müssen jene Teile des Bundes bestimmt werden, nicht nachher kömmen sie bestimmt werden; unß wenn Sie hier im Ariikel 2, Absatz 1 den Bundeshauptstadt Wien schom die Stellung eines selbständigen Landes geben, so ift das eine Sache die vorher entschiedem werden muß, und 2s ist Sache des Landes Niederösterreich, sich mit dem Parteien dieses Landes auzeinanderzusetzen ülber die Urt diejer Tuennung, wobei wir heute schon sagen, daß es unmöglich ist, ein Damid zu schaffen, das sich immnitillen eines Landes befindiet, daß es also den Teilen dieses Landes, die zu jenem Gebiete gehören, &8 freigeftellt feim muß, die Art dieser Trennung durchzusetzen und daß das aljo nicht Sache eines Gejetzes oder des Bundes sein kann, daß man das allso nicht erst nach der Schafsung der Bundesverfassung machen muß. Wir sind lso dafür, und so sollen auuchl die einleitenden Worte lauten, daß das Volk, das in der Nationlalversammliung seine Vertretung hat, sich die Verfassung gibt, aber nicht, daß ddie Verfassung durch die einzelnen Känder oder Landtage bestimmt werde. Das, meine fehr gerhirten Herren, ist die Auffassung, die wir in dieser Sache haben. Telegierter Dr. Pflanzl: Ich bin leiden gezwungen, zu den Ausführungen meiwes Landtagstollegen Grögger eine Richtigftellung vorwehnen zu müssen. Der Herr Grögger hat mir Woute im den Mund gelegt, die ich überhauptnicht gebraucht habe. Warum dies geschehen ist, 58 scheint mir eine gewisse Absichtlüchkeit gewesten zu fein. Gs wurdie behauptet, ich hätte erklärt, daß in den Abwehrkämpfen in Kärnten die Wiehner Regierung uns im Stiche gelassenn bezw. nicht unterstützt hätte. Ich lasse es dahingestellt, ob man dieje Ansicht vertreten kann, behaupte aber und stelle richtig, daß ich dies: Aeußerung in dieser Form nicht gelbraucht halbe. Ich habe lelsialich) erklärt, daß wir dem Weisungen aus Wien zu unserem Glücke nicht Folger geleistet haben. Zu den Weisungen aus Wien, welche gefautet haben, daß wir mit davieren Febzen und Verwasrungen die Freinde aus dem Lamnde hinustreiben follen, erkläne ich, daß wir diesem Beschlüsse bewukt nicht Folge geleistet haben und daß ich nur diese Neußzesrung in meiner vormittägigen Ausfühhrunng gebraucht habe. Wir haben bewußt dieje Weisung nicht befolgt, weil fie zu unferem Unglücke gehweien wäre. Nur durch unseren Abwehrkampf ist es uns gebungen, die Aufmerffamkeit bei den Friedensnehanndlungen im St. Germain auf uns zu lenfen, jo daß es gelungen ift, wenigstens teilweise unseren Standpunkt durchzudrücken, sonft wäre man bei dem Friedenzmehrhanßslungen über mnfer Recht und über unsere Freiheit zur Tagezordnung übergegangen, wie es bei den Dewisschen der Sudetemländer und Südsteiermarks der Fall gewesen ist. Ichl stelle weiter richtig, daß der Herr Gandesrat Gröggernichtt berechtiat war, aus dem Stimurenverhältnis der Wahl im Februar 1919 die Erklärungg, abzugeben, wiali in dieser Frage die Mehrheit der Kärnimer Bevölkerung hinter ihm stehit und vom ihm vertreten wird. Das ist nicht der Fall. Iich stellet richtia, daß Nicht-Sozialdemokratem und dif besonders eine große Anzahl von Soziald-mofraten mit dem Bürgern und den sogenannten Kriegshetzern, Schufter an Schulter gegen idiem Freind gestanden sind. Ich stelle weiters feft, daß im Gande Kärnten eine große Anzahl Bürgerlicher uumd Sozialdemokraten diese Auffassung, wie sie vom Herrn Kollegen Gröggehr festgestellt worden ist, nicht geteilt habem. Schi stelle weiter gegenüber den Auzführungen des Kandeskauptmann-Stellvertreters Gruber fest. der Kärntnuer Landtag ist Besine Privileaienvertretung. Der Kärntner Danßditag wurde auf GGrundd von Vereinsblarungen zwisschen den Parteien nach einem bestimmten Schlüffel
zusammengesetzt. Der Schlüfsel wurde einverständlich unter den Parteien feftgeftellt, unßd die demtsch-demokratische Partei war sogar bereit, nachträglich erft vor kurzem diesen Schlüssel abzuändern. Und es wurdde vom unserer Seite zur Vereinsachung ddier ganzen Landesverwaltung diesen Antrag in das Haus gebracht, welcher diese Tendenz verfolgt hat. Dieser Antdag, welcher selbftverständilich weitergehende Verbindungen durch die Sozialdemokratie zugesichert hätte, ist nichtt zum Beschlusse erhoben. worden, weil auch die deutsch-demokratische Partei das Recht gehabt hätte, sich weiter im Handtage auszubreiten. Das ift nicht unferet Schuld, daß das nichu der Fall gewesen ist. Weiters ftelle ich richtig, daß der „Arbeiterwille“ in Graz in einem ausgezeichneten Artikel die (räinde dargelegt hat, welche dafür bestimmend waren, daß 1es nicht in Frage gestanden ist. die Gandtagswahl durchzuführen. Gs ift an Diefer Stelle, so weit ich mich erimmern fann, das eine enthalten, baß aus dem einen Grunde es unmöglich war, weil wir nicht in der Tager wanen, das Gebiet des Landes Kärnten überhaupt feitzuftellen, nachidem wir bald zurückweicksen mußdem, Gald wieder vorgegangen sind. Ich bitte, diese Nichtiastellung festzuhalten. Wufzerdem stelle ich richtig, es war einse unbedinate Notwendigkeit, waß die Candesregiening die Stafdit Klagenfunt lbei der Besetzung verlassen mukte, und ich stelle richtig, daß auch eine großg Anzahl von sogenannten Kriegsbetzern nicht in Klagenfurt zurückbleiben fonnte, weil es unmittelbarvor der Verleidigung der Grenze war und sie, nachdem sie ihren heimallichen Serd verlassen hatten, troß der schweren Erfahrungen, die sie gemacht chaben, noch einmal hinausgekommen sind, um 1die Seimat zu schüßzen. Der größene Teil dieser sogenanmtem Kriegsheßer mußter die Stadt verlassen, weil es nicht fest stamid, ob nicht die einrückenden ferbischen Trupven von ihrem Rechte Gebrauch machen würden, sie als Kriegsgefangene mach Belanad abzuführen. Iich stelller das der Beurteilung aller antheim, ob es hiesser gewefen wäre, wenn diese: monatelang in Belgrad in gefangenschaft gewesen wären üder weum sie sich im Intteresse des Lanndes wichter betättigt haben. Ich glaube, durch diese Richtigstellung die Ausführungen des Herrn Gröager auf das richtige Maß zurückgeführt zu habten. Vorsitzender Dr. Christoph: Das Wort hat zu einer Richtigstellung Herr Camdieshauptmamm-Stiellvertreiter Preußler. Delegierter Prenkler: Der Herr Landeshauptmann-Stellvertreter Dr. Rehrl hat in feiner Rede übier die Rechtsverwahrung, welche annläßlich des Gesetzes betreffend die Uebernahme der Staatsgewalt in die Cänsdier, welchier am 29. November 1918 im Landtage beschlossen. wurde, gejagt, daß das einstimmig angenommren wunde. Ich stelle nun richstig, daß wir dieser Rechtsverwahrung nicht etwar den Sinn gegeben haben, den ihr Herr Dr. Rehrl beimißzt. Damals sind wir auf dem Stanßwunkt gestanden, daß es möglich sei, daß nicht nur die Nationalverfammlumg, sondern auch die Dandtage als soche der Verfassung beitreten könntenn. Wir sind aber immer von dem Grundgedanken ausgegangen, die Beratung und die Beschlußfassung über die Verfassuung sei Sache der Nationalversammlung. 68 fann eventuell anerkannt. werden, wie Dr. Remner in einer Disfussion in einer Dandeskomferenz sich geäußert hat, daß man die Sache wegen des Beitwittteis der Vertreter der Länder zur Verfassungsfrage der Nationalvenfammlung überläßt. Ich ftelle hier vor dder geehrten Konferenz seft, daß wir alleridinas damals überhaupt anderer Auffassung waren über die zukünftige Verfassung, als wir heute find nach den Grfahrungen, die wir mit den bürgerlichen Parteiem, im Dandtage gemacht haben. Wir haben, viel zu wenig gefamtstaatliches Gefühl vorgefunden und viel zu wenig (efühl für die Volksgesantheit. Wir Sozialdemofrattten im Stalzburger Camditag find immner davon ausgegangen, das Söchste ist die Volkzgesanteit umnd die Staatsaefamtheit. Nie und nimmrer aber werden wir die Sannd dafür geben undd einverftandem fein könwen, slaßz wir uns verlieren ins Gleimideutsche und im Die Zerstückelungsjucht, wie fie heute in vielen Reden zum Auzdrucke fam. Diese Erklärung mußie ich abgeben. Vorsitzender Dr. Christoph: Weiters hat das Wort zu einer tatsächlichten Berichttigung der Herr Nationalrat Abram. Nationalrat Abram: Ein Redmer aus Tirol hat mir hier erklärt, daß wir Sozialdemokraten
59 als Nichtsdreutsche eben nicht dieselbe Empfindung uunis dieselbe Liebe zum Volkstum hätten wie sie. Darauf erkläre ich, daß es auf dieser Konferenz, wo ganz Deutschtirol vertreten ist, keinen anderen als einen deutichen Abgeordneten gibt. Was mich anbelangt, so habe ich diese Selbständigkeitsbestriebung bekämpft, und nicht zuleßt aus dem Grunde, weil ich für Deutschfüldttirol warm empfinde undd weil ich der Ueberzeugung war, daß der Anschluß aus Deutsche Reich die leimzige Garantie und Möglichkeit sei, Deutschfütirol zu retten. Iich halbe weiters zu erwidern: Nor mehr alz einem Jahre habe ich im Auftrage der Tiroler Sozialdemofnatie mit dem italienischen, franzäsischen und englischen, aber insbersondene mit den italieniisschem Sozialisten Fühlung gesucht, und meiner Qnitiative war es zuzuschreibben, daß Morgani im italirenischen Parllamente Sie Notwendigkeit der Nichteingemeindung der Gemeinden Deutschsüdtirols vertrat, unnd meiner Initiative ist es zuzzschreiben, daß in dem neuen Barlament in Rom die Soziafdemofraten Turati, Morgani und Maidilaani in enttschiedemer Weise gegen die Gingendeindung von vier Deutschfüdtiroler Gemeinden proteftiertem und sich auf den Standpunkt stellten, sie wemden immer dieses Unrecht befämmien und sie seien froh darüben, wenn im Ttaalien nur Ttaliener vereinigt findd. Sie wollen aber nicht die Eingemeindung fremder Volfsteile. (Zwischenruf: Ohol) Und wenn wir dieses Deutschjüdtirol, die schönste Verle ddeutschler Gaue, zurückerhalten woflen, fo gibt es für das deutiche Volf nur das eine, dlaß wir aus dieser Krähwinklerei herauskommen und ein deutiches Sprachgebiet werden und ein geschlossener Staat aller Deutschen werden und Beziehlungen mit den Nachbarstaatem,, insbesondere Italien, suchen. WennDeutschland und das danze drutsche Bolk und das italiemiische Volk wie kommerzielle Frage untersuchen, ob es sich lohnt, daß wegen der Deutischen Südtirols zwischen dem beiden Volkzstämmem Zwietracht besteht, dann werden wir erleben, daß durch dem Ginfluß der Sozialisten im Deuischen Reiche und durch den Einfluß der italienischen Sozialisten die Mög- 60 licklkeit geschlaffen wind, dieses Deutschsüdlirol für das deutsche Volk zurückzugewinnen. Wenn nun jemand, der sich nach aller Richtung hin Mühe nimmt, Deurtschfüdtirol wieder zurückzugewinnen, so kann man ihm nicht den Vorwurf machen, daß er nicht als Deutscher deutsche Inleuessen hier vertritt und kann, niemand daran zweifeln, diaß wir Sozialdemokraten nicht im besten dreutschen Sinne gehandelt haben wienm wir unsere gantze Krast darangesetzt haben, nd danansetzen werden. Deutsckfüldtirol für das deutssche Volk zu retten. Vorsitzender Dr. Christoph: Zu einer tattsächlichen Berichtigung erteile ich dem Herrm Bandeshauptmann-Stellvertreter Dr. Rehrl das Wort. Landeshauptmann-Slellvertreter Dr. Rehrl: Ich konstatiere tatsächlich, daß die Tatsache aufrecht bleibt, daß am 29. Oktober 1918 der Landtag einstimmig die Rechissverwahrung abgegeben hat, 1die ich heute vormittag in meiner Rede erwähmit habe. Vorsitender Dr. Christoph: Gs liegt vor ein Antrag des Herrn Delegienten Dr. Gußder: „Ist. Oesterreich als Bunndesstaat, der im Verfasjungsentwurf ausgefühnt ift, oder als felbständiges Land einzurichten3“ Meiner Meiwumg nach handeilt es sich um die Frage, ob Bundezstaat odder Gimheitsstast. Ich werde nun die Meinungsäußerung in der Art vormehmen, daß ich die Landesvertreter nach Parteien verlese und auffordiere, sich zu äußern, os sie für den Bundesstaat oder für den Ginheitsstaat sind. Ich schreite nummehr an, 1die Freftstellung der Meinungen, welche protofollient werßen. Wien, sozialdemokratische Vartei: Wir sind für den Bundesstagt, wenn die Verfassung die volle Demofratie verbürgt und die volle Voraussetzung für die wirtschaftliche Entwicklung gewährleiftet wind. Wien, christlichsoziale Partei: Wir entschgiden umss für den Bundesstaat. Niederösterreich, sozialdemokratische ParteiWir sind für den Bundesstaat in demselben Sinmie wir Wien-
Niederöfterreich, christlichsoziale Partei: Wir sind für den Bundesstaat. Oberösterreich, christlichsoziale Partei: Wir sind für den Bundesstaat. Oberösterreich, sozialdemokratische Partei: Die Mehrheit unfeuer Parteigenossen stimmt für den Ginheitsstagt, weil er die volle Selbstverwaltung verbürgt. Wenn, aber ein- Bundesstaat geschlaffen wird, der die volle Demokratie sichert und die Ginheitlichkeit des Wirtschaftsgehietes verbürgt und ein einheitliches Arbeiterschutzgesetz möglich macht, so sind auch wir für den Bundesstaat. Oberösterreich, dentschfreiheitliche VarteiWir sind für den Bundesstaat. Salzburg, christlichsoziale Partei: Bundesstaat. Salzburg, sozialdemokratische Partei: Wir sprechen uns für dem Einheitsstaat aus unterder Voraussetzung der Schaffung von eigenen Verwaltungskreifen. Salzburg, dentschfreiheitliche Parlei: Bundesstarat. Tirol, christlichsoziale Partei: Bunsdesstalat. Tirol, sozialdemokratische Partei- Einheilsstagt mit neuen wirtschaftlichem Verwaltungsgebieten. Tirol. dentschfreiheitliche Partei: Bundesftarat. Vorarlberg, christlichsoziale Partei: Bundesstaat. Vorarlberg, sozialdemokratische Partei: Einheitsstaat mit neuen wirtschaftlichen Verwaltumasgebieten. Kärnten, deutschfreiheitliche Partei: Bundesstaat. Kärnten, christlichsoziale Partei: Bundesstaat. Kärnten, sozialdemokratische Vartei: Wir sind für den Ginheitsstagt bis auf die Verwaltungsgebiete der Läuldter. Steiermark, christlichsoziale Vartei: Bundesstaat. Steiermark, sozialdemokratische ParteiDelegierter Machwld: Mein Herr Kollege Reiel hat sich in seinen Ausführungen für dem Ginheitsstaat ausgesprochen. Dier sozialdemokratische Vartei steht in ihrer Mehrheit auf dem Standpunkt der Koalitionsvereinbarungen; aus diesem Grunde fprechen wir suns umter den erhöfften Voraussetungen wie die Niederöfterreicher und Wiener für dem Bundesstaat aus. Ich kaum aber namens meiwes Kollegen Refel, der sischl aus Parteidisziplin. diesem Stahnspunkte angeschlossem hat, dasselbe erklären. Steiermark, dentschfreiheitliche Partei: Bundesstaat. Vorsitzender Dr. Christoph: Siemit ist die Abgabe der Meinungsäußerungen erleidigt und es weuden diese Meinungsäußerungem der Regierung, von welcher der Herr Staatssekretär Dr. Manr hier ist, übergebenn wenden. Wir kommen nun zum zweiten, Bunft den Tagezordnung. Siezu möchte ich einleitend bemerken: Die bisfierige Delbatle hat den Rahmen und die Form einer Generaldebatte ahm sich getragen. Gs mag vielleicht für Sie ganze Zändertonferenz nicht zwecklos gewefen fein, wenn wir im Rahmen der Genenaldebatte ums etwas weiier ausgelassen haben. Der weiterer Gegenstand sollte jedoch nach Ansicht dder Vorsitzenden faschlicher Gethandelt werden und 2s ffoll mach, meiner Amsicht in der Dehatte nur sachlich gesprochen werden. Aufzendem würde es, wenn sich ddie Herren Redner weiter so weitläufig jasuslafien, unnmöglich sein, die Tagesordnung überhaupt in abfehbarer Zeit einer Erledigunga zuzuführenn. Ich seklage baher vor, für die nunmehr stattfindende Oehttte die Redezeit auf
10 Minuten zu beschränken. Ich ersuche das Saus, eventuell Gegenäußerungen zu erftatten, widricemfalls ich annehme, daß Sie im Interesse der Sache mit meinnem Vorschlag einverstanden sind.
61 Wünscht jemand hiezu das Wortz Delegierter Dr. Dannebera: Einem solchen Vorschlag könnte ich ohne Vorberatuna in unserem Rlub nicht zustimmen. Wenn gewünscht wird, daß wir uns dazu entsscheidendd äußern, so möchte ich bitten, diaß uns dazu Gelegenheit gegeben wird, im Glub über diesen Vorschlag zu beraten. Vorsitzender Dr. Christoph: Wie stellt sich die deutschfreiheitliche Partei dazu2 (Rufe: Ginverstanden.) Ich bitte diie Herren dies Geschäftsordnungsausschuffes zufammenzutreten und Beschluß zu fassen. Wir können unterdeffen in die Debatte eingehen und ich erteile dem Herrn Staatsekretär das Wort. Staatsfekretär Dr. Manr: Sehr verehrte Herren! Wir kommen nun zu bier Gefekgebung des Bundes, und zwar zu dem einen Teil ber Gefeßgebung, dem Bundesrat. Es find das nach dem Vorentwürfe dier Verfassung die Urtikel 14 und 25 bis 28. welche diefen Gegenstand umfafsen. Ich möchte nur ganz kurz folgendes bemerken: Es erscheint als Das michtiafte Grundelement der ganzen bundesftaatfichen Verfafsung. Der Bundesrat, ein iebenfo wichtiges, ein Grundelement wie für die Demokratie das Referendum. Sonft haben wir zigenstlich nur einen Staatenbund, wenn wir den Bundesftaat nicht haben, oder auch wenn Sie lieber wollen, einen dezentralisierten Einheitsftaat. Aus biefem Grundie ift namentlich der Urtikel 25. welcher den Bundesrat und eine Zufammenfetung behanbelt, von größter Bedeutung. Ich verhrube mir zu bemerken, daß allerdings eine gewiffe Inkonfequenz darinnen liegt, daß der Bundesrat, wie es ganz ftrenge bundesftaatlich fein follte, wenn einmal die Gliedftaaten verankert find; nicht gleichmäßig nach meinem Entwurfe zufammengesetzt ift. aus einer gleichen Anzahl von Cänder. ob groß oder klein. Man kann behnupten, dak dadurch der Charakter der Länderkammern, den der Bundesrat halt, verloren geht. Ich möchte fagen ja und nein. Eigentlich geht er verloren, aber er wird doch aufrecht erhal- 62 ten badurch. dak Vertreter aus den Ländern gewährt werden. Ich glaubte es für notwendig zu halten. als das Wichtiafte für den Vorentwurf einen Mittelweg zu wählen in der Weifk daß die größeren Länder mehr Vertreter bekommen als die kleineren. Gs ift nichts anderes geschehen alsnach deutichem Mufter die deutiche Reichsverfaffung nachgeahmt zu haben. Ich glaube mich weiterer Bemerkungen enthalten zu können. Delegierter Dr. Veer: Sehr geehrte Herren! Meine kurzen Ausführungen, die ich vorbringen will. gehörten eigentlich in die Generaldebaftte. Da ich Neuling auf parlamentarischem Bebiete bbin und ich heute das erftemal in Ihrer Mitte erfcheine. fo bin ich mit den parlamentarischen Ufancen nicht vertraut. Ich werde mich aber möglichft kurz faffen. Auf uns Vertreter des Burgenlandes hat Wiefe Debdtte in vielfacher Beziehung einen fchmerzlichen Gindruch gemacht. Ich habe gefunden, daß fich zwei Auffafsungen gegenüberftehen, der Zentralismus und der Föderalismus über die wir noch keine gangbare Brücke gefunden haben. Was mich aber noch mehr betrübt haft, das war die FFlucht von diem Staate, zu dem das Burgenland kommen will. während die Bungenländer den Unfchluß an diefen Staat nicht erwarten können. Wir können es daher nicht perstehen. dak in derfelben Zeit, wo wir ung in dem neuen Vaterlande finden wollen, die alten Teile des Vaterlandes die FFlucht ergreifen. Unjere Arbeit im Burgenlande ift dadurch koloffal erfchwert. Berade unfere Begner wiffen das fehr genau. welche innere Zerfahrenheit in Deutfchöfterreich herrfcht. und fie halten uns ihre Verhältnisse mit Recht vor und fagen: ihr wollt zu einem Staate, der in sich zufammenfällt, wo ihr es bei uns viel beffer haben könnt! Ich will mich über diesen Punkt nicht weiter auslaffen. Ich will nur noch berühren die Debatte über die Lebensfähigkeit Deutschöfterreichs, über die lange und breit gesprochen wurde. Ich fage mir und komme mit diefen Uraumenten auch zu der Bevölkerung des Burgenlandes. diefer Staat ift wie ihn der Ffriedens-
vertrag gemacht hat. abfolut genommen nicht lebensfähig. Ich fage ausbrücklich abfolut genommen. Denn was geftaltet den Staat eigentlich lebensunfähig? Lebensunfähig macht ihn die koloffale Schuldenlaft. Denken Sie sich diefe Schuldenlaft einfach weg, jo werden Sie finden, daß dieser Staat inumerhin leben könnte. Er könnte Induftrieerzeugniffe ing Auslande verkaufen und Lebensmitttel und andere Rohftoffe dafür eintauschen. Gs gibt auch noch eine anßere Ffrage über die Lebensähigkeit des Staates, ob er fo viele agrarische Erzeugnifse produziert, als die Bevölkerung konfumiert. Ich erinnere dabei an die Schweiz und an Velgien: das find Staaten, die nicht jo viel produzieren als die Bevölkerung konumiert und das find trohdem hoch aktive Staaten. Sie find deshalb aktiv. weil fie in Belgien und in der Schweiz große Induftrien haben, in der Schweiz ift es befonders die Fremdeninduftrie, fo dak diese Staaten ihre induftriellen Erzeugnifje im Ausland verwerten und eintaufchen können gegen Lebensmittel. In derselben Tage ift auch Deutichöfterreich. Lebensunfähig ift dieser Stadt momentan, weil ihn die ungeheure Schuldenlaft erdrückt. Ich komme auch der Bevölkerung im Burgenland immer damit und fage, lebensunfähig ift dieser Staat. das ift ganz richtig. Ich erkläre ihnen aber auch und jage. bedenket dabei immer, wir kommen zum deutfchen Mutterlande zurück und Deutschöfterreich wird einmal vergrößert zu Deutschland heimkehren. Diese erftere Befürchtung hatt man im Burgenland: man hat aber auch immer die Hoffnung, daß es doch einmal gelingen wird, das große deutsche Volk zufammen zu fchließen. Wenn ich jetzt zu dem Verfaffungsentwurfe elbft komme und ihn von einem höheren Besichtspunkte beurteile und alle parteipolitischen Momente außzer acht laffe. so muß ich offen gestehen. wir Burgenländer denken in vielfacher Beziehung anders. Wir müssen uns vor Augen halten, daß diees Burgenland nicht nur wirtschaftlich. sondern auch national und politifch ein neues Lans bedeutet und gernde in den erften Jahren der Uebergangszeit werden wir daher dies Zugriffes und der Unterstützung einer straffen Zentralgewalt nicht entraten können. Im Burgenlande müffen wir ganz von vorne beginnen, wir haben keine Einrichtungen, wie fie in den übrigen Ländern seit Jahrhunderten beftehen, wir haben keinen Landitag, keine Regierung, gar nichts! Im Burgenland waren bisher Munizimalausschüffe, die gegenüber dem Verfassungsentwürfe nichts bedeuten und gerade in den erften Jahren der Rechtseinrichtungen, bis wir von magnarischen Einrichtungen zu öfterreichischen Einrichtungen kommen. müssen. werden wir Ihre Unterstützung brauchen. Erft im Laufe von mehreren, Jahren werden wir fo weit fein, daß wir von dem im Verfassungsentwürfe entthaltenen Rechten auch voll und ganz Gebrauch machen können. Ich selbft muß sagen, daß ich auf dem Prinzipe tehe und diese Vorarbeit für ganz geeignet halte und auch für das Burgenland begrüße. Für späterhin soll dem Burgenlande eine jehr weitgehende Autonomie zugebilligt werden. und ich muß schon fagen, die Bevölkerung hat Verständnis für weitgehende Autonomie und für möglichft weitgehende Sonderftellung, damit eg sich als ein eigenes Land ausleben kann; immerhin werden wir in der Uebergangszeit der Unterftützung einer wirklich wahren straffen Zentralregierung nicht entraten können. (Beifall.) Delegiertet Meidlinger: Hochverehrte Herren! Beklommenen Herzens find wir aus dem Burgenlande nach dem schönen Salzburg gefahren beklommenen Herzens deswegen, weil wir uns fagen mukten, wir find genau genommen keine legalen Vertreter. Wir find wohl aufgefordert worden. Vertreter namhaft zu machen und wir wurden von einem Vereine, der alle Parteien umffrßt, hieher gefchüickt. Wenn wir heute die Ausführungen aufmerksam angehört haben. muß ich fagen, man weißnicht recht, was wir jetzt machen follen? Sollen wir den Burgenländern weiterhin den Rat geben, zu Defterreich zu ftreben oder nicht? Wenn wir uns nur von dem Standpunkte leiten laffen würden, ob Oefterreich ein Ginheitsftaat oder Bundesftaat wird, wäre die Ffrage fehr schwer, so läßt sich aber unfer Bolk weder von dem einen noch von dem anderen Standpunkte leiten, sondern es verlangt
63 die Seimkehr zu feinen Brübern, zu dien Deutschen. Sie können mir es nachfühlen, daß es nicht einerlei ift. unter welcher Staatsform ich ein Volk befindet; unier Volk ist jetzt fast dreihunden4 Jahre unter magnarischer Herrschaft und in den letzten Jahrzehnten ift die Herrschaft unerträglich geworden und schon vor zehn Jahren ift der Ruf laut geworden: Wir möchten eigentlich zu Oefterreich kommen. Diefer Augenblick ift jetzt gekommen, und es wird nur noch einiger Geduld bedürfen zur endlichen Seimkehr unferes Volkes nach Deutfchöfterreich. Wenn gefagt wird, es find auch andere Deutsche in nicht deutichen Ländern untergebracht, ift das richtig. aber es ift nicht einerlei, wo man untergebracht ift. Denn in Ungarn ift es fo: Wenn don4 eine rote Regierung am Ruder ift. ift sie ebenso chaupinistisch als eine weiße Regierung. Die Herren find in erfter Linie Magnaren und dann erft etwas tonderes. Ich will Sie nicht aufhalten und Ihnen nur mitteilen, dak wir dort. trohdem sich dort die einzelnen Gemeindefchulen verhalten müffen, nicht eine einzige deutiche Volksschule haben, geschweige denn eine Mittelfchule. Die Intelligenz ift magnarifch orientiert und es wird nicht fo leicht fein, wenn das Gebiet angefchloffen wird, die entsprechenden Kräfte für die Verwaltung des Landes zu schaffen. aber wir wiffen und haben auch heute gehört, wir sind als Brüder aufgenommen worden, und ich hoffe, daß Sie uns beim Auflbau des kleinen Eundes helfen wenden. Gs wird das jehr notwendig fein. Denn die Magnaren werden alle Gebel in Bewegung jetzen, um diee Bevölkerung irre zu machen. Es wird uns als geschichtliche Grinnerung bleiben, daß in amtlicher Weife in der fchönften deutfchen Stadt nach Sumboldt unfer engeres Seimatland chon als zu Defterreich gehörig betrachtet wird: das wird eine solche Vegeifterung für Deutfchöfterreich auslöfen, daß die Bevölkerung sich von gar niemund mehr in ihrem Streben irre machen laffen wird. fondern verlangen wird. unter allen Umftänden zu Defterreich zu kommien. Leider muß ich sagen, daß die Presse unfere Veftrebungen nicht in entsprechender Weife gewürdigt hat. Sie werden gelesen haben, daß fich die Abgeordneten diefes Gebietes angeblich verwahrt haben, dagegen, daß diefes 64 Gebiet doch nach Deutschöfterreich kommen. soll. das ist einfuch nicht wahr. Sie wissen alle wie ungarische Wahlen vor sich gehen, diesmal hat man die Leute zur Wahl gezwungen, es war Wahlpflicht. Meine Herren, ich will nicht weiter ausholen, denn meine Ausführungen gehören eigentlich zur Generaldebatte. Wollen Sie uns. ich bitte Sie, als Brüder behandeln, Sie werden es nicht zu bereuen haben, es ift ein brares Volk und es wird ein Hochgenuß fcin, wenn das Burgenland mit den Seinzen in sein Mutterland Germania zurückkehrt. (Beifall un3 Händeklatichen.) Vorsitzender Landesrat Christoph: Der Geschäftsordnurgsausschuß hat folgenden Beschluß gejaßt: In der Debatte stellt zu dem Gegenstande jede Partei einen Sauptredner, welcher 20 Minuten Redezeit hat, die übrigen Redner. deren Zahl unbefchränkt ift, haben eine Redezeit von 10 Minuten. Ich möchte konftatieren, daß von der fozialdemokratischen Partei derzeit drei Herren vorgemerkt find. und bitte mir bekanntzugeben, welcher Herr als Sauptredner anzufehen ift. (Rufe: Landeshauptmannftellvertreter Gruber.) 2ljo gut! Den gleichen Vorgang werde ich einhalten, wenn von der chriftlichfozialen Partei die Redner namhaft gemacht find. Ueterdessen erteile ich das erste Wort Herrn Dr. Mittelberger. Delegierter Dr. Mittelberger: Es ist zur rechten Zeit eine beschränkte Redezeit eingeführt worden, da ja gernde jetzt zu einem gewißheiklen Thema ein Vorarlberger reden foll. Die Vorarlbrger find ja heute von einzelnen Redner der Gegenpartei schon 0 behandelt. worden, daß man hätte glauben können, es fci keine Länderkonferenz, zu der wir eingeladen wurden, sondern mehr ein Ländergericht, bei dem Herr Übram in wilder Komik jeine Fuchtel schwingt. Wir kommen ja zur Länderkammner Länderkammer nämlich möchte ich den Bundesrat viel lieber nennen, um damit ganz klar und eindeutig zu beftimmen, was eigentlich diefe neue Schöpfung ift. Der Zweck der Länderkammer ift, den Ländern eine rechtlichee Vertretung zu fichern. Gs ift wohl aus der heutigen Tagung und aus der Willensäußerung
der Parteien hervorgegangen, daß man mit großer Mehrheit einen Bundesstadt schaffen will. Das Wort Bundesstaat hat iaber nur dann einen Sinn, wenn sich Gleichberechtigte zu einem Bunde zufammenschließen. Die Länder halten sich nun tatfächlich für eigenberechtigte, felbständige Rechtsperfonen, die kraftihres Rechtes sich zu einem Bunde zufammenchliefen wollen, dem fie Rechte und Befugnisse abzutreten hrereit find, soweit es die Debensnotwendigkeit und die Lebensmöglichkeit des Bundes und der Länder verlangen. Die Notwendigkeit diejer zweiten Kammver ift wohl in dem Entwürfe felber mmehr als genug erläutert durch die einfache Feftftellung der Aufgaben, die der Ländrerkammer zugedacht find. Ich weiß nun, daß die Errichtung einer LänderEimmer in Defterreich mit gewifsen Schwierigkeiten zu rechnen haben wird. Man wird jagen, es fei eine himmelschreiende Ungerechtigkeit, daß das kleine Land Vorarlberg, das noch nicht einmal 180.000 Ginwohner hat, am Gnde deselbe Vertretung hätte, wie das große Niederöfterreich oder das große Wien. Bei der Gelegenheit kann ich es nicht unterlaffen, den Herrn Candesrat Abram meinen Dank auszusprechen für die Behandlung, die er dem Lande Vorarlberg in feinem Ausführungen angedpihen ließ. Seine Ausführungen werden sicher in meiner Heimat lebhaften Widerhall finden, freilich kaum von der Urt. wie er sich ihn erwartet haben mag. Die Unfchlußfreunde werden nur viel mehr in ihrer Meinung und in ihrem Willen beftärkt fein. Die Schwierigkeiten der Beschickung der Länderkammer in Oefterreich leugne ich keinen Augenblich. Die Verhäftnifse der Umgebung aber zeigen, daß in den anderen Ländern, und zwar in demokratischen Republiken Körperchaften beftehen, die von den Ländern ganz unabhängig nach ihrer Größe gleichartig beschickt werden. Zwischen einem kleinen UrKanton der Schweiz und dem großen Kanton Vern ist mindestens derselbe Unterschied wie zwischen Vorarlberg und Wien und trohdem entfendet jeder Kanton gleichviel Vertreter. Viel greller fogar find die Gegensätze in den Vereinigten Staaten Nordsamerikas und es wird kein Mensch behaupten wollem, daß diese beiden Staaten Demokritien find, die nicht gehen können. während wir wohl kaum über die erften Behversuche hinaus gekommen find. Vom Standpunkt der Länder aus muß ich verlangen, daß dieje neue Körperschaft von allen Ländern in ganz gleicher Weife beschickt werde. Ich ertappe mich da auf einem fozialdemokratischen Gedankengange. Die Sozinldemokratie hat fich immer und mit Recht gegen jedes Pluraritätswahlrecht gewehrt. Jeder Staatsbürger follte eine Stimme haben. nehme erDie oder jene Stellung ein. Nun find die Länder, die fich zusammenschließen, doch selbstänidige Rechtseinheiten und es geht doch nicht an, daß man in dem Falle eine Ungleichheit in der Länderwürdigung einführen will. Gs wäre nicht demokratisch und wäre auch nicht gerecht. Ich hoffe daher, daß die Sozialdemokraten treu ihren Grundfäten meine Fforderung als Lerechtigt anerkennen. (Widerspruch.) Es hätte auch gar keinen 3weck. die Länderkammer von den Ländern nach irgend welchen anferen Gesichtsrunkten beschicken zu lassen; in dem Augenblich ist es nicht mehr eine Vertretung der Länder, als felbständige Ginheit aufgefaßt, sondern eine Vertretung, die mehr- oder weniger ein verzehrtes Bild der Nationalversammlung geben würde. In der Arbeiterzeitung las ich. duk die Länderkammer schon deshalb ein heller Unfinn fei, weil fie dazu führe, daß eine Mehrheit vor einer Minderheit Referenz machen müssse. Das wäre nun freilich eine bittere Geschichte. In Wirklichkeit kann aber davon aar nicht die Rede fein, da ja die Länderkammer auf ganz anderer Rechtsgrundlage aufgebnut ift als die Nationalverfammlung. Wenn man wirklich die Länderkammer von den Ländern nach der Größe ihrer Ginwohnerzahl befchicken ließe, so schafft man so eine Urt Gefellfchaft m. b. 5. in der die Rechte jedes Teilhabers nach feiner Kapitalseinlage abgewogen werden, nicht abber ein Bundesftaat, in dem sich alle gleichberechtigte Glieder zufammenfinden. Nach den Grundsäken des Rechtes und der Demokratie fordere ich, daß alle Länder in der Länderkammer gleich ftark vertreten find und ich erlaube mir folgenden Antrag: „Der Bundesrat foll als Länderkammer bezeichnet werden. In den Bundesrat entfenden alle Länder gleichviele Vertreter, welche nach
65 dem Verhältniswahlrecht von dem Landtage zu wählen sind.“ Dellegierter Gruber: Die Grörterung der Frage, ob in dem Verfassungsentwurse des Bunddesstaates eine Länderkammer eingefügt werden soll, ist eigentlich melher oder weniger illusorisch geworden, weil eine wahre Entscheidung nicht fallen kann. Es hat sich zwar die Mehrheit dafür ausgesprochen, daß Oesterreich ein Bundesstaat werden soll aber ein Bundestaat, der die Selbftverwaltung verbürgt und nach englischem Muster eine Selbstregierung gewährt. Meine Herren! Mit der Behandlung dieser Frage wäre eigentlich unsere Aufgabe erledigt. Wenn aber die Herren aus theoretischem Interesse wünschler, daß dder ganze Gntwurf durchberaten wird, müssen wir unseren Standspunkt nach der Richtung hin präzisieren, daß wir grundsätzlich Anhänger des Einkammernstems sind und bleiben werden. Meine Herrenl Was Sie als Länderkammer verlangen, ddas ist einfach die Wegtäusschung des Sauptgrunbsatzes, den Sie im ersten Punkte zugestanden halben. Sie wollen den Bundesstaat auf demokratischer Grundlage und diesen Grundfatz durch Gint ührung der Länderkammer, aljo durch ein, anderes Wort wieder beseitigen. Wenn Sie einem Bundesstaat schaffen wollen und wenm Sie dem Staate nur einen. Reft von Verwaftung und esetaebungstätigkeit überlafsen, dann ist die Ländenkammer überhaupt finnlos undd zwecklos. Wenn Sie daas Schwergewicht der staatlichen Tätigkeit in die Landtage verllegen, so hat eigentlich die Länlderkammer als solche keinen Wert. Gs ist bedauerlich, daß der erste HerrNedner nur den Wunsch nach der Länderkammer ausgesprochen hat und daß er es nicht präzisiert hat, welche Aufgabe sie zu erfüllen: hat. G8 kann unmöglich eine Länderkammer gesschaffen werden, die lden Charakter eines Herrenthauses hat, eine Länderkammer, welche die Beschllüsse der auf Grund des allgemeinen, gleichen, und direkten Walhlrechtes gewähhlten Nationlalverammlung umwirftl Das ist unmöglich, daß Gefeßze, welche vom Volkswillen aus durchgesetztwerden, von einem, entschuldigen Sie len Ausdruck, Klüngel wieder beseitigt werden können, der durch indirekte Wahl zustande gekommen. isst. Die Länderkammern, wie Sie sich dieselben 66 vorstellen, ist eine Sache, die in, der heutigen Zeit ganz unmöglich ist. Die Arbeiterschlaft hat mit aller Leidenschaft auf die Beseitigung des inddirekten. Wahlrechtes hingearbeitet und wunsoll wieder diesses alte Wahlfystem eingeführt werden und rein nur zu dem Zwecke, um in einem zweiten Vertretungskörper andere Maioritätsverhältnisse auf künftliche Weise herbeizuführen. Sonft hätte ddie Sache keimem Sinn und Zweckl Sie wollen einen Vertretungskörper, wo es möglich ist, ein Gesetz zu beseitigen, das in der Nationalversammlung durchgegangem ift. Ich kann die Meinung vertreten, es foll eine zweite Kammer geben, undd diese Einrichtung kann bis zu einem gewissen Grade auch genechtfertigt sein, aber dann müßle hiese zweite Kammer nach demselben Schlüssel und Rechte aufgebaut kein, wie (die Nationalversammlung. Gs ift aber unmöglich, hier eine zweite Dammer zu schaffen, die im der Urt dier Zusammenfetzung durch eine ganz andere Wahl und Willemsäußerung zustanddegekommen ist. Meine Herren! Sagen, wir es offen, Sie sehen den überwiegenden Ginfluß des roten Wienl Sie fehen den überwiegenden. Einfluß berIndustriebezirke Wiens mit seinen zwei Millionen und das ist der dritte Teil der ganzen Staatsbevölferung. Eine Nationalverjammlung wird immer einen Charakter haben, der dr Urheiterschaft einen gewissen Einflußz sichent. Das wird bei einer Körverschaft, die auf Grund des allgemeinen Wahlrechtes aus dem ganzen Reiche gewählt ist, immer der Fall sein. Die Arbeiterschaft ist immerhin in solcher Zahl, daß sie bei jeder Gelegenheit, wenn irgend eine Volksmeinung zum Ausdrucke kommen foll, noch imwer eine solche Bedeutung hat, daß über ihr Botum hinaus nicht entschieden werden kann. Die Länderkammer ist sehr einfach, das sehen Sie ja heute. Wir Sozialdemokraten habenn in der Nattionalversammlung zwar nicht die Majorität aber wir sind in einem Ausmaße vorhanden, das nahezu an die Hälfte heranreicht und num bitte ich, zählen Sie ddiee Länder auf. So haben Sie in Niedierösterrich mit Wien wohl eine sozialdemokratische Mehrheit, wenn Sie aber ein Land Wien schaffen, haben Sie in Niederösterreich und im Wien eine christliche soziale Mehrheit, ebenso in Steiermark, im Oberösterreirh, in Salzburg und Tirol, kurzum
in den Ländern haben Sie die christlichsoziale Majorität. Ihre Rechnung geht dahin, die Verhältnisse, die auf Grundd des allgemeinden, gleichen und direkten Wahlrechtes entstehen, ins Gegrenteil zu verkehren, das ist der Zweck der Uebung und auf diesem Wege werden Sie nie dazukommen, eine Verfassung und eine Länderkammer in Diefem Sinne zu erhalten. Meine Herren! Sie gehen immer auch jetzt noch nach der Debatte des heutigen Tages über dem ersten Punkt vom der Fiktion us, daß dier Länder dem Bunde ihre Rechte übertragen, das ist nicht richtig, das bestreiten wir: der Staat tritt von seinen Rechsten ab. Wir stelhen auf dem Standspunkte, daß diejer Bunlesstagt, wenn wir uns schon für ihn auzsprechen, doch das Primäre ist und die Länder untergeordnrete Teile sind, und daß micht dieser Staat zusamnnenkommt als Bund jouveränter Länder, fondern Sie Souveränität liegt, wie auch im Verfassungsentwurfe steht, bezüglich des ganzen Staates in den Händen des Voltes. Sie gehen von der Voraussetzung aus, daß die Läuber dem Staate gewisje Rechte übertragen, dagegen müssen wir mit aller Entschießenheit auftreten und aus Diefer Fiktion leiten Sie alb, daß jedes Land gleich vertreten wird. Das ist nur gerecht- und möglich in einem Staatenbunde, das habenSie in dier Schhweiz und in Amerika, weil dort die einzelnen Kantone und die amerkfanischen Staaten vollständig souveräne unabhängige Staaten find, die dem Sauptstaate einen Teit ihrer Rechte abgegebben haben. Dort ist es selbstverständlich, daß jedes Land mit einigr Stimme zum Ausdruck kommt, bei uns gingedas nicht. Sie begrünßslen diese Fordenung damit, daß die Interessen der Länlder vertreten. sein müssen! Die Länder haben ju kein Interesse. (Widerspruch.) Sie haben auch keine Stimme, was in den Ländern spricht, sind die Menschlen und die Pauteienl Sie sagen, die Länder stimmen ab; soll der Wald oder der Berg- oder der See sein Vollum abgeben? Nein; die Menschen sind es, Sie setzen da ein Rechtzyerhältnis voralus, das gar nicht besteht und von uns auch nicht anerkannt wird! Die Interessen der Länder sund so vielseitig, Sie könneneinheitliche Länderinteressen überhaupt nicht konftruieren. Was wollen Sie von. Händerinteressen sprechen? In. Oberösterreich z. B- haben Sie die Interessen der größerem Städte und Industrieorte und das Interesse den Bauern unsol lhei diesen gegenteiligen. Interessen können Sie nur mit Kompromissen aut einer einheitlichen Auffassung kommen, aber solche Tänderinteressen, wie Sie immer sagen, die Ihnen die Berechtiguung geben, für jedes Land eine Stimme zu fordern, gibt es überhaupt nicht. Gs läßzt sich darüber reden, ob nichit irgend ein Bundesrat geschaffen werden sollte, aber wenn ein Bundesrat geschaffsen. wird, 1d4rf er unter gar keinen Umständen den Eharafter eines Herrenhaufes an sich tragen, der die Möglichkeit hat, ein Gefetz, das in. der Nationalversammlung geschaffen ist, zu verwerjen, auch dann, wenn weiter die Möglichkeit der Volksentscheidung besteht und so sumpathisch die Volksentscheidung ist, ist doch 1de Bunldezverfassung darnachl angetan, die Volksentscheidung zu einer Qual der Tächerlichkeit zur machen. Wir müssen ganz ehrlich und offen sprechen, diese Länderkammer, die zusammengesetzt ist, im gleichen. Verhältnis aus Tirol, Salzburg, Steiermarf ufw. würde in der Arbeiterfrage immer das Sutteresse haben, gegen die Arbeiter zu entscheiden und es müßten immer Volfsentscheidungen ausgeschrieben werden. Wir sind alle Menschen, die Interessen der Produzenten gehen andere Wege; in den Lämdern mit Auznahmre Wiens und hauptsächlicht der Insdlustriebetriebe sind eben die Interessen so, daß die Interessen der produzierenden, der Besitzkuldeen Stände im Gegensatz zu den Bestrebungkem der Arheiter kommren, darum drefht sich die ganze Menschengeschichte. Das müssen wir voraussehen, es ist immer deisselbe Kampf einzelner Klassen gegen andere. Diese Länderkammer würde den Zwiespalt zwischen den einzelmens Vertretungskörpern, der Nationalversammlung und des Bundesrates nur ausgleichen. können durch die Anhörung des gesamten Volkes. Das würde zu fortwährenden Volkzentscheidungen in den nichtigsten Dingen führen, das wäre wieder eine Sabotage der gesetzmäßigen Gntwicklung. Darum wollen wir untergar keinen Umständen auf diese Länßserkammer eingeihen. Wir reden deshalb so, weil wir Gegner jedes anderen Wahlrechtes sind, das nicht auf Grund-
67 des allgemeintn gleichen Stimmwahlrechtes vorgenommen wird. Wenn nach dem extremsten Standpunkt vorgegangen wird, daß jedes Land die gleiche Vertretung hat, dann würde Tiuol und Vorarlberg mit seämen dreihunderttaufend Menschen das zweisache Gewicht haben, wie Wien. Wenn es sich darum handelt, in diesem Staate ein großzügiges Eisensbahnwirgjekt, eine Flußregulierung (durchziuführen oder um ein großes Vergwerksunternehmen und die Sozialisienung von Betrieben, so könnten immer diese zwei Stimmen dieser zwei kleinen Länlder und vielleichit nochl eines dritten und vierten dazu auzreichen, um das, was dem Staat frommt und der Masse ldes Volkes notwendig erscheint, albzulehnen. Das müssen Sie sich aus dem Kopfe schlagen. Wir leben im einer so harten Zeit, alle rufen wir nach dem Ablbau und alle blicken wir nach dem Auilbau. Wir müssen einmal mit dem Gedanfen rechnen, daß bas Jahr 1914 schon vorüber ist. Vor dem Jahre
1914 waren noch Tuterefjengegensätze vorhanden, aber heute in der Zeit, wo ider gefamte Staat zufammengebrochen ift, wo er nur aufgebaut werden kann, wenn jedem das gleichte Recht gegeben werden kann, müssen Sie abbrechen mit all diejen Forderungen einer früheren Zeit. Ich kann ganz kurz im Namen meiner Partei erklären, daß wir uns gegen den Bundesrat, der den Charakter eines Herrenhaufes in sich trägt, und das Recht hat, Beschlüsse, die im Volkshausse, das auf Grund des allgemeinen, gleichen Wahlrechtes gewählt wurde, gefaßt wurden, zu beseitigen, mit aller Gntschiedenheit ftellen. Sollte ein ähnliches KorrekturInstrument doch notwendig sein, kann dileser Bindesrat, dieses Organ nur geschaffen werden, wenn bei seiner Zusammensetzung dieselben Richtlinien maßgebend sind, wie für die Wahlen in dite GefamtmationalversammIung. Gs müßte mit einem Worte jede Bevölferungsschichte in Eder ihr gebührenden Stärke zum Worte kommen. (Beifall und Händeklatschen der Sozialdemokraten.) Delegierter Widholz: Ich möchte zunächst auf eine Aeußerung zurückkommen, Sie der hochverehrte Herr Professor Mitttelberger hier im Taufe seiner Rede wiedergegeben hat, die wohil untergegangen ift in der großen Diskus- 68 sion, ldie aber doch vielleicht auffgefatt werden. könnte als die Willensmeinung der Versammluna. die hier tagt. Er sagtd, es ist durch die heutige Tagung zugegeben worden, daß die einzelnen Länder als Rechtssubiekte angesehen werden, welche Sie entscheilende Grunßlage für die Verffassung des Reiches zu schaffen haben. Ich möchte sagen, die Tagung ist heute zusammengekommen, wie ich schon Gelegenheit hatte, hervorzuheben, auf die Initiativle einiger Herren aus den Ländern; wir haben uns versammelt unds haben der Einladung Folge geleiftet aus (dem GGrunde, weil wir uns fagten, daß auch Wien und Niederöfterreich im dieser Konferenz vertreten sein, müssen. Ich möchte aber dagegen Verwahrung einlegen, daß die Grundlage unserer Verfassung durch Erklärungen, die vielleicht stillschweigend hier zur Renntmis genommen werden, verschoben werden soll. Der einzig berufene Faktor ist (die Nationalversammlung für uns, in welcher alle Länder Oesterreichs in gerechter Weise ihre Vertretung gefunden haben. Sie allein wird durch ihre Abstimmung berufen fein, übem die Verfassung zu entscheiden und Grundlagen. zu schaffen. Was wir hier üben, ist eine Wohlmeinung, von der wir wünschen, daß sie unserer Verfassung zugute kommt, und nun zum Gegenstand, der uns jetzt beschäftigt: „Schafisung ldes Bundesrates neben dem Bundestag“. Wir haben eine recht unangenehme Grinnérung hinter uns in dem Bestande des alten Herrenhauses, und Sie alle wissen, daß selbst zu einer Zeit, wo die Arbeiterschaft im Parlament nicht vertrettem war, wir doch das Parlament in SSchutz genommen haben gegen die Uebergriffe des Herrenhaufes, und immerhin das Parlament, welches aus seiner fragwürdigen Wahl hervorgegangen ist, als die natürliche Vertretung der Völfer Oefterreichs anerkannt haben. Gs ist infolgedesssen unsere Stellung heute gegeben. Wir verhorreszieren eine zweite Kammer und wir würden uns nur, wie mein Frumd Grüber gesagt hat, höchstens darauf einlassen können, daß eiine solche geschaffen werde, die, nehmen wir an, mit dem Recht ausgestattet ist, kleine Korrektiuren in der Gesetzgebbung einvernehmlich mit der Nationalversammrlung Herustellen; wir können uns aber nicht vorstellen, daß es ein Herrenhaus geben kann oder einen
Bundsesrat als solchen, mit den Rechtsbessugnifsen, ausgestattet, wie hier angegeben worden ist. Wir richten uns natürlich in der Ventretung zunächst nach den Stimmen der Bevölkerungszahll, und es ist schon angeführt worden, Sie wissen es so gut wie ich, daß die Bevölkerungszahl der einzelnen Länder in necht unzusammenpassendem Verhältnisse stehen. Wenn aber auch die finanzielle Seite einem Momend in Betracht gezogen wünde, Leistungen, die wir nicht bei Vergebuung politischer Rechte als Grunkllage betrachten — Sie haben das ein Vierteljahrfundert gegen uns verfochtem und haben, wie es scheint, auch ldiesen letzten Grundiatz aufgegeben. so würde, wenn Sie Vorarlberg iei BerNreterstimmen geben, auf einen solchem Hnrn eine Mission an Steuerleiftung entfallen, wäßrend auf einen Vertreter Wiens 72 Millionen SteeueMeiftung entfallen würde. Gs kann aljonicht zugegeben werden, daß die Vertreilung in. der Weise durchgeführt wird. Wenn angeführt wurde, daß das Veutretungsrechtt vielleicht bei einem Staatenbundde möglich wäre, so ist as her wohl etwas anderes, weil hier ein samgemessener, wohl abgegrenzter bestimmter Wirfungsfreis dieser Kammer feftgesetzt wirdi; aber mir kommt vor, als ob im Urtifel 25 etwas geschaffen wäre, das für alle Gwigkeit festgelegt ist und nicht mehr gkändert werden kann. Der erste Absatz sagt: „In den Bunddesrat enstfenldet jeder Candtag aus seiner Mitte drei Mitglieder, die Landtage von Oberöfterneich und Steiermark je ein weiteves Mitglied, der Landtag von Niederösterreich und der Gemeinderat Dder Bunddsshauptstadt Wien je zwei weitere Mitglieder auf die Dauer einter Sitzungsperiode des Blundestages“. Der Absatz 3 sagt: „Die Bestimmungen. dieses Artikels können nur abgeändert werden, wenn 1die Hendserung von der Mehrheit jeles einzelnen Dandes im Bundesrate oder im Stalle einer Bundesabstimmung von der Mehrheit der Abstimmenden in jedem einzelnen Lande angenommen wird.“ Das ist eine so festgelegte Bestimmung, die nur in ganz außerordentlichen Fällen möglich und durchführbar wäre. Gs müssen in sieben Ländern fieben Mehrheiten, geschaffen werden für einen Gedanken, der allenffalls eine Aenderung dieser Vertretungsmöglichkeit gibt. Die Argumentation meines Freundes Grinber, diie dahin geht, der heutigen politischen Mehrheit des Reiches die Bluerdee Herrschaft zu sichern, ist hier für alle Ewigkeit verankert, uund Sie können, sicht denken, daß wir dagehren diee allerschärfsten Mittelm anwenden müßten, um Hiese Bestimmungen des Gefeßzes zu verhindern. Ich will den Artikel 26 nicht berühren, weil ich glaube,er ift auch eine Bestimmung, die von anderer Seite aufgegriffen wird; aber gestatten Sie mir noch zu Artikel 38 einige Worte zu sagen. Hier heißt es: „hat der Bundesrat einem Gesetzesbeschluß des Bundestages die Genehmigung verweigert, und wiederholen Bundeztag und Bundesrat ihre ursprünglichen Beschlüsse, so hat eine Volksabstimmung darüber zu entscheibsen.“ Absatz 4 lautet: „Ohne Genehmigung des Bunsdesrates ist ein Gesetzesbeschluß des Bundestages auch dann zu befurfunden und fundzumach-m, wenn der Bundesrat diesem Gesetzesbeschlüsse in der vorgeschriebenen Zeit die Genehmigung weder erteilt, noch mit Angalbe von Gründen verweidert lhat.“ Gs kann also durch sdiese Bestimmung im Zusammenhalte mit dem erften Abfatz die zweite Kammer die Möglichkeit einnehmen, daß unfere Gejekesgebung gehemmt und gehindert wird in der Fonttführung der Geschäfte des Reiches. Gs. ist heute morgen davon gesprochen worden, sdaß falbotiert wird in gewissen Dingen; ich möchte sagen, daß das ausgesprochene Sabotage der Geseßzgebung wäre, wenn wir diese Bestimmlung aufrecht erhalten wollten. Ich glaube, wir haben eines zu kun, den Behrsuich, diesen Verfassungsentwurf der deutschen Reichsverfassung möglichft anzugliedern. Der Herr Staatssekretär hat in der Einleitung erklärt, daß ier diese Absichtt gehabt hat: aber es scheint, er ist nicht ganz vollends durchhgedrungen, denn es heißt dort: „Im Reichsrate hat jedes Land mindestens eine Stimme, bei größeren Ländern entfällt auf eine Million Einwohmer eine Stimme.“ Sik. haben die Stimmen dort nach der Größe (der Einwolinerzahl aufgeteilt, undd es mükte sich bei unz, wenn da auch nicht Millionen angeführt werden. können, in einer fleineren Summe ausgedrücht, ungefähr dasselbe ergebenr. Gs müßte aber der Bundesrat gleichgestellt werden in seimer Zusammensetzung mit der Nationalversammlung, und so wäre es möglich, wdaß wir auf dem Ge-
69 biete zu einier Ginigumk kommen könnten; anders halte ich es für ausgeschlossen. (Vrifall.) Delegierter Gröger: In Ausführung meiner heutigen vormittägigen Auseinandersetzungen muß ich im allgemeinen mich als Gegner HeLänderkammer erklären und besonders gegendie Autsammenssetzung der Länderkammer sprechem. Mein Kollege Gruber hat schon darauf verwiesen, daß es sich dia zwischen uns SSozialdemokraten und den Vertretern ber bürgerlichen Parteien darum handelt, einen Gegenpol inn dien Länderkammer zu schaffen, um Thwen unangenehme, von der Nationalversammlung beschlossene Gesetze ablehren zu können. Gs ist da der Klassenkampf, der sich zwischem, der Urbeiterklafje und der bürgerlichen Partei offtenbart; ins handelt es sich vornehmlich in Dder Nationalverrsammlung, daß es uns gelingt, Sie Arbeiterschutzgefetzgebung zu verbessern und die Schlule so zu geftalten, wie sie das Volk braucht. Wenn sie aber diese Länderkammer in der geplanten Zusammrensetzung machen, so ist Ihnen die Möglichkeit gegeben, daß Sie die von, derNationalversammlung beschlofsemen Gefetze zu Ihren Gunsten unß zum Schaden dier Artheilterklasse abändern können. Ich kann Thueml erklären, daß für die Arbeiterschaft, für die Sozialdiemokraten, die Arbeitenschutzgesettzgebung und die Schulgesetzgebung äußerst wichtige Punkte find, von Benen wir unter keinen Umständen ablassen können. Sachlich wirßsi die Cänderkammer aber seine Grfchwerung der Gefetzgebungsarbeit fein. Wir wissen uns noch zu erinntern an die Zeit, wo dile Gefeßze aus dem Parlament ins Gerrenhaus, vom Serrenhaus ins Parlament und wieder zurückgegangen find, wo oft viele Wochen vergangen, sind, bevor has Gefetz kraft bekommen hat. Wenn Gesetze im der Nationalversammlung beschlossen werden, undd sie müssen erst an die Länderkammer gelangen, jo würde da eine große Verzögerlung eintreten. Gs wird gesagt, daß das Plebiszit vorgesehen sei. So sehr wir vom demokrattschen Standspunkt aus für das Blebiszit sind, wird es doch ein Hindernis für die Gesetzgelbungsarbeit sein; wir betrachten also als einzig kompetente telle des deutschöfterreichtschen Staates für die Gefeßgebung 1te Nationalversammlung und sprechen uns aus diesem Grunde geg:n die Errichtung von Länderkammern aus. 70 Delenierter Zwetbacher: Ich beantlage, im Ehinvernehmen mit fänrtlichen Parteien, Schluß der Rednerlifte. Vorsitzender Dr. Christoph: Ich bring- das zur Meinlungsänkellung: wenn keine Gegenäußerung erfolgt, nsihme ich an, daß der Anfrag angenommen ist. Delegierter Zwekbacher: Ich möchte den Antrag itellen, 184f die Verhandlungen, jetzt unterbrochen werden und danm morgen weiter fortgesetztt werden. Vorsitzender Dr. Christoph: Herr Delegienter Dr. Danneberg war mit demselben Ansuchen bei mir. Ich ersuche den Geschäftsordnungsausschuk, wir den Zeitpunkt des Schlusses der heutigen Berhanöfflung befanntzugeben. (Rufe: 6 Uhrl). Dann erteile ich das Wort Herrn Delegierten Bunschak auf 10 Minuten. Delegierter Runschak: Gs hat mein unmittelbarer Herr Sitznachbar Professor Dr. Mitttelberger in Abwsichung vom Entwurir, welchen uns Staatsjefretär Dr. Mayr unterbreitett hat, unfs welchem, wir hier als Grundlage zu unferer Beratung genommen haben, den Antrag getellt, es möge an Stelle des Biundesrates eine Länderkammer gebifdet werden, und in fonfequemter Durchführung des Gedankens der Cänderkammer auch den Undrag geftelft, daß in lder Länderkammer jedes Land gleich ftarf vertreten. fei. Soweit es sicht um die Beurteilung dieses lepzteren Antrages handelt, so kaum ich Bem Antrage des Herrn Professors Dr. Mittelbsergen nicht widersprechen, denn 1das Prinzin der Cänderkammer ift nicht, anders durchzuführen, als daß in derselben jedes Land aleichmäßig vertreten ist. Gs erscheint mir nun aber nicht gerechtfertigt und noch weniger praktisch, im Sinblicke auf Sie Möglichkeit, diese Institution zu schaffen, bei dem Prinzipe dder Länderkammer zu verbleibten, und ich muck mich daher auf ben Standpunft des Entwurfes ftellen, welcher einen Bundesrat in Vorschlag bringt. Ich komme zu dieser Anficht auch aus einem anseren Grundde, weil wir bei der Ailbeit, ie wir hiler leisten, uns doch bemühen müssen, (die Verfassung für Oesterreich möglickst anzugleichen;
ich sage möglichst, an die deutsche Reichsverfaijung im Sinblicke auf das Gudziel, im Sinblicke auf den Anschluß an Deutsschland. Es aeht nicht am, daß wir durch die Verfassung Verhältnisse schaffen, welche in schroffem Widerspruche zur deutschen Reichsverfassung stethen undd bei Idem eventuellen Anfchlufje dann eiwe jolche Reihe von Schwierigkeiten auslöfen würddien, daß diees Werk von vorneherein, nicht sichengestellt erscheint und in seiner Durchführung ungehemre Mühe erfordern würde. In der Seutschten Reichsverfassung ist ein Bundesrat vorgesehen. Wemmn nun gegen einie zweite Kammer der Ginwanfd erhoben wird, daß sie an und für sich schon ein unddemokratisches Glement im demofratischen Staale darftellt, will ich mich mit dieem Einwand nicht weiter auzeinandersetzen, weil das im Rahmen, von 10 Minuten nicht möglich ist. Aber ich will dock feststellen, wir können zweiffellos, wenn wir unsere ganze Auimerksamkeit und ganze Zielftrebigkeit auf die Bereiniglung mit Deutschland bei der Schafffung der Verfassung unss Beurteilung dessen, was demofratische Staatzeinrichtung ift, nicht deutcher sein ls Deutschlanß und nicht demokratischer als Deutschland. Die deutsche Verfassung sieht nun einmal eine zweite Kamnrer vor, und wenn wir einen Bundesrat schafjen, habsen wir die Analogie mit der deutschen Reichsverfassung. In einem murk ich mit dem Gnlwurje des Herrn Staatsjekretärs Mayr hadern; in dem Grundfatze der zweiten Kammer folgt en dem Beifpiele der deutschen Reichsverfassung, in der Durchführung dieses Gedankens weicht aber sein Entwurf ab, obwohl er auch sich verneigt vor dem Grundsatz der Deutschen Verfassung. Die deutsche Verfasjung fkeht auf dem Standpunkte, daß zumächit eine gewisse Gleichheit, ein gleiches Mindestmak von Vertretung allem Ländern gewährleihtet werden ioll: diesen Grundsatz möchte ich unterallen Umständsen auch für 1ie Vildung unserer zweiten Kammer, des Bundesrates, angewendet wissen. Ein Mindestmaß, das für alle Tänder gleichmäßig aufgestellt wird, undd auf dieein Mindestnraß möchte ich aufbauen, in Rücksicht auf die Kräfteverhältnisse, nicht auf die numerischen Verhhältnisse, sonddern auf dem positischen und volkzwirtschaftlichen Uebergewicht der einzelnen Länder im Staäte. Und ich möchte erfuchen, diesem Uebergewichte noch Rechnung zu tragen; das tut auch die deutsche Reichsverfassung, indem sie den Grundsatz aufnimmt, daß für jede Million ein Vertreter entfensstt werden kanm. Wir können den Ziffern im denutschen Vorschlage nicht folgen, weil wir dann mit den Ländern sehr bald fertig werden, wir müssen einen wefentlich herabgeminderten Schlüfsel anwendten, aber ich unterlasse es jekt. über diesen Schlüssel einen Vorschlag zu bringen. Gs hat keinen Simn, über Zisfern zu reden, wenn wir über das Prinzin nicht einig sind. Wenn wir im Prinzin einig sind. weilden wir den Schlüssel leicht finden. Freilich können wir auch nicht bei der weiteren Ausgeftaftung so weit dehen, dan trot dieser Bilsigung der gleichen Vertretung im Bundesrate doch ein beherrschendes Uebergewicht der Stadt Wien oder des Landes Nießslerösterreich oder beider Länder zusammen im Bundesrate eintreten wird. Wir müfsen das auch wieder tun im Sinblicke auf die deutsche Reichsverfaijung. welche von vornherein einem Uebergewichtte — und da habem fie maur Breuken im Auge gehabt — einen Riegel vorfchiebt, indem sie bestimmt, daß mehr als zwei Fünftel der Stimmen feim Band, fein Bundesitaat haben dürfte. Wir werden auch diesen Modus nicht in einhaften können, wie hier angeführt wird, weil bei Beurteiluna bei uns ganz andere Mahstäbe geboten find. Aber auch in Deutichland ist der Grundfat feftaehalten, daß ein Staat, der vermöge der volkswirlschaftlichen Ueberlegenheit. der territorialen Ueberlegenheit, der finanzieflen Ueberlegenheit in Betreff der Steuerleiftung der Bevölferung überwiegt, diese Ueberlegenheit nicht zur Veherrichung des Bundesrates ausüben darf, und ich muß sagen, daß ichi es nicht necht begreifen würde, wie ein Vertreter (der Stadt Wien dazu kommt, einesolche Kafteiung des Wiener Gedanfens vorzunefmen, indem er felber das Uebergewicht der Stadt Wien einschränken wollte. Das ist mirklich politische Einsicht, ich will nicht einmal das behaupten, das wäre für mich schmeichelhaft, es würde heißzen, daß ich politisch besonders einsichtig bin, es ift nur ein, kluges Selbftverstehen des eigenen Interesses. Die Stadt Wien befinddet sich in einer traurigen Situation gegenüber den Ländern und kann sich nicht auf das
71 hohe Rok setzen, sondern sie muß mehr wie jedes andere Land in diesem Bundesstaate das sewicht darauf legen, daß möglichst einsträchtige und erträgliche Verhältnisse zwischen Stadt und Land zustande kommen. Wir habsen vom polilischen Uebergewicht gar wichts, wenn uns die joziale, voffswirtschafttliche Lebensmöglichkeit dadurch verloren gehen würde. Die Bevölkeruna von Wien muk wirtschaftlich und phusisch leben könwen, das kann sie aus sich felbft heraus nicht, nur im Versbandd mit den übrigen Ländern; daher muß dieses vernünftige Berhälnis gefunden werden selbst auf Kosten einer Einbuße am politischien Preftige und politischer Machtfülle. Ich würde daher glaubsen, daß wir, nachdem der Gedanke des Bundesrates näher festgelegt ift, diejes alleichmäßige Mindestnraß für alle Länder anerkennen, nämlich mindestens direi, snd daß wir im Gegensatze zum Vorschlage, der willfürlich zur Vermessirung der Bertreter für die Stadt Wien. Niederöfterreich, Oberöfterreich und Steiermark kommt. versuchen, den Schlüssel zu finden, der das bestimmt im klarer, durchfichtiger Form zum Ausdrucke brinat. Ich will nur noch eines bemerfen; weil gefaat wurde, es fei undemofratisch. In einem unterscheidet sich der Antrag des Herrn Staattssefretärs sehr wefentlich und vorteiffast von der deutschen Reichsverfassung. Die deeutsche Reichsverfassung bestimmt, daß die Staatsregierung kraft ihres Amtes schon den Reichtsrat bildet: aljo es setzen sich soviselle Minister zufammen und erledigen das, Sie einzelnen Gandtage haben gar nichts mehr mitzuredenWir schaffen ein diemokratisches System, denn der Lamdtag ist gewählt auf Grund des allgemeinen Wahlrechtes, der Landtag wählt aus sich hevaus wieder Delegierte in den Bundsesrat nach der Verhältmiswahl, also der Bundesrat ist dann auch, durch die Vertretung der Landesverfammlung, wirklich aus dem Bolfe gewählt und getragen, und 1d1as ift der einzig möglicke Weg, um ein folches Volfshaus inn Semofratschen Staate zu rechtfertigen. Ich würde daher beiantragen, daß über diesen Punkt, „Bundesrat oder Länderkammer, und Konffituierung Bildung dieses Bunldesrates“ dieses sechsaliedrige Romitee sich heute damit beschäftigt oder morgen früh; zu dem ist das Komitee ja ge- 72 wählt, undd wer die Würde hat, hat die Bürdel Und ich glaube, wir könnten doch zu einsem einheitlichen Beschluß kommen, auf eine Pasis les Bundesrates und eines gereschten Schlüssels. Vorsitzender Dr. Christoph: G3 hat für heute der letzte Redner gesprochen. Gs ist der Ankran gestellt worden von Herrn Delegierten Kunschak, daß dieses Komite die Frage behandeln soll; das zur Geschäftsordnung gewählte Komitee ist hier nicht zustänldig, es müßte notwendig dieses Komitee bestätigt oder neu gewählt werden: wollen sich die Herren heute noch konftituieren? Delegierter Dr. Danneberg: Ich möchte zu dem Antrag des Herrn Delegierten Kunschak folgenddes fagen: Gim. Romitie zu wählen, welches die Meinung aller Parteien auff diesem Gebiete und eine für alle Parteien annsehmbare Formel für die Zussammensetzung der Cänßserkammer oder des Bundesrates feftlegen foll, ift, glaube ich, michit notwendig, weil die Sozialdemokraten in dieser Frage einen unzweidentigen Varkeibeschluß im Oktober des vergangenen Jahres gefaßt haben und weil unsere Instruktionen uns in keiner Weise ermächtigen, von diesem Barteibtschluß abzugehen. Wir
stehen sdeshalb auf dem Boden dieses Parteitagsbeschlusses und können uns in irgend einKompromiß nicht einllassen. Daher erübrigen sich auch die Beratungen eines solchen Komntees. Vorsitzender Tr. Christoph: Ich bitte ben Herrn Stadtrat Kunschak um eine ErklärungOder ziehen Sie Ihren Antrag zurück? Delegierter Runschak: Wenn das Komitee feinen Zweck hat, dann muß die Beratung eben. weiter fortgeführt werden und wir werden versuchen, in ßder freiheitlichen und in der christlichjozialen Partei zu einem einvernehmlichen Antrag zu kommen, über dien Bann abgestimmt werden muß. Vorsitzender Dr. Christoph: Bleibt also Ihr Antrag aufrecht? Delegierter Runschak: Neinl. Vorsitzender Dr. Christoph: Die heutige Tagung ift geschlossen; die Fortsetzung findet morgen um 159 Uhr statt. (Schluß der Sitzung 6 Uhr 15 Minpiten.)
3. Sitzung am 17. Februar 1920.
Vorsitzender: Dandeshauptmann Dr. Rintelen. (Beginn der Sitzung um 9 Uhr 15 Min.) Vorsitzender Dr. Rintelen: Die Sitzung ist eröffnet. Ich erteile bem Herrn Landesrat Schumn das Wort. Landesrat Schumn: Meine sehr geehrten Herren! Bei den Verfaffungskämpfen hat immer die Ffrage der Landeskammern beziehungsweife des Bundesrates eine befondere Rolle gefpielt. Ich verweife darauf, dak in diefer Ffrage beifpielsweife bei der Beratung der Verfafsung der Vereinigten Stadten im Jahre 1787 fehr große Rämpfe ftattgefunden. haben, fo daß Gefahr vorhanden war, daß das ganze Werk in die Brüche geht. Gbenfo hat die Beratung der Schweizer Verfaffung biezüglich des Ständerates ziemlich große Schwierigkeiten bereitet. Wir dürfen nicht außzeracht lafjen, dak bei uns in Defterreich dieser Gegenstand deshualb Schwierigkeiten bereitet, weil er in die Machtverhältnisse wefentlich eingreift. Die Länderkammer wird in jeder Verfassung. felbft wenn deren Wirkungskreis eingeschränkt ift. einen ziemlichen Ginflußz befitzen. Daher betrachten alle Parteien die Gestaltung der Länderkammer vom Standpunkt des Kräfteverhältnifses. Bei uns fpielt Wieneine große Kolle. Seien wir nur offen: hätten wir die Wiener FFrage nicht. wäre nicht dieser mächtige Faktok von zweieinhalb Millionen Ginwohnern, bei einer Gefamteinwohnerzahl von sechs- bis fechseinhalb Millionen Einwohnern. dann würde wahrscheinlich diese FFrage weniger Schwierigkeiten bereiten. Die Bedenken, die gegen den Bundesrat vorgebracht wor-
den find, sind einigermaken berechtigt. Ich will namentlich zu dem Standpunkt der Minorität fagen, daß durch die indirckte Wahl das Gewicht der Minorität verkleinert wird. Gsliegt eine Verkleinerung insbesonders darin, daß eine geringe Anzahl von Abgeordneten eines Landes allenfalls nicht zur Vertretung gelangen knn. Beispielsweife würde im Kärntner Landtag mit ungefähr 40 Mitgliedern, wahrscheinlich auf eine Minorität von fünf bis jechs Abgeordneten bei Entfendung von nur drei Vertretern keine Rückficht genommen werden können. Daweben ist auch zu berückfichtigen, daß die Kräfteverschiebung, die da ftattgefunden hat, auch nachteilige Ffolgen haben kann. Ich denke mir die Sache in dem Sinne, daß etwa much die einzelnen Berufe einen Nachteil verspüren könnten. Gs hat schon der Herr Nationalrat Gröger darauf hingewiefen, daß allenfalls die Arbeitergefetz gebung nachteilig beeinflußt werden könnte. Wenn ich auch hier allerdings nicht das im Auge habe, aber die Befürchtung ift für die agrarische Gefetzgebung nicht unsbegründet. Ich fürchte, daß es gerade vom Standpunkte der agrarischen Gefekgebung fchlecht fein könnte, wenn die Landeskammern entscheiden würden. Ueberhaupt ift es erwünfcht, wenn wir bei diesem Anlaßz auch einmal über die Ffrage nachdenken, ob hier nicht an Stelle des Bundesrates eine Ständevertretung zu setzen wäre. Auf die Gefahr hin, daß der Gedanke rechtionär genannt wird. erachte ich mich für verpflichtet, diesen Gedanken hier einmal aufzuwerfen. Die Befeke werden im Bundestag und im Bundesrat wahrscheinlich nur von politiichen Gesichtspunkten aus betrachtet werden. Es fcheint uns aber imumerhin zwech- 74 mäßig, wenn jede einzelne Gefekesvorlage auch von rein beruflichen beziehungsweise jachlichen Standpunkt nus erwogen wird. Auch erscheint mir zweckmäßig, daß nicht immer allein die politische Machtgruppierung zur Geltung gelange, sondern daß auch die einzelnen Verufe nach ihrer Stärke und nach ihren Machtverhältniffen zum Ausdruch kommenIch denke dabei auch noch daran, daß gerade die berufliche Vertretung allenfills die Möglichkeit bieten würde. die einzelnen Räte in der Verfaffung gefetzlich zu verankern. Ich weiß zwar, daß eine Strömung befteht, die Näte in der Verfassung nicht festzulegen und ihnen keinen gefetzlichen Wirkungskreis feftzufeken. Ullein, ich meine, es ift doch vom Standpunkt der Konfolidierung unjeres Staatswefens und der Verwaltung erwünfcht, daß wir diese Blüte der neuen politischen Entwicklung auf ein Wirkungsgesiet verweisen, und da glaube ich, wären insbefondere die Verufskammern die geeigneten Stellen, um ihnen angemeffenen Wirkungskreis zuzuweien. Ich jehe aber undererseits ein, daß die Verhandlungen in der Ffrage der Grrichtung der Länderkammern schon zu weit vorgeschritten find. um noch an eine Verwirklichung diefer Idee zu fchreiten. Ich fehe auch ein, daß die Verufsvertretung nicht geeignet fein würde, alle Gefeke richtig zu beurteilen, weil nicht alle Befeke eine nur wirtschaftliche Tragweite haben, sondern auch in anderen Belangen von Wichtigkeit fein können. Geftern hat der Delegierte Herr Professor Mittelbarger den Standpunkt vertreten, daß jedes Land mit einer gleichen Anzahl von Stimmen vertreten ein foll und hat dies damit begründet, daß diese gleichmäßige Vertretung demokratisch ift. Ich pflichte dem inn Prinzip bei: es ist durchaus demokratisch, wenn jedes Gebiet in gleicher Zahl vertreiten ift. Wir dürfen nicht auferacht laffen, daß wir hier zwei verschiedene Größen beionders berückfichtigen müfsen; die eine Bröke ist Wien. die anderen Größzen sind die drei großen Länder Steiermuark, Niederöfterreich und Oberöfterreich, gegenüber den kleineren Ländern und es ift zu begrüken, wenn insbesondere Wien fagt, daß es sich gegen eine etwaige Majorisierung durch die kleinen wehren müsse. Ich bin mir vollständig dessen be-
wußt, daß eine gleichftarke Vertretung aller Bestandteile unferes Bundesftaates nicht erreichbar ift und es dürfte daher zweckmäßig sein, daß man auf die Gröken- und auf die Kräfteverhältnisse einigermaßen Rücksicht nimmt, wobei ich ausdrücklich bemerke, diaß die Grofen die Kleinen und die Kleinen die Grofen erdrücken und die Angft vor Wien einerfeits und die Giferfucht der Wiener auf ihne tatfächliche Bevölkerungsftärke und auf ihre politische und wirtschaftliche Macht andererseits. Ich glambe, es läßzt sich in der Sache wohl ein Ausweg finden. Der Delegierte Kunchak hat geftern bereits in Umriffen einen Vorschlag gemacht. Detr sich mit meiner Unfchauung durchaus decht. Die Vorlage ift etwas willkürlich geraten. Im Urtikel 25 fehren wir, diß jedem Lande drei Vertreter zugedacht find, je ein Vertreter mehr für die größeren LänderOberöfterreich und Steiekmark und für Wien- und Niederöfterreich um zwei mehr. Wenngleich wir letzten Gndes so ziemlich auf dasfelbe hinauskommen wie bei der Aufftellung eines prinzipiellen Schlüffels, so bleibt die Sache doch immer willkürlich und es wäre vorzuziehen, daß man die Machtverhältnifse nach der Bevölkerungsftärke berechnet, wobei ich natürlich, um mit Prof. Mittelberger zu sprechen, nicht an eine Beteiligung im Sinne einer Uktiengefellschaft denke, sondern Rautelen geschaffen. wissen will, daß eine zu weit gehende Majoriierung nicht platzgreifen kann. Ich erkube mir daher, den Antrag zu ftellen, zu Urt. 25, al. 1: „In den Bundsksrat entfende jeder Landtag drei Mitglieder, Länder über 400.000 Ginwohner entfenden für je weitere 400.000. wobei der Ueberschuß, der der Einwohnerzahl des kleinften Landes gleichkommt, voll gerechnet wird. Die gesamte Mitgliederzahl eines Landes darf jedoch ein Fünftel aller Stimmen nicht üerschreiten.“ Der letzte Passus ist ein Analogon zum Art. 61 der deutschen Verfaffung und es ift ein Fünftel infoferne angemessen, als voraussichtlich etwa 35 Delegierte in den Bundesrat entfendet werden, und bei diefem Kräfteverhältnis nach diesem Schlüffel auf Wien sieben Mandäté Fällen würden. Es würde, also der Schlüffel in diesem Ffalle nicht überschritten werden. Ich lege ausdrücklich Wert darauf, daß diese Majorisierungsklaufel ent- halten fei. damit nach außzenhin zum Ausdruch komme. man habe der etwaigen fpäteren Majorisierung der kleinen Länder durch die Stadt Wien einen Damm gefekt dadurch, daß man erklärt, mehr als ein Fünftel aller Stimmen dürfen einem Lunde nicht zukommen. Gs ift im Art. 25 im erften Abfak noch davon die Rede, daß der Bundestag die Dauer einer Sitzungsperiode habe. Ich gebe zu bedenken, daß ein jährlicher Wechfel der Bundesratsmitglieder keineswegs im Intereffe einer konfinuierlichen ftetigen Arbeit gelegen ift. Wir wünschen überall in der Verwaltung, daß ein nicht zu oftmaliger Wechfel ftattfindet und stehen auch in der Ffrage des Bundespräfidenten auf dem Standpunkt, daß derfelbe nicht jedes Jahr gewechfelt wird, damit er sich in die Materie einarbeiten und auf dem Laufenden bleiben kann. ch würde daher, ohne einen Untrag zu ftellen. empfehlen, den Gedanken zu erwägen. ob nicht die Ffunktionsdauer, die GeJetzgebungsperiode des Bundesrates, ebenfo wie es beim Bundestag der Fall ift, auf vier Jahre zu erftreben wäre. Ich konnte keinen definitiven Antrag ftellen, weil wir in Kollision kommen könnten mit der Gefetzgebungsperiode der einzelnen Bandtage. Und es wiro Sache des Herrn Staatsfekretärs Dr. Manrsein. aus diefer Schwierigkeit herauszukommen. Ich bitte daher am Schluffe der Verhanslungen meinen Antrag zur Abstimmung zu bringen. Delegierter THSt. Dr. Schumacher: Meine hochverehrten Harren! Ich habe namens der Mehrheitsparteien fim Tiroler Landtag zu erklären, daß wir vollkommen auf dem Standpunkt ftehen. der geftern vom Herrn ProfefsorDr. Mittelberger hier vertreten und begründet worden ift. Man mag diejen Standpunkt einen intranfigenten nennen, man wird aber zugeben müffen, daß es ein konfequenter Standpunkt ift. Wir wollen, daß die Länder in der Länderkammer zu Wort kommen und deshalbgleichberechtiat feien. Diesem Standpunkt fteht der andere gegenüber. der geftern von einem Herrn von dieser Seite betont worden ift, daß nämlich die fozialdemokratische Purtei abfolüt nicht in der Lage fei. irgend welche Konzession zu machen. Es ift nun fehr bedauerlich. daß diese beiden Standpunkte sich nicht ver-
75 einigen laffen. Denn jo kommen wir hier nicht weiter und wir find doch zufammengekommen, so weniaftens faffe ich den Zwech der Länderkonferenz zum guten Teil auf. um uns gegeneitig in dieser Frage weiter zu helfen und damit in dem Verfassungswerk überhaupt weiter zu kommen. Nun möchte ich aber doch nicht alle Höffnung, duß wir zu einer Unnäherung kommen, fallen laffen. Ich verweife darauf, daß die Ffrage einer zweiten Kammer mit den Herren von der fozialdemokratischen Partei doch noch besprochen werden könnte, nachdem einer ihrer Parteiführer, eigentlich eines ihrer erften Parteihäupter. der Herr Präfident Seik, in einer Besprechung mit dem Herrn StaatsJekretär Dr. Manr. wie wir aus dem amtlichen Protokoll wiffen, erklärt hat, daß die zweite Kiammer eine instematische und nütiliche Einrichtung fei. Sier hätten wir aljo bereits einen Anknüpfungspunkt gefunden. Ich möchte noch auf einen zweiten Unknüpfungspunkt verweifen, den heute auch schon der Herr Landesrat Schumn angedeutet hat. Der Herr Abgeordnete Gruber hat geftern die Befürchtung ausgesprochen, daß bei dem Beftande der Pönderkammern der Arbeiterfchukgefekgebung eine Gefiahr drohen könnte. Ich möchte darauf aufmerksam machen, dak schon nach dem hier vorliegenden Entwurf gewiffe Gegenftände verlassungsrechtlich feftgelegt fird, bei denen die Länderkammern nicht darein zu reden haben. Das wäre zum Beispiel die wichtige Entscheidung über Krieg und Ffrieden, das wäre das ganze Budgetrecht des Staates, das wäre das Steuerrecht des Staates. Wenn der HerrAbgeondnete Gruber jlagte, die Arbeiterschukgefekgebung fei dadurch gefährdet fo ließe sich ja vielleicht darüber reden. daß der Kreis derLänderangelegenheiten, welcher von der Zustimmung der Länderkammer abhängt, ausgenommen fein foll. und nur vom Bundesratallein zu entfcheiden fei, umd daß diese Ungelegenheit ausgenommen wird und die Arbeiterchukgefekgebung unter diejenigen Objekte aufgenommen werde. Sie verfaffungsrechtlich von der Zustimmung der Länderkammer unabhängig und überhrsupt ider Verhandlung bei der Länderkammer entzogen find. Damit wären wir wieder einen Schritt uns näher gekommen. Ein anderer Weg der Unnäherung 76 ist schon geftern vom Herrn Aba. Kunschak bekont und heute vom Herrn Dr. Schumn durch einen formellen Untrag vertreten worden. Gs handelt sich hier darum, zu der gleichmäßigen Vertretung der Länder, ddie ihnen zukommen soll, noch für die Länder mit stärkerer Bevölkerung einen entsprechenden Zusschlag an Mandaten zu gewähren. Ich muß gestehen, daß uns der Weg der weniger fumpathische ift als jener, den ich früher angezeigt habe, und zwar aus dem Grunde, weil auf dieje Weife der Charakter dder Länderkammer doch wllzu ftark vorwischt wird. Wir stehen auf dem Standpunkt, daß die Länder in der Länderkammer als felbständig zu betrachten find und dahher gleiches Stimmrecht haben follen. Mit dem Untrage Schumn wird aber dieses Prinzip idurchbrochen und es wird auch in der Länderkammer das Majoritätsprinzip eingeführt, wenigstens teilweise bis zu einem gewissen Maße. Allein, wenn auch damit unseren Grundfätzen vollständie Gewalt angetan wird, fo halte ich doch dafür. daß im Interefse der Unnäherungider Barteien und um der großen frage der Verfafsung weiter zu helfen, wir uns zu einer Konzession werden bequemen müffen und deshalb habe ich Die Ehre zu erklären, daß wir Tiroler in folgender Weife in der vorliegenden Ffrage erklären, wir find grundsätzlich für die Länderkammer mit gleicher Befchickung aus allen Ländern. Kommt eine folche nicht zustande, so ist der Bundesrat im Sinne des Antrages Schumn das Ueukerfte, womit wir uns abfinden können. Delegierter Dr. Danneberg: Ich glaube, daß die Deblatte, die wir hier abführen, außerordentlich fruchtbar ift. weil hier das erftemal Gelegenheit gehoten ift, den Stamdpunkt der Herren aus den einzelnen Ländern im Detail kennen zu lernen. Gs ift nur bediauerlich, daß infolge der Feftjetung der Redezeit auf zehn Minuten, gerade diese außerordentlich wichtige Ffrage nur so knapp erörtert werden kann. Geftatten Sie mir daher, daß ich nur ganz kurz unjeren Standpunkt in der Ungelegenheit noch einmal durlege. Daß das Problem der Länderkammer oder des Bunde-rates ein rußzer-
ordentlich kompliziertes ift, das zeigt schon die Fülle ider Unträge und Anregungen, die wir hier in diefem Haufe bei der kurzen Debatte vernommen haben. Wir haben mancherleiStandpunkt hier kennen gelernt, und mancherlei Kompromißzvorschläge erhalten; dem gegenüber, meine Herren, möchte ich folgendes feftstellen: Die Ffrage der Länderkammer wird von den Sozialdemokraten betrachtet unterdem Gefichtspunkte der Demokratie. In einem demokratischen Staate müffen die Körperschften, wdie über die Gefeßgebung zu entscheiden haben, fo eingerichtet fein, daß der Wille des Volkes zum Ausdruche kommtDas geschieht in den Ländern durch die Landtage, die auf Grund des gleichen Wahlrechtes gewählt find, das geschieht für den ganzen Staat durch die auf eben derfelben Grundlage gewählte Nationalversammlung. Wenn eine Kompetenzverteilung in einem Bundesftadte zwischen Staat und Länder erfolgt, so entscheiden die Länder nach idemokratischen Grundfätzen über die Ungelegenheiten die ihnen bei der Kompetenzverteilung übertragen worden find. Wenn wir aber für die Entscheidungen, die für den ganzen Staat zu treffen sind, neben der Nationalversammlung noch eine aidere Körperschaft fekzen, so würde hier der Wille der Mehrheit nicht zum Ausdrucke kommen, wenn eine Körperschhaft nach irgend einem Softem konftruiert würde, welche diesen Willen zum Ausdtruche nicht gelangen läßt. Und eine Länderkammer in dem Sinne wie fie Prof. Mittelberger vorgeschlagen hat, könnte den Willen des Volkes für den ganzen Staat nicht so zum Ausdruch kommen laffen. Wenn dagegen eingewendet wird, daß die Länder ja Individualitäten feien, die einander gleichgeftellt werden müffen, wie groß auch immer sie fein mögen, so muß doch gefagt werden, daß es sich hier bei der Gefehgebung, die dem Burde bleiben joll, um Ungelegenheiten handelt, die nicht die Länder als Individislitäten angehen, sondern die Geamtbevölkerung des Staates, fo daß alljo nicht die Individualitäten ider Länder abzustimmen. haben, sondern die Gefamtbevölkerung zu entscheiden hat. Ihr Wille wird nur klar zum Ausdruche kommen, wenn eine Kamnver nach einem Grundfaße eingerichtet wird, der diefen Willen tatsächlich zum Ausdruche gelangen läßt. Das ist der Gedanke, von idem wir uns leiten laffen. Sie fehen, meine Herren, daas bedeutet nicht, daß wir etwas in Wien diejenigen find. die die anderen erfchlagen wollen, die die kleinen Länder unterdrüchen wollen. Meine Herren! Die Länder fird nicht die Unterdrüchten, weil fie die Dinge, die ihrer Kompetenz zufallen, felbständig entscheiden. Inden Dingen, welche die Gefamtbevölkerung des Staates angehen, muß die Gefamtbevölkerung entscheiden, und zwar in einer fform, welche den Willen der Gefamtbevölkerung zum Ausdrucke kommen läkt. Aber nicht um idie Unterdrückung der kleinen Länder handelt es ich, fondern um die befte Methode, den Willen des Volkes feftzuftellen. Unter diesem Gefichtspunkte betrachten wir die frage der Känderkammer, und wenn schon eine fein foll, fo ftehen wir grurdfätllich auf dem Voden des Ginkammerfuftems, das ift bekannt. Denn eine Kammer kann nach unferer Anficht über die gefamtftaatlichen Intereffen nur dann eine Entscheidung haben, wenn sie nach dem Proporzinstem zufammengesetzt wird. so daß, wenn die Länder delegieren und nicht die ganze Bevölkerung wählt, Die Länder entiprechend ihrer Bevölkerungszahl delegieren müffen. Eine folche Länderkammer ftellen wir uns aber auch in ihrer kompetenz landers vor, als es sich der Entwurf des Herrn Staatsfekretärs Dr. Mayr denkt. Gs hat bereits geftern der Herr Abgeordnete Kunfchak eine Parallelé gezogen zwischen den Vorschlägen im Entwürfe und der deutschen Reichsverfassung. Erhat manches gefunden in den Vorschlägen bes Herrn Staatsfekretärs Dr. Manr, das ihm demokratischer erscheint, als das, was in der deutschen Reichsverfaffung steht. Das ift unzweifelhaft richtig, was die Delegation anbelangt. Über auch das Umgekehrte kann man feftstellen. Die Länder, bezw. der Bundesrat des Herrn Staatsfekretärs Dr. Mayr erscheint wirklich als ein Herrenhaus neben der Nationallversammlung, neben dem Bunßestag, und wiederholt kommt ein Wort vor, das uns unmöglich erscheint in diejem Entwürfe, näm-
77 lich das Wort „Genehmigung“. Es müfsen alle Gefeke, mit Ausnahme von ganz wenigen, die in der Nationalversammlung beschlofsen. werden. gleichlautend vom Bundesrat genehmigt werden; das heißt, wir haben hier ein Herrenhaus in der alten Fform, nur anders zufammengefekt. Unß wenn es fo zufammengefeßt ift wie die Herren meinen, dann wird es eben ein Stius, das nicht den Willen der Volksgesamtheit in der richtigen Weise zum Ausdruche bringt, sondern in einer verzerrten Weise. Dazu kommt noch, daß im Entwürfe des Herrn Dr. Manr ein Passus enthalten ist, der uns in der Verfassung nicht möglich ercheint, nämlich, daß dieser Bundesrat öffentlich verhandelt. Wir können uns vorftellen, daß ein Bundesrat eriftiert als ein Organ, in dem die Länder vertreten find und an der Seite der Staatsregierung über große Verwaltungsfragen und auch über ffragen der Geekgebung sprechen. Das hat aber nur einen Zwech, wenn das in nicht öffentlichen Sitzungen geschieht. Wenn aber eine Länßerkammer geschaffen wird, die neben der Nationalversammlung öfefntlich über Gefeke verhandelt und in der Länderkammer diefelben Partcien nur in anderer Fform vertreten find. wie in der Nationalversammlung, dnn werden auch die politischen Parteien, die ich meine, mitunter in eine fehr unangenehme Lage kommen. Noch ein Wort über Bie ffrage des Volksentscheides, die in dem Entwurfe des Herrn Dr. Mayr lauch öfter aufscheint. Wir Sozialdemokraten haben die Fforderung nach einem Volksentscheid in unferem Parteiprogramm. Gs befteht alfo kein 3weifel darüber, diiß wir im allgemeinen für den Volksentscheid find. Die 2rt aber, wie er hier angewendet werden foll. muß fehr überlegt werden. Denn wenn wir alle 14 Tage oder vier Wochen über irgendein Gefek die Volksabstimmung einleiten müßten, dann würde der ganze Gejekgebungsapparat ins Stochen kommen, und dazu glaube ich, find die Verhäftniffe bei uns nicht angetan, daß das im allgemeinen möglich wärse. Die Landesklmmer muck konkrete Vorschläge machen. Ich möchte aber ßoch fehr zu überlegen geben, daß die Frage des Volksentscheides in irgend einer Form anders ab- 78 gegrenzt werden muß, als es im Entwurie des Herrn Dr. Manr der Fall ist. Der Herr Präsident Dr. Schumacher hat schon erwähnt, daß die Herren aus Tirol damit einverstanden wären, daß Die Kompetenzabgrenzung des Bundearhtes anders geftaltet wird. als der Entwurf des Herrn Staatsfekretärs es vorfieht, daß gewisse Komplere von Befekgebungsgegenftänden der Nationalversammlung, dem Bundestage vorbehalten werden könnten. Es wird auch von Ber konkreten Erledigung diefer Ffrage der Kompetenzen abhängen, wie sich im einzelnen unfere Partei zu dem Probleme der Länderkammer ftellt; die ganzen Ffragen der Zufammenfetzung der Kümmer und ihrer Kompetenz gegenüber der Nationalverfammlung hängen auf das engste zufammen. Ich meine, daß wir hieruns nicht ldamit befchäftigen können, über konkrete Vorschläge abzustimmen, erftens deshalbnicht, weil wir überhaupt nicht abstimmen, und zweitens, weil ich mir formell für den Schlufz der Debatte zu bemerken erlaube, daß wir bei Feftstellung der Meinungsäußerung bei diesem Punkte etwa fo vorgehen könnten, daß jede Partei jedes Chndes mit einem Kurzen Satze erklärt, wie sie fich die Länderkammern denkt. So wie Herr Präfident Doktor Schumacher jetzt schon eine Erklärung abgegeben hat, können auch wir in einem Satze eine Erklärung abgeben unß die Herren der großdeutichen Partei werden auch gewiß eine formulierung finden. In diefer einfachen form könnten wir zur Feftstellung der Meinungsäußerung am Schluffe der Debätte gelangen und bruchen uns in die Details nicht einzulaffen. Delegierter Bichl: Sehr geehrte Herren! Wir reden hauptsächlich über die Schale und weniger über den Kern der Sache, denn zwischen Bundesrat, Länlerkammer oder Ständevertretung ift der Unterfchied nicht groß. Mir selbft wäre von meinem Standpunkte aus eine Ständevertretung eigentlich das liebfte, weil ich mir sage, daß wir hier, wie gestern HerrLandeshauptmannftellvertreter Gruber es bezeichnet hat, eine Ropie des zukünftigen Bundesvates darftellen, lalber wir fehen in diefer
Kopie, daß eigentlich von einer Ständevertretung fehr wenig die Rele ift. Speziell in Oberöfterreich nimmt der Bauernftand und jene Bevölkerung, die mit dem Bauernftande identisch ift. nicht die kleinfte Bevölkerungszahl in Unfpruch, sondern mehr als die HälfteNun ist es interefsant, daß bei dieser Konferenz nur die Zufallsfigur eines Bauern hierift. (Zustimmung.) Gs ift nur ein einziger Bauer hier und der nur aus Zufirll. Sie werden es begreifen, daß ich fpeziell für den Bauernftand Partei ergreifen muß und das Verlangen ftelle, daß der Bauernftand, fei es im Bundesrate oder fei es in der Länderkammer ober fei es in der Ständevertretung gehörig berüchfichtigt wird. Wenn man, wie es geftern geschehen ift, hören konnte, daß in der landwirtschafttreibenden Bevölkerung nicht jenes Pflichtgefühl wie in den Arbeiterkreifen zu fein fcheint, möchte ich demgegknüber erwidern, daß der Begriff der Pflichterfüllung ziemlich dehnbiar ift. Ich von meinem Standpunkte, meine Herren, verftehe die Pflichterfüllung der landwirtschaftlichen Bevölkerung hauptfächlich darin, daß sie die Produktion der landwirtschaftlichen Urtikel zu heben trachtet. und auch die Produktion fördert. Gs ist mir nicht unbekannt, daß von dem Gefichtspunkte aus. wie diefer Ungriff auf die Canßbevölkerung erfollgte, nicht alles klipp und klar liegt, aber Sie müffen nicht vergeffen, daß die Verführung des Bauernftandes durch die lange Dauer des Krieges nicht wirkungslos geblieben ift, aber wir müffen das Korruptionswefen ganz von oben berabbetrachten, wie es feine Wirkung getanhat und das Sprichwort ift gerechtfertigt: Worte ziehen an. Beifpiele reißen hin. Gs ift bekannt, daß der Bauernftandd des Schleichhandels bezichtigt wird, aber von woaus ift denn eigentlich der Grund zum Schleichhandel ausgegangen? Wovon denn anders als vom Ainlrechte. Landeshauptmann Dr. Rintelen: Ich muß den Herrn Redner bitten, zur Sache zu sprechen! Delegierter Bichl: Ich spreche zur Sache. Wovon denn anders als vom Ajulrechte, bas wir den Oftiuden gewährt haben und daß wir heute die Zwangswirtschaft haben, die den Bauernstand am meiften trifft. Was die Länderkammer oder den Bundesuit anbelangt. muß ich fagen, wenn man den Bauern Verpflichtungen auferlegt und er diefe Pflicht erfüllen foll, muß er auch die Verantwortung tragen, und in einer so wichtigen Körperschaft auch vertreten fein. Wenn schon der Weg 3es Bundesrates der gangbarfte ift, wenn dieser Darme beibehalten wird, so muß auch Sorg-getragen werden, daß dieses Enftem des Bundesrates nicht auf Koften der Minoritäten ausgeführt werden darf und kann. Wenn man schor Den Vorschlag gemacht hat, daß für jedes Card hauptfächlich drei Vertreter in Betracht kommen, wäre die Grundlage fo zu nehmen, dak von den drei ftärhften Parteien je ein Vertreter namhaft gemacht würde und in den Ländern. wo nach der Bevölkerungszahl mehr Vertreter genommen werden, wird der Proporz seine Schuldigkeit tun. Meine Gerrent Wenn Sie von einem Stande verlangen, daß er feine Pflicht erfüllt, so müssen Sie ihm auch Rechte gewähren; darin gipfelt die FFreiheit. diaf ftrenaste Pflichterfüllung Platz greift aber auch auf der anderen Seite das Recht, feinen Stand zu vertreten und zu verteidigen. Ich stehe auf dem Standpunkte und werde bas auch bei der Abstimmung zur Kenntnis bringen, daß speziell — ich spreche vom Lande Oberöfterreich — auch der Vauernftand zum Ausdruch kommen muß ohne Unterfchied der Partei. aber einen Vertreter des Bauernftandes müffen die Oberöfterreicher Bauern in Diefem Bundesrate haben, weil sie sich fagen, daß sie nicht mehr in das Chaos der früheren Verfafsung zurückkommen wollen wie vor dem Jahre 1914; im Herrenhaus haben Sie keine drei Bauern gefunden und dieses Herrenhaus hat die Befeke totgefchlagen, die Der Reichsrat zum Volkswohle fchaffen wollte. In der neuen Zeit, die angebrochen ift. läßt sich das nicht mehr aufrecht halten, es muk auch für den Bauernftand eine neue Zeit antreten. Delegierter Dr. Rehrl: Meine Herrenl Gg. erübrigt fich. über die Cänderkammer oder den Bundesrat noch weiter zu sprechen, nachdem
79 alle Urqumente für und wider jehr genaudurchgesprochen worden find und ich möchte nur auf eines verweisen, auf das Argument, daß in der Bemokratischen Zeit insbefonders in einer Republik mit fozialiftischem Einschlag eine zweite Kammer unmöglich und unzulässig ist. Diesbezüglich ist Deutschland das besteBeispiel. Deutschland, das in ähnlicher Lagewie wir ift. hat auch eine zweite Kammer errichtet, weil es der Unschauung ift, daß die erfte Kammer unbedingt eines Konrektivs bedarf. Ich möchte darauf verweisen, daß HerrPräsident Seiß, den die Herren Sozialdemokraten gewiß nicht als unferen Mann bezeichnen, sich bei einer Befprechung über den Verfassungsentwurf dahin geäußzert hat, daß ein Korrektiv sich empfehlen dürfte gegen die Entgleifungen der erften Klmmer und alle Gerren, welche in politischer Tätigkeit stehen, werden mir beipflichten und beftätigen, was Präsident Seit aus langjähriger Erfahrung gejagt hat. (Zwischenruf: Dann brauchen Sieauch in den Ländern eine zweite Kammerl) Da ift ohnehin die Kuratel des Staates fo groß, diaß das nicht nötig ift. Wir sind nie auf dem Standpunkte geftanden, dak die Vertretung in der Länderkammer für alle Gliedftaaten gleich fein folle. Wir find dafür, daß diefe zweite Kammer nicht eine theoretische Länderkammer fein foll, sondern daß in ihr die wirtschaftlichen Machtverhältniffe des Staates nach einem beftimmten Schlüffel zum Ausdruch kommen und innerhalb des einzelnen Landes das Verhältniswihlrecht entscheiden foll. Uls wir damals über den erften Entwurf des Herrn Staatsfekretärs Dr. Manr diskutiert haben, habe ich diese Meinung geäußert und ich kann erklären, daß ich auch heute auf dieem Standpunkte ftehe und dem Vorschlag des Herrn Dr. Schumn zustimme, daß sich aber auch vielleicht in modifizierter Fform über die Anregungen des Herrn Stadtrat Dr. Danneberg ficherlich reden läßt: nur find wir der Unchauung, daß die Wahlen der einzelnen Gliesstaaten in der bundesgefetzlichen Gewalt zum Ausdruch gebracht werden müffen. Vorsitzender Dr. Rintelen: Herr Bizebürgermeifter Emmerling, der jetzt zum Worte kommen joll, ift nicht anwefend. Baher 80 ist die Delbatte geschlofsen. Das Wort hat der Herr Staatsfekretär Dr. Mayr. Staatsfekretär Dr. Manr: Ich enthalte mich mit voller Absicht jeder Volemik gegen Die Ueußerungen. die gefallen find, möchte mir jedoch nur ein paar kurze Bemerkungen gestatten, zu denen mir die Debatte Anlaß cegeben hat. Gs ift von Herrn Abgeordneten Kunschak die Ueußkrung gemacht worden, daß bezüglich des Artikels 25 zuerft eine Gleichheit in Ber Anzahl der Stimmen feftgeftellt werden und dann erft die Ergänzung ftattfinden foll, im Entwurfe. fei das aber nicht vorgesehen. Da möchte ich mir doch hinzuweisen erlauben, daß im Entwurfe. wenn es auch nicht so klar ausgesprochen ift. diese Gleichheit zum Ausdruche kommt durch die Worte: „Gs kommt je ein weiteres Mitglied hinzu“. Dann hat der Herr Delegierte Widholz gemeint, der dritte Abjak des Artikels 25 fei unmöglich; ich möchte darauf hinweifen, daß dieser Absatz nur den Schuk befonders der kleineren Ländergegen eine Ueberstimmung durch zwei oder drei größere Länder bezweckt, denn wenn das nicht in diejer oder jener Form feftgefetzt ist, könnte es möglich fein, daß zum Beifpiel zwei große Länder die Auflöfung des glanzen Bundesrates befchließen und die anderen Länderkönnten dagegen nichts einwenden, nur biefen zweck hat dieser Absatz. Dann hat der Herr Delegierte Widholz gemeint, auch 26- jak 4 des Artikels 38 fei unmöglich, wo es heißt: „(4) Ohne Geniehmigung des Bundesrates ist ein Gefekesbefchlußz des Bundestages auch dann zu beurkunden und kundzumachen, wenn der Bunddesnat diesem Gsjekesbesschluß in der vorgeschriebenen Zeit die Genehmigung weder erteilt noch mit Ungabe von Gründen werweigert hat.“ Ich möchte mir hinzuweisen erlauben, daß diefer Abfatz eine Minderung der Rechte des Bundesrates bezeichnet, denn das Befek ift ohnedies genehmigt, wenn der Bundesrat sich nicht fdazu äußert. — Ich glaube, das war ein Mißverständnis. Der Herr Delegierte Dr. Danweberg hat hingewiefen, daß der Bundesrat nicht öffentlich tagen foll. Ich habe wefentlich im Anlehnen an die Bestimmungen des deutschen Reichsrates, der die Oeffentlich-
keit aufnimmt, auch für uns die Deffentlichkeit feftgelegt; ies sprechen mehrere Gründe diafür, zum Beifpiel der, daß man in unserer Zeit cine derartige wichtige Körperschaft nicht hinter Schlof und Riegtal tagen laffen kann. Landeshauptmann Dr. Rintelen: Ich werde nun zur Meinungsäußerung schreiten. Es find verschiedene Unträge vorliegend. Der Antrag Kunlschak fcheint mir der weiteftgehende zu ein. Der Antrag lautet (lieft): „Wir entscheiden uns für den Bundesrat mit der Bedingung. Baß bis zu einer bestimmten Einwohnerzahl (Grundzahl) iauf jedes Land gleichmäßig. drei Vertreter entfallen, die fo oft um je einen Vertreter vermehrt werden, als die Grundzahl in der reftlichen Gesamtzahl der Landeseinwohner enthalten ift.“ Ich stelle diesen Antrag Kunschak zur Abstimmnung und bin der Meinung, daß jene Herren. Die gegen den Untrag ftimmen, aljo gegen jede Länderkammer sind, ausdrücklich fagen: „gegen die Länderkammer“ das wird dann protokolliert. Der Antrag Schumn ift eine Spezialisierung des Antrages Kunfchak, daher kann jeder Herrganz gut fagen, „ja für den Antrag Kunschak und auch für Ben Untrag Schumn“. Delegierter Dr. Danneberg: Es käme doch darauf an, diß wir diese Meinungsäußerung so feftstellen, daß ein klares Bild zum Ausdrucke kommt und das würde nicht der Fall ein, wenn wir hier eine Anregung, einen Vorschlag hervorheben und alle Herren zwingen würden, in einer Meinungsäußerung speziell dazu Stellung zu nehmen. Ich möchte boch an meinen früheren Vorschlag erinnern, daß jeder Partei eines jeden Landes die Meinungsäußerung ermöglicht wird, wobei ich gleich erkläre, daß wir Sozialdemokraten in diessem fille für alle Länder die gleiche Erklärung abgeben, welche einer von uns für alle Länder abzugeben wermag. Vorsitzender Dr. Rintelen: Es ist der Wunsch ausgesprochen worden, behufs Klarstellung der Abstimmungsform eine Paufe von fünf Minuten zu machen. Ich unterbreche die Sitzung. (Nach Wiederaufnahme der Sitzung.) Gs liegt vor als einziger Antrag der Untrag des Delegierten Schumn in geänderter Ffafjung. Gr lautet: „Wir entscheiden uns für den Bundesrat mit der Bedingung, daß bis zur Einwohnerzahl von 400.000 auf jedes Landgleichmäßig Brei Vertreter entfallen, die fo oft um je einten Vertreter vermehrt werden, als diese Grundzahl in der reftlichen Gefamtzahl der Bundesbürger des betreffenden Landes enthaltten ift. Rein Land darf im Bundesrat mehr als ein Fünftel der Vertreter haben.“ Diesen Antrag bringe ich zur Meinungsäukerung und zwar im Ginvernehmen mit den Parteien in der Form. daß ich dem Führer jeder Partei das Wort erteile. Delegierter Dr. Schlegel: Namens der chriftlichfozialen Teilnehmer an der Konferenz gebe, ich die Erklärung ab. daß wir für den Untrag Schumn stimmen. Delegierter Dr. Gruener: Ich habe die Erklärung wannens der fozialdemokratischen Parteien dier Länder labzugeben in folgenddem Sinne: „Wir sind grundsätzlich für das Einkammerfuftem: follte trotzdem eine Länderkammer zuftande kommen, verlangen wir, daß die Länder entsprechend ihrer Bevölkerungszahl darin vertreten find und Baß diese Kammer nicht den Charakter eines Herrenhaufes hat. Delegierter Dr. Pflanzl: Namens der Deutschfreiheitlichen erkläre ich, daß wir dem Antrage Schumn zustimmen. Landeshauptmann Dr. Rintelen: Damit ist auch diefer Punkt erledigt, wir gehen zum nächsten über: „Bundespräsident“. Staatsfekretär Dr. Manr: Meine Herren! Mit der Stellung des Bundespräfidenten beschäftiat sich Artikel 48 des vorliegenden Entmurfes. Nach diesem follen die Funktionen der Regierung.- und Vollzuasgewalt durch den Präsidenten des Bundestages ausgeführt wer-
81 den. Ein Staatsoberhaupt, dem die Ffunktionen allein zukämen, ift fomit nicht vorgefehen. und das entspricht dem Roalitionsübereinkommen vom 17. Oktober 1919. Ich für meine Person stehe lauf dem Standpunkte, daß jedenfalls ein eigener Bundespräfident zu schaffen. sei. Delegierter Christoph: Wir haben soeben vom Herrn Staatsfeknetär vernommen, daß uns die Koalitionsparteien vor vollendete Tatfachen ftellen wollen, und daß sie felbft den Bundespräsidenten ihrerseits in der Verfafjung nicht berückfichtigen. Ich erkläre namens der deutfchfreiheitlichen Partei, daß wir diejen Standpunkt nicht teilen, sondern einen felbständigen Bundespräfidenten, gewählt auf Grund einer Volkstbstimmung, verlangen. Unjere Begründung ift folgende: Unfer Staat hat alle Urfachz, daß fein Anfehen, welches in lekter Zeit wefentlich nach außzen gefunken ift, wieder gehoben wird. daß infolgedeffen auch seine Repräfentanz nach außzenhin möglichst von der Volksstimmung getragen, nicht nur repräfentativ, sondern auch wirkfam zutage tritt. Wenn der Bundespräsident lediglich 1ols ein aus Der Nationalversammlung gewählfer Vertreter erscheint. jo ift er mehr oder weniger einer beftimmten Partki zugehörig. deren Vertreter er ift. xin prononierter Politiker. welcher nie diefe Unabhängkeit nach saußen entwickeln wird, welcher ein aus freier Volksabstimmung hervorgegangener Präfident in Anspruch nehmden kann. Wir Deutschfreiheitlichen verlangen, dak der Bundespräfident nach den Bestimmungen des deutschen Reiches gewählt wird. Im deutschen Reiche wird BerBundespräfident vom ganzen deutschen Volke gewählt, alfo mutatis muttandis, in Defterreich vom öfterreichischen Volk. (Refel: Ich bantrage den Bischof von Salzburg zu wählen!) Delegierter Dr. Schlegel: Der Herr StaatsJekretär hrat uns aufmerkfam gemacht, daß die gegenwärtige Ffrage in der Koalitionsvereinbarung ihre Löfung gefunden hat. Gs lieat uns felbftverftändlich fern. hier etwa die Roalition komplizieren zu wollen. Gs muß uns dies Recht zustehen, auch über ben ganzen Inhalt der Roalitionsvereinbarungen 82 unfere Meinung bilden zu können und hier bin ich berechtigt, im Namen ssämtlicher chriftlichjozialen Vertreter zu sprechen und zu erklären, daß unsere Ansicht dahin geht, daß wir es für wünschenswert halten, aus Gründen der Obiehtivität und Autorität, daß die Gewalt des Bundespräfidenten von der Ffunktion des Vorsitzenden der Nationalversammlung oder des Bundestages zu trennen ift. Ich erlaubemir diesbezüglich diesen Antnan zu stellen. Ggsoll nicht ein Bruch der Koalitionsverhandlungen bedeuten, sondern ich glaube, daß in den beiden koalierten Parteien felbft bereits Stimmungen vorhanden find, welche mit Rüchsicht auf die geraderu übergroße Belaftung dies Präsidenten eine derartige Trennung für wünschenswert halten. Die Koalition wird die Ffrage in reifliche Erwägung ziehen und wenn beide Teile einig find, daß der eine oder andere Punkt abzuändern ift, wird er im gegenseitigen Ginvernehmen abgeändert werden. Unfere Meinung ift, diaß es sehr wünschenswert ist, daß die Stellung des Bundespräfidlenten von der Funktion des Vorfikenden in der Nationalverfammdlung getrennt werde. Delegierter Dr. Danneberg: In der Frage des Bundespräsidenten stehen wir auf dem Voden der Roralitionsvereinbarung. Dieje sehen, wie der Herr Staatsfekretär mitgeteilt hat, vor, daß der Präsident der Nationalversammlung zugleich der Präfident des Bundes ist. Das ist derselbe Zustand, wie er heute ift, und wie er sich, soweit ich die Dinge übersehen kann, durchaus bewahrt hat. Wir betrachten diese Ffrage, gerade nicht als eine eminente Parteifrage, meinen aber doch, daß die Löfung, die bisher getroffen worden ift, sich als zweckmäßig erwiesen hat, und meinen überdies, daß die Löfung, die bisher getroffen wurde, auch demokratischer ist, als die andere. Wenn die Herren dagegen einwenden, demokuatischer fei es doch, wenn dias ganze Volk den Präfidenten wählt, da möchte ich auf die Wirkung verweisen, die in einzelnen Ländern solche Wahlen auszuüben vermögen. Es ift kein Zweifeil und wir können dlas insbesonders an den Verhältnissen von Ämerika konftatieren, wo die Wahl des Präfi-
denten durch das ganze Volk tatfächlich erfolgt, daß durch eine solche Wahl ein cäfaristisches Moment in die Verfassung kommt. und daß, wenn auch theoretisch und auf dem Papier die Dinge sich anders darftellen, der Präfident in den Vereinigten Staaten Umeriklas eine ganz überragende Stellung erhält, die nicht mehr die Stellung eines bloßzen Präfidenten ift, fondern ein anderes Moment beinhaltet. Und gerade weil wir die Demokratie im vollften Maße wollen, d. h., daß nicht ein Mann eine überragende Stellung bekommt, sonddern die Vertretung des Gefamtvolkes die entscheidende Rolle fpielt, wollen wir keinen Faktor schaffen, der sich über die Nationalversammlung, als die Vertretung des geftamten Volktes, zu stellen vermag. Und darum erfcheint es uns demokratischer, wenn der Präfident des Bunbes aus der Natiomalversammlung gewähilt wird. d. h. identisch ist mit dem Vorsitzenden der Nationalverfammlung. Daß das nicht zu leiften wäre, glaube ich nicht, denn die Ffunktionen eines Bundespräfidenten werden keine so umfangreichen fein, ddaß er Wiefe Arbeit nicht zu bewältigen vermöchte. Es sind Arbeiten vielfach bekorativer Natur, die en zu erfüllen hat, und alles andere wird ohnedies von der Bundesregierung und von den Landesregierungen erledigt. Dem Bundespräfidenten wird eine überragende Fülle von Anbeit, wie es scheint, durchaus nicht zukommen, Gs vermag dier Präsident der Nationalversammlung diefe Arbeit gewißz zu bewäftigen, und es erscheint, wie gefagt, demokratischen und einheitlicher, nicht einen Präfidenten über diefe Nationalversammlung zu ftellen. Durum geben wir die Erklärung ab, daß wir in diefer Frage auj dem Boden der Koalitionsvereinbarung stehen. Vorsitzender Dr. Rintelen: Es sind drei Meinungen geäußert worden. Die Meinung des Herrn Landesrates Chriftoph geht dahin, den Bundespräfidenten nach § 41 der deutschen Reichsverfassung zu wählen, der besagt, „der Bundespräfident wird vom ganzen Volke gewählt“. Herr Dr. Schlegel beantragt, einen Bundespräfidenten in eigener Verfon zu schaffen. Die weitere Frage, wie das bestimmt wird, läßt er offen. Die dritte Auffassung ist durch Herrn Delegierten Danneberg ventreten. Das find drei verfchiedene Auffaffungen, über die ich die Parteien zu blefragen habe. Delegierter Dr. Danneberg: Es erübrigt sich hier eine Vefragung, da ohnedies die drei Barteien ihre Meinung geäukert haben. Vorsitzender Dr. Rintelen: Wenn kein Miderfpruch erfolat. nehme ich an, daß die Herren, die gesprochen hlalben. die Meinung sämtlicher Barteigenoffen zum Ausbruch gebracht haben. In diesem Ffalle könnte ich von einer befonderen Ginholung der Meinungsäußzerung abfehen. Delegierter Dr. Schlegel: Es gilt dann mein Antrag als eine Erklärung. Vorsitzender Dr. Rintelen: Es kommt als nächfter Punkt die Wehrfrage zur Behandlung. Wenn der Herr Staatsfekretär nicht das Wort wünicht. so erteile ich dasfelbe dem Herrn Landesualt Dr. Uhrer. Delegierter Dr. Uhrer: Ich habe heute auftragsgemäß mit den Parteien Fühlung genommen und wir find, uns darüber einig, daß wir hier zu diefem Bunkte weder Wahlveden halten, noch eine lange Wehrdebatte abführen wollen. Es gibt aber eine einheitliche Richtlinie und die muk darin beftehen, etwas Gutes zu fchaffen. Im Einverständniffe mit fämtlichen hier auf der Tänderkonferenz pertretenen Parteien bitte ich alls Meinungsäußzerung zu erklären: „Die Geeresfrage ift ein integrierender Befhandteil jeder Verfaffung uns daher muß die Mehrvorlage im Ginklang gebracht werden mit den Grundzügen derfelben: die Parteien haben erklärt, darüber weiter keine Debatte abzuführen.“ Vorsitzender Dr. Rintelen: Wünscht jemand das Wort dazu2 Die anderen Parteien erheben keinen Widerfpruch, diher nehme ich an, daß dies die Erklärung aller Parteien ift. Wir gehen zum nächften Bunkt über: „Sandesorgane“. Ich erteile das Wort Herrn Staatsekretär Dr. Manr. Staatsfekretär Dr. Manr: Die Landesorgane find beftimmt, folgendie Materien zu
83 regeln: Stellung des Landtages, das Präfidium des Clandtages. die Stellung fdler Landesregierung des Landieshauptmannes, der Landesbehörden und insbefonders des Landesamtsdirektors. Wir haben geglaubt, dieses Kapitel in die Verfassung aufnehmen zu ffollen, um Ben Berfassungsentwurf nach allen Seiten hin möglichft auszugeftalten, und nach allen Richtungen, soweit es in einer Verffalssung möglich ist. die Gefichtspunkte feftzulegen, nach denen allenfalls die Verfaffung geordnet werden foll. Diefes Kapitel über die Organe der Länder berührt naturgemäß in erfter Linie wefentlich die Intereffen der Länder und ich enthwlte mich als Verfasser des Entwurfes jeber weitenen Aeußerung. Delegierter Sever: Wir haben hier Punkt 9. der uns leider erft während der Fahrt hieher in die Hand gekommen ift. fo dlaß wir ihn weder parteimäßig, noch mit einzelnen Kollegen befprechen konnten. Ich glaube, es wird den anderen Herren nicht viel beffer eergangen fein. Nachdem im Verfafsungsvorschlage des Herrn Dr. Mayr nichts darüber enthalten ift. sondern die ganzen Punkte der Abteilung 9. nur vorkommen im Entwurf der Bundesperafsung. die wir vorgeftern erhalten haben, so müssen wir allerdings sagen, dak wir uns nicht vollständig ausfprechen konnten, und daß es Sache der Parteien fein muk. sich darüber klar zu werden. Gines wollen wir ruhig zugeben, dak wir erklären, die Notwendigkeit ift da. daß auch über die Landtage in der Stoatsverfafsung irgend ein Baffus enthalten fei. Weiter muß ich fagen, daß wir jedoch nicht mit allem einverftanden fein können, was uns der Herr Stahtsfekretär in feinem Glaborate vorschlägt. Der Herr Staatsfekretär bringt uns in feinem Glaborate: „Trennung des Landeshauptmannes vom Landespräfidenten“, ich gebe ruhig zu, daß gerade die Trennung der Landesregierung vom Vorfitzenden des Landtages viel Gutes für fich hat und dak viel dafür spricht, dak wir die Trennung durchführen follen, daß der Mann, der die Regierung inne hat, nicht zugleich Vorsitzender des Landtages fein möge. Abrr * 6 84 ebenfopiell Gutes. ebenjoviel Böfes bringt es mit fich. und ich glaube, daß es notwendig fein wird, gerade in diesem Punkte, daß sich die Parteien erft felbft usfprechen. und laß auch neben den Parteien die einzelnen Landesräte in jedem Lande darüber chlüfsig werden, wie es für das Land befferift. Richtig mag fein, daß der Landeshauptmann, der die Regierung vertritt und zugleich Vorsikender des Dandtages ift. auf diesem Stuhle nicht immer die angenehmfte Rolle spielt und daß er, wenn die Regierung angegriffen wird, als Vorsitzender und als Landeshauptmann zugleich, leider nicht gegen die Angriffe Stellung nehmen kann. Es ift aber auch möglich, 1dlaß man da einen Weg findet, der dahin gebt, daß der Landeshauptmann als solcher die ganzen Geschäfte zu ühren hat und dak eventuell nur ein Vorsikender, der fonft gar nichts mit den Geschäften zu tun hat. für den Landtag gewählt werden kann. Gegen eines. meine Herren, müffen wir uns ftellen: Baß nämlich die Dandeshlauptmannftellvertreter nicht mehr von dem ganzen Landtag gewählt werden jollen, sondern nur mehr aus dem Landesrat oder aus der Landesregierung, wie es in diesem Vorschlag enthalten ift. denn anders ift es nicht herauszulefen. und dagegen müßten wir uns wehren, daß diefer Stellvertreter dann der Dandesamtsdirektor fein foll. Das wäre wieder das Hervorkommen des alten R. R. Statthalters, mit dem Moment, wo wir die Geschäfte aus den Händen der freigewählten Ffunktionäre geben würden. Aukerdem sind wir mit einer ganzen Anzahl anderer Vorschläge hier nicht einverstanden. Wir wollen uns darüber auch heute nicht vollständig aussprechen, sondern wir möchten bitten. daß gerade diefe Punkte noch in den einzelnen Landesräten besprochen werden. um uns klar zu fein, nach welchem Modus wir den Landtag und auch den Landesrat zufammenfeken wollen. Eines fteht feft, meine Herren, wir haben ls Land die Pflicht, zu trachten uns den Landtag lo herzurichten, wie wir glauben, daß er für unjer Land notwendig erscheint. Gs ift infolgedeffen dringend notwendig. die Sache heute nicht rafch zu erledigen, sondern in den einzelnen Ländern erft
noch zu befprechen, um das richtiafte und befteherusfuchen zu können. Vorsitzender Landeshauptmann Dr. Rintelen: Ich bitte, ift das Ihre Ueußerung oder als die Ueukerung Ihrer Partei aufzufaffen? Delegierter Sever: Das ist meine persönliche Meinung. Vorsitzender Dr. Rintelen: Ich erlaube mir. darauf aufmerksam zu machen, daß nach dem Entwurf der Umtsdirektor nicht 1ls Stellvertreter gedacht ift. Ich erteile das Wort dem Heirn Staatsfekretär Dr. Mayr zu einer tatsächlichen Berichtigung. Staatsfekretär Dr. Manr: Ich möchte berichtigen, daß laut Urtikel 92 des Entwurfes der Landesamtsdirektor nur zur Leitung des gesamten inneren Dienftbetriebes der Landesregierung beftmmt ift. aber durchaus nicht eine Stellvertretung des Landeshlauptmannes übernehmen darf. Delegierter Sever: Es heißt hier ausdrüchlich: Gs kommt als weiterer Stellvertreter des Landeshauptmannes eventwell der Landesamtsdirektor in Betracht. Staatsfekretär Dr. Manr: Nur für den übertragenen Wirkungskreis Aber ja nicht ür felbständige Ugenden des Landtages. Dieer übertragene Wirkungskreis wird ohnedies äukerft eingeschränkt fein und sich nur auf wenige Belange, beziehen. Delegierter Dr. Ender: Meine Herren! Der Herr Landdeshauptmann Sever hat ganz richtig gesagt, daß hier die Materien geregelt find. die pielfach zu einer ausgesprochenen Sache des Landtages felbft gehören. Ich pflichte diefer Anschauung vollständig bei. Meines Grachtens haben die Länder felbft sich ihre Verfassung zu geben. Das ift eine naturgemähe Sache. Wenn sie schon selbständige Ländler find. und die Kompetenzen ausüben, die nicht dem Bunde übertragen find, so müffen diese in ihr seigemes Haus auch auf dem eigenen Gebiet bauen können. Fordern muß man, daß die Landes- verfassung mit der Verfassung des Bundes absolut in keinem Widerfpruch zu stehen hat. Das Recht muß man dem Bunde ohne Zweifel einräumen, daß er die Dandesverfassung nach diejer Richtung überprüft. Im übrigen aberfoll man es den Ländern überlaffen, wie fie ihr Haus bauen. Der Bund hat ein Intereffe zu fordern, diaß gewisse demokratische Grundrechte auch in den Landesverfafsungen gewahrt. sein müssen. Der Bund hat zum Beispiel das Intereffe. zu verlangen, daß die Wahlordnungen lauf abfolut demokratischer Grunßlage nach dem allgemeinen, gleichen und direkten Verhältniswahlrecht aufgebaut feien, weil fonft der Wefenscharakter des Bundses wieder zerftört würde. Fferner möchte ich fagen, daß dem Bunde ein gewifses Prüfungsrecht zustehen. muk. ob die Gefeke, die die Länder schaffen, mit der Bundesverfafsung nicht im Widerspruch ind. In dieser Beziehung hat sich nun dasjenige. was über Unregung des Herrn Doktor Renner eingeführt und bisher gehandhabt wurde. nicht fchlecht bewährt, nämlich die Vorlage der Befeke bei der Bundesregierung, die einen gewiffen Zeitraum hat, um diagegen eine Vorftellung zu erheben. Befchließt es das Land neuerlich, dann wird es Gefek, wobei der Regierung immer noch das Recht zufteht, vor dem Verfassungsnerichtshof das Gefek anzufechten. Das hat fich bewährt, das könnte man auch als Norm wieder gelten laffen. Im übrigen handelt dier vierte Abschnitt von Dingen, die unbesingt den Ländern zu regeln zuftehen. Dieje Ausführungen. Sie ich hier mache, weichen wefentlich von jenen des Herrn CG. Gever ib. Gs follte die Ffrage. ob die Verfon des Landeshauptmannes mit jener des Vorfitzenden des Landtages vereinigt fein follte oder nicht. gendwie geregelt werden. Ich glaube. fie zu regeln, ber in der Landesverfafsung. Gs ift ein großer Unterschied, ob wir da ein großes Land haben oder ganz kleine Verhältniffe. Inder Schweiz hat jeder Kanton andere Einrichtungen, was laber die Staatsverwaltung nicht tangiert. In ganz kleinen Kantonen find zwei funktionen in einer Verfon vereinigt, in großen Kantonen werden, den modernften Theorien entsprechend. Vorfikende, Regierung ufw. ftrena ausseinander gehalten. Was sich für den Grofzen schickt, schickt sich nicht
85 immer für den Kleinen, der nur pakzig auschaut, wenn er es macht wie die Groken. Darum foll man das den Ländern individuell machen lafsen. Die Vertreter der chriftlichozialen und freiheitlichen Partei haben sich nun dahin geeinigt, folgende Erklärung abzugeben: „Die Bestimmungen des vierten Abschnittes über die Gejekgebung und Vollziehung der Länder betreffen Gegenftände. die in den Verfassungsgeileken der einzelnen Länder zu regeln. sind und haben daher zu entfallen. In die Verfafsung des Bundesftaates find nur folgende Bestimmungen aufzunehmen:
1. Die Verfaffung jedes Landes ift vom Bunde dihin zu überprüfen ob dieselbe nichts den Vorschriften der Bundesverfaffung Zuwiderlaufendes enthalte. Die Gefekgebung urch eine Körperfchaft ausübt. deren Mitglieder auf Brund des gleichen, geheimen, persönlichen und direkten Verhältniswahlrechtes gewählt find. und die vollziehende Gewalt durch seine vom Landtage zu wählende Landesregierung ausübt.
2. Befekesbefchlüffe des Landtages find vor der Kundmachung der Vundesregierung vorzulegen. Wie diefe binnen 14 Tagen mitteilt, dak sie das Befek vor dem Verfüfsungsgerichtshof anfechte, und die Anfechtung binwen weiteren 14 Tagen einreicht, fo hat die Kunsmachung zu unterbleiben. Wenn die Regierung binnen 14 Tagen der Landesregierung Vorftellungen gegen den Geekesentwurf ankündigt und binnen weiteren
14 Tagen diefelben ausführt. fo kann die Kundmachung erft erfolgen, wenn der Landtag das Befek neuerlich beschloffen hlat.“ Delegierter Resel: Mene Herrehnl Nach den oeben abgegebenem, Erklärungen fieht es fast aus, wie wenn wir hier einer legislative Arbeit zu leiften hätten. Ich glauke, es handelt sich hier nur um die Meinungsäufzerung, für eine bestimmte Grundlage und nicht schom, um diegenaue Freftstellung irgenßs welchen gesetzlicher Bestimmungen. Ich lege Wert darauf, daß die Erklärungen der Konffenenz nun als Meinungsäußerungen zu betrachten find. Ich will mich num zur Frage, ob die Landtage einen besonderen Vorfitzenddien außerr diem Camdeshauptmann haben fossem, äußern. Ich glaube von 86 unjerem Standpunkt aus müsien wir uns dagegen aussprechen, daß außer dem Candeshamptmanm noch ein besonderer Vorsitzender für den Candtag bestimmt werde. Wir simd dagegen, daß im Staait ein besonderer Bundesprässident gewählt werde, und müssen daher auch analog dagegen sein, daß das im Lande geschlieht. Gs. ist zweifellos, daß eine Vereinigung beider Funktionen für die betyeifenden. Personenmanche nicht sehr angenehme Sachen in sich Hirgt und viellleicht auch mitunter auf die Verhandlungen, des Landtages und auf den Geschäftsgang in der Regierumi nicht sehr vorteilhaft einwirkt. Andererseits aber kann ich mir nicht vorstellen, daß man einen Vorsitzenden für den Landtag wählt, der bloß Verhandlunigsleiter ift, der gar feine andere Aufgabe hat, als bloß die Verhandlungen des Landtaggs zuheitem. Die Leitung der Verhhandlungen des Landtages erfordert eine ziemliche Umficktt und es wird dem Landeshauptmann mitunter benommen sein, sich um alle perlamenitarischen Details, die im Landtage zu beobachtem sind, zu kümmern. Den aber glaube ich, läßt sich leicht abhelfen. Wir haben doch im altem Abgeorönetenhaus eine Präfidialfanzlei gehabt, die feinerlei Regierungsfunktion befessen hatt, die alle Arbeiten gemacht hat, so daß der Vorsitzende nur die Entscheidung zu treffen hatte und daß ihm so ein großer Teil der Arbeit abgenommen worden ist. Aber ich glaube, es würsdre den Würde des Landtages gar nicht entsprechen, wenn man. 6loß eine geschäftsleitende Person mit dem Vorsitz des Landtages betrauen würde. Außerdem mache ich darauf aufmerksam, daß, wenn wir auf dem Standpunkt stehen, daß es endlich doch noch einmal zum Anschluß an dias Deutsche Reich kommt, keinse Einrichthung geschaffen werden soll, die die Länder als ein Bessonderes festsetzen. Denn ich steher im Gegenfatz zu den kleinen Sandländern, die sich von unss wclaschleichen wollen, auf dem Standpunkt, daß der Anschluß am das Deutsche Reich nur in der Gesamtheit erfolgen, kann und in unjerer Erklärumg ist enthallten, daß wir keinerlei Einfrichtungen schafsen sollen, die dann dieem Anschluß irgendwie im Wege stünden. Wemm wir einen komplizierten, Apparat im Landtag einführen, so schaffen wir schon etwas, das dann schüwer zu beseitigem ist.
Iich stelle mir vor, Deutschöfterreich wird als Bundesland sowie Bayern, Sachsen, Breußen, dem deutschen Bunde hiditreten und sich amschliefren am Deutschland. Ich kanm mir aber nicht vorstellen, daß wir dieses Reuß-Greiz und Nelß-Schleiz kopieren wollen, das heißt, daf Deutschüfterreich sich anschließt und dann wieder in kleine einzehme Teile zerfällt. Num, meiner Herren, die Landesverwaltung wird dann einfach die Kreizverwaltung darftellen und sier wird unter der Verwaltung des gefanten Landes, das sich anschließt, stehen. Und dlas empfiehlt sich schon gar nicht, daß man irgeniwelche Einrichtungen trifith die dann einer Aenderung hinderlich im Weger finld. Außerdem glaube ich, daß man dadurch im Lande wieder eine meue Funktion schlafsen würde und wir müssen, ich gestehe es ganz offen, bei dem Mangel an, Berfomen, den wir haben — win machen zwar ein großes Getöfe, daß wir ein ungeheuten gescheites Volk sind — dann genau prüfen, wer sich zu irgend welcher Sunktiom eignen würde. So kommen wir dahinter, daß witr, gan, nicht so viele überflüssige Perssonen haben, umd meue Funktionem schaffen zu können. Entweder wird das ganze mangelhaft oder es fehten unss die Leute, die wir brauchen können. Das meit jeder, der heute im dem Vemwaltung sitzt undd ernstlich mitarbeitet und der, ein wirkliches Interesse für die Allgemeinheit zeigt. Wozun daher die überflüssigen Kunktionen, ich muß daher micht dafür aussprechen, daß unbedingt beide Funktionen zusammembbleiben, wie bisher, das heißt, daß der Landeshauptmann zugleich Vorsitzender des Bamidtages ist. Dazu gebe ich noch zu bemerken, daß wir uns endlich, glaube ich, doch dazu bequemen müssen, den alten österreichischen Parlamenstarismus zu befeitigen, das heißt, daß man nicht hergeht und Tage lang über etwas redet und dann wird das ganze in einer viertel Stunde von den Parteien vereinbart. Wir reden ungemein viel, wir roflen alle möglichen Gesichstspunkte auf und zum Scklluß kommem wir doch zu dem zurück, was praktisch und zweckmäßig ist und was sich durchsetzen läßt. Der Landtag wird, glaube ich, eine viel füngere Situngsperiodi haben, als es bisher der Fall war und ebenso muß die Nationalversammlung, die jetzt schon ein anderes Bild aufweist, als das frühene österreichische Parlament, vereinfacht werden. Bei der Vcueinfachung dieses parlamentarischem Apparates wird ich dann, auch die Funktion dies Landeshauptmannes a13 Vorsitzender des Landtages sehr erleichtern. Ich glaube Saher, Schwierigkeitem haben wir wenige zur beseitigen. Dafür aber würden wir, eine Reihe, von Gejahren oder von Dingen schaffen, die sehr schwerfällig würden, wenn wir beschließen würden, beide Funktionen zu tuennem. Ich bin daher für bite Beibehaltung des bisherigen Modnis. Delegierter Dr. Pflanzl: Sehr verehrte Herren! Wir veitreten die Ansicht, daß diee Grundzüge über die Organifation des ganzen Landes und über die Gefetzgebung in der Verfassung unbedingt einthalten sein müssen. Die mäheren Ausführungen sollen jedoch der Landesgesetzgebung vorbehalten bleiben. Die Fasjung, wie sie heuter vom Herrm Landeshauptmann Dr. Gnder vorgetragen wurde, entspricht auh unserer Anlicht vollkommen. Insbesondere was die Gefeßgebung der Länder selbst betrifft. Früher hat sich die Gesetzgebung der Länder in einer Form beregt, die zweifellos als nichtentsprechend bezeichnet werden, kaum. 63 war die Bestimmung enthalten, daß die Landesgesetze der Regierung vorgelegtt werden müßten. Ein Zeitpunkt, in welchem die Regierung zu diesen Landesgesetzen Stellung zu nehmen hätte, wan nicht vorgesehen. Gs hätte daher die Möglichkeit eintreten können, daß die Gesetzwerdung auf lange Zeit hinaus verschoben hättte werden können. Erft in dem grundlegenden Gefeße, welches die Verhältnisse der Bamdesgesetzgebung und der Staatsgefetzgebung regelt, ist eine Fuift aufgenommen worden. Sie sehen, daß sich diese Frist tatsächlich jetzt bewährt. Allerdings wan noch ein Mangel enthaltem. 6s war in dem Gesetze die Uebergangsbestimmung nicht enthalten, was mit den Gesetzen zu geschehen hat, die vor dem Inkrafttretem des letzten Gesetzes entstanden sind, so daß man die Abnormalität hatte, daß frühen beschlossene Gesetze nicht Gesetzeskrafft bekommen konnten, während Gefetze, diee nach diesem Staatsgesetz enttstanden sind, am eine bestimmte Frist gebunden, waren. Das ist ein
87 Mangel in dem seinerzeitigen Gesetze, der aber durch die klare und übersichtliche Fassung, wie sie im, der Verfassung des Herrln. Landeshamptmanns Dr. Gnder ensthalten ist, überhholt erscheiht. Wir stehen auf dem Grundsatz, daß die Dandesgesetzgebung bezüglich aller jener Kompetenzen, welche nicht ausdrücklich dem Buhnde vorbehalten find, alle Gegenstände zu umfassen hat, und zwar selbständig zu umfassen hat, insoweit sie nicht in Widerspruch mit dier Bundeskompeienz geraten. Wir haben uns daher entschlossen, dieser Regelung, wie sie heute vorgietragen wurde, unsere Zustimmung zu erteilen. Delegierter Dr. Gruener: Das ganze Gebiet scheint mir höchst ungeklärt und ich glaube, soweit ich die Stimmung keuwe, die in diesem Hause vorhannden ist, in das nähere nickst eingehem zu können. Wogegen ich alber Sttellung nehmen muß wenigstens für meine Person, das wäre die Auffassung des Herrn Landeshauptmanmnes Dr. Ender, daß diese Frage den Bandesversammlung vorbehalten fein foll und die Landesversammlung sich ihr Haus so einrichten sollte, wie fie &s braucht. Das würde eine vollständige Ungleichheit herbeiführen und ich bestreite ganz enengisch die Kompeteng der Candesversammlung sich ihr Haus so einrichtenſollte, wie fie es braucht. Das würde eine vollständige Ungleichheit herbeiführen, und icht bestreite ganz energisch die Kompetenz der Bandlesversammlung. Die Kompetenz hiefür fönnter dann nun in allen anderem großen Fragen der Nationalversammtung vorbehalten sein. Diese FFrage in die Landlage hineinzulegen, würde die ganze Staatsverfafjung und die Vereinheitlichung zertrümmern. Man fann verschiedener Auffassung sein, ob der Landeshauptmann vom Präsidenten des Landtages getrennt sein soll. Man kann sich seine Meinung in dieser Sache nach verschiedenen Gesichttspunkten bilden. Ich persönlich bin der Ueberzeugung, daß die Person des Bandeshauptmannes und die Versondes Präsidenten der Lanldesversammlung die gleickse sein muß. Ich halte: es für unmöglich, daß man eine Persönlichkeit als Präsidenten der Landiesversammlung aufstellen kann, mur als Vorsitzenden, ohne ihm einen bestimmten Kompler von Arbeit zu übergeben. Damit reißt eine Rivaliltät ein zwischen den Bahndeshaupt- 88 mann als Candesvegisemungspräsident und dem Präsidenten des Landtages, der auf die venschiediensen Panteien Rücksicht wehmenn muß, und die Ginheitlichkeit dess Landtages würde Sadurch zerstückelt werden. Das ist meine persönliche Auffassung. Ich wiederhole alber, daß die ganze Ffrage ungeklärt und daß es in diesem Hause bei dier großen Unriche, die herrscht, uhnmöglich ist. diese Stellungnahme eingehendd zu begründen. Vorsitzender Dr. Rintelen: Die Rednerliste tifst geschlossen. Es liegt vor eine Meinungsäußerung der christlichsozialen und Deutschhweiheitlichen Vartei. Ich stelle die Fragie, ob nicht auch die Meinungzäufrenung der jozialdemokratischen Partei mitgeteilt werden könnte, wodurch die Feftstellung der Willensäußerung wefentlich vemeinfacht würdte. Delegierter Speiser: Wir können nur noch einmal wiederfolen, was der Herr Doktor shruemer kuz gesagt hat: Wir bestreitten entschieden die Kompetenz des Landtages, in dieser Frage einzugreifen, und verlangen, daß diese Frage ebenso wie die Lösung anderer Fragen deen Nationalversammlung gewahrt bleibe. Im merito können wir eine bestimmte Haltung moch wilchst einnehmen. Versitzender Dr. Rintelen: Damit erledigt sich die Frage, nachdem einzelne Herren dieser Parllei. die Vartei aber als solche wicht, ihner Meinungzäuferung abgegeben haben. Gs fommt der nächste Punkt, das ist die Kompetenz. Staatssekretär Dr. Mayr: Wir kommen nun zu Punkt 10 und 12 des Entwurfes. Ich möchte dazu folgendes bemerken. Gs handieilt sich umeine äuferst wichtige, aber auch komplizierte Materie, die im ihren Konsequenzen einzeln noch nicht vollständig durchgearbeitet werden konnte, weil einerseits das vollständige Material der Staatskanzlei, der Reichsregierung, der verschiedenen Staatsämter uns noch zum Teile fehlt und zum Teile noch nicht verarbeitet ist, und weil andererseits bestimmte Aeußerungen anderer Faktoren, welche für die Beratlung dieser Materie notwendig sind, noch nicht in gemüaider Zahl vorliegen.
Ich habe deshalb im Entwurfe eine Art mittlere Linie zu schaaffen versucht für sölile Kompetenzabgrenzung im einzelnsen. Dagegen glaube icht, daß die Fragie spruchreit ist, so wie es dien Gntwurf vorschlägt. Rchtig ist. daß die Länder eine Reihe von Kompetenzen an den, Bund überllragen, und zwar in einer dreiglielsrigen Sorm:
1. Die Kompetenz foll übertragen werden in Bezug auf die Gesetzgebarna und Vollziehung.
2. Die Kompellenz foll übertragen werden in Bezug bloß auf die Gesetzgebung, und
3. die Kompettenz foll übertragen werdenn bloß für die Rahmengesetzgelbung. Ich erlaube mir hiebei zu bemerken, daß für die Nahmengesetzgebung nach dem Uctherblick, den wir bisher gewonnen haben, sehr wenig übrig bleibt. Ich möchte bitten, daß sich die Herren aussprechen über die Guundlagen, die die Artifel 10,
11 und 12 enthalten, und übber die Dreitelung betreffs der Uebertragung der Kompetenz. Vorsitzender Dr. Rintelen: Gs ist an mich mit diem Wunsche heransaetreten worden, zu einer Grörterung die Sitzung zu unterbrechen. Ich unterbreche die Sitzung auf 5 Minuten. (Nach Wiederaufnahme der Sitzung.) Delegierter Dr. Gnder: Ich habe namens der chriftlichsozialen wns deutschfreiheitlichen Parteien eine Erklärung abzugleben zu Art. 10,
11 und 12, die folgenden Wortlaut halt (lieft): „Die heilden Varteien sind darüber einig, daß eine Abgabe von Kompetenzen der, Länßer an dem Bund nach folgenden Grundsätzen stattzufinden hat:
1. Der Staat bekommit auf gewissen Gebisciten die Zuständigkeit zur Gesetzgebung und Vollziehung.
2. Auf anderen Gelbieten nur die Zusständigkeitt zur Gesietzgebung.
3. Endlich hat er im einzelmen, in der Verfassung vorzusehenden Fällen nur die Grundsätze aufzustellen.“ Delegierter Dr. Danneberg: Meine Herrenl Im Namen der fozialdemokratischen Delegierten auf der Konferenz gestälte ich min zu- Punkt 6 der Tagesordnung folgenddes zu erklären: In Grinnerung an unsere gestrige Meinungzäußerung über die FFrage des Buhndiezstaates erklären wir, daß für dem Fall, als ein Bundesstaat geschaffen wird, die ganze Frage der Kompetenzverteilung im Zusammrenhange mit der Finanzfrage erst sorgfältig erwogen werden muß, weshalb wir zu diesem Probleme heute Stellung zu nehmen noch nicht vermögen.“ Vorsitzender Dr. Rintelen: Ich habe noch mitzuteilen, daß eine Vereinbarung bezüglich der nächsten Konferenz erziellt wurde. Die wörtliche Formulierung wird Herr Dr. Gnder bekanntgeben. Delegierter Tr. Ender: Die bezügliche Erklärung Pautet: „Die Bandeskonferenz wird vertagt und die Anberaumung der nächftem Sitzung hat durch den Candesrat von Obrrösterreich auf Mitte März zu erfolgen. Dieser Landesrat hat aller für die nächste Sitzung löienlichen Vorbereistungen zu treffen.“ Vorsitzender Dr. Rintelen: Nachdem keinne Einwendung erholben wird, betrachte ich diese Aeußerung als die Willensmeinung aller Barteiem. Ich bemerke, daß das Protokoll geduuckt und den einzelnen Candesrätem zugestellt werden wird. Zum Worte hat sich gemeldlet Herr Landeshauptmann Sever. Delegierter Sever: Ich glaube, meine Herven, nachdem wir am Schlüsse der Konfferenz angelangt sind, daß wir die Verpflichtung haben und ich glaube, im Sinne aller Herren sprechen zu dürfen, dem Herrn Landeshauptmann von Salzburg, dem Landesrate sowie allen Herren, die sicht um sdie Konferenz bemüht haben, den herzlichstem Dank dafür zu sagen. (Beifall.) Wihr danken auch den Herren Beamtens des Landes Salzblurg sowie dem Stenographenbüro, denen wir schwere Arbeit gemacht haben und die es möglich machen, daß alles das, was hiler gesagt wurde, in dder Form der Verwiel-
89 fältigung, die wir erhalten werden, zum Auzdrucke kommt. Wir halben leider nicht Gelegenheit gehabt, Ihre schöne Stadt anzusehen infolge der Arbeit, die mir hier leisten mußtenn, aber eines dürfen die Herren als Ueberzeugung wehmen, daß wir Wiener traurig von Ihnen scheiden und von sden vollen Fleischtöpfeln Salzburgs zurückkehren zur Not umd dem Glende, das wir in Wien und Niederösterreich haben. Noch einmal bestem Dank für alle Liebenzwürdigkeit, die luhns die Herren bezeugt haben. (Gebhaster Beifall und Sändeeklatichen) Staatzsekretär Dr. Mayr: Meine Herrenl Gs ist mir eine angenehme Pflicht, auch meinerfeits allen Herren Delegierten aller sSwei Parteien den verbindlichsten Dank auszusprechen, für die rege Mitarbeit, die Sie seit vorgestern geleiftet haben. Ich glaube darin eine kräftige Förderung der Verfassungsfrage zu erblicken und ich bitte für die Fortfetzung unferen Arbeiten in Linz und für sden nächsten Ländertag wiederum um dieselbe Mitarbeit, damit wirr das so notwendige Werk zu einem gedeihlichen baldigen Abschluß bringen können. (Beifall.) Vorsitzender Dr. Rintelen: Ich schließe mich den beiden Herren Vornednerm er präsidio wärmstens an unss möchte insbesondere auch den Teifnehnrern an der Länderkonferenz herzlich danken. Von sonft verschiedenemn Standpunkten ausgehend, jahen wir uns hier in dem gemeinsamen Streben geeinigt, die Intereffehn des Bundes mit den Interessen aller Länder in Garmonie zu bringen, eben von dem Gedanken ausgehend, daß die Stärke des Ganzen doch schließlich wieder in der Stärke feimer einzelnen Teile liegt. Indem icht also mit großer FFreude jeststellen kann, daß hier positive Arkeit mit Erfolg geleiftet worden ist, bitte ich Sie, mit diesem eifernen Willen, mit (diem Sie die große Sache begonnen habem, auch zu Ende zu führen zum Seile und Segen der gesamten Bevölkerung. (Lebhafter Beifall und Händeklatschen.) (Schluß der Sitzung um 12 Uhr 20 Min.)